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ERLERNTE
/
JOURNAL
für
ORNITHOLOGIE
GEGRÜNDET VON J. CABANIS
Im Auftrage der
Deutschen Ornithologischen Gesellschaft
mit Beiträgen von
R. Berge, Prof. Sp. Brusina, E. Christoleit, Rehngsrat. K. Deditius,
Baron C.v. Erlanger, Dr. O.Finsch, Dr.O. Heinroth, C.E. Hellmayr,
Dr. O0. Helms, L. Kaiser, H. Kunz, Oberltn. F. v. Lucanus,
O0. Neumann, Ltn. Pogge, H. Schalow, W. A. Schulz, W. Schuster,
J. Thienemann, Baurat C. Wüstnei
herausgegeben
von
Prof. Dr. Ant. Reichenow,
Kustos der Ormithologischen Abteilung des Kgl. Zoologischen Museums in Berlin,
Generalsekretlir der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft, Ehrenmitglied der Natur-
forschenden Gesellschaft des Osterlandes, der American Omithologists’ Union,
der British Ornithologists’ Union, der Ungarischen Ornithologischen Centrale,
der Ornitholog. Vereine in Leipzig und München nu. a.
L. Jahrgang.
Fünfte Folge, 9. Band
mit 9 Tafeln und einer Karte.
Leipzig 1902.
Verlag von L. A. Kittler.
London, Paris, New-York,
Williams & Norgate, 14 F. Vieweg, rue Richelieu 67. B. Westermann & Co.
Henrietta Street, Coventgarden. 812 Broadway.
172.303
Inhalt des L. Jahrganges (1902.)
R. Berge, Die Vogelsiedlung des Neusatzer Riedes in Ungarn
Sp. Brusina, E. Arrigoni Degli Oddi. Atlante a
Uccelli Europei. Milano 1902 (Bericht) .
E. Christoleit, Gefiederte Wintergäste im Hafen von Memel im
Winter 1900/1901 ?
K. Deditius, Beiträge zur Akustik des Stimmorgans der Sperling
vöogel . :
C. v. Erlanger, [Dendropicus hempriehi albicans. n. "consp.] .
O0. Finsch, Zur Versöhnung zweier toten Meister (Hartlaub-Pet6nyi).
0. eo Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee
Expedition“ von Br. Mencke . : Be
C. E. Hellmayr, Revision einiger neotropischen Turdidae .
— Übersicht der von Dr. A. Penther in Südafrika gesammelten Vögel.
O0. Helms, Über Grönlands Vogelwelt Se El N
L. Kaiser, [Über die Vögel von Nauru]
H. Kunz, Otis tetrax, die Zwergtrappe, ein urdeutscher Brutvogel.
F, v. Lucanus, die Höhe des Vogelzuges auf Grund aeronautischer
Beobachtungen : N
— Schutzfärbung und N utztrachten h
0. Neumann, [Über seltenere Vogelarten : aus " Nordostafrika]
Pogge, Beobachtungen aus dem nordöstlichen China, gesammelt
während des Krieges in China. . .
Ant. Reichen oW, Die Vögel des deutschen Schutzgebietes. Togo.
— [Colymbus nigricans poggei n. sp. und Stizorhina vulpina n. sp.].
— [Chalcopelia chalcospilos erlangeri, volkmanniund caffra nn. consp.].
[Über neue afrikanische Arten] :
[Conspecies für Subspecies]
Schalow, [Über Erithacus cairii] :
A. Schulz, Die Brüllaffen unter den Vögeln Bs
. Schuster, Schutzfärbung und Instinkt der Vögel.
Die Vogelwelt und die Tertiärzeit . \
J. Thienemann, I. Jahresbericht (1901) der Vogelwarte Rossitten.
C. Wüstnei, der Vogelzug in Mecklenburg . . . . ... 238,
— Einige Beobachtungen aus dem Jahre 1901 Ze RC 1
“[33m|ı
NV
Deutsche Ornithologische Gesellschaft.
Bericht über die Septembersitzung 1901. -. ». 2 2 2 2... 121
Bericht über die Oktobersitzung 1901 . .. . ......2. 125
Bericht über die Novembersitzung 1901. . . . 2 2.2..2...127
Bericht über die Dezembersitzung 1901 . . . 2» 2 2 2.....131
Bericht über die Januarsitzung 1902. . » 2 2 2 2 2020. 254
Bericht über die Märzsitzung 119021... . u... nur 2 2 27267
Bericht über die Aprilsitzung 1902 . . 363
Mitgliederverzeichnis der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft 1902 114
Dem Herausgeber zugesandte Schriften. . . . 185, 258, 366, 473
Abbildungen.
Taf. I. Paradisea mirabils Rchw.
Taf. II—VIl. Landschaftsbilder der Kurischen Nehrung.
Taf. VII. Halcyon matthiae Hnrth.,, Halcyon nusae Hnrth.
Taf. IX. Monarcha menckei Hnrth., Rhipidura matthiae Hnrth.
Karte der Kurischen Nehrung.
JOURNAL
fi
ORNITHOLOGIE
Fünfzigster Jahrgang.
No. 1. Januar 1902.
Die Höhe des Vogelzuges
auf Grund aeronautischer Beobachtungen.
Von Friedrich von Lucanus,
Leutnant im II. Garde Ulanen-Regiment.
(Vortrag, gehalten am 15. August 1901 auf dem V. internationalen
Zoologen-Congress in Berlin).
In der Biologie unserer Vögel bildet die Wanderschaft der-
selben eine uns in vielen Stücken noch unaufgeklärte Erscheinung.
Vor allem sind wir heute erst wenig darüber unterrichtet, in
welchen Höhen die Vögel ihre Wanderungen zurücklegen. In
der Lösung dieser Frage können wir aber mit Beobachtungen,
die von der Erde aus unternommen werden, nur sehr wenig
weiter kommen, da dieselben grösstenteils auf Annahme und Ver-
mutungen beruhen. Die Luftschifffahrt hingegen, die die meteoro-
logischen Verhältnisse in den grösseren Höhen der Atmosphäre
bereits bis zu einem gewissen Grade aufgeklärt hat, kann uns
auch hier von grossem Nutzen sein. Wenn die Vögel in grossen
Höhen ihre Wanderungen zurücklegen, die nach Gätke bekanntlich
bis zu 7000 Meter betragen sollen, so ist auch anzunehmen, dass
dieselben seitens der Luftschiffer hier beobachtet werden, zumal
ja heute in ganz Europa zahlreiche Ballonfahrten zu wissen-
schaftlichen Zwecken unternommen werden. Solche Beobachtungen
auf Ballonfahrten haben aber den grossen Wert, dass uns in
denselben wirklich ein positives Material an die Hand gegeben
wird, aus dem zuverlässige Schlüsse auf die Höhe des Vogel-
fluges sich ableiten lassen.
Journ, f, Orn. L. Jahrg. Januar 1902. 1
02 Friedrich von Lucanus:
Im Einvernehmen mit der Deutschen ornithologischen Ge-
sellschaft habe ich mich daher zu Beginn dieses Jahres an die
königl. Preussische und königl. Bayrische Luftschifferabteilung
und an den meteorologischen Landesdienst in Strassburg ge-
wandt mit der Bitte, derartige ornithologische Beobachtungen
auf ihren Ballonfahrten für die Deutsche Ornithologische Gesell-
schaft ausführen zu lassen. Herr Professor Hergesell hat ferner
die Güte gehabt, diese Angelegenheit in der internationalen
aeronautischen Commission zur Sprache zu bringen, so dass
diese Beobachtungen nicht nur in Dentschland, sondern auch an
andern Orten Europas ausgeführt worden sind. Die Beobachtungen
sind auf Grund einer von mir ausgearbeiteten Anleitung ge-
macht und aufgezeichnet worden. Dieselbe lautet folgendermassen:
Deutsche ornithologische Gesellschaft. Berlin, im März 1901.
Ornithologische Beobachtungen auf freien Ballonfahrten.
Es ist eine noch offene Frage in der Naturwissenschaft,
bis zu welchen Höhen die Vögel sich erheben und in wieweit
Wind- und Wetterverhältnisse die Vögel hierin beeinflussen.
Namentlich gilt dies von den alljährlich im Herbst und Früh-
jahr stattfindenden grossen Wanderungen der Zugvögel, die
grösstenteils in so hohen Regionen stattfinden sollen, dass sie
sich unserer direkten Beobachtung von der Erde aus entziehen.
Von besonderem Wert würde daher die Aufzeichnung derartiger
ornithologischer Beobachtungen sein, die auf freien Ballonfahrten
gemacht werden. In erster Linie würde es darauf ankommen
zu erfahren, in welchen Höhen überhaupt Vögel beobachtet
werden. Hiermit verbundene genauere Mitteilungen über die
beobachteten Vögel würden den Wert solcher Aufzeichnungen
noch erhöhen. Von wissenschaftlichem Interesse würden folgende
Angaben sein:
I. Angabe der Höhe, in der ein einzelner Vogel oder ein
Vogelschwarm gesehen wird. In letzterem Fall unter Um-
ständen auch Angabe und Form des Schwarmes, wenn dieselbe
besonders auffällig erscheint, z.B. > — (der Pfeil bedeutet
‘ die Flugrichtung). Besonders ist darauf zu achten, ob Vögel
oberhalb einer dichten Wolkenschicht angetroffen werden.
Die Höhe des Vogelzuges. 3
II. Feststellung der jedesmaligen Vogelart, soweit dies aus-
führbar. In den meisten Fällen wird wohl nur eine all-
gemeine Angabe möglich sein, wie z. B.
„kleinere Raubvögel“
oder „kleinere Singvögel‘“ (hierzu würden Vögel wie Finken,
Lerchen, Ammern, Rotkehlchen zu rechnen sein.)
oder „grössere Singvögel“ (Drosseln, Stare.)
Unter Umständen wird diese Aufzeichnung noch allgemeiner
zu fassen sein und dann einfach lauten: „Schwarm kleiner
oder grosser Vögel,“ unter letzterer Bezeichnung würden
Vögel von Krähengrösse an zu rechnen sein.
II. Ob die Vögel laut oder stumm ziehen.
VI. Angabe der Richtung, in der der Flug erfolgt, (um vergleichen
zu können, wie die Vögel zur Windrichtung fliegen.)
V. Angabe über Schnelligkeit, mit der die Vögel ziehen,
soweit dies überhaupt ausführbar ist.
Nach vorstehender Tabelle würden die während einer Bal-
lonfahrt gemachten Aufzeichnungen beispieisweise folgendermassen
lauten:
„800 m Höhe grosser Schwarm kleiner Vögel, laut lockend
von Süden nach Norden.“
oder „2500 m Höhe Schar Gänse von Südwest nach Nord-
ost. Form > —.“
oder „1500 m Höhe kleiner Raubvogel von Norden nach
Süden.“
Die jedesmal in Betracht kommende Windrichtung und
Witterung würden aus dem Bericht über die Fahrt des Ballons
ersichtlich sein und würden diese Angaben dann den ornitholo-
gischen Aufzeichnungen später hinzuzufügen sein.
Von wissenschaftlichem Wert sind nicht nur Beobachtungen
aus grösseren Höhen, sondern auch solche, die in geringeren
Höhen gemacht werden, da es darauf ankommt festzustellen, in
welchen Höhen überhaupt die Vögel ihre Wanderungen zurück-
legen, und in welchen Beziehungen Wind und Witterung zur
Höhe des Vogelfluges stehen.
von Lucanus
Leutnant im 2. Garde-Ulanen-Regiment,
Berlin, Werftstr. 14.
1*
4 Friedrich von Lucanus:
Als Resultat dieser Beobachtungen hat sich nun ergeben,
dass in grösserer Höhe nur ganz ausnahmsweise und vereinzelt
einmal Vögel angetroffen werden. Seit Anregung der Beob-
achtungen sind nur folgende zwei Fälle aufgezeichnet worden:
Herr Professor Hergesell hat einmal in 3000 m Höhe einen
Adler beobachtet, der, unterhalb des Ballons befindlich, laut
schreiend dem Gebirge zuflog. Ausserdem sind einmal in 900 m
Höhe 2 Störche und 1 Bussard gesehen worden. Ferner sind
mir noch folgende Mitteilungen gemacht worden, die sich auf
Beobachtungen aus früherer Zeit beziehen: Herr Hauptmann
Weber, Kommandeur der Bayerischen Luftschifferabteilung,
schreibt mir aus München:
„In ornithologischer Beziehung wurden bisher nur sehr
wenig Wahrnehmungen auf den Ballonfahrten gemacht. Ich
meinerseits erinnere mich seit 1890 nur eines einzigen Falles,
dass eine Lerche in der Oberpfalz in ca. 1900 m Höhe be-
obachtet wurde; eine Notiz hierüber findet sich in den illustrierten
aeronautischen Mitteilungen, Heft 2, Jahrgang 1900.“
Diese Notiz lautet tolgendermalsen :
„Eine Lerche in 1900 m Höhe. Am 10. März 1899 unter-
nahm ich mit den Oberleutnants Sämmer und Hörnis diesseitiger
Abteilung eine dienstliche Freifahrt. Bei dieser Fahrt dürfte
ein kleines Vorkommnis nicht alltäglicher Natur vielleicht be-
merkenswert erscheinen.
Wir hatten um etwa 1 Uhr die Donau über der Be-
freiungshalle bei Kehlheim überflogen und näherten uns mit
gutem Winde um ca. 2 Uhr Nittenau in der Oberpfalz. Plötzlich
schien uns in einer Höhe von 1900 m ein schwarzer Punkt in
der Luft zu begleiten, der unsere Aufmerksamkeit auf sich zog
und fesselte. Ich dachte zuerst an eine etwa aus dem Korbe
gefallene Meldekarte, die gelegentlich des Fallens unseres
Ballons gleiche Höhe mit uns hielt, ein Blick auf das Aneroid
belehrte mich aber, dass der Ballon nicht fiel, sondern stieg.
Wir tauschten noch unsere Meinung über diese nicht erklärte
Erscheinung aus, als ein lautes erschrecktes Gezwitscher uns
darüber belehrte, dass wir eine Lerche vor uns hatten, welche
in dieser erstaunlichen Höhe von 1900 m durch unseren Ballon
in Schrecken versetzt worden war. Wir legten sofort Zeit, Ort
Die Höhe des Vogelzuges. b)
und Höhe fest, um diese gewiss nicht alltägliche Erscheinung
allenfallsigen Interessenten zuführen zu können.
Casella, Leutnant.“
Herr Dr. Süring vom moi uoinchen Institut in Berlin
teilt mir ferner mit:
„Die grösste Höhe, in Her bei nahezu 100 wissenschaft-
lichen Fahrten Vögel gesehen wurden, war nahezu 1400 m, am
18. Juni 1898. Es waren anscheinend Raben oder Krähen.“ —
Nach den Erfahrungen, die bisher auf den Ballonfahrten
gemacht worden sind, ist die Grenze der Vögel im allgemeinen
bereits in einer relativen Höhe von 400 m überschritten. Wie
die genannten Fälle zeigen, ist es eine grosse Seltenheit, wenn
einmal noch über 400 m relativer Höhe Vögel auf den Ballon-
fahrten angetroffen werden. Mit Ausnahme des einen Falles, wo
es sich um den Adler handelt, sind über 2000 m meines Wissens
nach niemals Vögel gesehen worden. Meiner Ansicht nach ist
dies nun ein deutlicher Hinweis dafür, dass die Vögel im all-
gemeinen sich nicht sehr hoch über den Erdboden erheben und
dass auch ihre Zugstrassen in tieferen Schichten liegen werden,
jedenfalls im allgemeinen wohl noch innerhalb 1000 m relativer
Höhe, und dass 2000 m wohl ziemlich als die äusserste Grenze
für die Höhe des Vogelfluges anzusehen ist.
Um zu erfahren, wie Vögel in höheren Regionen sich be-
nehmen, habe ich einige Male Vögel auf Ballonfahrten aussetzen
lassen. Hierbei haben sich nun folgende Erscheinungen gezeigt.
Am 16. Februar wurden auf einer Fahrt des Vereins für Luft-
schifffahrt 4 Grünlinge (Ligurinus chloris) mitgenommen. Der
Bericht hierüber lautet.
„12 Uhr mittags, 800 m Höhe, einen Vogel abgelassen;
derselbe fliegt erst um den Ballon, dann kurze Strecke gegen
den Wind, um dann schliesslich mit dem Winde sehr schnell
herunterzugehen.
115 nachmittags, 1000 m Höhe, einen Vogel abgelassen;
derselbe setzt sich erst auf den Korbrand, umkreist dann den
Ballon kurze Zeit und fliegt schliesslich im Zickzack nach unten.
330 nachmittags, 1100 m Höhe, einen Vogel abgelassen,
fliegt auf dem schnellsten Wege fast senkrecht nach unten.
4 nachmittags, 900 m Höhe, letzten Vogel abgelassen, be-
nimmt sich wie der zweite Vogel.“
6 Friedrich von Lucanus:
Am 16. März gab ich auf einer Fahrt 2 Bluthänflinge
(Linaria cannabina) und 1 Heidelerche (Lullula arbörea) mit,
mit der Bitte, diese Vögel, wenn möglich, oberhalb einer Wolken-
schicht auszusetzen. Der Bericht lautet:
„12% nachmittags, Hänfling in 1200 m Höhe über dicken
Wolken ausgesetzt. Derselbe umkreist längere Zeit den
Ballon, geht dann hoch und umkreist wieder den Ballon.
Plötzlich geht er sehr rasch nach unten, und zwar durch eine
alsbald sichtbar werdende, von uns nicht gleich bemerkte
Wolkenöffnung, die einen Durchblick auf die Erde gestattete.
13° nachmittags, Hänfling in 1200 m Höhe ausgesetzt, Wetter
klar; derselbe fliegt zuerst eine kurze Strecke gegen den Wind,
dann mit dem Winde schnell nach unten.
5 nachmittags, 3000 m Höhe, Lerche ausgesetzt. Ueber
dem Ballon klar, unter dem Ballon dicke Wolken, jedoch ver-
schiedene Durchblicke auf die Erde. Die Lerche geht langsam
gegen den Wind durch eine Wolkenöffnung nach unten.“
Während also alle bei klarem Wetter ausgesetzten Vögel
direkt zur Erde hernieder fliegen, thut der über den Wolken
freigelassene Hänfling dies nicht, sondern er weiss sich in dem
Wolkenmeer offenbar nicht zurecht zu finden. Im Gefühl der
Hilflosigkeit umkreist er solange den Ballon, bis eine plötzlich
sichtbar werdende Wolkenöffnung ihm den Weg zur Erde zeigt.
Dies Ergebnis zeigt offenbar, dass die Vögel zu ihrer Orientierung
des freien Überblicks über die Erde bedürfen. Dasselbe bestätigt
eine äusserst interessante Beobachtung, die einst Herr Hauptmann
von Sigsfeld gemacht hat. Derselbe stieg bei starker Be-
wölkung in einem Fesselballon auf. Oberhalb der ersten Wolken-
schicht, in ca. 300 m Höhe, umflog plötzlich eine Taube den
Ballon und liess sich auf den Korbrand nieder. Sobald dann
der Ballon beim Heruntergehen die Wolkenschicht wieder passiert
hatte, da flog die Taube in dem Augenblick ab, als die Erde
wieder sichtbar wurde. Dieselbe war also durch einen Zufall
über die Wolken geraten, und vermochte sich nun hier nicht
mehr zurecht zu finden, bis dann der Ballon sie aus ihrer
hilflosen Lage befreite. Verschiedene Erscheinungen aus dem
Leben der Vögel deuten ebenfalls darauf hin, dass die Vögel
sich nicht ausser Sehweite über die Erde erheben. Jeder Jäger
weiss, dass der Schnepfenstrich bei klarem Wetter weniger gut
ist, als bei trüber, feuchter Witterung. Genau ebenso verhält
Die Höhe des Vogelzuges. 7
es sich auch mit dem Krammetsvogelfang, der ja bei Nebel be-
kanntlich am ergiebigsten ist. Der Grund hierfür ist eben der,
dass bei starker Bewölkung die tief liegenden Wolken diese
Vögel zwingen, niedriger zu ziehen, um noch von oben die Erde
erkennen zu können. Dann aber streicht die Schnepfe im Schuss-
bereich des Jägers, dann werden die Krammetsvögel durch die
roten Beeren in den Schlingen angelockt. Ein weiterer Beweis
ist auch das Verhalten der Brieftauben. In der kriegstechnischen
Zeitschrift findet sich in Heft 9, Jahrgang 1899, in einem Artikel
„die Brieftauben im Heeresdienst“ folgende Mitteilung:
„Der Belgische Brieftaubenzüchter Rodenbach sandte 10
gute Tauben fort und liess sie bei trübem Wetter auf 50 km
Entfernung von ihrem Schlage in Freiheit setzen. Die erste
Taube gebrauchte 3 Stunden 22 Minuten, um diese geringe
Entfernung zurückzulegen. Zwei andere 4 Stunden. Die Letzten
trafen erst am Nachmittag ein, als der Nebel bereits völlig
' verschwunden war. Wenige Tage später liess Rodenbach die-
selben Tauben bei klarem Wetter und günstigem Winde wieder
an demselben Orte auffliegen. Die Tauben gebrauchten zu
dem Rückweg im Durchschnitt 45 Minuten.“
Alle diese genannten Beobachtungen deuten unbedingt
darauf hin, dass die Vögel zu ihrer Orientierung des
freien Überblicks über die Erde bedürfen. Es kann also
nicht ein uns unbekanntes instinktives Ahnungsvermögen sein,
was die Vögel auf ihren Wanderungen leitet, sondern dieselben
werden sich nach der Gestaltung der Erdoberfläche orientieren.
In meteorölogischer Hinsicht wird daher die Bewölkung ein wich-
tiges Moment bilden, das die Höhe des Vogelzuges beeinflusst.
Die Vögel werden sich nicht über die unterste Wolken-
schicht erheben. Dies spricht aber ebenfalls dagegen, dass
ihre Zugstrassen in höheren Regionen liegen. Denn je höher die
Vögel fliegen würden, umso eher würden sie in die Lage kommen,
über Wolken fliegen zu müssen. Solche Wolkenschichten würden
aber dann die Vögel zwingen, wieder tiefer herabzugehen, um
noch die Erde erkennen zu können. Dieser häufige Wechsel in
der Höhe ihres Fluges würde aber nur eine unnütze Zeit- und
Kraftverschwendung bedeuten. —
Wenn sich die Vögel nach der Erdoberfläche orientieren,
so ist wohl anzunehmen, dass sie zu den Höhen emporsteigen,
aus denen sie die grösste und beste Fernsicht haben. Theoretisch
8 Friedrich von Lucanus:
müsste die Fernsicht mit der Steigerung der Höhe ständig zu-
nehmen. Nach Erfahrung der Luftschiffer ist dies aber praktisch
nicht der Fall. Der Grund liegt darin, dass bei den langen,
schrägen Sehlinien aus grossen Höhen störende Reflexe auftreten,
die ein weites Sehen vereiteln. Nach Erfahrung der Luftschiffer
hat es daher für die Vögel gar keinen praktischen Wert, sich
über 1000 m relativer Höhe zu erheben, soweit es sich nur um
die Fernsicht handelt. Also auch von diesem Standpunkt aus
hat es für die Vögel keinen Zweck, in sehr hohen Regionen zu
ziehen. —
Schliesslich möchte ich noch eine sehr interessante Beob-
achtung erwähnen, die Herr Dr. Süring auf einer Ballonfahrt
an Brieftauben gemacht hat. Herr Dr. Süring teilt mir fol-
gendes mit:
„Am 18. Februar 1897 wurden 4 Brieftauben mitgenommen
und nach 2!/, Stunden in 1600 m Höhe kurz nach einander
losgelassen, nahe bei Buckow in der märkischen Schweiz. Über
das Loslassen schrieb ich in dem Werke: „wissenschaftliche
Luftfahrten“, herausgegeben von Assmann und Berson, Band 2,
Seite 503: „Die Tauben waren zum Teil nur mit Gewalt vom
Ballon zu vertreiben, fielen darauf eine beträchtliche Strecke
senkrecht herunter, schlugen dann aber nach ganz geringer
Schwenkung sofort den richtigen Weg nach Hause ein.“ Die
Strecke, um welche die Tauben fielen, wurde auf fast 1000 m
geschätzt; doch liessen sich hierüber nur Vermutungen an-
stellen.‘
Ich glaube, dass die Ursache dieser Erscheinungen die ist,
dass in dieser Höhe die Luft infolge ihrer geringeren Dichtigkeit
den Tauben zu wenig Widerstand bot, um noch die Flugwerkzeuge
gebrauchen zu können. Doch verhalten sich die Vögel nicht
gleichmässig hierin, wie ja die in 3000 m Höhe ausgesetzte Lerche
beweist, die sich in dieser Höhe ohne weiteres ihrer Flügel be-
dient. Jedenfalls aber lässt sich vermuten, dass die veränderte
Beschaffenheit der Luft in grösseren Höhen ebenfalls ein Faktor
ist, der die Höhe des Vogeltluges nachteilig beeinflusst. Weitere
Versuche auf Ballonfahrten würden daher zur Lösung dieser
Frage sehr wertvoll sein. —
Als Gesamtresultat der bisherigen aeronautischen Beobachtung
ergiebt sich, dass der Vogelzug im allgemeinen wohl noch inner-
halb 1000 m relativer Höhe vor sich geht. Auch in meteoro-
Die Höhe des Vogelfluges. 9
logischer Hinsicht würde dies zutreffend sein, da in dieser Höhe
die Temperaturverhältnisse noch nicht jene gewaltige Abnahme
zeigen, wie sie in grösseren Höhen herrscht.
Zum Schluss möchte ich den Herren der genannten Luft-
schiffer-Vereine und Luftschiffer-Abteilungen den aufrichtigsten
und ergebensten Dank für die gütige Unterstützung aussprechen,
indem ich daran zugleich die Bitte knüpfe, diese ornithologischen
Beobachtungen noch weiter fortsetzen lassen zu wollen. Mit
Hilfe der Luftschiffahrt wird es uns dann hoffentlich im Laufe
der Zeit gelingen, immer mehr das Problem des Vogelzuges
aufzuklären.
Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo.
Von Reichenow.
Seit Veröffentlichung der zusammenfassenden Liste der
Vögel des Togolandes im Journal für Ornithologie 1897 Seite
52—57 ist unsere Kenntnis der Vogelfauna des Schutzgebietes
wieder wesentlich erweitert worden. Vorzugsweise hat Herr
Oberleutnant G. Thierry dazu beigetragen, dem die ornitholo-
gische Erschliessung des Mangugebietes im Hinterlande von Togo
zu verdanken ist. Reichhaltige Sammlungen sind wiederum von
Herrn Graf Zech zusammengebracht worden, dessen verdienst-
volle Thätigkeit bereits in der früheren Veröffentlichung gebürend
gewürdigt worden ist. Ferner sind an der Förderung der Orni-
thologie des Togolandes beteiligt: Herr Kurz, der im Küsten-
gebiete sammelte, Herr Dr. Kersting, der hauptsächlich in
Kirikri thätig war, Herr Dr. Rigler, der in jüngster Zeit
aus Sansanne Mangu eine Sammlung dem Berliner Museum
übersandt hat, und Herr F. Schröder, dessen Sendung aus
Sokode beim Abschlusse dieser Abhandlung eintraf. Nach diesen
Beiträgen beläuft sich nunmehr die Anzahl der aus dem Schutz-
gebiete bekannten Vogelarten auf 355 gegenüber 279 der im
Jahre 1897 gegebenen Übersicht.
In dem folgenden systematischen Verzeichnisse der Vogel-
arten sind die einzelnen Fundorte mit den in Klammern beige-
fügten Namen der Sammler angegeben. Die römischen Ziffern
zeigen die Monate an, in denen die Vögel erlegt worden sind.
10 Reichenow:
Laridae.
1. Rynchops flavirostris Vieill.
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 76.
Mangu (Thierry).
Phalacroecoraeidae.
2. Phalacrocorax africanus (Gm.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 93.
Kratschi IV. V. (Klose, v. Zech).
3. Anhinga rufa (Lacep. Daud.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 95. — Photus levaillanti Rehw.
J. O. 1897 S. 2.
Kratschi IV. V. (v. Zech.)
Anatidae.
4. Dendrocygna viduata (L.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 125.
Kratschi IX. (v. Zech); Mangu (Thierry, Rigler).
5. Uhenalopex aegyptiacus (L.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 131.
Mangu (Thierry). |
6. Plectropterus gambensis (L.)
Rchw. Vög. Afr. IL 1900 S. 134.
Mangu (Thierry).
Charadriidae.
7. Glareola fusca (L.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 144.
Mangu (Thierry).
8. Glareola melanoptera Nordm.
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 145.
Bismarckburg (Büttner).
9. Glareola liberiae Schl.
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 148. — Glareola megapoda
Rchw. J. O. 1897, S. 3.
Kratschi V. (v. Zech).
Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 11
10. Glareola cinerea Fras.
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 149.
Akposso XII. (Baumann).
11. Pluvianus aegyptius (L.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 8. 150.
Oberer Volta, Akroso XI., Akposso Xl. (Baumann); Kratschi
IX. X. (v. Zech); Oti X., Mangu (Thierry).
12. Oursorius temmincki Sw.
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 155.
Mangu (Thierry).
13. Charadrius dubius Scop.
Rehw. Vög. Afr. I. 1900 8. 175. — Charadrius curonicus
Rchw. J. 0. 1897 S. 2.
Akroso XII. (Baumann).
14. Charadrius forbesi (Shell.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 178.
Akroso III. XII. (Baumann); Kratschi XI. (v. Zech); Oti,
X., Mangu (Thierry).
15. Sareiophorus superciliosus (Rchw.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 190. — Lobivanellus superciliosus
Rchw. J. O. 1897 S. 52.
Bismarckburg I. (Büttner); Kratschi I. (v. Zech.)
16. Xiphidiopterus albiceps (J. Gd.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 192. — Lobivanellus albiceps
Rchw. J. O. 1897, S. 4.
Akposso XII. (Baumann); Kratschi Xl. (v. Zech); Mangu
(Thierry, Rigler).
17. Lobivanellus senegallus (L.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 193.
Kratschi I. II. (v. Zech); Mangu, Jendi X., Dakofluss VII.
(Thierry).
18. Oedicnemus senegalensis SW.
Rehw. Vög. Afr. I. 1900 8. 197.
Akposso XII. (Baumann).
12 Reichenow:
Scolopacidae.
19. Recurvirosira avocetta UL.
Rehw. Vög. Afr. I. 1900 S. 206.
Klein Popo XII. (Kurz).
20. Himantopus himantopus (L.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 207.
Mangu (Thierry).
21. Numenius phaeopus (L.)
Rehw. Vög. Afr. IL 1900 S. 210.
Togoküste (Kurz).
+22. Totanus pugnax (L.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 216.
Kratschi (v. Zech); Mangu (Thierry).
+23. Totanus littoreus (L.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 217.
Akroso XI. (Baumann); Kratschi XH. (v. Zech); Mangu
(Thierry).
+24. Totanus glareola (K.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 222.
Kratschi (v. Zech).
25. Tringoides hypoleucos (L.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 224. — Totanus hypoleucus
Rehw. J. O. 1897 S. 4.
Akroso XI. (Baumann); Kratschi IX. (v. Zech.)
Otididae.
26. Otis senegalensis Vieill.
Rcehw. Vög. Afr. I. 1900 S. 250.
Sansanne Mangu VI. (Rigler).
Gruidae.
27. Balearica pavonina (L.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. .264.
Kirikri XII. Dunenjunge (Kersting); Boti I. (Döring);
Sansanne Mangu VI. (Rigler).
Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 13
Jacanidae.
28. Actophilus africanus (Gm.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 267.
Mangu (Thierry, Rigler).
Rallidae.
29. Himantornis haematopus |Tem.] Hartl.
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 273.
Misahöhe (Baumann).
30. Orex egregia (Ptrs.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 278.
Mangu (Thierry).
31. Limnocorax niger (Gm.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 279.
Mangu (Thierry).
32. Sarothrura pulchra (Gr.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 286. _
Podji V., Misahöhe VI. (Baumann); Kirikri II. (Kersting).
Pteroclidae.
33. Pterocles quadricinctus Tem.
Rchw. Vög. Afr. I. 1900 S. 313.
Mangu (Thierry).
Ibidae.
34. Theristicus hagedash (Lath.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 325. — Theristicus leucocephalus
Rehw. J. O. 1897 S. 5.
Bismarckburg (Büttner); Konfokrum XI. (Baumann); Kiri-
kri II. (Kersting); Mangu (Thierry).
Cieoniidae.
35. Tantalus ibis L.
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 333.
Akposso (Baumann); Kratschi III. (v. Zech).
14 Reichenow :
36. Leptoptilos erumenifer ([Cuv.] Less.)
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 338. — Leptoptilus argala Rcehw.
9.071897... 52:
Bismarckburg I. (Büttner).
37. Ephippiorhynchus senegalensis (Shaw)
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 341.
Kratschi (v. Zech); Mangu (Thierry).
Scopidae.
38. Scopus umbretta Gm.
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 353.
Kratschi X. XI. (Klose, v. Zech); Kirikri II. (Kersting);
Mangu, Jendi X. (Thierry).
Ardeidae.
39. Nycticorax leuconotus (Wagl.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 363. — Caleredius leuconotus
Rchw. J. ©. 1897 8. 6.
Bismarckburg (Büttner); Kratschi V. (v. Zech).
40. Tigrisoma leucolophum Jard.
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 365.
Akposso XII. (Baum.); Kleinpopo (Kurz).
41. Ardett« payesi (|Verr.] Hartl.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 367.
Mangu (Thierry).
42. Ardeita sturmi (Wagl.)
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 368.
Kratschi VI. (v. Zech).
43. Butorides atricapillus (Afz.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 370.
Kratschi I. (Baumann); Togoküste (Kurz); Kirikri II.
(Kersting); Mangu (Thierry).
44. Ardeola ralloides (Scop.)
Rcehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 374.
Mangu (Thierry).
Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 15
45. Ardea purpurea L.
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 377.
Togoküste (Kurz).
46. Ardea melanocephala Vig. Childr.
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 380.
Kratschi XH. I. 1I. (Baumann, v. Zech); Sansanne Mangu
(Rigler).
47. Bubulcus ibis (L.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 381.
Togoküste (Kurz); Kratschi XI. XII. (v. Zech); Kirikri
(Kersting); Mangu (Thierry).
48. Herodias garzeita (L.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 387.
Togoküste (Kurz); Kratschi VI. (v. Zech).
49. Herodias alba (L.)
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 388.
Kratschi V. (v. Zech).
Columbidae.
50. Vinago waalia (Gm.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 392.
Mangü, Jendi IX. (Thierry).
51. Vinago caWwa (Tem.)
Rcehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 394.
Bismarckburg III. (Büttner); Misahöhe XII. (Baumann);
Kratschi IX. (Klose, v. Zech).
52. Columba guinea L.
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 401.
Bassari X. (Klose); Kirikri VI. X. XI. (Kersting); Sansanne
Mangu (Rigler).
53. Turtur senegalensis L.
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 406.
Wokutima VII, Womome „Peplelu“ genannt (Baumann).
16 Reichenow::
54. Turlur semitorquatus (Rüpp.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 409.
Misahöhe XI., Agome Palime IX. „Agbain“ genannt (Bau-
mann); Kratschi IX. (Klose, v. Zech); Kirikri XI. (Kersting; San-
sanne Mangu (Rigler).
55. Turtur shelleyi Salvad.
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 4ll.
Mangu (Thierry).
56. Turtur vinaceus (Gm.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 $. 412.
Batscha VI, Ahingro XI. (Baumann); Kratschi (Klose).
57. Turturoena iriditorques (Cass.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 419.
Bismarckburg (Büttner).
58. Calopelia puella (Schl.)
Rchw. Vog. Afr. I. 1901 S. 423.
Misahöhe Il., Amedzoche Ill. (Baumann).
59. Tympanistria tympanistria (Tem.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 424.
Misahöhe IX. (Baumann).
60. Chalcopelia afra (L.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 426.
Bismarckburg II. brütend, IV. (Büttner); Misahöhe II.
Kratschi XI. (Baumann); Kratschi (Klose); Mangu (Thierry).
61. Oena capensis (L.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 429.
Mangu (Thierry).
Phasianidae.
—62. Numida meleagris L.
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 434.
Bismarckburg VIII. (Büttner); Kratschi V. (v. Zech); Kiri-
kri X. (Kersting).
Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 17
62a. Numida zechi Rehw.
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 435.
In gezähmten Zustande in der Umgegend von Kratschi
(v. Zech).
63. Guttera cristata (Pall.)
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 450.
Misahöhe XI. (Baumann).
64. Franeolinus ahantensis Tem.
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 $. 470.
Misahöhe I. (Baumann).
65. Francolinus bicalcaratus (L.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 482.
Bismarckburg VII. (Büttner); Ahingro XI. (Baumann); Ki-
rikri II., XL, X1I. Dunenjunge (Kersting); Mangu (Thierry, Rigler);
Sokode (Schröder).
66. Francolinus lathami Hartl.
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 498.
Bismarckburg IV. (Büttner).
67. Ptilopachus fuscus (Vieill.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 500.
Misahöhe IV. (Baumann); Kratschi VIIL, IV. Junge (v. Zech).
68. Ooturnix coturmiw (L.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 505.
Kirikri II. (Kersting).
Vulturidae.
69. Pseudogyps africanus (Salvad.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 519.
Kratschi (Klose).
70. Neophron monachus (Tem.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 522.
Bismarckburg (Büttner); Kratschi XI. (v. Zech).
Journ, f, Orn. L. Jahrg. Januar 1902, 2
18 Reichenow:
Faleonidae.
71. Polyboroides typicus A. Sm.
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 531.
Dedaure III, Kirikri XI. (Kersting); Sokode (Schröder).
72. Circus macrourus (Gm.)
Rcehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 535.
Misahöhe XI (Baumann): Kirikri II. (Kersting).
73. Melierax metabates (Heugl.)
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 8. 544.
Mangu, Jendi X. (Thierry).
74. Kaupifalco monogrammicus (Tem.)
Rcehw. Vög. Afr. I. 1901 8. 547.
Bismarckburg III. (Büttner); Leglebe IV. Dunenjunge, Nkonga,
Ndjumuru XI. „Essu“ genannt (Baumann); Kratschi II. II. V. VI.
VI. (v. Zech); Sokode (Schröder).
75. Astur melanoleucus (A. Sm.)
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 551.
Bismarckburg IV. (Büttner); Kratschi Ill. (v. Zech).
76. Astur tachiro castanilius (Bp.)
Rcehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 554. — Astur macroscelides
Rcehw. J. O. 1897, 53.
Bismarckburg IV. (Büttner); Misahöhe IX. (Baumann); Ki-
rikri III. (Kersting).
77. Astur sphenurus (Büpp.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 557.
Bismarckburg I. (Büttner); Misahöhe IV., Kratschi X. bis
XII. (Baumann); Kratschi IV. XI. XH. (v. Zech); Mangu, Jendi
X. (Thierry); Sokode (Schröder).
78. Accöpiter rufwentris A. Sm.
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 560.
Bismarckburg IV. (Büttner).
79. Accipiter hartlaubi ([Verr.| Hartl.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 8. 564. — Accipiter büttikoferi
Rchw. J. O. 1897 S. 53.
Bismarckburg VII. XI. (Büttner).
Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 19
80. Micronisus gabar (Daud.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 565.
Mangu, Jendi (Thierry).
81. Dryotriorchis spectabilis (Schl.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 569.
Ein Vogel gelangte lebend aus dem Togolande ohne nähere
Angabe des Fangortes in den Berliner Zoologischen Garten.
82. Orrcaetus gallicus (Gm.)
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 570.
Mangu (Thierry).
Der Vogel weicht durch den grauen Ton der Oberseite,
hervorgerufen durch graue Bestäubung der Federn, von der
typischen Färbung ab; ferner haben die Oberschwanzdecken keine
weissen Säume und auf den mittelsten Schwanzfedern sind 5
dunkle Binden bemerkbar, auf den seitlichen 4, während bei
typischen Vögeln von C. gallicus die mittelsten Federn gewöhnlich
3—4, die seitlichen 2—3 Binden haben.
83. Oircaetus cinereus (Vieill.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 8. 571.
Misahöhe (Baumann); Jendi IX. (Thierry).
84. Circaetus cinerascens v. Müll.
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 3. 573.
Kratschi (Klose); Mangu X. (Thierry).
85. Spizaelus coronatus (L.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 576.
Lome XII. (Baumann).
86. Hieraaetus spilogaster ([Du Bus] Bp.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 579.
Kame II., Misahöhe IV. (Baumann).
87. Lophoaetus occipitalis (Daud.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 582.
Kratschi I. IV. V. XII. (v. Zech.)
PA
20 Reichenow:
88. Duteo auguralis Salvad.
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 593.
Ein Vogel dieser Art gelangte aus dem Togolande ohne:
nähere Angabe des Fangortes lebend in den Berliner Zoologischen
Garten.
89. Helotarsus ecaudatus (Daud.)
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 598.
Mangu (Thierry).
90. Gypohierax angolensis (Gm.)
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 603.
Bismarckburg (Büttner); Jokte IV. (Baumann); Kratschi|
IV. Xl. (v. Zech); Kirikri II. XII. (Kersting); Sokode (Schröder).
91. Haliaetus vocifer (Daud.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 605.
Kratschi ILL. (v. Zech).
92. Pandion haliaetus (L.)
Rcehw. Vög. Afr. I. 1901 8. 607.
Togoküste (Kurz).
93. Milvus aegyptius (Gm.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 609.
Bismarckburg IX. X. (Büttner); Misahöhe III. „Aklassu“
genannt (Baumann); Kratschi I. XI. XII. (v. Zech); Kirikri XI.
X1l. (Kersting); Mangu,JendiX. (Thierry, Rigler); Sokode (Schröder).
94. Elanus caeruleus (Desf.)
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 615.
Bageida III. (Kurz); Katschi I. IL. (v. Zech).
95. Nauclerus riocouri (Vieill.)
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 617.
Mangu (Thierry).
96. Baza cuculoides (Sw.)
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 618.
Kratschi II. (v. Zech).
Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 21
97. Falco biarmicus Tem.
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 624.
Kratschi V. (v. Zech).
98. Falco biarmicus tanypterus [Lcht.] Schl.
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 626.
Mangu (Thierry).
99. Falco concolor Tem.
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 629.
Sansanne Mangu (Rigler).
100. Falco ruficollis Sw.
Rchw. Vög. Afr. L 1901 S. 631.
Mangu (Thierry).
101. Cerchneis ardosiacea (Vieill.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 636.
Kleinpopo (Kurz).
102. Cerchneis alopex deserticola Rehw.
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 638.
- Mangu (Thierry).
103. Cerchneis tinnunculus (L.) var.
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 641.
Kratschi II. (v. Zech).
Dieser Vogel, ein Weibchen, weicht durch auffallend dunkle
Färbung und breite schwarzbraune Binden auf den Schwanz-
federn, die breiter als die rotbraunen Zwischenräume sind, von
der typischen Färbung ab. Er gleicht in der Färbung der ©.
neglecta, ist aber grösser: Flügel 233, Schw. 175 mm.
Strigidae.
104. Scotopelia peli [Tem.] Bp.
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 648.
Kratschi II. (v. Zech); Kirikri II. (Kersting).
105. Bubo lacteus (Tem.)
Rchw. Vög. Afr. I. 1901 S. 650.
Kirikri I. (Kersting).
22 Reichenow:
106. Bubo maculosus cinerascens Guer.
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 656. |
Bismarckburg (Büttner); Bassari (Klose); Sokode IV.
Dunenjunge (Kersting); Sokode (Schröder).
107. Asio leucotis (Tem.)
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 661.
Mangu (Thierry); Sokode (Schröder).
108. Pisorhina capensis (A. Sm.)
Rehw. Vög. Afr. L. 1901 S. 666.
Kratschi VI. (v. Zech); Mangu VII. (Thierry).
109. Glaucidium perlatum (Vieill.)
Rcehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 674.
Kratschi V1.(Klose, v. Zech) ; Mangu, Jendi VIII— X. (Thierry).
110. Strix flammea maculata Brehm.
Rehw. Vög. Afr. I. 1901 S. 676.
Kratschi V. (v. Zech); Mangu (Thierry).
Psittaeidae.
111. Porcephalus robustus fuscicollis (Kuhl).
Poicephalus pachyrhynchus Rchw. J. O. 1897 8. 13.
Bismarckburg (Büttner); Kratschi I. V. (v. Zech).
112. Posicephalus senegalus versteri (|Goff.] Finsch).
Kratschi I. I. V. (Baumann); Kirikri IL. XII. (Kersting);
Mangu (Thierry); Sokode (Schröder).
113. Agapornis pullarius (L.)
Akroso XII. (Baumann); Kratschi 1. (v. Zech).
114. Palaeornis cubicularis Hasselg.
Mangu (Thierry, Rigler).
Musophagidae.
115. Corythaeola eristata (Vieill.)
Bismarekburg III. (Büttner); Misahöhe XI. (Baumann);
Kratschi I. II. IV. (v. Zech).
Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 23
116. Musophaga violacea Isert.
Bassari X. (Klose); Kratschi L—VIU. XII. (v. Zech); So-
kode III. (Kersting); Mangu (Thierry).
117. Chizaerhis africana (Lath.)
Schizorhis africanus Rchw. J. 0. 1897 S. 14.
Bismarckburg II. III. (Büttner); Kratschi I. II. II. VII.
VIH. Tanaleba (v. Zech); Misahöhe IX. (Baumann); Kirikri IX—
XII. (Kersting); Jendi IX. (Thierry); Sokode (Schröder).
118. Turacus persa büttneri Rchw.
Bismarckburg IV. (Büttner); Podji V., Misahöhe XI.
(Baumann); Bassari (Klose); Kratschi II. (v. Zech); Kirikri XI.
(Kersting).
Cueulidae.
119. Centropus senegalensis (L.)
Bismarckburg XII. (Büttner); Misahöhe V. Nestjunge, Jo
IV. V. (Baumann); Kratschi VI. (Klose, v. Zech); Kirikri II. IV.
(Kersting); Mangu, Jendi X. (Thierry).
120. Centropus leucogaster Leach.
Wampong XII. (Baumann).
121. Centropus thierryi Rehw.
Rehw. O0. M. 1899 S. 190.
Mangu (Thierry).
122. Ceuthmochares flavirostris (Sw.)
Bismarckburg III. IV. (Büttner); Agome Tongwe VII. Misa-
höhe V. (Baumann).
123. Coccystes cafer (Lcht.)
Bismarckburg III. (Büttner); Batscha VI., Amedjovhe II.
Baumann); Kratschi V. (Klose, v. Zech); Kirikri ll. (Kersting);
Sansanne Mangu (Rigler).
124. Coceystes glandarius (L.)
Mangu VII. (Thierry).
125. Pachycoccyx validus (Rchw.)
Bismarckburg (Büttner); Mangu (Thierry).
24 Reichenow:
126. Cercococeyx mechowi Cab.
Bismarckburg IV. (Büttner).
127. Oueulus clamosus Lath.
Agome Tongwe VII. (Baumann).
128. Oueulus solitarius Steph.
Agome Tongwe VIII. (Baumann).
129. Oueulus gabonensis Lafr.
Agome Tongwe VII. (Baumann).
130. Ouculus canorus (L.)
Mangu (Thierry).
131. Cueulus gularıs Steph.
Kratschi I. (v. Zech); Mangu (Thierry, Rigler); Jendi X.
(Thierry).
„132. Ohrysococey& cupreus (Bodd.)
Misahöhe XI. (Baumann); Kratschi V. IX. (v. Zech); Jendi
IX. (Thierry).
133. Chrysococey& flavigularis Shell.
Misahöhe V., Podji V., Liati XI, Kpakple IV. (Baumann).
134. Metallococeyx smaragdineus (Sw.)
Kpakple IV. (Baumann).
Indieatoridae.
135. Indicator indicator (Gm.)
Mangu (Thierry).
136. Indicator maior Steph.
Indicator flavicollis Rehw. J. O. 1897 S. 53.
Bismarckburg (Büttner).
137. Indicator maculatus G. R. Gr.
Kratschi X. (v. Zech).
138. Indicator exilis (Cass.)
Misahöhe IL, Agome Tongwe VII. (Baumann).
139. Prodotiscus insignis (Cass.)
Misahöhe II. VII, Kussuntu V. (Baumann).
Capitonidae.
140. Pogonorhynchus dubius (Gm.)
Kirikri III. V. (Kersting); Mangu, Jendi IX. (Thierry).
Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 25
141. Melanobucco bidentatus (Shaw).
Bismarckburg (Büttner); Misahöhe V. (Baumann); Bassari
(Klose); Kratschi, Agbande (v. Zech).
142. Melanobucco vieilloti (Leach).
Misahöhe XL, Podji V. (Baumann); Bismarckburg IV.
(Büttner); Kratschi VII. VIII. XI. (Klose, v. Zech); Mangu, Jendi
XI. (Thierry).
143. Tricholaema hirsutum (Sw.)
Bismarckburg (Büttner); Misahöhe V. (Baumann).
144. Barbatula scolopacea ([Tem.] Bp.)
Kuma Ga IV. ‚Goöde“ genannt, Misahöhe II. (Baumann).
145. Barbatula leucolaema Veırr.
Kuma Ga IV. (Baumann); Bismarckburg IV. (Büttner).
146. Barbatula chrysocoma (Tem.)
Sebbe VIII. (Baumann).
147. Trachylaemus togoensis Rehw.
Bismarckburg IV. (Büttner); Agome Tongwe VII. (Baumann).
Pieidae.
148. Iynz torquilla L.
Bismarckburg II. (Büttner).
149. Dendromus nivosus Sw.
Bismarckburg IV. (Büttner); Misahöhe VII. „Kote-Kote“
genannt, Podji V. (Baumann); Kirikri 1I. (Kersting).
"150. Dendromus permistus (Rehw.)
Misahöhbe V. VII. XI. (Baumaun); Kirikri II. (Kersting).
151. Dendromus punctatus (Val.)
Kratschi (Klose); Mangu (Thierry).
152. Mesopicos pyrrhogaster (Malh.)
Misahöhe Il. (Baumann).
153. Mesopicos goertae poicephalus (Sw.)
Mesopicus goertan Rehw. J. O. 1897 S. 18.
Kratschi L, Agome Palime X. (Baumann); Kratschi VI. (v.
Zech); Jendi X. (Thierry); Sokode (Schröder).
154. Dendropicos lafresnayi Malh.
Bismarckburg II. (Büttner); Podji V. (Baumann); Kratschi
VII. (v. Zech).
26 Reichenow:
Trogonidae.
155. Apaloderma narina constuntia Sharpe Ussh.
Bismarckburg IV. (Büttner); Misahöhe XII. (Baumann).
Coraciidae.
156. Coracias abyssinicus senegalensis Gm.
Ooracias abyssinica Rchw. J. O. 1897 S. 20. |
Bismarckburg I. (Büttner); Kratschi XI. (v. Zech); Kirikri
I. II. (Kersting); Mangu, Jendi IX. X. (Thierry).
157. Coracias naevius (|Lacep.] Daud.)
Bismarckburg 1. (Büttner); Kratschi XII. I. (v. Zech); Mangu,
Jendi X. (Thierry).
158. Coracias cyanogaster Ouv.
Sokode IV. (Baumann); Kratschi VII. (v. Zech); Mangu
(Thierry).
159. Eurystomus afer (Lath.)
Bismarckburg II. (Büttner); Kirikri IX. (Kersting); Kratschi
I. II. IV. VI. VII. (Baumann, v. Zech); Otimündung XI. (v. Zech);
Mangu, Jendi X. (Thierry).
160. Eurystomus gularis Vieill.
Bismarckburg II. (Büttner); Misahöhe XI. (Baumann);
Kratschi XII. (v. Zech).
161. Bucorvus abyssinicus (Bodd.)
Ducorax guineensis Rchw. J. OÖ. 1897 S. 19,
Bismarckburg II. (Büttner); Kratschi VII (v. Zech); Sokode
IV., Kirikri IV. (Kersting); Jendi (Thierry).
162. Ceratogymna elata (Tem.)
Bismarckburg (Büttner).
163. Ceratogymna atrata (Tem.)
Bueta IV. Nestjunge (Baumann).
164. Bycanistes fistulator (Cass.)
Bismarckburg (Büttner); Misahöhe VI. „Anati“ genannt
(Baumann).
165. Lophoceros semafasciatus (Hartl.)
Bismarckburg IX. (Büttner); Kussuntu V. „Atschapoli“
genannt, Konfokrum XI. (Baumann); Kratschi VII. (v. Zech);
Kirikri XI. XII. (Kersting).
Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 27
166. Lophoceros nasutus (L.)
Konfokrum XI., Kratschi XI. (Baumann); Akroso XHU.,
Kratschi V. (v. Zech); Mangu, Dakofluss X. (Thierry).
167. Lophoceros erythrorhynchus (Tem.)
Mangu (Thierry).
Alcedinidae.
168. Haleyon chelicuti (Stanl.)
Jo V., Podji V., Misahöhe IX., Hagu VII. (Baumann); Bis-
marckburg IV. (Büttner); Kratschh VO. (v. Zech); Mangu
(Thierry); Sokode (Schröder).
169. Halcyon semicaeruleus rufiventris SW.
Halcyon semicaerulea Rehw. J. ©. 1897 S. 21.
Bismarckburg I. III. (Büttner); Akroso XI. (Baumann);
Kratschi I. IV. VI. (v. Zech); Kirikri Ill. (Kersting); Mangu
(Thierry); Sokode (Schröder).
170. Haleyon torquatus forbesi Sharpe.
Halcyon forbesi Rehw. J. ©. 1897 S. 21.
Bismarckburg IV. XII. (Büttner); Misahöhe II., Kratschi 1.
II. (Baumann); Kratschi VIIL, Konfokrum IV. (v. Zech); Kirikri
(Kersting); Mangu (Thierry).
171. Haleyon senegalensis (L.)
Kratschi II. (v. Zech); Mangu (Thierry).
172. Halcyon cyanoleucus (Vieill.)
Kratschi I. VI. (v. Zech); Mangu, Jendi VIII. X. (Thierry).
173. Ispidina picta (Bodd.)
Misahöhe V., Kussuntu V., Podji V. (Baumann); Kratschi
VI. (v. Zech).
174. Corythornis cyanostigma (Rüpp.)
Kirikri II. (Kersting); Mangu (Thierry).
175. Alcedo quadrıbrachys Bp.
Bismarckburg IV. (Büttner); Apago XU. (Baumann); Krat-
schi XII. (v. Zech); Kirikri XII. (Kersting).
176. Ceryle rudis (L.)
Kratschi XI. (v. Zech); Kratschi I., Akpasso XI. (Baumann);
Mangu (Thierry).
177. Ceryle maxima (Pall.)
Kratschi IV. VIII. (v. Zech); Mangu (Thierıy).
28 Reichenow :
Meropidae.
178. Melittophagus pusillus (St. Müll.)
Bismarckburg Ill. (Büttner); Misahöhe XI., Nkonyo XI.
(Baumann); Mangu (Thierry); Sokode (Schröder).
179. Melittophagus bullocki (Vieill.)
Ahingro XI. (Baumann); Kirikri I. IL. (Kersting); Mangu,
Oti X. (Thierry).
180. Dierocercus furcatus (Stanl.)
Kratschi IX., Kajamso VII. (v. Zech); Kirikri (Kersting).
181. Aerops albicollis (Vieill.)
Merops albicollis Rehw. J. O. 1897 S. 23.
Bismarckburg III. (Büttner); Ahingro XII, Kratschi XI.
(v. Zech); Misahöhe XI. (Baumann).
182. Merops «piaster UL.
Misahöhe III. XII. (Baumann).
183. Merops nubicus Gm.
Kratschi I. (Baumann); Kratschi II. XII, Kagala XU. (v.
Zech); Kirikri XII. (Kersting); Mangu (Thierry); Sokode (Schröder).
Upupidae.
184. Upupa senegalensis Sw.
Kratschi I. XII. (Baumann); Bismarckburg Ill. (Büttner);
Kirikri (Kersting); Mangu (Thierry).
185. Irrisor viridis senegalensis (Vieill.)
Kratschi, Bassari X. (Klose); Kratschi I. VI. (v. Zech);
Kirikri Il. (Kersting); Mangu, Jendi X. (Thierry).
186. Scoptelus aterrimus (Steph.)
Bismarckburg Ill. (Büttner); Kratschi I., Misahöhe II. (Bau-
mann); Kratschi I., Kajamso VI. (v. Zech).
Caprimulgidae.
187. Scotornis climacurus (Vieill.)
Kratschi XII. I. (v. Zech); Mangu (Thierry).
188. Macrodipteryx. macrodipterus |Afz.] Lath.
Bismarckburg I., III. brütend (Büttner); Akroso VI. (Bau-
mann); Sokode III. (Kersting); Agbande Ill. (v. Zech); Mangu
(Thierry).
Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 29
Macropterygidae.
189. Apus apus (L.)
Misanöhe (Baumann).
190. Apus affinis (Gr. Hardw.)
Jendi IX. (Thierry).
191. Tachornis parvus (Leht.).
Agome Tongwe VII. (Baumann).
Pittidae.
192. Pitta angolensis Vieill.
Misahöhe V. (Baumann).
Hirundinidae.
193. Hirundo leucosoma SW.
Gridji VII, Jo VI. jung (Baumann); Bismarckburg Ill
(Büttner).
194. Hirundo rustica L.
Misahöhe IX., Kratschi X. (Baumann); Kratschi (v. Zech).
195. Hirundo senegalensis L.
Mangu (Thierry).
196. Hirundo gordoni Jard.
Bismarckburg IV. (Büttner); Misahöhe VII. (Baumann).
197. Hirundo domicella Finsch Hart!.
Bismarckburg II. (Büttner); Kratschi I. (Baumann); San-
sanne Mangu (Rigler).
198. Hirundo nigrita G. R. Gr.
Akroso XI. (Baumann).
199. Psalidoprocne obscura (|Tem.] Hartl.).
Bismarckburg IV. (Büttner).
Museicapidae.
200. Bradornis modestus Shell.
Misahöhe IX. XII, Adame VIl. (Baumann); Sokode (Schröder),
201. Melaenornis edolioides (Sw.)
Bismarckburg (Büttner).
30 Reichenow:
202. Muscicapa grisola L.
Bismarckburg I. (Büttner); Misahöhe IX. X. (Baumann).
203. Muscicapa atricapilla L.
Bismarckburg Il. IV. (Büttner); Misahöhe XI, II. (Bau--
mann).
204. Alseonax caerulescens (Hartl.)
Misahöhe II. (Baumann).
205. Hyliota flavigastra Sw.
Misahöhe X. XII. (Baumann); Kratschi X. (v. Zech).
206. Elminia longicauda (Sw).
Kratschi (Klose); Kratschi XI. (v. Zech); Bassari IV., Kiri-
kri II. (Kersting); Mangu (Thierry).
207. Tehitrea viridis (St. Müll.).
Misahöhe 1I. XII. (Baumann); Kratschi IV. (v. Zech); Bis-
marckburg IV. (Büttner); kirikri Il. III. (Kersting); Mangu
(Thierry); Sokode (Schröder).
208. Tchitrea nigriceps Hartl.
Podji V., Liati XI. (Baumann).
209. Trochocercus nitens Cass.
Misahöhe XII. (Baumann).
210. Bias musicus (Vieill.)
Misahöhe IV. X., Akroso XI., Leglebi VI. (Baumann).
211. Megabias flammulatus Verr.
Misahöhe V. IX. XL, Agome Tongwe VII, Kussuntu V.
Adame VII. Podji V., Amedjovhe III. (Baumann).
212. Smithornis rufolateralis G. R. Gr.
Bismarckburg Ill. IV. nistend (Büttner); Misahöhe VI.
(Baumann).
213. Diaphorophyia hormophora Rehw.
Rchw. J. OÖ. 1901 S. 285.
Misahöhe II. XII. (Baumann); Bismarckburg III. IV. (Büttner).
214. Diaphorophyia blissetti Sharpe.
Misahöhe II. (Baumann).
215. Datis senegalensis (L.)
Podji V., Agome X., Misahöhe XI. (Baumann); Kratschi
(Klose); Mangu (Thierry).
Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 31
216. Platystira cyanea (St. Müll.)
Agome Tongwe V., Abala VII. (Baumann); Kratschi XI.
(v. Zech); Kirikri II (Kersting); Mangu (Thierry).
Campophagidae.
217. Graucalus pectoralis Jard. Selby.
Kratschi X. (Klose, v. Zech); Kirikri (Kersting; Jendi XI.
(Thierry); Sokode (Schröder).
218. Campophaga quiscalina |Finsch] Sharpe.
Bismarckburg III. (Büttner).
219. Campophaga phoenicea (Lath.)
Bismarckburg I. (Büttner); Misahöhe IX., Podji V. (Bau-
mann); Kratschi (Klose); Mangu (Thierry).
Laniidae.
220. Prionops plumatus Shaw.
Prionops poliocephalus und plumatus Rehw. J. O. 1897 S. 55.
Bimarckburg 1V. (Büttner); Kratschi I. II. (Baumann, Klose);
Kratschi IV. VL, Kajamso VI. (v. Zech); Jendi 1X. (Thierry).
Im Journal f. Ornith. 1891 S. 384 hatte ich irrtümlich
Prionops poliocephalus für Togo aufgeführt. Der für diese Art
gehaltene, schlecht zubereitete Vogel ist augenscheinlich ein
Junger von P. plumatus, dem die langen Schopffedern noch fehlen.
Die Gattung Prionops umfasst nunmehr ausser dem in der
Färbung wesentlich abweichenden P. vinacesgularis 7 Arten, die
einander sehr ähnlich sind, nur durch die Form und Färbung
der Haube oder Vorhandensein einer weissen Flügelbinde in
folgender Weise sich unterscheiden:
1. Prionops talacoma A. Sm. (Report Exp. Expl. C. Afr. 1836,
S. 45). Stirnfedern borstenartig aufwärts gerichtet, aber kurz,
keinen Helm bildend. Über Süd- und Ostafrika verbreitet,
im Südwesten nordwärts bis Angola, im Osten bis zum Vic-
toria Niansa.
2. Prionops melanoptera Sharpe (Bull. Br. O0. C. XI. 1901 S. 46).
Dem P. talacoma sehr ähnlich, aber ohne weisse Zeichnung
auf den Flügeln. Über die Form der Haube ist in der Ur-
sprungsbeschreibung nichts gesagt (siehe unter 3). Somaliland.
32 Reichenow:
3. Prionops intermedia Sharpe (Bull. Brit. 0. C. XI. 1901 S. 47).
Dem P. talacoına ähnlich, aber ohne weisse Längsbinde auf |
dem Flügel, Flügeldecken einfarbig schwarz mit schwachem
Glanz und nur schmal angedeutete weisse Aussensäume an
den Enden der inneren Armsch wingen; die borstenförmig
aufgerichteten Stirnfedern etwas länger als bei P. talacoma
und einen schwachen Helm bildend, aber nicht mit den Spitzen
nach vorn gebogen wie bei P. poliocephalus, die hinteren Stirn-
federn länger als die vorderen, aber keinen deutlichen Scheitel-
schopf bildend; Stirnfedern perlgrau, die vorderen weiss. Tai-
tagebiet in Ostafrika (Woifluss).
Nach Sharpe sind die inneren Armschwin gen schmal weiss
gesäumt. Der mir vorliegende Vogel vom Woiflusse hat indessen
nur schwache Andeutungen eines weissen Aussensaumes an
den Enden dieser Schwingen. Es scheint mir somit nicht un-
wahrscheinlich, dass P. intermedia mit P. melanoptera zu-
sammenfällt, was auch mit der Verbreitung im Einklange
stände.
4. Prionops poliocephalus (Stanl.) (Salts Trav. Abyss. 1814 App.
S. 50). Verlängerte Stirnfedern und vordere Scheitelfedern |
aufrecht, mit ihren Spitzen nach vorn gerichtet, die Scheitel-
federn noch stärker gekräuselt, einen Helm oberhalb Stirn
und Scheitel bildend, rein weiss gefärbt. In Nordostafrika
von Massaua bis Uganda. Ob Vögel mit und ohne weisse
Flügelbinde nur als Altersverschiedenheiten oder als verschie-
dene Arten aufzufassen sind, bleibt bis zur sicheren Feststellung
des Vorkommens, d. h. der geographischer Sonderung der
beiden Formen dahin gestellt. Es hat den Anschein, als wäre
die weissbindige Form eine nördlichere, dem abessinischen
Küstengebiete angehörende Art, die schwarzflügelige, P. crista-
tus, eine südlichere. |
5. Prionops poliolophus Fschr. Rehw. (Journ. für Orn. 1884, 8. 180).
Stirnfedern aufgerichtet und oberhalb der Stirn einen Helm
bildend, ähnlich wie bei P. poliocephalus, aber perlgrau, nicht
reinweiss. Scheitelfedern zerschlissen und zu einem aufrecht-
stehenden Schopf verlängert, schiefergrau gefärbt. Diese von
Fischer am Naiwaschasee im Britischen Ostafrika entdeckte
Art ist von Neumann bei Ssero im nordwestlichen Massai-
lande, von Trotha am Ugalla gefunden worden.
Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 33
6. Prionops martensi Rchw. (Festschrift v. Martens, Arch. f. Naturg.
1901 S. 330). Dem P. poliocephalus sehr ähnlich, die rein-
weissen Stirnfedern sind aufwärts gerichtet und bilden einen
Helm, aber nur die vorderen haben nach vorn gebogene Spitzen,
die hinteren und Scheitelfedern sind nicht gekräuselt, sondern
schlicht und schräg nach hinten gerichtet und bilden einen
kurzen, den Hinterkopf nicht überragenden Schopf.
Östliches Kamerungebiet.
7. Prionops plumatus Shaw (Gen. Zool. VII. 2. 1809 S. 292).
Stirnfedern borstenartig aufwärts gerichtet, aber etwas länger
als bei P. talacoma, Scheitelfedern sehr lang, aber von regel-
mässiger Form, einen langen, den Hinterkopf weit über-
ragenden Schopf bildend. Nordwestafrika: Senegambien, Sierra
Leone, im Hinterlande der Gold- und Togoküste und am Benue.
Die 8. Art: P. vinaceigularıs Richm. Auk. 1897 S. 162 weicht
der Ursprungsbeschreibung nach von allen vorbeschriebenen durch
weinzimtfarbene Scheitelhaube und Kopfseiten und ebenso, wenn
auch blasser, gefärbte Kehle ab.
221. Sigmodus caniceps Bp.
Agome Tongwe VIII, Amedjovhe III. (Baumann).
222. Nelaus afer (Lath.)
Bismarckburg (Büttner); Kratschi I. XI. (Baumann, Klose,
v. Zech); Mangu (Thierry).
223. Dryoscopus maior (Hartl.)
Bismärckburg III. XI (Büttner); Akeppe VII. Leglebi VII.
(Baumann).
224 Dryoscopus gambensis (Lcht.)
Bismarckburg VII. (Büttner); Misahöhe II. V. (Baumann);
Kratschi VII. (v. Zech); Mangu (Thierry).
225. Nicator chloris (Val.)
Bismarckburg IV. XI. (Büttner); Apeso (v. Zech).
226. Laniarius barbarus (L.)
Anfoi (Ostgrenze von Togo) VII. (Baumann); Porto seguro
UI. (Kurz); Kratschi X. (v. Zech); Mangu (Thierry).
227. Laniarius sulphureipectus (Less.).
Bismarckburg IV. (Büttner); Misahöhe X., Abala VII, Podji
V. (Baumann).
| Journ, £. Orn. L. Jahrg. Januar 1902. 3
34 Reichenow:
228. Laniarius poliocephalus (Lcht.)
Kratschi 1. VI. (Klose, v. Zech); Gandu XI. (Thierry).
229. Laniarius poliochlamys Gad.
Amedjovhe Ill. (Baumann).
230. Laniarius multicolor G. R. Gr.
Agome Tongwe VII, Amedjovhe III. (Baumann); Tapa XIl.
(v. Zech).
231. Laniarius nigrithorax Sharpe.
Agome Tongwe V. (Baumann).
232. Telephonus senegalus (L.)
Misahöhe V., Nkonjo XI. (Baumann); Kratschi VI. (v. Zech);
Sansanne Mangu (Rigler); Mangu (Thierry).
233. Telephonus ussheri (Sharpe).
Amedjovhe 11I. (Baumann); Kratschi VII. (v. Zech).
234. Telephonus minutus Hartl.
Bismarckburg (Büttner); Misahöhe IV. V. IX., Amedjovhe
Ill, Agome Tongwe IV. (Baumann); Kratschi VII. (v. Zech).
235. Lanius senator L.
Bismarckburg I. (Büttner); Misahöhe IL, Kratschi I. (Bau-
mann); Gandu XI. (Thierry).
236. Lanius smithi (Fras.)
Podji V., Nkonjo XL, Abala VII., Misahöhe IX. (Baumann).
237. Uorvinella corvina (Shaw)
Bismarckburg (Büttner); Kratschi I. VII. (Baumann, v. Zech); |
Bassari IV. (Kersting); Mangu, Jendi X. (Thierry).
Corvidae.
238. Corvus scapulatus Daud.
Kratschi (v. Zech); Jendi X. (Thierry).
239. Oryptorhina afra (L.).
Bassari (v. Zech); Jendi IX. (Thierry); Sansanne Mangu
(Rigler).
Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 35
240. Picathartes gymnocephalus (Tem.)
Leglebi VI. (Baumann).
Dieruridae.
241. Dierurus atripennis Sw.
Bismarckburg U. III. (Büttner).
242. Dierurus coracinus Verr.
Misahöhe IX., Kussuntu V., Podji V., Kratschi XI., Ahingro
XL, Nkonjo XI. (Baumann); Kratschi VII. (v. Zech); Kirikri
(Kersting); Jendi X. (Thierry).
Oriolidae.
343. Oriolus auratus Vieill.
Bismarckburg III. IV. IX. (Büttner); Kratschi I. VII. IX.
XII. (Baumann, Klose, v. Zech); Kirikri (Kersting); Jendi VII. X.
(Thierry).
244. Oriolus nigripennmis Verr.
Misahöhe V. IX. (Baumann).
245. Oriolus brachyrhynchus Sw.
Amedjovhe III, Agome Tongwe VII, Misahöhe XI. X.
(Baumann).
Sturnidae.
j 246. Lamprotornis caudatus (St. Müll.)
Mangu (Thierry).
247. Lamprocolius purpureus (St. Müll.)
Kratschi VII. XII. (Baumann, Klose, v. Zech); Sansanne Mangu
(Rigler); Mangu (Thierry); Kirikri (Kersting); Sokode (Schröder).
248. Lamprocolius chloropterus (Sw.)
Bismarckburg XIL—II. (Büttner); Podji XI. (Baumann);
Jendi IX. (Thierry).
249. Pholiduuges leucoguster (Gm.)
Bismarckburg Ill. (Büttner); Agome Tongwe V., Misahöhe
4 IX. (Baumann); Kratschi: VII. (Klose, v. Zech).
| 3%
36 Reichenow:
Ploceidae.
250. Malimbus malimbieus (Daud.)
Agome Tongwe VII, Misahöhe XI. (Baumann).
251. Malimbus bartletti Sharpe.
Batja VI. (Baumann).
252. Malimbus nitens (G. R. Gr.)
Bismarckburg IV. nistend (Büttner).
253. Symplectes brachypterus (SW.)
Bismarckburg IH. IV. (Büttner); Kussuntu V., Agome Tongwe
V. (Baumann).
254. Ploceus cucullatus (St. Müll.)
Bismarckburg II. (Büttner); Misahöhe V. IX., Agome Tongwe.
IV., Jo V., Kratschi I. (Baumann); Sansanne Mangu (Rigler);
Jendi X. (Thierry); Sokode (Schröder).
255. Ploceus heuglin Rehw.
Kratschi IX. (v. Zech).
256. Ploceus castaneofuscus Less.
Bismarckburg Il. VIII. (Büttner); Logba II. (Baumann).
257. Ploceus tricolor Hartl.
Agome Tongwe VII., Misahöhe X. (Baumann).
258. Ploceus superciliosus (Shell.)
Bismarckburg (Büttner); Sebbe VIII. (Baumann).
259. Amblyospiza capitalbus (Bp.)
Agome Palime X. (Baumann).
260. Pyrenestes ostrinus (Vieill.)
Misahöhe VII. (Baumann).
261. Spermospiza guttata (Vieill.)
Bismarckburg IV. (Büttner); Misahöhe Il. V. (Baumann).
262. Spermospiza haematina (Vieill.)
Bismarckburg IV. (Büttner); Misahöhe II. (Baumann).
263. Spermestes bicolor (Fras.)
Jo VI. „Airo‘“ genannt (Baumann).
Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 37
264. Spermestes cucullata Sw.
Bismarckburg III. (Büttner).
265. Pytelia capistrata Hartl.
Kratschi (Klose).
266. Pytelia schlegeli Sharpe.
Misahöhe II. (Baumann).
267. Zonogastris eiterior (Strickl.)
Bismarckburg Ili. (Büttner).
268. Lagonosticta nigricollis Heugl.
Kratschi VIII. (v. Zech).
269. Lagonosticta minima (Vieill.)
Sebbe VIII. (Baumann); Mangu (Thierry) ; Sokode (Schröder).
270. Lagonosticta rufopicta (Fras.)
Sebbe VII. (Baumann).
271. Lagonosticta polionota Shell.
Bismarckburg III. (Büttner).
272 Estrelda melpoda (Vieill.)
Bismarckburg II. IV. (Büttner); Misahöhe VII. XI. „Airedje“
genannt (Baumann); Sokode (Schröder).
273. Estrelda bengala (L.)
Kratschi IV. (v. Zech); Mangu (Thierry).
274. Hypochera ultramarına (Gm.)
Bismarckburg (Büttner); Mangu (Thierry).
275. Nigrita emiliae Sharpe.
Akome II., Podji V. (Baumann).
276. Quelea erythrops (Hartl.)
Bismarckburg III. IV. (Büttner); Misahöhe X. (Baumann).
277. Pyromelana afra (Gm.)
Mangu (Thierry).
278. Pyromelana franciscana (Isert).
Anfoi VIII. (Baumann); Kratschi (Klose, v. Zech); Sansann®
Mangu (Rigler); Oti X. (Thierry).
38 Reichenow:
279. Pyromelana flammiceps (Sw.)
Akeppe VII, Misahöhe II, Agome Tongwe IV. (Baumann).
280. Penthetria macroura (Gm.)
Bismarckburg III. IV. (Büttner); Sebbe VII, Misahöhe II.
X. (Baumann); Kratschi (Klose, v. Zech); Jendi IX. (Thierry).
281. Ooliuspasser concolor (Cass.)
Misahöhe XI., Kuma-Adame X. (Baumann).
282. Steganura paradiısea (L.)
Bismarckburg (Büttner); Kratschi IX. (Baumann, v. Zech);
Jendi X. (Thierry).
283. Vidua erythrorhyncha SW.
Bismarckburg (Büttner); Adjido VIIL, Misahöhe II. (Bau-
mann); Kratschi IX. (Klose, v. Zech); Kirikri (Kersting); Jendi
IX. (Thierry).
Fringillidae.
284. Passer diffusus (A. Sm.)
Jo VI. (Baumann); Kratschi VII. (v. Zech).
285. Passer diffusus thierryi Rehw.
Rchw. O. M. 1899, 190.
Mangu (Thierry).
286. Poliospiza flegeli Hart.
Misahöhe III. (Baumann).
287. Serinus butyraceus (L.)
Bismarckburg (Büttner); Leglebi IV. „baka‘“ genannt (Bau- |
mann); Kratschi (Klose); Mangu (Thierry).
288. Emberiza cabanisi (Rchw.)
Bismarckburg IV. (Büttner); Misahöhe II. XI. (Baumann).
289. Emberiza septemstriata Rüpp.
Sansanne Mangu (Rigler).
Motaeillidae.
290. Macronyx croceus (Vieill.)
Sebbe VIII. (Baumann); Kratschi I. VI. (Klose, v. Zech);
Jendi IX. (Thierry).
Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 39
291. Anthus gouldi Fras.
Shell. B. Afr. IL. 1900. S. 307.
Bismarckburg III. (Büttner).
292 Anthus trivialis (L.)
Shell. B. Afr. II. 1900. S. 299.
Podji XII. (Baumann).
293. Budytes flavus (L.)
Motacilla flava Shell. B. Afr. II. 1900. S. 286.
Bismarckburg (Büttner); Misahöhe X. (Baumann); Mangu
(Thierry).
294. Motacilla vidua Sund.
Shell. B. Afr. II. 1900, S. 268.
Bismarckburg II. (Büttner), Misahöhe VII, Akrosso XI.
(Baumann); Kratschi (Klose, v. Zech); Mangu (Thierry).
Alaudidae.
295. Mirafra erythropygia (Strickl.)
Kratschi I. (Baumann); Mangu (Thierry).
296. Mirafra buckleyi (Shell.)
Kratschi VI. (v. Zech).
297. Galeria senegalensis Bp.
Mangu (Thierry).
298. Pyrrhulauda leucotis (Stanl.)
Mangu (Thierry).
Pyenonotidae.
299. Pycnonotus barbatus (Destf.)
Bismarckburg IV. (Büttner); Agome Tongwe IV., Misahöhe
V. „Akpatuble‘“ genannt, Amedjovhe III. (Baumann); Kratschi
(Klose); Kirikri (Kersting); Jendi X. (Thierry); Sokode (Schröder).
300. Phyllostrephus scandens Sw.
Bismarckburg IV. (Büttner); Agome Tongwe VI., Misahöhe
II. (Baumann); Kratschi X. (v. Zech); Sokode (Schröder).
301. Phyllostrephus simplex (Hartl.)
Kuma Ga IV. (Baumann).
302. Phyllostrephus indicator (Verr.)
Misahöhe IL, Agome Tongwe VII. (Baumann).
40 Reichenow:
303. Phllostrephus canicapillus (Hartl.)
Bismarckburg IV. (Büttner); Abala VII. (Baumann).
304. Phyllostrephus flavicollis (Sw.)
Bismarckburg (Büttner).
305. Phyllostrephus albigularıs Sharpe.
Bismarckburg IV. (Büttner).
306. Phyllostrephus baumanni Rchw.
Misahöhe II. (Baumann).
307. Oriniger barbatus (Tem.)
Konfokrum XI, Misahöhe IV. (Baumann).
308. Criniger verreauxi Sharpe.
Misahöhe XH. (Baumann).
309. Andropadus virens Cass.
Misahöhe V. IX. X. XI. (Baumann).
310. Andropadus gracilirostris Strickl.
Kussuntu V., Kuma Ga IV., Misahöhe VII. IX. (Baumann).
311. Andropadus congener Rchw.
Agome Tongwe VII. (Baumann).
Nectariniidae.
312. Anthothreptes longuemarei (Less.)
Shell. B. Afr. II. 1900 S. 144. |
Bismarckburg IV. (Büttner); Agome Tongwe X., Jo VI.
(Baumann); Kratschi (Klose); Sokode (Schröder).
313. Cinnyris venustus (Shaw)
Shell. B. Afr. II. 1900 8. 62.
Bismarckburg 1. III. (Büttner); Agome Tongwe V. (Baumann).
314. Cinnyris verticalis (Lath.)
Uyanomitra verticalis Shell. B. Afr. II. 1900 S. 127.
Podji V. (Baumann).
315. Oinnyris obscurus (Jard.)
Oyanomitra obscura Shell. B. Afr. IL, 1900 S. 125.
Amedjovhe II., Adame VII, Jo V. (Baumann).
316. Cinnyris chloropygius (Jard.)
Shell. B. Afr. II. 1900 S. 83.
Leglebi VII. (Baumann).
Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 41
317. Oinnyris eboensis Jard.
Cinnyris adelberti Rcehw. J. ©. 1897 S. 46.
Misahöhe III. IX. X. (Baumann).
Die Togovögel gehören der dunklen, zuerst vom Niger be-
schriebenen Art eboensis an, die sich somit von Togo bis zum
Kongo verbreitet, während E. adelberti auf den Nordwesten, von
Senegambien bis zur Goldküste beschränkt ist.
318. Cinnyris senegalensis (L.)
Kpakple IV. (Baumann); Jendi IX. (Thierry).
319. Cinnyris cupreus (Shaw)
Shell. B. Afr. II. 1900 S. 36.
Bismarckburg IH. (Büttner); Topli VIII. (Baumann); Kratschi
XII. (v. Zech).
320. Cinnyris superbus (Shaw)
Shell. B. Afr. II. 1900 S. 41.
Misahöhe VII. X. „Addesi‘‘ (Baumann).
321. Oinnyris splendidus (Shaw)
Shell. B. Afr. I. 1900 S. 45.
Bismarckburg IL.—IV. (Büttner); Agome Tongwe V. VII
„Tinti“ (Baumann); Kratschi VII. (Klose, v. Zech); Jendi IX.
(Thierry); Sokode (Schröder).
322. Nectarinia pulchella (L.)
Shell. B. Afr. II. 1900 S. 23.
Mangu (Thierry).
Paridae.
323. Parus leucomelas Küpp.
Shell. B. Afr. II. 1900 S. 228 — Parus leucopterus Kchw.
5: 0. 1897 S. 56.
Bismarckburg II. IV. (Büttner); Leglebi VI, Kratschi I.
(Baumann); Mangu (Thierry).
324. Parisoma plumbeum (Hartl.)
Shell B. Afr. II: 190078. 217.
Misahöhe IX. (Baumann).
Timeliidae.
325. Orateropus platycercus SW.
Kratschi I. (Baumann); Mangu (Thierry).
42
Reichenow:
326. Crateropus haynesi Sharpe.
Bismarckburg IV. (Büttner).
327. Crateropus reinwardti Sw.
Kratschi (Klose).
328. Hypergerus atriceps (Less.)
Kratschi VII. (v. Zech).
329. Turdinus moloneyanus Sharpe.
Misahöhe II. IX., Agomegebirge (Baumann).
330. Alethe diademata (Bp.)
Bismarckhurg IV. (Büttner).
331. Melocichla mentalis (Fras.)
Bismarckburg III. (Büttner); Agome Tongwe IV., Misahöhe
V., Hagu VIIL, Jo VI. (Baumann); Mangu (Thierry).
332. Cisticola lateralis (Fras.)
Bismarckburg III. (Büttner); Misahöhe V. VIIL, Kpandu X.
(Baumann).
333. Orsticola cinerascens swanzii Sharpe.
Oisticola cinerascens Rchw. J. 0. 1897 S. 56.
Misahöhe VIII. (Baumann).
334. Cisticola stangeri Fras.
Abala VII. (Baumann).
335. Cistecola erythrops (Hartl.)
Bismarekburg VI (Büttner.)
336. Cisticola rufa Fras.
Agomegebirge VII; Kpandu X; Misahöhe VII. (Baumann).
337. Orthotomus erythropterus (Jard.)
Bismarckburg III. (Büttner); Misahöhe (Baumann).
338. Hylia prasina (Cass.)
Bismarckburg IV. (Büttner); Misahöhe II., Kpandu X. (Baum.).
339. Camaroptera tincta Cass.
Porto Seguro III. (Kurz).
340. Camaroptera chloronota Rchw.
Misahöhe II. (Baumann).
341. Stiphrornis erythrothorax Hartl.
Bismarckburg (Büttner); Misahöhe Il. (Baumann).
Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Togo. 43
342. Eremomela pusilla Hartl. ‘
Bismarckburg (Büttner); Misahöhe XI., Abudu Karimo XII.
(Baumann).
343. Eremomela baumannı Rchw.
Misahöhe (Baumann).
344. Oossypha verticalis Hartl.
Bismarckburg IV. (Büttner); Misahöhe XII. (Baumann).
345. Cossypha albicapilla giffardi Hart.
Hart. Nov. Zool. 1899 S. 420.
Mangu (Thierry).
346. Pentholaea albifrons Rüpp.
Bismarckburg (Büttner).
Sylviidae.
347. Sylvia sylvia (L.)
Misahöhe II. (Baumann).
348. Sylvia simplex Lath.
Sylvia hortensis Rehw. J. O. 1897 S. 50.
Misahöhe II. XII, Kumaga IV. (Baumann).
349. Hypolais polyglotta (Vieill.)
Misahöhe II. IV. (Baumann).
350. Phylloscopus sibrlatrix (Bchst.)
Misahöhe V. (Baumann).
E 351. Turdus saturatus Cab.
Turdus chiguancoides Rchw. J. ©. 1897 S. 51.
Misahöhe II. V. IX. (Baumann).
352. Pratincola rubetra (L.)
Bismarckburg IL.—III. (Büttner); Misahöhe IX.—XI. (Bau-
mann); Mangu (Thierry).
353. Monticola saxatilis (L.)
Mangu (Thierry).
354. Erithacus phoenicurus (L.)
Sokode (Schröder).
355. Erithecus luscinia (L.)
Podji XII., Misahöhe II. (Baumann); Porto Seguro III. (Kurz).
44
Revision einiger neotropischen Turdidae.
Von ©. E. Hellmayr.
Als einen Teil meiner während des vergangenen Winters
und Frühjahres betriebenen Studien über die Drosseln gebe ich
hier die auf einige neotropische Arten bezüglichen Notizen be-
kannt. Mir stand für diese Arbeit ein solch reiches Material
zur Verfügung, wie es bisher wohl noch von keinem Bearbeiter
der Gruppe benutzt worden war, und hauptsächlich diesem Um-
stande ist es zuzuschreiben, wenn ich der noch im Erscheinen
begriffenen monographischen Behandlung desselben Stoffes (Mono-
graph of Turdidae by the late H. Seebohm, edited and completed
by R. B. Sharpe, London) manche Ergänzung und Berichtigung
hinzufügen kann.
Da ich mir die Bemerkungen über die Verwandtschaft und
natürliche Gruppierung der Drosseln für eine andere Arbeit
vorbehalte, mögen hier nur einige Punkte Erwähnung finden.
Die von Seebohm vorgeschlagene Einteilung in drei Genera:
Geoeichla, Turdus und Merula entbehrt — wie ja schon wieder-
holt betont wurde — jeder Begründung, und es bleibt nichts
anderes übrig, als alle darin verteilten Formen in einem grossen
Genus zu vereinigen, wenn dies auch die Übersicht nicht besonders
erleichtern dürfte.
Zum richtigen Verständnis der Beziehungen der einzelnen
„Arten“ zueinander, ist es — wie bereits oftmals von Hartert,
Kleinschmidt etc. und von mir selbst hervorgehoben wurde —
notwendig, auch die geringeren, „subspecifischen“ Unterschiede zu
berücksichtigen und zu fixieren, nur auf diese Weise können
wir der richtigen Naturauffassung näher kommen. Zu solchen
umfassenden Studien gehört allerdings überaus reiches und sorg-
fältig etikettiertes Material, wie es wohl in wenigen Museen der
Welt zu finden ist, und nur die sorgfältige Vergleichung von
Belegstücken aus denselben Jahreszeiten konnte bei der vor-
liegenden, nach der Saison überaus variablen Gruppe zur Klar-
heit führen.
Um meine Arbeit auf dieser festen Basis zu begründen,
bedurfte ich der Hilfe meiner geehrten Fachgenossen und ich
will diese einleitenden Worte nicht schliessen, ohne denselben
meinen aufrichtigen Dank auszudrücken.
Revision einiger neotropischen Turdidae. 45
Dir. E. Hartert, Oberamtmann Heine, Amtsrat Nehr-
korn, Prof. Reichenow, Dr. v. Rothschild, Prof. Conte Sal-
vadori, Dr. Stolzmann u. A. sind es hauptsächlich, denen
ich für die Überlassung von Material verbunden bin. Mr. ©.
Bangs (Boston) und Mr. E. W. Nelson (Washington) waren so
liebenswürdig, einige Vögel über das Meer zur Untersuchung zu
senden, eine Freundlichkeit, für die ich nicht genug danken kann.
Besonders aber drängt es mich, meinen hochverehrten Lehrer in
neotropischer Ornithologie, Herrn Grafen von Berlepsch für
seine stete Bereitwilligkeit und seine weitgehende Unterstützung
mit Rat und That meiner speciellen Erkenntlichkeit zu versichern.
Wien, k. k. naturhistorisches Hofmuseum,
den 20. September 1901.
+1], Catharus melpomene costaricensis subsp. nov.
Ähnlich ©. melpomene melpomene (Cab.), aber die Oberseite
viel weniger rostbraun und mit mehr oder weniger deutlich
entwickelter, grauer Beimischung. Das Rostbraun des Unter-
rückens viel weniger lebhaft. Schwanz heller und wesentlich
kürzer, auch Flügellänge etwas geringer.
Typus: $ Mai 1890, Cherrie leg. in Mus. v. Berlepsch.
a. 74, c. 60, r. 16 mm.
Hab. Costa Rica.
Bereits Prof. Baird (Review Amer. B. 1864, p. 8) bemerkte
die Verschiedenheit der Vögel von Costa Rica, genauer präcisiert
wurden die Differenzen von P. L. Jouy (P. U. S. Mus. v. 16. 1893,
p- 774), der jedoch sein Material für nicht genügend zu einer
endgültigen Entscheidung betrachtete. Mir lagen 12 Exemplare
von Costa Rica und 8 der typischen Form vom Tafelland von
Central-Mexiko, Jalapa, Oaxaca sowie von Guatemala vor. Die
erstgenannten Belegstücke, die aus den Monaten Oktober—Februar,
Mai und August stammen, zeigen durchwegs die in der Diagnose
hervorgehobenen Merkmale und rechtfertigen eine subspecifische
Abtrennung, wie mir auch Graf Berlepsch (in litt.) freundlichst
bestätigte.
Zur Bekräftigung meiner Ausführungen nachstehende Mass-
tabelle.
46 C. E. Hellmayr:
+ C. melpomene melpomene (Cab.) !)
a. dad. Jalapa (S.-O.-Mexiko) Oktober, a. 80, c. 65 mm.
b. ad. Jalapa, Februar a. 80, c. 68 mm.
c. ad. Mexiko a. 80, c. 67 mm. | Mus. von
d. ad. Mexiko (Tafelland) a. 82, c. 70 mm, | Forlopsch.
e. ad. Volcan de Fuego (Guatemala) a. 80, c. 68 mm.
+ ©. melpomene costaricensis Hellm.
a.@ Costa Rica, Okt. 89, Cherrieleg. a. 78, c.63mm. |
bJQ@ ANINOyKBOND ERS
RER „Novz89h u „2. 10,C.00%,,
d.Q „» EE) Dec. 89, ” » 13,C. 58 „ Mus. von
er Qi“, „uDee.89. 7, N ARLOLCHDDAN Berlepsch.
Ss dann 9005 ananch00%
SnQ.0., „Eebhr. 892°, VastDac60
hiasr „uuMarı90,2 5: at Arc 00% (Typus!) ]
aa, Ma1290, 72053, „ &. 77,c.60 „ (Mus. Nehrkorn)
k.g ” „ Aug.89, ” ” a. 72, c. 58 „ : ' Mus. von
Weis „. AUCSSIe — ..a.18,.6364 Berlepsch.
+ ©. melpomene clarus Jony.
a. g Acatan, W.-Mexiko, Mai a. 82, c. 70 mm. Mus. von
b. g Jalisco, , Be Mai a. 80, c. 68 En Berlepsch.
Auch C. birchalli Seeb. und CO. aurantiirostris (Hartl.)
können bloss als Subspecies von O. melpomene aufgeführt werden.
Somit haben wir folgende Formen zu unterscheiden:
1. Catharus melpomene clarus Jouy. — W.-Mexiko, Jalisco.
2. C. melpomene melpomene (Cab.) — C.-Mexiko (Tafelland),
S.-O.-Mexiko: Cordova, Orizaba, Jalapa. S.-W.-Mexiko:
Totontepec, Oaxaca ; Guatemala. — (Honduras? Nicaragua?)
3. C. melpomene costaricensis Hellm. — Costa Rica.
4. ©. melpomene birchallöi Seeb. — In Bogotä- und Örinoco-
Collectionen. |
+5. CO. melpomene aurantiwrostris (Hartl..) — Venezuela;
Küstenregion bei Caracas. Kürzlich auch von Santa
Marta in Columbia nachgewiesen. |
1) Auch der Typus im Berliner Museum wurde untersucht.
Revision einiger neotropischer Turdidae. 47
I. T. grayi Bp.
Sharpe vereinigte in Seebohms Monogr. der Turdidae unter
obigem Namen, folgende, bisher unterschiedene Formen:
T. grayi Bp. Proc. zool. Soc. Lond. p. 118. Guatemala.
T. casius (Bp.) C. R. Ac. sci. v. 41. p. 657 (1856); Panama.
T. luridus (Bp.) C. R. Ac. Sci. v. 38, p. 4 (1854), Santa
Marta, Colombia.
T. tamaulipensis Nelson, Auk v. 14, 1897, p. 75. Tamaulipas,
Ostmexico.
Dank der freundlichen Unterstützung der eingangs erwähnten
Herren war ich in der Lage; eine Serie von nahezu 70 Exemplaren
aus dem ganzen Verbreitungsgebiete zu untersuchen, und da
meine Ergebnisse von dem Resultate Dr. Sharpes abweichen,
will ich in Kürze die wichtigsten Punkte hervorheben.
Meine Serie setzt sich aus Exemplaren von allen Monaten
des Jahres mit Ausnahme des Juni und August zusammen und
beim Vergleich dieser Reihe zeigt sich, dass die rötlichbraune
Färbung der Oberseite bei frisch vermauserten Herbstvögeln
(Sept. & Oct.) vorherrscht, dann im December nicht mehr so rein
auftritt und schon etwas ins Olivenbraune übergeht. Gegen
das Frühjahr hin macht sich ein grauer Ton bemerkbar, und
die Differenz wird am deutlichsten, wenn man z. B. September-
und April-vögel vergleicht. Hätte man. nicht die Zwischenglieder
zur Hand, so könnte man die beiden Extreme in der That für
zwei verschiedene Arten halten. Dr. Sharpe ist zweifellos im
Rechte, wenn er 7. casius bloss für das frische Herbstkleid des
typischen grayi erklärt; ich kann zwischen Exemplaren von Pa-
nama und Herbstvögeln von Costa Rica, von welch letzterem
Lande mir eine Reihe von 25 Stücken aus allen Jahreszeiten
vorliegt, keinen Unterschied finden. Ich sah zwar nur 5 Stück
von Panama, allein diese zeigen alle Übergänge vom rotbraunen
zum olivenfarbigen Kleide. Ein Exemplar (Panama, Hughes leg.
Mus. Vindob.) stimmt völlig mit solchen aus Costa Rica überein,
und eines von Veragua weicht in keiner Hinsicht von März-Vögeln
aus dem genannten Lande ab. Ebenso übereinstimmend verhält
‚sich ein kürzlich von E. Hartert zur Ansicht erhaltenes $ von
‚der Coiba Insel an der Küste von Veragua (26. April).
Die Suite aus Costa Rica (Nanne, Cherrie, Frantzius und
‚Hoffmann leg.) illustriert prächtig den Übergang vom braunen
48 C. E. Hellmayr:
Herbst- zum grauen Sommerkleide mit allen Zwischenstufen. Ein
d, im Juli erlegt, steht in sehr abgeriebenem Kleide und hat
auch die Schwingen grau eingefasst.
Die Art unterliegt in der Grösse bedeutenden Schwan-
kungen, was aber mehr individueller Natur zu sein scheint.
Auffallend grosse Dimensionen besitzt ein Vogel aus Managua
(Nicaragua), doch empfiehlt es sich, reicheres Material und zwar
in frischem Herbstkleide abzuwarten. Im Frühjahr wird die
Unterseite merklich heller, ist aber stets wesentlich anders und
dunkler als bei den nunmehr zu besprechenden Küstenvögeln.
Schon Salvin (Ibis 1888, p. 243) erwähnt die blasse Unter-
seite der Bewohner des nördlichen Yucatan, mit welchen die von
den Inseln Cozumel, Mugeres und Meco übereinstimmen sollen.
Die Abweichung ist so auffallend, dass eine subspecifische Son-
derung derselben vorgenommen werden muss. Die endgültige |
Entscheidung dieser Frage war mir nur dadurch ermöglicht, dass
ich — und das Folgende sei besonders betont — Yucatan-Vögel
aus den Monaten März, April und December mit einer grossen
Reihe von typischen Vögeln aus ebendenselben Monaten verglei-
chen konnte. Da die weiter unten näher ausgeführten Differenzen
in allen diesen Fällen constant waren, bin ich von der Selb-‘
ständigkeit der blassen Form völlig überzeugt. |
Selbst der Wintervogel (December) von Yucatan trägt denı
Charakter auffallend zur Schau: die Unterseite ist blass rostgelb-
lich, besonders Brust und Bauch viel blasser, die Seiten sehr‘
wenig dunkler und nur etwas bräunlich verwaschen. Die Unter--
seite der zur gleichen Zeit erlegten Vögel von Costa Rica und|
Chiapas erscheint dagegen lebhaft lehmfarbig, die Vorderbrust!
merklich dunkler überwaschen. |
Bei den April-Exemplaren der Yucatan-Form fällt die noch)
hellere Unterseite auf, die des lehmgelben Tones ganz entbehrtt
und blassgelbbräunlich erscheint, die Körperseiten, bei den Früh--
jahrs-Vögeln von Jalapa, Chiapas und Costa Rica stets zimt--
bräunlich gefärbt, sind bei jenen nur ganz unmerklich dunklert
und lassen keine Spur der Zimtfarbe erkennen. |
Ich hatte im Manuscripte für diese blasse Form bereits‘
einen Namen angenommen, als ich durch die Liebenswürdigkeit|
des Mr. E. W. Nelson in Washington ein typisches Exempları
seiner Merula tamanulipensis zur Untersuchung erhielt. Ich warı
sehr überrascht, zu sehen, dass dasselbe mit meiner neuen Sub-;
Revision einiger neotropischen Turdidae. 49
species übereinstimmt; weil mir jedoch zur Zeit kein Stück aus
Yucatan mehr vorlag, sandte ich es an Herrn Grafen Berlepsch,
der mir (in litt.) die Identität derselben bestätigte. Da die Jala-
pa-Vögel zur typischen Form gehören, ist wohl die Annahme
gerechtfertigt, dass hier eine blasse Küstenform vorliegt, die
vom östlichen Mexico bis nach Yucatan verbreitet ist.
Am nächsten stehen dieser, als 7. grayi tamaulipensis (Nels.)
zu bezeichnenden Form zwei Vögel von Santa Marta, N.-O.-Co-
lombia, authentische Exemplare von Merula incompta!) die ich
der Freundlichkeit Mr. O. Bangs’ verdanke. Es unterliegt keinem
Zweifel, dass diese Art mit dem von Bonaparte beschriebenen
Planesticus luridus zusammenfällt, welch letzterer Name die
Priorität besitzt. Beim Vergleich der beiden Vögel mit meiner
Serie von T. grayi aus denselben Monaten (Dec., Jan.) fallen die
Unterschiede sofort in die Augen: Achselfedern und Unterflügel-
decken sind bei der Santa Marta-Form viel blasser, die Innen-
fahne der Schwingen weist keine Spur von hellen Säumen auf,
ferner ist die Unterseite nicht lehmgelb, sondern braungrau mit
leichter olivenfarbiger Trübung, bloss Bauchmitte und Unter-
schwanzdecken trübe cr&me-farbig wie bei Zamaulipensis. Luridus
‚steht in der Färbung der Unterseite letzterer Form entschieden
näher, unterscheidet sich aber (abgesehen von der anscheinend
geringeren Grösse) durch dunklere Brust und Seiten sowie durch
die blassen Unterflügeldecken sofort. Auch Allen (Bull. Amer.
Mus. v. XIII, 1900, p. 181) plaidiert für die Validität dieser
Form. z
Zwei Vögel von Tehuantepec (Mus. v. Berlepsch No. 8,
‚und Mus. Vindob.) weichen in der Färbung der Oberseite von
allen übrigen Stücken ab; da dieselbe jedoch sehr variabel ist
und die beiden Exemplare zudem genauerer Erlegungsdaten ent-
|behren, sei hier bloss auf die Thatsache hingewiesen. Der Ober-
kopf ist bei beiden rötlichbraun, die übrige Oberseite oliven-
‚bräunlich, Unterrücken mehr grau und leicht gelblich vermischt,
‚die Unterteile sehr lebhaft orange verwaschen.
Zum Schlusse lasse ich eine Kennzeichnung der drei Formen
‚und die Mafstabelle folgen.
| D) „Merula incompta“ O. Bangs in: Proc. biol. Soc. Washington
\v. 12, 1898, p. 144. (Santa Marta).
Journ. f. Orn. L, Jahrg. Januar 1902, A
50 C. E. Hellmayr:
a. Turdus grayi grayi Bp.
T. grayi Bonaparte, P. zool. Soc. Lond. 1837 p. 118
T..helvolus Lichtenstein, Preisverz. mexik. Th. 1830, p. 2
(sine desecr.)
Planesticus casius Bonaparte in: Compt. Rend. Ac. Sci. v.
41, 1856, p. 657. (Panama).
Unterseite lehmfarbig, bisweilen etwas ins Hellzimmtbräun-
liche spielend. Körperseiten mehr oder minder lebhaft orange
überwaschen und wesentlich dunkler als die Mitte, Brust gleich-
falls merklich dunkler als der Unterkörper.
a. im. 112—135, c. 95—110 mm.
Hab. Central- und Südmexico, von San Luis Potosi und
Tepie südwärts, Guatemala, Honduras, Salvador, Nicaragua, Costa
Rica und Panama.
+ b. T. grayi tamaulipensis (Nels.)
T. grayi (non Bonap.) Lawrence in: Ann. New. York Lye.
v. 9, 1868, p. 314 (Yucatan).
T. grayt, Salvin in: Ibis 1888, p. 243 (Cozumel, Mugeres
und Meco Insel).
Merula tamaulipensis E. W. Nelson in: Auk. 1897, p. 75.
(Tamaulipas).
Unterseite viel blasser als bei der vorigen Form, cr&me-farbig,
die Körperseiten bedeutend weniger orange angelaufen, nicht viel
dunkler als die Mitte. Vorderbrust ein wenig graulich angelaufen,
wenig dunkler als der Unterkörper. Achselfedern und Unter-
flügeldecken blasser als bei der typischen Form.
a. im. 120—125, c. 102—107 mm.; also gleich grayi (Bp.)
Hab. Küstenflachland von Ostmexico (Tamaulipas) (?) bis
Yucatan sowie die Inseln Cozumel, Mugeres und Meco.
"ec. T. grayi luridus (Bp.)
Planesticus luridus Bonaparte in: Compt. Rend. Ac. Sci. v.
38, 1854, p. 4 (Santa Marta).
Merula incompta Outram Bangs in: Proc. biol. Soc. Wash.
v. 12,,.18987p. 149:
Merula grayi lurida Allen in: Bull. Amer. Mus. v. 13, 1900, ,
P-S1S1.
Unterseite ohne jede Lehmfarbe, nur Bauchmitte und|
Unterschwanzdecken trüb-cr&mefarbig wie bei famaulipensis, im ı
|
|
Revision einiger neotropischen Turdidae. 51
‚übrigen braungrau, etwas oliv überwaschen; Seiten ohne das bei
grayi auftretende Orange. Achselfedern gleich den Brustseiten,
ohne Orange, Unterflügeldecken viel blasser orange als bei den
beiden vorhergehenden Formen. Keine Spur von einem rostfahlen
Innensaume der Schwingen. Vielleicht etwas kleiner.
g: a.im. 110, c. 96 mm; 2: a. im. 105, c. 90 mm. (Coll. Bangs).
Hab. Santa Marta-Region in Nordost-Columbien.
Masstabelle.')
a. Z. grayi grayi Bp.
| a. im. : c.
1. 3 Sept. 1828, Orizaba (Deppe
u. Schiede leg.) [,7. helvolus
er Icht.‘] 120, 99 mm. Mus. Vindob.
2. © Okt. 1828, Laguna, Jalapa
|" (Deppe u. Schiede leg.) [,„Z.
‚ helvolus Leht.“] 117, 104 mm. Mus. Vindob.
3. © Febr. 1897, Jalapa, (Tru- e
‘ jillo leg.) 126, 110 mm. Mus. v. Berlepsch.
4. ad. Febr. 1897, Jalapa, (Tru-
' jillo leg.) 112,972 mm. 0% a
‚5. 8 März 1895, Jalapa, (Tru-
jülo leg.) 124.108 :mm. 5. 5 a
‘6. $ April, Amatan, Chiapas
(Trujillo leg.) 116, 100£mm. 0. 5
‚7.@ April, Amatan, Chiapas
‚ (Trujillo leg.) 192,105, mm 5 ii
8. ad. — Vera Paz — 1116. 198: mmi 5.5 sr
"9. ad. — Guatemala (Verreaux) 116, 95 mm. Mus. Vindob.
10. & Februar, San Pedro, Hon-
; duras 117, 97 mm. Mus. v. Berlepsch.
ll. ad. — San Pedro, Honduras
| (Whitely leg.) 121, 100 mm. Mus. Vindob.
2. 8 Sommer, Managua, Nica-
| ragua 135, 112 mm. Mus. Vindob.
\3. ad. Costa Rica (Nanne leg.) 130, 109 mm. Mus. v. Berlepsch.
4 9 23. November (Cherrie leg.)
San Jose, Costa Rica 12098987mm.r,, au
1) Um Raum zu ersparen, gebe ich hier nur eine Auswahl der
‚Tafse meiner Serie.
4x
52 C. E. Hellmayr:
15. © 21. November (Cherrie leg.) |
San Jose, Costa Rica 108, 92 mm. Mus. v. Berlepsch.
16. ad. November (Cherrie leg.)
San Jose, Costa Rica 12021002mm 5 BR
17. @ December (Cherrie leg.)
San Jose, Costa Rica 115, 98mm. e,
18. © Januar (Cherrie leg.) San
Jose, Costa Rica 118,9. 98mm r
19. $ Februar (Cherrie leg.) San
Jose, Costa Rica 118, 104mm. ’, 5
20. © Februar (Cherrie leg.) San
Jose, Costa Rica 1118, 105'mm. 0%, a
21. © Februar (Cherrie leg.) San
Jose, Costa Rica 110,2 952mm. 2,0, H
22. @ Februar (Cherrie leg.) San
Jose, Costa Rica 120, 2101 mm, 2, 5
23. @ April (Cherrie leg.) San
Jose, Costa Rica 112,2 984mm, H
24. $ Juli (Cherrie leg.) San Jose,
Costa Rica 125, 106>mm.2 2, Ba
25. ad. — Tehuantepee — — 127, 105 mm. „ IR
26. ad. Dec., Panama — — 120, 104 mm. Mus. Tring.
27. ad. Paraiso Station, Panama
(Hughes leg.) 115, 97 mm. Mus. Vindob.
28. — Chiriqui, Veragua 120, 103 mm. Mus. v. Berlepsch.
29. — Chiriqui, Veragua 115,.100-mm. 25, #
30. & 26. April 1900, Coiba Insel
bei Veragua (Batty leg.) 120, 110 mm. Mus. Tring.
-b. T. grayi tamaulipensis (Nels.)
a. im. c.
1. © 23. März 1898, Victoria,
Tamaulipas, Ostmexiko (Nelson
u. Goldman leg.) 124, 104 mm. (Nr. 159010, Biel.
Survey Coll. U. S. Dept. Agrieulture Washington. ,
Authentisches Exemplar von M. tamaulipensis Nels. ,
2. 2 December, Yucatan (Boucard) 122, 104 mm. Mus. Nehrkorn nr...
163.
3. ad. April, Temax, Yucatan ,
(Gaumer) 122,106 „ Mus. v. Berlepsch..
Revision einiger neotropischen Turdidae. 53
4. $&— Temax, Yucatan (Boucard) 125, 107 mm. Mus. v. Berlepsch.
5. ad. Apr.,Peto, Yucatan (Gaumer) 122, 102 „ Mus. Berolinense.
6. ad. Apr.,Peto, Yucatan(Gaumer) 121, 104 „, M a
| re. T. grayi luridus (Bp.)
M. 3 27. December 1897, Santa
' Marta 110, 96 mm. (No. 5559 Coll.
E. A. u. OÖ. Bangs, Boston).
2. @ 4. Januar 1898, Santa Marta 105, 90 mm. (No. 5561 Coll.
E. A. u. OÖ. Bangs, Boston).
(Authentische Exemplare von M. incompta Bangs.)
T. grayı (nebst seinen Unterarten) bildet mit 7. gymnoph-
thalmus Cab. und T. maculirostris Berl. und Tacz. eine natür-
liche Gruppe, die sich von allen anderen neotropischen Drosseln
durch den das ganze Jahr hindurch an der Basis dunkel
und in der Endhälfte hell gefärbten Schnabel scharf
unterscheidet. !)
II. ZT. maculirostris Berl. und Taez.,. T. ignobilis Sel.
und T. amaurochalinus Cab.
T. maculirostris unterscheidet sich von den beiden anderen
Arten sofort durch die Färbung des Schnabels: an der Basis
schwarz und in der Endhälfte gelb und steht T. gymnophthalmus
am nächsten, lässt sich aber leicht an dem Mangel des breiten,
nackten Augenringes erkennen, doch findet sich meist am hinteren
Rande des Auges eine deutliche, nackte Stelle, welche die nahe
Beziehung zu der genannten Art beweist. Die Art wurde in der
Originalbeschreibung zu Unrecht mit Z. ögnobilis verglichen, der
einer anderen Gruppe angehört „mit während des ganzen Jahres
dunklem Schnabel. ZT. ‚leucomelas“ Vieill. repräsentiert eine
dritte Abtheilung, mit im Sommer gelbem und im Winter
dunklem Schnabel, und ist auch zur Zeit des Überganges von
jenem Kleide zu diesem, wo eine ähnliche Schnabelfärbung wie
bei T. maculirostris auftritt, von all den genannten Arten durch
viel markanter entwickelte und dunklere, fast schwärzliche Kehl-
strichelung zu unterscheiden.
Dr. Sharpe zieht (in Seebohms Monographie der Turdidae)
zu T. maculirostris die Bewohner von Ecuador, Peru und des
1) Graf Berlepsch setzte mir (in litt.) dieselbe Ansicht auseinander,
54 C. E. Hellmayr:
Amazonengebietes. (7. porteaui (nec Less.) Pelzeln, Orn. Brasil.
p. 94.) und betrachtet die Art als eine „smaller and darker race“
von T. leucomelas, unter der irrigen Annahme, dass der im Winter
dunkle Schnabel im Sommer sich zu Gelb umfärbe. Allerdings
sind die Vögel aus den genannten Gebieten von Z. ignobilis aus
Bogotä, mit dem man sie oftmals fälschlich identificierte, ver-
schieden, haben aber weder mit 7. maculirostris, der auf West-
ecuador beschränkt zu sein scheint, noch mit T. leucomelas etwas
zu thun. Sharpe’s T. maculirostris begreift zwei verschiedene
Arten in sich, nämlich den wirklichen T. maculirostris Berl. und
Tacz. von West-Ecuador, wozu die von Fraser bei Babahoyo und
Pallatanga gesammelten Vögel gehören, wie ich mich durch
Untersuchung eines Exemplares von ersterer Localität im Museum
Heineanum überzeugte, und die obenerwähnte Form von T. igno-
bilis, auf die ich weiter unten zu sprechen komme.
Bei T. maculirostris erhält sich der gefleckte Schnabel das
ganze Jahr hindurch ebenso wie bei T. grayi und T. gymmnoph-
thalmus und die Reihe meiner Vögel aus verschiedenen Jahres-
zeiten!) zeigt durchwegs diese charakteristischeFärbung. Salvadori
(Bull. Mus. Torino 1899, No. 357, p. 3) vermutete, dass 7. bru-
neus Lawr., der gewöhnlich als das @ von T. leucops?) Tacz. an-
gesehen wird, auf T. maculirostris zu deuten sei, doch besitzt
jener gelben Schnabel, woraus die Unzulässigkeit dieser An-
nahme sofort resultiert. Die Figur im Ibis 1878 t. 1. hat übrigens
die grösste Ähnlichkeit mit & ad. von T. leucomelas im Sommer-
kleide, der allerdings noch nicht so weit nördlich (Oberamazonas)
nachgewiesen war und der Typus von 7. brunneus muss daher
noch genau untersucht werden.
Von T. ignobilis konnte ich ausser 12 Bogotä-Bälgen den
Typus unseres Z. :. goodfellowi Hart. Hellm. (Nov. Zool. 1901 und
folgende 21 Vögel aus Ecuador, Peru und Brasilien vergleichen:
1. juv. Ost-Ecuador, Sarayacu. (Mus. v. Berlepsch, No. 7204).
ad. Ost-Ecuador, September. (Mus. Berlin, No- 16401).
. g Gualaquiza, November. «(Festa leg.; Mus. Turin).
. 2 Gualaquiza, December. (Festa leg.; Mus. Turin).
. & Rio Madeira, Brasil, 22. Oct. (Natterer leg.; Mus. Wien).
. 2 Rio Madeira, Brasil. 22. Oct. (Natterer leg.; Mus. Wien).
oo m
© O0
D) Vergl. Anm. 1 am Schlusse der Arbeit.
2?) Vergl. Anm. 2 desgl.
Revision einiger neotropischen Turdidae. 55
7. @ Rio Madeira, Brasil. 22. Oct. (Natterer leg.; Mus. Wien).
8. ad. Huayabamba, Peru 3. Dec. (Garlepp; Mus. Nehrkorn).
9. 2 Guayabamba, Peru 19. Aug. (Baron; Tring Mus).
10. 6) ” I ” 28. Aug. ( » 9 „ ” ).
11. © „ an LE UNE Ba
12. J „ ’ ” 15. Aug. ( ” ; ” 9 ).
13. < ad. Tarapoto, N.-O.-Peru, 15. März. (Garlepp; Mus. v.
Berlepsch.
14. @ Huan:bo, Ost-Peru 15. März. (Stolzmann; Mus. Branicki,
899 c).
15. © Huambo, Ost-Peru 26. Febr. (Stolzmann; Mus. Branicki,
899 b).
16. @ Huambo, Ost-Pern 5. März. (Stolzmaun; Mus. Branicki,
899 a).
17. ad. Chirimoto, Ost-Peru 29. Juli. (Stolzmann ; Mus. Branicki,
899 d).
18. ad. Chirimoto, Ost-Peru 23. Aug. (Stolzmann; Mus. v.
Berlepsch, 8120).
19. $ Chanchamayo, Central-Peru 7. Januar. (Kalinowski;
Mus. v. Berlepsch).
20. $ Chanchamayo, Central-Peru 22. Aug. (Kalinowski
Mus. Branicki. 899 e).
21. g Chanchamayo, Central-Peru 3. Januar (Kalinowski;
Mus. Tring).
Wie aus der obigen Zusammenstellung erhellt, lagen mir
nahezu aus allen Monaten des Jahres Belegstücke vor, die durch-
wegs einfarbig dunkelhornbraunen Schnabel besitzen. Damit
ist wohl der Beweis erbracht, dass die Ausführungen Sharpes
nicht den thatsächlichen Verhältnissen entsprechen, sondern dass
die Vögel von den oben angeführten Gebieten niemals gelben
Schnabel erhalten und ihr nächster Verwandter in T. ögnobilis
zu suchen ist, der gleichfalls während des ganzen Jahres die
dunkle Schnabelfärbung bewahrt. Nach meinem Material kann
ich nun nicht glauben, dass Sharpe wirklich ein Exemplar mit
gelbem Schnabel vorgelegen hat (sollte dies dennoch der Fall
gewesen sein, so war dass betreffende Stück eben nicht T. ögno-
bilis, sondern 7. leucomelas; und in der That führt der genannte
Forscher (Monogr. I. p. 240) unter den Belegstücken, die er als
zu „ZT. maculirostris“ gehörig betrachtet, ein Exemplar aus Bo-
livia an, von wo bisher bloss T. leucomelas bekannt war) und
56 C. E. Hellmayr:
ich kann mir seinen Irrtum nur so erklären, dass er die Vögel
mit dunklem Schnabel (vom oberen Amazonas) als im Winter-
kleide stehend ansah und sich durch den gefleckten Schnabel
der Exemplare aus Westecnador, die ja thatsächlich einer ganz
verschiedenen Art, nämlich dem echten T. maculirostris ange-
hören, zur Annahme verleiten liess, dass derselbe zur Brutzeit
sanz gelb werde. Dafür spricht auch der Passus im Text:
„Count von Berlepsch must have described specimens in change
from winter to summer plumage when tthe billisparticoloured.“
Durch meine Ausführungen glaube ich die Verschiedenheit der
in Rede stehenden Drosseln genügend dargethan und die schwierige
Frage endgültig geklärt zu haben und es gewährt mir grosse
Freude, dass auch der vielerfahrene Kenner südamerikanischer
Vögel, Graf von Berlepsch, in allen Punkten meine Ansicht teilt
(in litt.).
Die ögnobelis }) von den oben verzeichneten Gegenden weichen
nicht unerheblich und so konstant von Bogotä-Exemplaren, woher
der Typus Sclaters kam, ab, dass sie einen besonderen Namen
erhalten müssen.
\
un;
—+Turdus ignobilis debilis subsp. nov.
Von T. ignobilis von Bogotä durch schwächeren und hel-
leren, dunkelhornfarbigen anstatt tiefschwarzen Schnabel ver-
schieden. Deutlicher weisser Kehlfleck, von dem sich die hell-
braune Strichelung merklich abhebt, während bei den Bogotä-
vögeln das Weiss fast verschwindet oder sehr undeutlich ist.
Brust und Seiten heller und ohne olivenfarbigen Anflug.
rostr. 18—21 mm. Typen: $2 Rio Madeira, 22. Oct., Nat-
terer leg. in Mus. Vindob. Hab. Ost-Ecuador, Peru und West-
Brasilien (Rio Madeira).
T. ignobilis goodfellowi Hart. u. Hellm. hat schwarzen, aber
schwachen Schnabel wie debilis, nimmt also in dieser Hinsicht
eine Mittelstellung ein. Gurgel und Vorderbrust dunkelbräunlich,
fast ohne olivenfarbige Beimischung und weit dunkler als bei
der typischen Form. Die Kehle ist so getrübt wie bei dieser,
aber die Strichelung viel dunkler und stärker markiert. Auch
T. murinus Salv. ist bloss eine Subspecies von T. ignobsilis.
1) Ihre Verschiedenheit hat zuerst Graf von Berlepsch (J. f. Orn.
1889, p. 291) betont.
Revision einiger neotropischen Turdidae. 57
Wier kennen also vier Formen:
1. T. ignobilis ignobilis Sel. Bogotä.
2. T. ignobilis goodfellowi Hart. u. Hellm. Castilla, Cauca Thal,
W.-Colombien.
3. T. ignobilis debilis Hellm. Ost-Ecuador, Peru und West-
Brasilien.
4. T. ignobilis murimus Salv. Guyana.
Meine Serie von 55 Stück des T. leucomelas aus verschiedenen
Gebieten Südamerikas illustriert prächtig den Übergang vom
Winter- zum Sommerkleide.
Die Vögel vom September bis Februar besitzen ganz gelben
Schnabel, der zur selben Jahreszeit bei T. maculirostris an der
Basis dunkel, nur an der Spitze gelb, und bei 7. ignobilis ganz
dunkel erscheint, die im April bis Juli erlegten Exemplare zeigen
denselben ganz dunkel, und bei den aus den Monaten Juli und
August stammenden Belegstücken tritt die Mischung beider
Farben zutage, d. h. der Schnabel ist schon teilweise gelb, mit
zahlreichen oder wenigen dunklen Längsstreifen und Flecken.
T. leucomelas ist von der ignobilis-Formen stets durch die scharf
markierte und viel dunklere Kehlstrichelung sowie durch das
Vorhandensein eines weissen Flecks auf der Gurgel zu unter-
scheiden.
Schliesslich lasse ich die Synonymie dieser so oft verwech-
selten Formen folgen.
Turdus maculirostris Berl. u. Tacz.
T. albiwentris Selater, P. zool. Soc. Lond. 1859, p. 136
(Pallatanga), p. 328 (part., Pallatanga, Balzar) --
T. a. Selater, P. zool. Soc. Lond. 1860, p. 272 (Babahoyo) —
T. a. Sclater, Cat. Amer. B. p. 3 (part., d.-f.) —
T. leucomelas (mon Vieill.) Selater u. Salvin. Exotic Orn.
p. 143 (part.; Ecuador occid.) —
T. ignobilis maculirostris Berlepsch u. Taczanowski, P. zool.
Soc. Lond. 1883, p. 538 (Chimbo).
T. maculirostris Hartert, Nov. Zool. 1898, p. 478 (Chimbo) —
T. m. Salvadori u. Festa, Boll. Mus. Torino 1899, August
3. —
T. m. (non Berl. u. Tacz.) Sharpe in: Seebohm, Monogr.
Turd. v. 1, 1898, p. 239 (part., Westecuador). —
98 C. E. Hellmayr:
West-Ecuador: Babahoyo, Pallatanga, (Fraser), Guayaquil,
Vinces (Festa), Chimbo (Stolzmann, Rosenberg), El Placer (Sie-
miradzki), Balzar (Illingworth). \
T. amaurochalinus Cab.
? „Zorzal obscuro y blanco“ Azara, Apunt. v. 1, 1802,
p. 341, No. 80. —
? Turdus leucomelasVieill. Nouv.Dict.ed.2.v.20 1818,p.238. —
T. I. Seebohm, Cat. B. v. 5. 1881, p. 213. —
T. !. Pelzeln, Orn. Brasil. 1869, p. 93 (part., excl. Rio
Branco). —
T. !. Selater u. Salvin, Exot. Orn. 1869, p. 143 (part.). t. 72. —
T. I. G. R. Gray, Hand.-List v. 1. 1869, p. 257. —
T. I. Sharpe-Seebohm, Monogr. Turd. v. 1, 1898, p. 235,
Ban
T. leucomelas Sclater & Hudson, Argent. Ornith. v. 1,
1838 pn 1 =
T. amaurochalinus Cabanis, Mus. Hein. v. 1, 1850, p. 5. —
Planesticus amaurochalinus Bonaparte, Compt. Rend. Ac.
Sc. v. 38, 1854, p. 3. —
Turdus crotopegus (non Licht.) Burmeister, Syst. Übers.
Th. Brasil. v. 3, 1856, p. 123. —
T. albicollis (non Vieill.) Euler, J. f. Orn. 1867 p. 189, 192,
198 (teste Cabanis, J. f. Orn. 1874, p. 82). —
T. rufiventris D’Orbigny, Voy. Amer. Merid. v. 4, p. 203 ($). —
T. chocht D’Orbigny u. Lafresnaye, Mag. Zool. 1837, p. 17,
(part., 2). —
T. albiventer (non Spix) Spix, Aves Brasil. v. 1, 1824,
270, 169,8 0200,
T. albiventris (non Spix) Sclater, Cat. Amer. B. p. 3 (paıt.,
c. Bolivia). —
T. albiwentris (non Spix) Sclater, P. Zool. Soc. Lond. 1859,
p. 328 (part., Brazil, part., Bolivia).
T. amaurochalinus Sclater, P. zool. Soc. Lond. 1859, p. 329. —
? T. brunneus Lawrence, Ibis 1878, p. 57, t.1(Obermazonas). —
? T. olivaceus (non Linne) Lafresnaye u. D’Orbigny, Mag.
Zool. 1837, p. 17 (Yungas, Bolivia).
Zur Benennung.
Vieillots Beschreibung ist sehr undeutlich und kann nur
deshalb mit einiger Sicherheit auf vorliegende Art bezogen
Revision einiger neotropischen Turdidae. 59
werden, weil vermutlich keine andere verwandte Form in Paraguay
vorkommt. Es wird sich vielleicht empfehlen, den Namen leueomelas
fallen zu lassen und durch amaurochalinus Cab. zu ersetzen. Ob
T. olivaceus Lafr. u. D’Orb. wirklich auf juv. dieser Art zu
deuten ist, kann ich nicht entscheiden; die Angabe „oceipite
albescente‘ passt überhaupt auf keine Drossel. Sclater u. Salvin
scheinen den Typus im Pariser Museum untersucht zu haben,
und führen den Namen unter der Synonymie von T. leucomelas
auf (P. zool. Soc. 1879, p. 591).
Ein $ (Mattogrosso, 28. Juni 41, Behn leg.) des Berliner
Museums hat dunkler braune Oberseite, dunklere Kehlstriche
und auf der Brust einen lebhaft bräunlichen Anflug; da aber
andere Vögel aus Cuyaba etc. in nichts von typischen Vögeln
abweichen, dürften die erwähnten Differenzen auf individuelle
Variation zurückzuführen sein.
Bolivia, Argentinien, Paraguay, Uruguay und die südlichen
und centralen Provinzen Brasiliens, nordwärts bis Mattogrosso
(Cuyaba: Behn, Natterer), Goyaz (Meia ponte: Behn) und Bahia.
T. ignobilis Sel.
a. T. ignobilis ignobilis Sel.
T.ignobilis Sclater, P. zool.Soc. Lond. 1857,p. 273. (Bogotä). —
T. i. Seebohm, Cat. B. V. 188i, p. 214. —
T. i. Sharpe-Seebohm, Monogr. Turd. I. 1898, p. 241. —
er Selater..B. z001. Soc. Lond. 1859, P. 328, —
T. i. Berlepsch, J. f. Orn. 1884, p. 278 (Bucaramanga). —
T. leucomelas (non Vieill.) Salvin & Sclater, Exotic Orn.
1869, p. 143 (part., Neugranada).
T. ignobilis Sclater und Salvin, P. zool. Soc. Lond. 1879,
p. 491 (Antioquia).?)
In Bogota-Sammlungen. Bucaramanga.
b. T. ignobilis goodfellowi Hart. und Hellm.
T.i. g. Hartert und Hellmayr, Novit. Zool. 1901 (Castilla,
Popayan, Caucathal).
ce. T. ignobilis debilis Hellm.
? T. albiventris (non Spix) Sclater P. zool. Soc. 1858, p. 451
_ (Zamora). —
2) Bezieht sich vielleicht auf die folgende Form.
60 C. E. Hellmayr:
T. poiteauri (non Less.) Pelzeln, Orn. Brasil. 1869, p. 94
(Rio Madeira). —
T. albientris (non Spix) Sclater, P. zool. Soc. Lond. 1859,
p. 328 (part) Rio Napo, Ecuador orient.). —
T. amaurochalinus (non Cab.) Sclater und Salvin, P. zool.
Soc. Lond. 1866, p. 177 (Ucayali). —
T. amaurochalinus Sclater und Salvin, P. zool. Soc. Lond.
1867, p. 749 (Huallaga, Peru orient.) — |
T. leucomelas (non Vieill.) Sclater und Salvin, Exotic Orn.
p- 143 (part., Peruv. or., Ucayali). —
T. l. Sclater und lin P. zool. Soc. Lond. 1873, p. 256
— (Lower Ucayali).
T. I, Taczanowski, P. zool. Soc. Lond. 1874, p. 503. —
(Amable Maria, O.-Peru).
T. ignobilis (non Scl.) Taczanowski, P. zool. Soc. Lond.
1882, p. 4. — (Chirimoto, Huambo).
T. i. Taczanowski, Orn. Perou I. 1884, p. 491. — Peru.
T. ignobilis ? Berlepsch, J. f. Orn. 1889, p. 291 (Tarapoto). —
T. ignobilis Salvadori und Festa, Bull. Mus. Torino v. 15,
1899, August p. 3. (Gualaquiza, Ecuador). —
T. ignobilis Berlepsch und Stolzmann, P. zool. Soc. Lond.
1896, p. 326 (Central-Peru). —
T. maculirostris (non Berl. und Tacz.) Sharpe-Seebohm,
Monogr. Turd. I. 1898, p. 239 (part., excl. W.-Ecuador).
Öst-Ecuador (Gualaquiza, Sarayacu, Rio Napo, Ucayali),
Peru (Huayabamba, Guayabamba, Tarapoto, Huambo, Chirimoto,
Amable Maria, Chanchamayo), Iquitos am oberen Amazonenstrom,
Oberlauf des Rio Madeira (Salto T'heothonio; Natterer). Ob die
Vögel von Bolivia (Monogr. Turd. p. 240) wirklich hierher ge-
hören, möchte ich bezweifeln, selbe dürften vielleicht zu 7. amau-
rochalinus zu beziehen sein.
d. T. ignobilis murinus Salv.
T. m. Salvin, Ibis, 1884, p. 197 (Roraima).
T. m. Sharpe-Seebohm, Monogr. Turd. I. 1898, p. 243, t. 54.
Roraima- und Merum&6-Gebirge in Brit. Guiana.
IV. Turdus erotopezus Leht.
Sharpe bemerkt (Monogr. Turd. I. 1898, p. 227), er könne
zwischen bolivianischen Vögeln und denen von Bahia absolut
Revision einiger neotropischen Turdidae. 61
keinen Unterschied finden.
Wir können dem nicht beistimmen,
sehen uns vielmehr nach gründlicher Untersuchung einer ansehn-
lichen Reihe von beiden Localitäten genötigt, die westlichen als
Turdus crotopezus contemptus subsp. nov.,
abzutrennen.
T. crotopezus crotopezus Lcht.
Kleiner: Fl. 108—112, Schw.
87—93 mm.
1. Handschwinge schmal und
kurz, 22—23 mm.
Oberseite umberbraun
lebhaft rötlichem Tone.
Unterseite trüber.
Typus: Mus. Berol. — Bahia.
Hab. Bahia.
mit
T. erotopezus contemptus Hellm.
Grösser: Fl. 117— 120, Schw.
95—100 mm.
1. Handschwinge breit und
länger, 27—30 mm.
Oberseite viel weniger rötlich,
mehr olivenbraun.
Unterseite reiner.
Typen: 5 22. 4. Bueyes, Gar-
lepp leg., Mus. v. Berlepsch;
9 21. 4. Bueyes, Garlepp leg.,
Coll. Nehrkorn.
Nachstehend dieSynonymie von T. crotopezus contemptus Hellm.
T. crotopezus (non Licht.) Sciater und Salvin, P. zool. Soc.
Lond. 1879, p. 591 (Tilotilo, Rio Toro; Bolivia). —
T. c. Taczanowski, Orn. P&rou I. 1884, p. 492 (Peru). —
T. c. Salvadori, Boll. Mus. Torino XII. 1897, No. 292, p. 3
(Caiza). —
T. c. Sharpe-Seebohm, Monogr. Turd. I. 1898, p. 227 (part;
Bolivia, Peru). —
Verbreitung: Bolivia: Bueyes (Santa Cruz), Omeja (Yungas)
[Garlepp]; Caiza [Borelli], Tilotilo, Rio Toro [Buckley]; Peru:
Amable Maria [Jelski], Huambo, Tambillo, Chirimoto [Stolzmann].
Bei den im August erlegten Exemplaren (Omeja) ist die
Oberseite mehr rötlich, der Seitenanflug intensiver und mehr braun,
die Achselfedern und Unterflügeldecken hell orange (bei den
April-Vögeln blassrostgelblich), auch die Vorderbrust etwas oliven-
bräunlich überflogen. Die Unterseite scheint bei der Bolivia-
und Peru-Form stets reiner zu sein. — In dem ganzen weiten
Areal des inneren Brasiliens fehlt die Art vollständig, sonst wäre
sie den gründlichen Forschungen Natterers und H. Smiths nicht
entgangen.
V. T. albiventer Spix.
Sharpes erschöpfender Behandlung seien nur wenige Worte
hinzugefügt.
62 C. E. Hellmayr:
Die Färbung der Oberseite scheint. ausserordentlich zu
variieren, wie die Untersuchung meiner 50 Exemplare lehrt. Dr.
Sharpe erwähnt bereits, dass die Februarvögel vom Rio Branco
(Natterer leg.) oberseits mehr olivengrau gefärbt sind als die im
November daselbst erlegten Exemplare. Allein die gleichfalls aus
dem November stammenden Stücke von Parä erscheinen wieder
so grau als die Februarvögel vom Rio Branco. Ein Z vom Rio
Paranäa (Prov. Säo Paulo), 9. Mai, und ein @ von Ypanema, 23.
April, sind oberseits viel brauner, besonders besitzt ersteres
Stück braunen Kopf, auch sind die Säume der Flügeldecken und
Schwingen lebhafter rotbraun und die Unterseite erscheint gelb-
lichbraun verwaschen. Dagegen ist ein Julivogel (Lambeio,
nördl. Provinz Säo Paulo) schon wieder nicht so braun und hat
schön grauen Kopf. Ein einjähriger Vogel, Ytarare (mit den
charakteristischen rostgelben Flecken auf den Enden der Flügel-
decken) vom 14. August, unterscheidet sich kaum von den oben
erwähnten Novemberexemplaren vom Rio Branco. Ein Exemplar
von Paraguay (Juli) stimmt mit den Stücken von Ypanema überein.
Im Winterkleide scheint demnach die Oberseite braun und
die Unterseite mehr olivenbraun überwaschen zu sein, doch ist
keins der südlicheren Stücke im Sommer so grau wie die im
Februar am Rio Branco erlegten Individuen.
Die sog. ephippialis Scl. von Bogotä und Bucaramanga sind
mit den brasilianischen Vögeln durchaus identisch.
Zwei von Mr. O. Bangs freundlichst geliehene Vögel von
Santa Marta, (authentische Stücke seiner „Merula albiventris fusa“
Proc. biol. Soc. Wash. v. 13, 1899, p. 107) differieren so wenig
von typischen Stücken, dass die Form kaum aufrechtzuerhalten
sein dürfte.
Brust und Seiten sind ein wenig heller und reiner grau,
ferner ist die Färbung des Rückens und der Schwanzdecken nicht
so gelbbraun, sondern etwas mehr grünlich, indem der olivenfarbige
Anflug mehr hervortritt. Auffallender ist die Färbung der Säume auf
den Flügeldecken und Schwingen, die lange nicht so rötlich, sondern
mehr gelbbraun erscheinen. Übrigens steht ein Vogel vom Rio
Manera bei Caracas (Mus. v. Berlepsch; Peters leg.) in allen diesen
Beziehungen zwischen fusus und der typischen Form in der
Mitte. Die endgültige Entscheidung, ob die Santa-Marta-Form
wirklich zu trennen ist, muss der Untersuchung einer grösseren
Serie vorbehalten bleiben.
Revision einiger neotropischen Turdidae. 63
Zur Verbreitung der typischen Form ist Sharpes aus-
‚führlicher Darstellung noch Paraguay hinzuzufügen, woher sich
ein Exemplar im Mus. v. Berlepsch befindet;t) ferner wird in der-
‚selben Collection auch ein @ vom Rio Manera bei Caracas (Peters
leg.) aufbewahrt, und im Berliner Museum untersuchte ich zwei
von Behn bei Goiaz gesammelte Stücke.
Sowohl in Seebohms (Cat. B. Brit. Mus. V.) Bearbeitung
der Turdidae als auch in der Monographie vermisse ich jede
Bezugnahme auf T. porteauri Less. (nec Pelz.) (Traite d’Orn. p,
409), der später (Arch. Mus. Paris v. 7, 1854/55 p. 377) von
Pucheran einer kritischen Besprechung unterzogen wurde. Da-
nach gehört die eine der Typen zu T. phaeopygus Cab., die andere
zu einer 7. amaurochalinus Cab. nahestehenden Art, für welche
Pucheran den Namen T. poiteawii, in Anspruch genommen wissen
will. Nach der Beschreibung Pucherans unterliegt es wohl
keinem Zweifel, dass derselbe mit 7. albiventris zusammenfällt:
„des tectrices alaires inferieures sont rousses ainsi que les
bordures internes des remiges“ (Rev. Mag. Zool. 1858, p. 465).
Unverständlich bleibt bloss der Satz: notre individu est exces-
sivement semblable au 7. phaeopygus Cab.
VI Turdus phaeopygus Cab.
Von dieser Art wurden bisher folgende Formen beschrieben:
1. T. phaeopygus phaeopygus Cab. British Guyana.
2. T. phaeopygus saturatus Berl. (nec Cab.) Bogotä.
3. T. phaeopygus minusculus (Bangs) Santa Marta, Colombia.
4. T. phaeopygus spodiolaemus Berl. und Stolzm. Centralperu
(La Gloria).
5. T. phaeopygus phaeopygoides Seeb. Tobago.
Die Bewohner von Guiana, Amazonia, Colombia und Ecuador
gehören m. E. zu einer und derselben Form, wenn ich auch nicht
leugnen will, dass die Vögel der beiden zuletzt genannten Länder
in der Regel dunkler und mehr rotbraun sind (ohne olivenfarbige
Beimischung). Allein abgesehen davon, dass die Färbung des
Rückens bei dieser Art beträchtlichen Veränderungen während
des Jahres unterliegt, lassen sich phaeopygus und saturatus auch
geographisch kaum trennen. Die von Natterer am Rio Madeira
und Rio Negro gesammelten Exemplare stimmen im Allgemeinen
t) Seither sah ich noch einige Stücke von Bernaleug in Paraguay.
64 C. E. Hellmayr:
mit den columbischen überein, dagegen ist ein © von Parä noch
dunkler als diese, obwohl zu erwarten wäre, dass die dortigen
Vögel der typischen Form von Guyana ähnlicher sind. Danach
kann ich mich vorläufig nicht entschliessen, phaeopygus und
saturatus!) zu trennen, und muss die Differenzen auf Rechnung
der Jahreszeit setzen. In meiner Serie von August bis Mai zeigt
sich nun auch in der That, dass die frisch vermauserten Vögel
vom August— October oberseits rötlicholivenbraun, dagegen die
vom März und besonders das $ vom Mai (Zamora, Ecuador;
Festa leg.) dunkler und mehr rotbraun gefärbt sind.2) Saturatus
dürfte somit das Sommerkleid darstellen.
T. p. spodioluemus, den mir Herr Stolzmann freundlichst
sandte, stimmt mit Guyana-Vögeln (Typus im Berliner Museum)
überein, ist allerdings noch etwas mehr oliv — was aber wohl nur
durch die Jahreszeit (]. August) bedingt — doch erscheint das
Weiss der Kehle kaum wahrnehmbar, indem die hellen Ränder
viel schmäler sind, und der Schwanz ist auffallend lang (98 mm).
Sharpe (Monogr. Turd. 1. p. 215) erklärt 7. phaeopygoides
Seeb. bloss für eine Färbungsphase von phaeopygus,; dem kann
ich (und auch Graf Berlepsch in litt.) nicht ganz beistimmen.
Ich konnte ca. ein Dutzend Exemplare aus sogen. ‚„‚Trinidad- oder
Orinoco-colleetionen‘“ untersuchen und alle diese zeichnen sich
constant durch hellere und viel mehr olivenfarbige Oberseite, ohne
jede rötliche Beimischung, aus. Niemals fand ich aus Colombia,
Ecuador, Guiana oder Amazonia derartig gefärbte Individuen und
anderseits in den „Trinidad- oder Orinoco-Sammlungen“ niemals
so rötlichbraune wie phaeopygus. Da mir von letzterem Beleg-
stücke aus den verschiedensten Monaten vorlagen, halte ich es für
ausgeschlossen, dass die östlichen, olivenfarbigen Vögel bloss eine
Färbungsphase derselben darstellen. Wenn auch die Unterschiede
nicht bedeutend sind, jedenfalls scheinen sie constant zu sein und
rechtfertigen eine besondere Benennung. Nach Graf Berlepsch’s
Mitteilung soll Seebohms Typus von Tobago viel grössere Dimen-
sionen besitzen als die oben erwähnten Vögel aus den „Trinidad-
oder Orinoco-Collectionen“, dagegen authentische Tobago-Stücke
in Comte Dalmas Sammlung von denselben nicht verschieden sein.
1) Vergl. Anm. 3 im Nachtrage.
2) Die Oberseite erscheint übrigens auch individuell stark zu va-
riieren, da z. B. von vier Vögeln aus dem Monate December (Brit. Guyana,
Rio Negro, $2 Borba) jeder einen andern Ton aufweist.
Da
Revision einiger neotropischen Turdidae, 65
T. p. minusculus, dessen Untersuchung mir die Freundlich-
keit Mr. Outram Bangs’ ermöglichte, stimmt in der Rückenfarbe
mit phaeopygoides überein. Die beideu (32), mir vorliegenden
Stücke (März) sind viel mehr oliv und weniger rötlich typischen
phaeopygus gegenüber, sodass ihre Sonderung wohl berechtigt ist.
Unterseite scheint heller schiefergrau zu sein als bei den ver-
wandten Formen, das Weiss ganz beschränkt auf Steiss und
Unterschwanzdecken. Achselfedern und Unterflügeldecken heller
und mit mehr Weiss. Mit phaeopygoides, dem sie entschieden
näher stehen, dürften sie kaum zu vereinigen sein, und unter-
scheiden sich durch mehr grünlich olivenfarbige Schwingensäume
und kürzere Flügel.)
Die Verbreitung der unterscheidbaren Formen würde sich
demnach folgendermassen gestalten:
1. T. phaeopygus Cab.
| Guyana (Cayenne, Demerara, Roraima, Bartica Grove, Cama-
cusa, Merum& Mts.; Maroni River); Amazonia (Parä, Rio Negro,
[Wallace, Natterer], Chyavetas, Chamicuros, Iquitos, Rio Madeira
[Borba], den Rio Madeira entlang bis Ost-Bolivien [Rusby]);
Ecuador (Sarayacu [Buckley], Matos [Fraser; Mus. Heinean.],
Zamora, Rio Santiago |Festa]; Nordostperu (Guayabamba [Baron]);
Colombia (Bogotä-Coll.; Rio Putumayo, Cuembe [Hopke; Mus.
v. Berlepsch.]).
2. T. phaeopygus spodiolaemus Berl. u. Stolzm.
Central-Peru (La Gloria, Chanchamayo).
3. T. phaeopygus minusculus (Bangs).
Sierra Nevada de Santa Marta (N.-O.-Colombia).
4. T. phaceopygus phaeopygoides Seeb.
„Irinidad- od. Orinoco-“Coll., Tobago.
VI. TI. fumigatus Leht.
Die mir vorliegende Suite stammt aus den Monaten Mai
bis December und weist nicht unerhebliche Differenzen auf, die
indessen nicht ausschliesslich durch die verschiedene Jahreszeit
_ bedingt zu sein scheinen.
1) Siehe Anm. 4 im Nachtrage.
Journ, f. Orn. L. Jahrz. Januar 1902.
ot
66 C. E. Hellmayr:
Am dunkelsten sind die sog. „Bahia“-Bälge, kaum heller
ein Exemplar von Camacusa, Brit. Guyana (Mai), Mus. v. Ber-
lepsch, No. 8567. Auffallend licht erscheinen die Vögel aus den
„Trinidad- oder Orinoco-Koll.“ sowie ein authentisches Stück von
Trinidad gefärbt. Von einer subspecifischen Sonderung derselben
muss aber abgesehen werden, da die von Natterer gesammelte
Reihe eine solche nicht rechtfertigen würde. Es liegen Exemplare
von Borba, Rio Madeira (Juni, August), Mattogrosso [Rio Gua-
pore und Säo Vicente] (Juli, September, December) sowie von
Obidos (August) vor: die vom September und December sind
oberseits lange nicht so rostbraun, sondern mehr graulich,
besonders auf dem Kopfe, auch unterseits viel heller und etwas
mehr oliv.
Die „Trinidad‘“-bälge sind auf dem Rücken viel heller und
weniger rostbraun, auch unterseits blasser und mehr gelblich als
die Augustvögel von Borba, unterscheiden sich dagegen wenig
von dem Exemplare aus Obidos (August).
Wenn wir auch von einer Trennung vorläufig absehen müssen,
lässt sich die Thatsache nicht verkennen, dass die Farben nach
Süden (Bahia) dunkler werden, andrerseits die nördlichsten
Exemplare (Trinidad- und Orinoco) am blassesten sind.
Seebohm (Cat. B. V.) bemerkt, dass intermediäre Stücke
zu T. hauxzwelli im Amazonasgebiete vorkämen. Meine fumigatus
aus Mattogrosso, Borba und Obidos sind aber grundverschieden
und können mit der Art Lawrences nicht verwechseit werden.
Selbst die dunklen Bahiavögel sind stets leicht von hauzxwelli
zu trennen.
VII. T. flavipes Vieill.
Sharpe trennte (Seebohm, Monogr, II. p. 87) ein Z von
Trinidad als besondere Art (sic!) und giebt als bezeichnende
Merkmale an, dass sich die schwarze Färbung über den Mantel
erstreckt und auch auf der Unterseite viel weiter ausgedehnt ist,
so dass nur die Flanken schiefergrau erscheinen, mit etwas
schwärzlicher Beimischung; Unterschwanzdecken schiefergrau,
mit schwarzen Spitzen, Achselfedern und Unterflügeldecken
schwarz, erstere an der Basis schiefergrau. Alle diese Charaktere
zeigt auch ein g, von Natterer (17. Apr.) bei Ytarar& in Süd-
Brasilien gesammelt, ja die schwarze Färbung ist unterseits noch
mehr entwickelt, so dass die Bauchseiten nur Spuren von Grau
Revision einiger neotropischen Turdidae. 67
zeigen. Dieses Exemplar ist zweifellos nichts anderes als ein
sehr altes Exemplar von T. flavipes. Zwei $g ad. aus „Trinidad-
oder Orinoco-Sammlungen“ unterscheiden sich dagegen absolut
nicht von meiner Serie aus Merida (Venezuela) und ich betrachte
daher Sharpes M. melanopleura als Synonym von ZT. flavipes vene-
zuelensis Sharpe.
Auch M. polionota (Roraima) hat keinen Anspruch auf
Selbständigkeit als Subspecies, denn nur von einer solchen
könnte in diesem Falle die Rede sein. Ein & von Roraima
weicht in keiner Beziehung von Venezuela-Vögeln ab, was auch
mit Sharpes Angabe übereinstimmt, dagegen soll das 2 dunklere
Achselfedern besitzen. Bei den Drosseln ist kein Theil des Ge-
fieders so variabel als gerade die Unterseite des Flügels (z. B.
bei 7. cardis kommen alle Abstufungen von Dunkelschiefergrau
bis Tieforange vor) und dieser Charakter allein kann gewiss nicht
einmal für subspecifische Trennung verwendet werden. Zudem
lässt sich die Roraima-Form nicht einmal geographisch abgrenzen;
denn, wieschon Sharpe erwähnt, stimmtauch ein des TringMuseums,
Merida (April; Mocquerys leg.), woher mir eine hübsche Suite
typischer veneguelensis vorliegt, ganz zur Diagnose der M. polio-
nota. Somit betrachte ich auch diese Art als Synonym der
nördlichen Form.
Selbst die nördliche (7. flavepes venezuelensis (Sharpe)) und
südliche Form (7. flavipes flavipes Vieill.) sind schwer zu sondern,
überhaupt bloss im weiblichen Geschlechte zu unterscheiden. Das
von Seebohm und den älteren Autoren fürvenezuelensis Z in Anspruch
genommene Kennzeichen, dass sich das Schwarz bis über die
Bauchmitte erstrecke, ist nicht dieser Form allein eigentümlich, steht
vielmehr mit dem Alter in Zusammenhang und kommt bei sehr
alten $5 beider Formen vor.
Das von Sharpe angegebene Merkmal, dass der Bauch bei
venezuelensis Q stets grau sei, scheint nicht ganz constant zu sein,
wenigstens ist ein @ von Merida (Mus. v. Berlepsch) in dieser
Hinsicht gar nicht von Rio-Vögeln verschieden.
Als einzigen, anscheinend immer verlässlichen Charakter
finde ich bei südlichen Vögeln die Oberseite dunkler, mehr braun,
bei nördlichen mehr grau mit etwas olivenfarbigem Tone, merklich
heller als bei jenen. Ob diese Differenzen aber nicht bloss durch
_ die Jahreszeit bedingt sind, muss vorläufig unentschieden bleiben,
da mir vollständige Reihen beider Formen aus verschiedenen
by
68 C. E. Hellmayr:
Monaten noch fehlen. Bis dahin mögen flavipes und venezuelensis
subspecifisch gesondert werden.
a. T. flavipes flavipes Vieill. Küstengebiet Brasiliens von
Bahia bis Rio grande do Sul.
b. T. flavipes venezuelensis (Sharpe) Venezuela (Merida, Cu-
mana; Orinoco-Collectionen), Britisch Guyana (Roraima), Trinidad.
IX. T. fuscater D’Orb. und Lafr.
Sharpe (Monogr. Turd. I. 1900, p. 55) erwähnt zwar die
Unterschiede, welche zwischen den Vögeln von Mendoza und
denen des inneren Argentinien (Catamarca, Cordova) bestehen,
hält sie aber nicht der Beachtung wert. Letztere sollen kürzeren
Schnabel und in der Hauptsache graue Färbung besitzen im
Vergleich mit den schwarzen, langschnäbligen Vögeln von Men-
doza. Mir lagen leider Belegstücke aus dem innern Argentinien
nicht vor, doch scheinen dieselben nach Sharpes Bemerkungen
in der Schnabellänge mit meinen Vögeln von Tucuman und Bo-
livia übereinzustimmen. Übrigens möchte ich auf die angeblich
sraue Färbung der Bewohner des inneren Argentiniens nicht viel
Gewicht legen, weil die @@ und jüngeren Vögel meiner grossen
Serie aus Valle grande (Ost-Bolivia) entschieden heller und grauer
sind als die 33 ad., gleichzeitig muss aber erwähnt werden,
dass die Exemplare von La Paz und Sandillani (West-Bolivia)
im Allgemeinen den östlichen gegenüber entschieden schwärzlicher
erscheinen. Die Stücke von Tucuman unterscheiden sich nicht
von denen aus Ostbolivien. Aus dem centralen Bolivia liegt mir
nur ein & juv. (Chuquisaca, Behn leg.) vor, weshalb ich über die
dort vorkommenden Vögel kein definitives Urteil abgeben kann.
Die Vögel von Mendoza weichen so auffallend in der Schna-
bellänge ab, dass ihre Abtrennung gerechtfertigt ist.
—Turdus fuscater amoenus subsp. nov.
Ähnlich 7. fuscater (auct.) von Ost-Bolivia, aber mit viel län-
gerem und stärkerem, an den Rändern bisweilen deutlich ge-
zähneltem Schnabel, 32— 36 mm.
Typen: 92 juv. Mendoza, Mus. Berlin.
Ich verwende Dr. P. Leverkühns Manuscript-Namen für
diese kenntliche Form, auf die mich auch Graf von Berlepsch
besonders aufmerksam machte.
Revision einiger neotropischen Turdidae. 69
Es ist übrigens noch sehr die Frage, ob die oben erwähnten
Vögel von Bolivia wirklich mit dem T. fuscater D’Orb. u. Lafr.
identisch sind oder ob sich dieser Name nicht eher aufdie
bolivianische Form des T. gigas bezieht, wie man aus der
Originalbeschreibung schliessen könnte (Mag. Zool. 1837, p. 16)
Diese Frage kann nur durch Untersuchung des Typus im Pariser
Museum endgültig gelöst werden; weitere Mitteilungen über die
T. gigas-fuscater- chiguanco-Gruppe behalte ich mir für spätere
Zeit vor.
Nachtrag.
1) Ich untersuchte folgende Exemplare: 1. $ Aug. Babahoyo (Fraser),
Mus. Hein. 2. 5 Chimbo, 25. IX. (Stolzmann), Mus. Branicki (Typus!)
3. d EI Placer, 24. Febr. (Siemiradzki), Mus. v. Berlepsch (Typus!)
4. © Chimbo, Sept. (Siemiradzki), Mus. v. Berlepsch. 5. No. 30650,
Westecuador, Mus. Berolin. 6. W. Ecuador (von der Stella Matutina in
Feldberg), Mus. v. Berlepsch. 7. Guayaquil (Savanna), $ August (Festa)
Mus. Turin. — Nach Harterts briefl. Mitteilung zeigen auch die beiden
von Rosenberg bei Chimbo erlegten Vögel übereinstimmende Schnabelfärbung.
2) Seither konnte ich ein @ von 7. leucops untersuchen und habe
nunmehr sehr wenig Zweifel, dass 7. brunneus Lawr. einfach ein sehr
altes $ von T. „leucomelas‘ bezeichnet.
3) Sollte die columbische Form dennoch zu trennen sein, so müsste
sie einen andern Namen erhalten, da die Bezeichnung saturatus von
Cabanis bereits früher für eine afrikanische Drossel verwendet worden ist.
(J. f. Orn. 1882 p. 320).
4) Eine nochmalige Prüfung des Materials von 7. phaeopygus
ergab folgendes Resultat.
Am dunkelsten rotbraun sind die Vögel von S.-O.-Columbien (Rio
Putumayo), Ostecuador (Sarayacu und Zamora) und vom oberen Rio Negro
(Castanbeiro und Marabitanas), ein wenig heller die von Bogotä, Borba,
Parä, Guyana und Cayenne. Doch zeigt ein Bogotä-balg fast ebenso
dunklen Rücken wie die Stücke vom Rio Negro, und einer von Brit.
Guyana, wo die Färbung in der Regel ein wenig mehr oliv ist, stimmt
wieder ganz mit solchen von Bogotä überein. Saturatus ist also jeden-
falls mit phaeopyyus zu vereinigen. Die Santa Marta-Form minusculus
stimmt in der Grösse mit kleinen Exemplaren der typischen Form überein,
hat aber grünlich olivenbraunen Rücken wie phaeopygoides ex „Trinidad-
oder Orinoco“, der sich jedoch durch wesentlich längere Flügel hinlänglich
unterscheidet. Spodiolaemus wurde bereits oben genügend gekennzeichnet.
T. phaeopygus phaeopygus: Fl. 100-- 108 mm. Oberseite mehr
oder weniger rotbraun.
T. phaeopygus minusculus: Fl. 100 mm. Oberseite grünlich
olivenbraun.
T. phaeopygus phaeopygoides: Fl. 107—115 mm. Oberseite
grünlich olivenbraun.
70
Schutzfärbung und Instinkt der Vögel.
Von W. Schuster.
Die Mehrzahl der Vögel besitzt eine Schutzfärbung. Braun
wie das abgefallene Buchen- und Eichenlaub und grau wie die
glatten, blattlosen Stengel der vielrutigen Ziergebüsche ist das
Röckchen der Nachtigall und des Sprossers. Das Rotkehlchen
gleich bis auf den roten Brustfleck der düsteren Farbe des Wald-
bodens vollständig. Dem schattigen Dunkel der dichten Schwarz-
dornhecken entspricht das graue Kleidchen der Grasmücken, dem
grünen Blätterdach der Laubbäume das lichte der Laubvögel.
Das Lerchengefieder hat die Farbe des Ackerbodens oder des
Haidelandes. Die Rohrsänger tragen allesamt die mattgelben
oder auen mattgrünen Farben der Rohrstengel, geziert zwar zum
Teil mit recht hellen oder dunklen Längsstreifen, was überaus
hübsch den Sonnenstreifchen, den Lichtkringen und Halm-Schlag-
schatten, die sich im Rohrwalde geltend machen, entspricht.
Ebenso passt das dunkel graugrüne Gefieder des Baum- und Wie-
senpiepers mit seinen länglichen Schaftstrichen, Spritzen und
Fleckchen in Braun, Mattgelb und Schwarz zu den: schier ebenso
verschieden und mannigfach gefärbten Grashälmchen der Wald-
wiesen, während der Brachpieper und noch mehr der Wasserpie-
per mit dem unscheinbaren Graubraun der hochliegenden trost-
losen Ödländereien und unwirtlichen Geröllstätten (an stillen Ge-
birgswassern) bedacht worden sind. Das Kleidchen des ‚‚Schnerz“
stimmt in der Farbe ebenso mit den Holzzäunen, Reisighaufen und
Felssteinen überein, wie das der Baumklette mit der Rinde der
Baumstämme, an denen sie hinaufklettert. Wie sehr harmoniert
das Kleid des grauen Fliegenschnäppers mit den graubemoosten
Ästen seines Jagdrevierst) oder den an Wohnhäusern, Scheuern
und Schuppen vorspringenden Balkenknäufen, auf denen er für
gewöhnlich sein Nest anlegt! Die Spechte haben für ihren mit
mannigfachen Lichtreflexen spielenden Wald rote, schwarze und
weisse Farben; aber fast scheint es so, als ob der Ameisenspecht
deshalb die grünliche Färbung trage, weil er den grösseren Teil
seines Lebens an den Erdhügelchen auf saftigen Rasenflächen zu-
bringt. Die gemeine Nachtschwalbe sieht einem Stück Rinde
1) Es genüge ein Hinweis auf das gute Bild in Robert’s „Gefie-
derte Freunde“, wo dieser Umstand sehr schön zur Anschauung gebracht ist!
Schutzfärbung und Instinkt der Vögel. 71
täuschend ähnlich. Der bläulichweisse Federschmuck der Silber-
möve gleicht so sehr den weissflockigen Wasserteilchen, dass je-
des Menschen- und Falkenauge sie auf einer grossen Wasserflä-
che von weitem zunächst für ein leichtes Schaumwellchen nehmen
muss. Die verschiedenen Arten der Sumpfschnepfen nennen die
schwarz, braun und gelb gestrichelte Zeichnung des sumpfigen
Moorbodens ihr Eigen; solches gilt auch in parallelem Verhält-
nis von der Waldschnepfe, die, in das Waldlaub gedrückt, dem
geübten Jäger bekanntlich nur durch ihr grosses Augenpaar auf-
fällig wird. Das Obergewand des Sandhuhns ist in der Färbung
der Grassteppe angepasst. —
Alle Vögel, die eine -- mehr oder minder — grosse
Schutzfärbung haben, machen Gebrauch von ihr, einige, bei
denen die Schutzfärbung besonders genau mit dem Aussehen
ihres Aufenthaltsortes übereinstimmt, in sehr ergiebiger und
deutlicher Weise. Um nur einige Fälle anzuführen: Die „Kraut-
spatzen“ d. s. die fast durchweg erdbraun gefärbten Weibchen
samt den farblosen Jungen des gemeinen Hänflings sowie die
Männchen und Weibchen des im Herbst zu uns kommenden Berg-
hänflings, sonst allesamt scheue, flüchtige Vögel, halten, wenn
sie sich im Oktober und November auf den Äckern zwischen den
grossen Krautköpfen oder auf dem Feld zwischen den Frucht-
stoppeln umhertreiben, solange aus, bis ihnen der Bauer auf
zwei, drei Schritte genaht ist. Das Rephuhn drückt sich, sobald
es nur irgend ein feindliches Wesen eräugt hat, zwischen die
Erdschollen, was ihm in der That so gut gelingt, dass es nur
von der Spürnase eines guten Vorstehhundes aufgefunden oder
dem scharfen Auge eines Hühnerhabichts entdeckt werden kann.
Die brütende Wachtel wagt es, unglaublich lange auf dem Neste
sitzen zu bleiben, sodass sie eher zertreten als von dem nach
ihr Suchenden aufgefunden wird. Und dem unerfahrenen Schnepfen-
jäger kommt das langgezogene ‚„rätsch“ des direkt vor seinen
Füssen aufstehenden Langschnabels ebenso plötzlich und uner-
wartet wie dem Jüngling, der zum ersten Mal auf die Entenjagd
geht, das mit lebhaftem Schnattern verbundene Aufsausen eines
Stockentenweibchens aus der sumpfiggrauen Einfassung eines
Wassertümpels, der gerade vor dem Nimrodsenkel liegt. Die
Zwergtrappe auf dem Nest im hohen Kleefeld wird durch das
erdfarbene Federkleid des Oberkörpers geschützt und „man kann
getrost das ganze Feldstück kreuz und quer durchgehen, obne
72 W. Schuster:
dass sie sich stören lässt“ (W. Thienemann). Der Wiedehopf
wirft sich, wenn ein grösserer Vogel über ihn hinfliegt, platt auf
den Boden, breitet Flügel und Schwanz aus, biegt den Kopf
zurück und richtet den Schnabel senkrecht empor — da liegt
nichts anderes als ein Häufchen verfärbter Blätter oder ein
bunter Lappen!
Nun die Frage: Ist sich der Vogel der Schutzfärbung bewusst ?
Ich sage: Nein! Ich halte dafür, dass der Vogel: unwill-
kürlich so handelt und handeln muss, wie er handelt, dass er zwar
in dem Verhalten, das ihm die Natur vorschreibt, in der Stellung,
die er einzunehmen einen Zwang in sich fühlt, in der Pose, in
der er sich geben muss, sich sicher fühlt, — er also schon a priori
ein Gefühl der Sicherheit hat, in welchem er dann gewiss durch
die Erfahrung bestärkt wird —, dass er aber den letzten wahren
Grund und die letzte Ursache nicht kennt, welche ihm in der
That eben diese Sicherheit ermöglichen und verbürgen. Und
dies scheint mir aus verschiedenen Gründen sich zu ergeben.
Zunächst müsste sich ein Vogel, etwa die kleine Rohrdrommel,
in Fällen, wo sie „sich drückt“, sagen: drüben dein Feind — er
wird herüberschauen — und etwas auffällig gefärbtes bemerken
— dein Kleid ist braun, die Farbe des Rohres ist auch braun:
Also musst du dich in’s Rohr ducken, damit du übersehen wirst
[N. B. dazu käme noch: -- aber auch regen und rühren darfst
du dich nicht, denn was lebt und sich bewegt, bemerkt man
auch leicht]; oder in anderen Fällen — denken wir an die
grosse Sumpfschnepfe — hiesse es gar: das Sumpfgras hier ist
grau und grün, dort schimmert ein roströtliches, hier ein gelb-
liches, hier ein erbleichtes weisses vom vorigen Jahre ...,
aber gerade so ist ja auch dein Gefieder gestreift und gestrichelt
und geschäftet, braun und weiss und gelblich, und hier die
schwarzen Längslinien auf dem Gefieder entsprechen auch den
gleichen Farbentönen, die sich da und dort aus dem Gras stehlen,
also immer nur fest angedrückt und ruhig Blut! — Diese logi-
sche Gedankenkombination scheint mir bei dem Vogel schlechter-
dings unmöglich. Dieses schiaue Rechnen würde einem Menschen
Ehre machen; bei einem Vogel aber wäre es wunderbar. Wenn
aber je Wunderbares von Vögeln berichtet wurde, so waren doch
eigentlich Forscher wie der alte Naumann, Lenz, Friderich u. a.
so ehrlich, von Ortssinn, Gedächtnis, allenfalls auch Anhänglich-
keit und ähnlichem mehr, zu sprechen, nicht aber von vernunft-
Schutzfärbung und Instinkt der Vögel. 73
gemässer logischer Berechnung. Die Erzählung von dem klugen
durstigen Raben, der die Flasche mit Steinchen anfüllte, ist ja
recht schön, aber sie ist doch nur Sage und Fabel. Und so
einerseits dürfte es mit allen Stückchen sein, die da und dort
zum Beweise der wunderbaren Vogellogik aufgetischt werden,
oder aber, sie beruhen auf einer einfachen Zusammenstellung
oder geordneten Anwendung von Erfahrungsthatsachen, die an sich
jede weitere logische Kombination vermissen lassen. Und dann
habe ich bei dem Verfolgen des vermeintlichen Gedankenganges
im Vogelhirn noch andere weniger gewichtige Dinge ausser Acht
gelassen. Wer hat schon jemals einen Vogel sein Gefieder auf
seine Farben hin ansehen oder prüfen gesehen? [Es müsste
dies ja oft genug bei flüchtenden und dann sich drückenden Rep-
hühnern zu beobachten sein, geschehe es auch von diesen nur
vergleichshalber, un sich zu überzeugen, dass das Gelände, das
sie in eilendem Laufe erreicht haben, so ziemlich übereinstimme
mit der Rückenfärbung und geeignet sei, um sich darauf mit
Erfolg drücken zu können]. Oder wer will behaupten, dass das
.Vogelauge dieselben Farbenempfindungen habe, wie das mensch-
liche, dass ihm auch wie diesem „braun‘‘ braun vorkomme und
„grau“ grau, dass ihm ein gebleichtes Hälmchen „hell“ schimmere,
oder dass ihm die Farbe des einen Körpers gleich der mehr
oder minder Ähnlichen eines anderen scheine, dass ihm also —
um es an der Hand des Beispieles zu erläutern — die braune
Pigmentfarbe der Federn so scheine wie die im Grunde doch
ganz anders fundierte braune Farbe des Rohres? Mit demselben
Recht könnte man behaupten, das Auge des Vogels habe gar
keine Farbenempfindungen — es sehe nur körperlich!) — oder
es sei für gewisse Farben blind oder es sehe schwächer oder aber
stärker als das des Menschen, sodass es im letzteren Falle
feinere Empfindungen habe für Farben (und Formen) und also
senauere Unterschiede mache zwischen Farbe und Farbe Und
wer glaubt etwa, der Vogel, der noch nie mit menschlichen Augen
geschaut hat, könne sagen: Bah, der Mensch mit seinem so wenig,
scharfen und noch weniger geübten Auge wird über das Rohr
und dich hinwegsehen!? [Das soll sich ein Vogel sagen, der es
selbst an und für sich aus seiner täglichen Praxis ganz anders
1) Dies ist ganz unmöglich; man denke an die gemalten Trauben
des Phidias, die von Sperlingen angepickt wurden!
74 W. Schuster:
wissen müsste, da er ja vermöge seines scharfen Gesichtes alle
die kleinen Käfer, die ihrerseits wieder durch Schutzfärbung |
gedeckt sind, auffindet]. Ebensogut müssten die Nesselraupen,
die auch noch nie in menschliche Haut stachen, bei sich denken,
wenn sie mit ihren Brennhaaren die nach ihnen ausgestreckten
Hände verwunden: Der Saft in unseren Haaren wirkt auf die
menschliche Haut ätzend. — Quod non! |
Zum Zweiten führe ich ein Analogon in’s Feld. In jedem
Reiche der Tierwelt, der niederen und höheren, besitzen viele
Arten eine Schutzfärbung. Das dunkle Habitchen der Bachforelle
mit den vielen goldenen und roten Punkten passt ebensogut zu
dem steinigen Grund und den hellglitzernden Kieselstückchen
der Berggewässer wie das intensiv grüne des Laubfroches zu dem
breiten Schirlingsblatt, auf dem der Wetterprophet auch schier
erstaunlich lange aushält (berührt aber von der Hand, giebt er
schleunigst Fersengeld). Die Flundern erscheinen in der Farbe
des Meersandes. Die Mäuse haben mehr oder minder erdgraue
Farben, die kleinen Schlangenarten vielfach die mehr gescheckte
der Haide- und Bergpflanzen. Die Blattkäfer zum grössten Teil
und etliche Rüsselkäfer sind mit der grünen Farbe ihrer Unter-
lage geschmückt, mit der holzbraunen Farbe der Baumrinden viele
Bockkäfer (vor allem die Zimmer- und Nadelholzböcke), die über-
dies angesichts des Feindes ebenso instinktiv wie manche Vögel
jegliche Bewegung vermeiden und beim Vorübergehen des Wanderers
wie tote Zäpfchen an den Holzhaufen sitzen, besonders wenn die
abendlichen Sonnenstrahlen durch den stillen Wald auf sie fallen.
Erdfarbig sind die tagsüber am Boden verborgen lebenden Erd-
raupen der Äugler (Satyridae), grün wie das Gras die Raupen
der meisten Eulen (Zackeneule, Sägerand u. s. w.), grün auch
wie die Blätter ihrer Futterpflanze ist die helle Varietät der
Weinschwärmerraupen, !) während, wie es Weismann sehr gut her-
ausgefunden hat, die Farbentöne der Totenkopfraupe, insbeson-
dere das Blau, ganz hübsch dem Violett und Rot einer Nacht-
schattenart, Solanum violaceum, ihrer häufigsten Futterpflanze
1) Die schwarze Varietät fällt, sofern sie sich nicht am Tage ver-
steckt hält, mehr in die Augen, was wieder — wenn es feststünde, dass
diese Raupe die des Männchens ist — dazu zweckdienlich wäre, die Über-
zahl der Männchen zu verhindern.
Schutzfärbung und Instinkt der Vögel. 75
im Süden, entspricht!). Anderseits teilen viele lichte Seitenstrei-
fen grosse Raupen auf Laubbäumen (Kiefernschwärmer, Abend-
pfauenauge, Pappelschwärmer, Taubenschwänzchen, auch z. B.
Forleule, Feldulmeneule) die einfarbige Fläche ihres Leibes in
seitliche schmale Felder ein mit derselben Wirkung der Blatt-
rippen der Blätter „und die neben den Schrägstrichen herlaufenden
Streifen stellen den Schlagschatten dazu dar“. Raupen wie die
des Birken- und Holunderspanners — die erstere ist sogar ver-
änderlich gefärbt, je nach der Futterpflanze — sehen aus wie
dürre Ästchen. Die Raupen des roten Ordensbandes kommen
am Morgen aus den Weidenwipfeln nieder und pressen sich über
Tag an den gleichgefärbten Stamm an, auf gleiche Weise über-
" wintern die Kupferglockraupen an den Schlehdornstämmchen.
Die Puppe des Schillerfalters gleicht einem frischen Blatt an Farbe,
‚die des Segelfalters einem verdorrten ; die Farben der Weisslings-
und Zitronenvogelspuppen wirken wie die fahlbleichen eines
gealterten Zaunpfahls oder einer schmutzigen Kalkwand.
Viel mehr äbneln dieser noch die grossen weissen Motten.
Die Tagschmetterlinge, besonders deutlich der Admiral, der
Trauermantel, der Tagpfau, der kleine Fuchs u. a., klappen ihre
gar prächtig gefärbten Flügel zusammen und zeigen nun die
matten, falb-düsteren Farben ihrer gewöhnlichen Aufenthaltsorte,
die Nachtschmetterlinge aber breiten wie ein schützendes Dach
ihre meist traurig grauen Oberflügel über ihre herrlichen, oft
entzückend schönen Farben und gleichen dann zum Täuschen
2) Interessant ist auch ein Vergleich mit anderen Schwärmerraupen.
Die Oleanderschwärmerraupe hat Schutzfärbung, die des Kiefernschwärmers
desgleichen, doch hält sie sich auch in den dichten Kiefernbüscheln ver-
steckt. Alle Weinschwärmerraupen haben den dunklen Augenfleck, den
sie (beim ‚Trotzen“) durch Einziehen des Kopfes aufquellen lassen, als
Schreckmittel gegen kleinere Feinde, die grossen Windigraupen halten sich
am Tage an oder gar in der Erde verborgen und steigen des Nachts an
ihre Futterpflanze hinauf. Die des Wolfsmilchschwärmers, die sich wie an-
dere Sphingidenraupen (Kiefernschw. R.) durch Ausspritzen einer braunen
Magenflüssigkeit gegen Schlupfwespen verteidigen, sind so ungemein
zahlreich, dass ihre Art keines besonderen Schutzes bedarf. — Andere
buntgefärbte Raupen, besonders die von Tagschmetterlingen, lassen sich
bei Gefahr schnell zu Boden fallen. Am besten geschützt sind die Rau-
pen, die im Rohr (Rohreulen) oder faulen Holz (Weidenbohrer, Glasflügler)
leben und arbeiten. Wieder andere bleiben unbehelligt, weil sie von
giftigen Pflanzen leben (dazu gehören auch wieder: Totenk.-R., Oleanderschw.-
R., Wolfsmilchschw.-R.).
76 W. Schuster:
ähnlich den Rinden der Bäume, an denen sie tagsüber sitzen,,
der Weidenbohrer, die Ordensbänder, das Abendpfauenauge der'
alten knorrigen Rinde am Fusse ergrauter Weidenstämme, der'
Schwammspinner den helleren Holzteilen ausgehöhlter oder halb
abgestorbener Weiden, der dunkler abgetönte Tannenpfeil den.
trübrötlichen, verjährten, am Rande abgesprungenen Schindeln
an Kiefernstämmen, viele bespritzte und merlierte Eulen der'
buntscheckig, oft recht farbenschön bemoosten Buchenrinde, der'
mit kleinen, grauen Flechten förmlich übersäeten Rinde des)
Vogelbeerbaums sowie derjenigen anderer Bäume — abgesehen
aber freilich auch hier wieder von solchen Tieren, die mit recht,
lebhaften und freudig frischen Oberflügelfarben erscheinen und
etwa, wie die Bucheneule, die lebensfrohe Farbe eines jungen
Buchenblattes tragen oder, wie die Waldeule, hellgrüne Baum-
flechten nachahmen.!) — Alle diese Tiere nun sind sich der
Schutzfärbung nicht bewusst. Das erhellt sogleich bei den Puppen,
die ja alles Geisteslebens bar sind. Ferner: Die Schmetterlinge,
besonders die in der Nacht fliegenden, die ja eigentlich am auf-
fälligsten sich der Schutzfärbung bedienen, können, wie Altum
richtig bemerkt, in ihrem ganzen Leben sich nicht ein einziges
Mal auf den Rücken sehen, also auch garnicht wissen, wie sie
gefärbt sind. Dasselbe muss von den Fischen gesagt werden.
Was aber z. B. den Laubfrosch anbetrifft, so ist ja klar nach-
gewiesen, dass er seine stechend grüne Farbe ändert in Bräunlich
oder Schwärzlich, wenn er an einem weniger hellen, von der
Sonne nicht beschienenen Orte aufbewahrt wird, dass aber dieser
Farbenwechsel durchaus nicht von dem Willen des Tieres ab-
hängig, sondern eine unwillkürliche, dem Tiere unbekannte,
durch die äusseren Verhältnisse bedingte physiologische Funktion
ist, indem der geringere Lichtreiz die Schicht der schwarzen
Pigmentzellen, die über den nicht zusammziehbaren gelben liegen
— welche beide zusammen die grüne Farbe geben —, sich aus-
dehnen und stärker durchscheinen lässt.?2) Und so wie der
1) Es sei verwiesen aufdas treffliche Bild „Mimikry“in BrehmsTierleben !
2) Man will beobachtet haben (s. „Zool. Gart.“ 1877, No. 1),
dass die Licht- wie die Farbenstrablen indirekt durch die Augennerven
des Laubfrosches auf die Pigmentzellen der Haut wirken, indem das
Auge zuerst den Lichtreiz von der Umgebung empfinge und durch Re-
flexbewegung des Nervus sympathicus unabhängig von dem Willen des
betreffenden Tieres Zusammenziehung oder Ausdehnung des Pigments.
bewirkt werde (vergl. das bek. Experiment mit dem Buxbaumstrauch !),
Schutzfärbung und Instinkt der Vögel. 77
Laubfrosch wissen alle genannten Tiere nichts von einer Schutz-
färbung. — — Ich glaube nun einen analogen Schluss ziehen und
sagen zu dürfen: Wenn diese nicht, dann auch die Vögel, die
ihnen doch ganz gleich sich verhalten, nicht!
Zu einer gleichen Schlussfolgerung kommt man, wenn man
folgendes bedenkt: Die Nester, Eier und Jungen vieler Vögel
weisen gleichfalls eine Schutzfärbung auf. Die Buchfinken- und
Schwanzmeisennester haben genau dieselbe Farbe wie die Moose
und Flechten an den Stämmen der Nistbäume;!) das Nest der
Lerche gleicht auf’s Haar seiner nächsten Umgebung. Die Eier
dieses Vogels entsprechen wieder in Farbe und Zeichnung ge-
nau dem Nest. Die Eier der Strandläufer werden so leicht
übersehen, weil sie in denselben Farbentönen gehalten sind wie
ihre Unterlage, der Sand; aus dem gleichen Grunde findet man
noch seltener die Eier der Nachtschwalbe auf. Was von den
Eiern der Lerche gilt, gilt auch von ihren Jungen. Alle jungen
Finken und Ammern, die jungen Grasmücken und Erdsänger,
überhaupt fast alle jungen Vögel sind in ihrem meist grauen
unscheinbaren Kleidchen wie das Nest (bezw. dessen Umgebung)
gefärbt. Die jungen Vögel aber, denen ja die Schutzfärbung
ihrer Sicherheit wegen von der gütigen Natur schon zu Teil
wird, ehe sich noch ihr Geistesleben irgendwie entwickelt hat,
können ebensowenig etwas von einer Schutzfärbung wissen wie die
geistig toten Nester und Eier. Und wenn die Jungen nichts
wissen, warum sollen es da die Alten? — Weiter: die Jungen,
— die, wie feststeht, von einer Schutzfärbung nicht die geringste
Ahnung haben können — verhalten sich auch genau ebenso wie
die Alten. Die Jungen der Waidohreulen und Tagraubvögel,
braun und grau gestrichelt, merliert und gewellt und so an
Aussehen der aus einzelnen verschiedentlichen Reiserchen sich
zusamınensetzenden Nestschicht gleich, drücken und ducken sich
still und regungslos in das Nest, sobald der Kopf eines Menschen
über dem Nestrand erscheint. Die jungen Grasmücken bleiben
vor dem Menschen unbeweglich still im Nest sitzen, bis sich die
Hand nach ihnen ausstreckt, wo sie alle zusammen mit einem
1) Das Moos und Flechtwerk an den Nistbäumen selbst wird —
auch aus wohlweislicher Anleitung durch den Instinkt — von den Vögeln
zum Bau nicht benutzt, denn sonst würde das Moosnest zwischen den
moosentblösten Ästen leicht sichtbar sein.
18 W. Schuster:
Mal bis auf das Nesthäkchen aus der engen alten Heimstätte:)
fleuchen. Wenn kaum die eben aus den Eiern gekrochenen,
hellbraunen Rephühnchen trocken geworden sind, ducken sie sichi)
— wie ich wieder am 5. August 1991 zu beobachten Gelegen--"
heit hatte —, sobald einer ihrer Erbfeinde, spec. homo, in ihre:
Nähe kommt in das gleichgefärbte kurze Gras der unfruchtbarenı
Wieshalden und lassen sich hier lieber von den Füssen der neu--)
gierig Suchenden tottreten, als dass sie davonliefen oder nach!
ihrer Mutter riefen. Aus all dem ziehe man das Fazit — es)
besagt genug!
Ferner schliesse ich aus dem Verhalten der erwachsenen Vögel
selbst, sowohl aus dem der Vertreter einzelner bestimmter Vogel-
arten wie aus dem beliebiger Individuen, aus dem der Vögel !
mit geringer sowohl wie anderseits mit starker Schutzfärbung.
Was die Klasse der letztgenannten Gegensätze angeht, so ist es
bei jenen (ger. Schutzf.) sogleich ersichtlich, dass sie nichts von
einer Schutzfärbung wissen, bei diesen (starke Schutzf.) nicht so |
leicht. Es wird z. B. niemand behaupten wollen, dass der Fitis- |
laubvogel, wenn er im Blättergezweig nach Mücken jagt, oder
der Zaunkönig, wenn er zwischen grossen Steinen, auf Reisighaufen
und um die Zäune spielt, etwas von seiner Schutzfärbung |
(die bei dem ersteren zum mindesten anbetracht der verschiedenen '
Lebensverhältnisse nur oberflächlich ist) wisse. So scheint es
auch jedermann — hier wäre es sogar der Mensch, der nichts
von einer Schutzfärbung wüsste! — selbstverständlich, dass die
Mehlschwalbe auf dem Rücken schwarz und am Bauche weiss
ist; aber wenn man näher zusieht, wird man auch hier die höchst
weise Anordnung der Natur herausfinden: Die Rückenfarbe har-
moniert im Allgemeinen mit dem dunklen Aussehen der Erdober-
fläche, sodass das Vögelchen den Späherblicken der über ihm
hinfliegenden Raubvögel leichter entzogen wird, !) die weisse Bauch-
seite entspricht der hellen Farbe des Himmels, wodurch sich die
1) Wenn es hier heisst: Eine Übereinstimmung nur „im Allge-
meinen“, so muss dabei gesagt werden, dass die Natur in dieser Hin-
sicht nie Vollkommenes geschaffen hat; sie hat keinem Tiere so vor-
zügliche Schutzmittel gegeben, die ihm eine übernatürliche, relativ un-
gesunde Vermehrung ermöglichen. Solches kann erst durch den ge-
waltsamen Eingrif! des Menschen in die Natur bewirkt werden (Sperlinge).
— Jeder Taubenwirt weiss, dass die Falken auf die weissen Tauben
viel mehr stossen als auf die schwarzen.
Schutzfärbung und Instinkt der Vögel. 79
Schwalbe für die unter ihr sich aufhaltenden, oft genug nach ihr
lauernden oder gar jagenden vier- und zweibeinigen Feinde we-
niger deutlich vom Himmel abhebt.!) Der Waldkauz nimmt wie
alle Baumeulen tagsüber Stand am Fussende eines starken Astes
und drükt sich fest an den übereinstimmend gefärbten Stamm
an. Auch hier wird niemand von einem bewussten Auswählen
sprechen, zumal da die Eulenaugen, wie ich vermute, wenig
Farbempfindungen und mithin also ihre geistig recht tief stehen-
den Trägerinnen wenig Sinn für Farbenunterschiede haben. In
noch höherem Masse gilt dies von dem geistesarmen Tagschläfer.
Auch sein Handeln kann nur instinktiv genannt werden. Denn
kein Tagschläfer wird, wenn er sich gegen Morgen müde auf die
glatte blosse Erde, auf einen bemoosten Stein am Wege, einen
niederen Baumstumpf oder an eine schattige Stelle zwischen Ge-
strüpp und Haidekraut niederkauert, lange an feindliche Nach-
stellungen denken. Und nicht eben anders, als gerade so, ist das
Verhalten jedes sich drückenden Rephuhns, jeder festliegenden
grossen und kleinen Sumpfschnepfe, nur dass diese Vögel sich
momentan ducken und drücken, wenn das Bild eines feindlichen
Wesens in die Dunkelkammer des Vogelauges fällt und in dem-
selben Moment die Sehnerven die gemachte Wahrnehmung dem
Nervenzentrum übermitteln, womit dieses zugleich ebenso un-
willkürlich und augenblicklich von dem körperlichen Gesamt-
organismus ein Ducken und Drücken verlangt, während die
Vögel in der übrigen Zeit ihren notwendigen alltäglichen Ge-
schäften nachgehen. — So das Verhalten der einzelnen Vogel-
arten, im Verhältnis zu einander betrachtet! Gewichtiger noch
sind die Beobachtungen, die man an beliebigen Individuen macht
— und zwar derjenigen Arten, die besonders auffällig von der
Schutzfärbung Gebrauch machen —, freilich sind sie auch viel
schwieriger auszulegen. Denn man kann nicht leicht, wenn man
ein einzelnes Tierchen aus der Zahl der übrigen heraus- und
scharf auf’s Korn nimmt, mit Bestimmtheit sagen, dies verhält
sich so und dies so. Aber eins scheint mir vor allem festzu-
stehen: Jedes Individuum begiebt sich unverzüglich, ohne
jegliche Überlegung, in demselben Moment, wo die Sehnerven
1) Vom nordamerikanischen Hüttensänger sagt man, dass die blaue
Farbe des Rückens die Bläue des Himmels wiederspiegele, das Braun
der Brust aber die Farbe der Erde.
80 W. Schuster:
die Wahrnehmung eines feindlichen Bildes zum Gehirn über--
leiten, in die geschützte Lage. Ohne jegliche Überlegung —
also rein instinktmässig! Vor kurzem noch beobachtete ich ein
Rephühnchen, wie es vor dem Schützen davonlief, dann aufflog,,
wieder einfiel und sich nun duckte und drückte, blitzschnell und!
ebenso gewohnheitsmässig wie es lief und flog oder wie es sonstt
frisst und schläft! Oder da ist in dem Feldgebüsch ein Rot--
kehlchen. Es sieht sich verfolgt, weil etliche Buben hier auf!
der einen Seite des Gebüsches recht eifrig nach ihm in’s Busch--
werk gucken und auslugen, und darum hält es sich am anderenı
Rand des Gebüsches. Und es ist von den diesseits Stehendenı
schwer zu sehen, es wendet ihnen immer den farblosen Rücken
zu und nicht die rote Brust [und es braucht ja, wenn es sich
nach den Verfolgern umblicken will, das Köpfchen immer nur‘
ein wenig zu wenden] .. .. wie schlau und sachverständig von
ihm! Warum handelt es so? Nun ganz einfach, weil es nachı
der entgegengesetzten Seite hin entfliehen will und schon zum
Abflug „auf dem Sprung bereit“ sitzt [resp. beim Hüpfen dies sein ı
Vorhaben nicht ausser Acht lässt]. Im Grunde eines Spierstauden-
busches sitzt ein Nachtigailennest.!) Nest und Rückenfarbe des ı
brütenden Vogels gleichen vollkommen der braungrauen Rinden--
farbe der unzählig vielen Stauden. Der Busch wird oben aus-:
einander gebogen, die Nachtigall legt den kopf halb um, schaut
hinauf und verharrt in dieser Lage starr und regungslos. Das
Menschenauge, auf Armes Länge ihr nahe, ruht auf ihr, sein
Blitzen schreckt sie, der scharf musternde Blick von oben kreuzt
sich mit ihrem Blick — bekanntlich für jeden auch nur wenigscheuen
Vogel ein Anlass, Fersengeld zu geben -- und macht sie ganz
ängstlich und zagend: Man merkt deutlich, wie sie fühlen müsse,
dass der Gegner sie erkannt hat. Wenn sie sich nun mit Be-
wusstsein, mit Erkenntnis und Berücksichtigung der Thatsachen,
bis dahin steif und regungslos wie ein Klotz verhalten hätte,
müsste sie sich jetzt sagen: Das Ducken hilft dir nichts mehr,
du bist doch erkannt... nur fort, fort! Aber sie bleibt und
harrt weiter aus: Denn sie duckt sich instinktiv, sie thut es,
1) In diesen Büschen findet man für gewöhnlich die Nachtigallen-
nester. Ich vermute fast, dass die Philomele nur mit diesem Strauch
leben und sich daueınd ausbreiten kann. Vielleicht erklärt sich hieraus
ihre grössere frühere Verbreitung.
Schutzfärbung und Instinkt der Vögel. &l
weil ein unbewusster Zwang in ihr es so (wie es ja auch sonst
wohl das Zweckmässigste ist!) befiehlt. Sie bleibt — bis die
Hand näher kommt, sie zu fassen. Ich muss hier auch des un-
zweideutigen Verhaltens einer Zwergrohrdommel Erwähnung
thun: Ich ging an der Ill bei Strassburg längs eines schmalen
Rohrstückes hin, nach den Nestern der hier häufigen Teichrohr-
sänger und Rohrdrosseln suchend und ab und zu mit dem Stock
in das Gebüsch schlagend.. Am Ende des Rohrstückes sehe ich
einen strohgelben Lappen gerade vor mir im unteren Teile des
Rohres, wo die Stengel auch schon eine gelbe Farbe angenommen
hatten, hängen. Es ist ein „schwäbischer Rohrtump.“ Mit dem
rechten Fuss steht er auf einem Strohhalm, mit den Zehen des
linken, im Winkel gebogenen, hält er einen anderen Halm um-
fasst. Er wendet mir die Brust zu; dies ist ganz natürlich und
wird er in solchen Fällen immer thun, da er bei seinen „Ver-
stellungen“ seine Gegner beobachten und im Auge behalten will,
was er bei offener Frontstellung um so besser kann, als die Lage
seiner Augen mehr nach unten zu bezw. nach vorn gerichtet ist
als nach der Seite Er starrt mich unbeweglich an — nichts
rührt und regt sich an ihm — ich fixiere ihn. So bleiben wir
Auge in Auge, nur 1 m von einander entfernt, lange stehen, so
lange — — bis der Vogel nicht mehr in seiner gezwungenen
Stellung verharren kann. Aber diese ist auch vollständig un-
geeignet, um aus ihr auf- und davonfliegen zu können. Da dreht
sich die kleine Rohrdrommel — denn sie muss eine andere, zum
Auffluge geeignetere Stellung annehmen — ganz langsam auf
dem rechten Bein um ihre eigne Axe, wendet mir ein Stückchen
vom Rücken zu, dann allmählich mehr und mehr von ihm,
schliesslich die ganze Rückenfläche. Aber dieser Rücken ist —
schieferschwarz (es ist ein altes Männchen) und hebt sich recht
ordentlich von der gesamten Umgebung ab. Ja, wenn das die
1) Ob übrigens die Schutzfärbung den Tieren in solchen Fällen
grössere Vorteile verspricht als die schnelle Flucht den buntgefärbten,
mag dahingestellt bleiben. Meines Erachtens werden die schutzgefärbten
Tiere doch immer aufgefunden. Und es ist hier die parallele Erscheinung
interessant, dass bei manchen Sphingidenarten die Raupen mit der alten
Farbenanpassung-Grün durch die mit der neuen und besseren Färbung-
Braun verdrängt werden, welch letztere die Gewohnheit haben, unter
Stengeln und Blättern oder am Boden den Tag über ruhig zu sitzen
(Weismann).
Journ. f, Orn. L. Jahrg. Januar 1902, 6
823 W. Schuster:
kleine Rohrdrommel nur gewusst hätte! Aber sie wusste es
nicht — denn auch sie hielt nur instinktiv aus und zeigte ihre
strohgelbe Vorderseite nur instinktiv. — Es muss hier freilich
auch gesagt werden, dass die Vögel wie alle anderen Tiere, wenn
sie von der Schutzfärbung Gebrauch machen, in den meisten
Fällen den richtigen Unter- oder Hintergrund treffen. Hase und
Rebhuhn werden sich kaum je auf einer grünen Wiese zu drücken
suchen. Die Fledermäuse hängen sich höchst selten einmal an
eine weisse Kalkwand auf. Auch die rindenfarbigen Schmetterlinge
setzen sich fast immer an die ihnen zugewiesenen Bäume, und
wenn man sie schon einmal wo anders findet — wie ich z. B.
auf einem Nachmittagsstreifzug schon von weitem zwei in der
Begattung begriffene Exemplare der grossen, hellbräunlich-weissen
Versicolora von dem fast schwarzen Stamm einer Linde sich
scharf abheben sah —, so hat das meist besondere Gründe, wie
Todesermattung oder in dem erwähnten Fall die Auslösung der
geschlechtlichen Reize, welche die Tiere alles andere vergessen lässt.
Aber diese Fähigkeit, den richtigen Grund zu treffen, halte ich
für ganz gleichbedeutend mit jener ähnlichen unbewussten, die
es den Schmetterlingen gelingen lässt, ihre Eier an die richtige
Futterpflanze zu legen.!)
Einen sehr, sehr deutlichen Beweis, dass der Vogel mit
Schutzfärbung bei seinem Handeln nicht abwägt und berechnet,
nicht denkt und beschliesst, liefern die Leucismen, besonders die
der Rebhühner und Schnepfen, wie schon Altum treffend dar-
gethan hat. Die verhältnismässig häufigen Individuen mit un-
gewöhnlicher weisslichbrauner, hellgelblicher, halb oder gar ganz
weisser Färbung stimmen nicht mehr mit ihrer Umgebung überein,
stehen im Gegenteil im grössten Widerspruch zu ihr. Wenn
nun die Vögel dächten und überlegten, müssten sich das unbedingt
die anormal gefärbten Schnepfen und Rebhühner sagen und na-
türlicherweise, anstatt sich zu drücken wie ihre Brüder und
1) Es wird wohl niemand im Ernst glauben wollen, dass die
Schmetterlinge noch aus der Raupenzeit die Futterpflanze kennen, da ja
im Puppenzustand alles geistige Leben aufgehört hat, abgesehen davon,
dass Raupen weiter gar kein Verständniss für Pflanzen haben. Eher
könnte man schon annehmen, dass der Geruch, der ja bei diesen Tieren
der entwickelste Sinn ist, einige Schmetterlingsarten bei der Auffindung
leite. Es ist leicht zu beobachten, wie z. B. die Wespen sehr bald in
einer Stube erscheinen, wenn ein Honigglas in ihr geöffnet worden ist;
auch in abgelegenen Blumengärtchen erscheinen Nachtschmetterlinge.
Schutzfärbung und Instinkt der Vögel. 83
Schwestern, ihr Heil in der schleunigsten Flucht suchen — aber
sie bleiben und ducken sich ebenso frisch wie ihre Brüder und
Schwestern, weil sie ebensowenig Erwägungen und Berechnungen
anstellen wie diese. Altum berichtet von weissen und semmel-
gelben Waldschnepfen, die den Schützen bis in die nächste Nähe
kommen liessen. Auch die weissgescheckten Schwarzamseln werden
nicht ängstlicher thun oder mehr auf ihre Sicherheit bedacht sein
als die schwarzen. Darum werden auch die Albinos so leicht und
zu allererst jedem Feind der betr. Art zu Teil (ein Umstand,
der ja auch mit Naturnotwendigkeit bedingt ist, da ein anormales
Tier so schnell wie möglich aus einer geschlossenen Kette kon-
stanter Naturbildungen ausgemerzt werden muss).
Damit komme ich zu einem andern Punkt, zur Verfärbung
der Alpen und Moorschneehühner. Ich meine: So wenig die
Schneehühner die Verfärbung bewirken oder auch nur an ihr
Teil haben, so wenig wissen sie von ihr. Denn einmal: Ist es
ungeheuerlicher, dass die Natur den Vögeln das Vermögen ge-
geben hat, sich ohne Kenntnis der Sachlage in ihrem jeweiligen
schutzgefärbten Kleide zu ducken oder dass sie ihnen mit jeder
neuen Jahreszeit fast im Voraus ein ganz neues, so erstaunlich
zweckentsprechendes Kieid anlegt? Doch wohl letzteres. Dann
redet auch hier das Verhalten der Vögel eine zu deutliche Sprache.
Wenn nämlich einmal der Winter mit seinem Schnee ungewöhnlich
lang ausbleibt, die Schneehühner aber schon ihr weisses Kleid
angelegt haben (was sie immer um einen bestimmten Termin,
nämlich die sonst normale Anfangszeit des Winters und Schnee-
gestöbers, thun), so ducken auch sie sich, anstatt jetzt schnell
zu fliehen, ‘auf der dunklen Erde wie sonst im graubraunen
Kieide und gebrauchen also das weisse so, als ob ihm schon
die weisse Unterlage, der Schnee, geboten wäre; umgekehrt miss-
brauchen sie im zeitigen Lenz, wenn der Schnee alzu früh dahin-
schmolz, das noch weisse Kleid auf dem schwarzen Boden: Sie
wissen garnichts von einer Verfärbung, einem Farbenunterschied
und einer Schutzfarbe!
Hier also die Parole: Instinkt! Instinkt ist, in dem Sinne,
wie ihn Darwin gebraucht, ein unbewusstes aber im Ganzen zweck-
mässiges Handeln der Tiere. Seine Entstehung erkläre ich
mir folgendermassen : In jener vielschöpfenden und vielschaffenden
Zeit, als sich auch unsere heutigen Tierformen bildeten und
entwickelten — es ist die Zeit, von der es im 1. Buch Mosis im‘
6*
84 W. Schuster:
1. Kapitel kurz heisst: Die Erde bringe hervor lebendige Tiere,
ein jegliches nach seiner Art —, wurden diejenigen Vögel einer
Art, deren Gefieder im Widerspruch stand zu dem gewöhnlichen
Aufenthaltsort, mehr oder weniger ausgetilgt. Von den Gleich-
gefärbten bemerkte diese oder jene Stammmutter dann und wann
einmal durch den allergewöhnlichsten Zufall im täglichen Leben,
dass sie in einer bestimmten Lage merkwürdigerweise von einem
Feinde nicht angegriffen wurde. Diese rein äusserliche Wahr-
nehmung prägte sie ihrem Gedächtnis ein — wie man dasselbe
ja sehr leicht an gefangenen Dohlen, Elstern und anderen Vögeln
beobachten kann — und handelte im ähnlichen Falle ähnlich,
wenn auch noch ganz stümperhaft im Vergleich zu dem Benehmen
ihrer Enkelkinder von heute. Von den Stammmüttern ward jenes
bestimmte Verhalten auf die Kinder übertragen, indem diese
einmal schon die Neigung und Anlagen dazu erbten — ganz so
wie bei den Menschen!) —, dann aber auch das bestimmte Be-
nehmen direkt ihren Alten absahen und ablernten; und schliesslich
bildeten sie es für sich durch den täglichen Gebrauch weiter aus.
Sie vererbten es aufihre Kinder und so ward allmählich bei der
folgerichtigen Entwickelung der gesamten Natur, die unter der
waltenden Hand Gottes steht, das, was zuerst Gewohnheit war,
zu einem Erbstück, zu einer charakteristischen Eigenschaft einzelner
Vogelgattungen. — Dies sind natürlich auch nur Hypothesen über
die Entstehung und Art des Instinkts. Der ‚‚Instinkt“ hat nie
und wird nie mit Bestimmtheit erklärt werden können; auch Noll
und die Gebrüder Müller versuchten es vergebens. 2)
ı) Es seien nur zwei mir bekannte Fälle angeführt! Die Söhne
eines Architekten, der selbst viel gezeichnet hatte, zeichneten zierlicher
und besser als alle ihre jeweiligen Mitschüler, obwohl in den älteren
Familiengenerationen des Mannes durchaus kein Zeichentalent vorhanden
war. — Ein Bäckermeister, namens Schreiner, besass das Geschick, sehr
schöne Kunstschreinerarbeiten anzufertigen, obwohl er wie seine Väter
sein Gewerbe immer schlicht und recht ausgeübt und das Schreinermetier
nie besonders betrieben hatte; dass aber die Schreinerei einst in seiner
Familie gang und gebe war und er also sein Geschick geerbt hatte,
beweist sein Name, der im Mittelalter, als sich unsere heutigen Namen
bildeten, von der Familie, wie so oft, nach dem Gewerbe angenommen wurde.
2) Wenn die Gebrüder Müller für ‚‚Instinkt“ einzusetzen belieben
„Wechselwirkung zwischen sensitiven und motorischen Nerven“, so ist
das keine Erklärung, sondern nur ein anderer Ausdruck. Wenn z. B.
die Jungen auf den Warnungsruf der Alten, den sie vielleicht bis dahin
Schutzfärbung und Instinkt der Vögel. 85
Sehr interessant ist es, vergleichshalber eine kurze Umschau
zu halten, mit welchen anderen Schutzmitteln zur Erhaltung des
Individuums wie der Art die Vögel, die keine oder nur geringe
Schutzfärbung haben, ausgerüstet sind. Die Spechte haben die
Gewohnheit, hinter die Bäume zu fliehen und sich immer auf der
Rückseite derselben zu halten; im jungen lichten Laubholzschlägen
(Birken z. B.) nehmen die Buntspechte mitunter Posto hinter
einer Baumgabel und schauen, indem sie den roten Bauch ver-
decken, mit Kopf und Brust da heraus wie ein Aststumpf (wobei
ihnen wieder die weisslichgraue Astfarbe der Brust zu Statten
kommt). Der Kleiber stellt sich mitunter, wie Wurm beobachtet
hat, still und steif an einem Baumstamme auf wie ein alter Knorren.
Die bunten Fasanen und Haselhühner verbergen sich in dem
dichten niederen Buschwerk, die kleinen Trappen in Lupinen- und
Esparsettefeldern, der Kiebitz im Gras der sumpfigen Heidewiesen
und Moorgelände, das buntfarbige Teichhuhn, die Rallen und
Rohrdommeln im Schilf und Röhricht. Vögel, die wegen ihrer
Farben sehr auffallen, wie Pirole, Wiedehöpfe, Blauracken, Wasser-
spechte, Mauerläufer, oder wegen ihrer Grösse, die oft noch
durch hohe Stelzbeine ganz besonders zum Ausdrück gebracht
wird, schon von weitem gesehen werden, wie Reiher, Kraniche,
wilde Störche, sind sehr scheu und fliehen schon aus grosser
Entfernung; desgleichen die Grosstrappen, die sich nur immer
da aufhalten, wo sie sich frei und weit umsehen können, und die
Saatgänse, die zur ihrer Sicherheit Wachen aufstellen. Der Vogel
Strauss vertraut auf die Schnelligkeit seiner Füsse: Er läuft
schneller als ein Pferd. Die Singdrosseln, Krammetsvögel und
Weindrosseln sind weniger scheu als klug und aufmerksam:
Wenn man sich im Frühjahre auf der kahlen Wiese an sie
heranpirschen will und ihnen nachgeht, trippeln sie immer während
der Suche und Aufnahme der Nahrung mit schnellen Schritten
ein Stück weiter und sehen sorglich darauf, dass die Entfernung
noch nie gehört haben, sich so verhalten, als kännten sie die nahende
Gefahr, so werden hier durch die Lautäusserung der Mutter die sensitiven
Gehörnerven erregt, diese leiten die Erregung nach dem Gehirn über und
dieses heisst nun die motorischen Nerven sich in der angemessenen
Weise zu bethätigen (die Muskeln des Vögelchens im Ruhezustand zu
erhalten). Aber das ist ja gerade das Wunderbare, dass die motorischen
Nerven durch Eindrücke, welche die sensitiven haben, beeinflusst werden,
und zwar in der allerzweckmässigsten Weise,
86 W. Schuster: Schutzfärbung und Instinkt der Vögel.
zwischen ihnen und den Nachgehenden gleich gross bleibe Die
Enten und taucherartige Vögel tauchen, um sich den ihnen
geltenden Blicken Unberufener zu entziehen, und schwimmen
unter Wasser ein Stück fort; so thut auch die Wasseramsel,
wenn Gefahr vom schnellbeflügelten Falken droht. Gegen die
Nachstellungen eben dieser, der schnellen Feinde aus dem eignen
Tierreiche — ihrer grimmigsten Feinde! —, gab die Natur den
einen der Befiederten einen reissend schnellen Flug (Schwalben,
Segler, Tauben), den andern einen Zickzackflug (Schnepfen, Kiebitze),
anderen einen Bogenflug (Bachstelzen), wieder andern das Ver-
mögen, sich in die höchsten Luftregionen zu schwingen (Lerchen).
Der Zaunkönig, zwar schutzgefärbt, aber klein und unbeholfen,
verkriecht sich in der Not in Mauselöcher. Schlechte Flieger wie
das Blaukehlchen halten sich im dichtesten Gestrüpp verborgen
oder streifen wie die Meisen, Goldhähnchen, Baumläufer, Kleiber,
und Kleinspechte in Scharen umher, um eher auf eine Gefahr
aufmerksam zu werden. Die Stadtspatzen, die bunten Buchfinken
der Anlagen, die Schwarzdrosseln in den lichten Hausgärten hat
die Natur unter den Schutz des Menschen gestellt, desgleichen
auch im Laufe der Zeiten den weissen Storch — dagegen sie
seinen schwarzen Bruder einen ganz anderen Weg, fast möchte
man von einem einseitigen Standpunkt aus sagen: einen Abweg,
einschlagen liess —, ferner die sich sehr bemerklich machenden
Stare, die zutraulichen Hausrotschwänzchen u. s. w., während
andere Vögel, wie der Adler und Uhu, von der Natur mit furcht-
baren Waffen ausgerüstet sind, um allen ihren Feinden, gelegentlich
selbst dem Menschen, zu trotzen. Und doch hat eben wiederum
diese Vögel wie die kleinen fluggewandten Räuber der beständige
Kampf, den der Mensch zur Wahrung seiner Interessen mit ihnen
führen musste, sehr scheu und vorsichtig gemacht; dasselbe gilt
auch von anderen Vögeln, denen der Mensch immer nachstellte
(Schwarzspecht, Waldhühner). Für die Erhaltung derjenigen
Vögel, die zwar über keine besonderen Schutzmittel verfügen, aber
sehr viele Feinde haben, wie dieMeisen, sorgt ihre starke Vermehrung.
87
Die Vogelsiedlung des Neusatzer Riedes in Ungarn.
Von Robert Berge, Zwickau i. S.
Der einst vom linken Ufer der unteren Theiss in der Nähe
der Stadt Titel weit nach Osten und im Süden bis an die Donau
reichende sogenannte ‚‚weisse Morast,“ dem u. a. Baldamus,
welcher ihn 1847 besuchte, seine bekannte Schilderung lieh, ist
entwässert und in Ackerland umgewandelt worden, und das
„Liteler Ried,‘ das sich westlich der Theiss ausbreitete und etwa
100 qkm umfasste, verfiel vor einigen Jahren demselben Schicksal.
Denn über den marinen Niederschlagsschichten der Tertiärzeit
ruhen in den Rieden, wie in der ungarischen Tiefebene überhaupt,
diluviale und obenauf alluviale Ablagerungen, die nach dem Ver-
schwinden des ehemaligen Meeres von den grossen Flussläufen
als Zertrümmerungsprodukte aus den Gebirgen herabgeschwemmt
wurden, zu bedeutender Mächtigkeit anstiegen und, in ihrer
‚oberen Krume durch die abgestorbenen Reste der daraufwuchernden
Pflanzendecke gesättigt, einen ausserordentlich fruchtbaren Kultur-
boden abgeben. Mit diesen Trockenlegungen gingen natürlich
auch die grossartigen Vogelsiedlungen unter, welche jene Gegenden
auszeichneten. Unweit davon besitzt indes noch die donauauf-
wärts gelegene Stadt Neusatz oder Ujvidek ein Ried von unge-
fähr fünf Quadratkilometer Ausdehnung, in welches zu gelangen
mir auf meiner im Sommer 1901 nach Ungarn unternommenen
Reise, und zwar am 30. Juli möglich ward. Dasselbe befindet
sich 6 Kilometer nördlich von Neusatz, steht mit einem Donau-
arme, der sich unterhalb der Stadt von dem Hauptstrome links-
seitig abzweigt, vermittels eines Kanals in Verbindung und stellt
im wesentlichen einen vom Frühling bis zum Herbste unter Wasser
gesetzten Rohrwald dar, in dessen westlichem Teile zwei Inseln
liegen. Am südlichen Rande zieht sich Sumpfwaldung aus Eichen
und Silberweiden hin, während die übrigen Grenzen an Felder
stossen. Das Rohr (Arundo phragmitis) wird hier fingerdick,
wächst zu 5 Meter empor und lässt nur Rohrkolben (Typha la-
tifolia und angustifolia), sowie die Wasserschere (Stratiotes aloides)
stellenweise in erheblicherer Menge aufsprossen, wogegen Spar-
ganium, Glyceria, Salvinia natans u. s. w. sehr vereinzelt vor-
kommen. Im Winter wird das Wasser nach der Donau abgelassen
und das Rohr für die Zwecke praktischer Verwendung geschnitten.
Herr Kornel Szlavi in Neusatz, Mitglied der Genossenschaft,
88 Robert Berge:
welche die Jagd in dem Riede gepachtet hat, besass die Güte, mir
eine Fahrt in dasselbe bereitwilligst zu ermöglichen und die
Führung zu übernehmen, um vor allen Dingen der in der Mitte
vorhandenen, einen Flächenraum von 3—4 Hektar beanspruchen-
den Vogelniederlassung einen Besuch abzustatten, welche Lie-
benswürdigkeit um so dankbarer anzuerkennen war, als sich die
zu bewältigenden Schwierigkeiten grade ganz besonders häuften.
Denn einesteils hielt sich die Temperatur auf einer ungewöhn-
lichen Höhe, das Thermometer zeigte schon längere Zeit vom
Morgen bis zum Abend über 30° C im Schatten, und im Riede
mangelte zudem eine Beschattung. Die am Eingange anwesenden
Fischer schlugen die Teilnahme ab, weil sie es wegen der Hitze
nicht wagten, ins Ried zu fahren, und wir mussten daher allein
eindringen. Sodann bereitete der eingetretene niedrige Wasser-
stand bedeutende Hindernisse, indem sich der Kahn auf grössere
Strecken zwischen den weit hervorstarrenden, eng zusammenge-
drängten, kräftigen Blattrosetten der Wasserschere, die sonst
untergetaucht sind, und später ausser durch das Rohr zwischen
Rohrstoppeln durchwinden musste, über welche er bei höherem
Wasser ebenfalls hinweggeschwommen wäre. Etwa 150 Meter
von der Kolonie vermochten wir ihn in dem dichten KRöhricht
überhaupt nicht mehr fortzubringen und sahen uns genötigt, ihn
zu verlassen, um das Ziel durchs Wasser watend zu gewinnen.
41/, Stunde hatten wir schweisstriefend alle Kräfte angespannt,
den nur einige Kilometer messenden Weg zurückzulegen, ein
Beweis, mit welcher Erfahrung die Riedvögel für ihre Sicherheit
gesorgt hatten, denn unzugängliche Wildnis scheint auch in Ungarn
das stichhaltigste Mittel zu bilden, sie vor der Vernichtung zu
schützen.
Unter den Brutvögeln des Neusatzer Riedes fehlen zunächst
Ardea alba, A. garzetta, Platalea leucerodia, Pelecanus onocro-
talus, Phalacrocorax carbo, Larus, Haliaetus albicilla, Pandion
haliaetus u. a. Ardea cinerea nistet in etwa 50 Paaren, aber mehr
gegen den Rand zu. Auch Ardea purpurea strich bereits nicht
weit vom Eingange her häufig mit dem bezeichnenden polternden
Geräusche von den Bäumen ab, obwohl auch das eigentliche Kolonie-
gebiet eine Anzahl seiner Horste enthielt. Dagegen warenin letzterem
namentlich Plegadis faleinellus, Ardea ralloides, Nycticorax griseus
und Phalacrocorax pygmaeus zu erblicken. Ausserdem wurden im
Riede bemerkt: Rallus aquaticus, Anser cinereus, Duteo vulgaris,
Die Vogelsiedelung des Neusatzer Riedes in Ungarn. 89
Circus aeruginosus. Hydrochelidon nigra soll ebenfalls hier nisten,
war jedoch zur Zeit meiner Anwesenheit schon davongezogen.
Von Meisen scheint Panurus biarmicus und in dem anliegenden
Walde Aegithalus pendulinus zu brüten. Totanus calidris und
Numenius arcuatus liessen sich gleichfalls vernehmen, ohne da-
selbst zu nisten, und Botaurus stellaris, Ardetta minuta, Fulica
atra, Gallinula chloropus, Lappentaucher, Enten und manche
anderen erfordern bei ihrem selbstverständlichen Vorkommen wohl
weiter keine besondere Erwähnung. Die Anzahl der Brutpaare
schwankt wie überall je nach den verschiedenen Jahren, doch
hat Herr Szlavi folgende Schätzung ermittelt, die als Anhalt für
die Häufigkeit im Riede mitgeteilt sei: Ardea purpurea 150,
A. ralloides 150—200, Nycticorax griseus 300, Plegadis falecı-
nellus 100—200, Anser cinerea 10, Phalacrocorax pygmaeus10—15
und Hydrochelidon nigra 10—50 Paare. Durch unsere Annäherung
bereits in Aufruhr gebracht, bot die Kolonie ein seltnes Schau-
spiel, indem die aufgeregten Vögel eifrig hin und her schwärmten
Verhältnismässig die geringste Scheu bekundeten die Sichler, die
trotz der Schüsse immer wieder und oft nicht hoch über uns
hinflogen, obwohl sie uns bei jedem neuen Anzug ins Auge ge-
fasst haben mussten, wie man bei der Nähe deutlich zu erkennen
vermochte. Das Gewehr schien sie sehr zu schrecken, denn so-
bald es erhoben wurde, prallten sie rasch nach oben oder lenkten
nach der Seite ab, ohne indessen ganz umzukehren, während
unser blosser Anblick ihre Richtung zuweilen kaum veränderte.
Ihr Flugbild war gekennzeichnet durch die grossen, breiten Flügel,
welche gegen 1 Meter klafterten, die weit nach hinten ragenden
Beine, den langen, im Gegensatz zu den Reihern vorgestreckten
Hals und den fast sichelförmig gekrümmten, langen Schnabel.
Den Namen „Schwarzschnepfe“ verdienen sie insofern, als schon
bei geringer Entfernung ihre Farben nicht mehr hervortreten,
sondern sich zu Schwarz verwischen. Das Fliegen geschah
mässig schnell und mit nicht weit ausholenden Schlägen, wobei
die bekannte Fluganordnung eigentümlich auffiel, die sich in eine
fast schnurartige, zwischen den Flügelspitzen der einzelnen Vögel
nur kleine Räume freilassende Querlinie gliedert, welche nicht
grade verläuft, sondern in beständigen Biegungen und Schwenk-
ungen vorwärts schreitet. Eine merkwürdige Schnabelfärbung
wies ein erlegtes junges Stück auf, dessen ungefähre Alterstufe
vorerst durch folgende Angaben näher bestimmt werden möge:
90 Robert Berge: SE
Körper von der Grösse einer Saatkrähe; Kopf, Hals, Unterleib
und Füsse schwarz; Rücken vom Hinternacken an, Steuerfedern,
obere Schwanzdecke und Flügel glänzend dunkelgrün mit Bronze-
schimmer. Um den schwärzlichen Schnabel aber liefen zwei
scharf abstechende, bläulichgraue Querbänder, und zwar so, dass
Grund, Mitte und Spitze dunkel blieben, während selbst die neue
Auflage von Naumanns Naturgeschichte der Vögel Mitteleuropas
sagt: „Im Jugendkleide hat der dunkelfarbige Sichler einen ein-
farbig graugrünen Schnabel.“ Ob jene Bindenfärbung als Über-
gangsglied vom Schnabel der Nestjungen, der bekanntlich ein
oder zwei gelbe Bänder trägt, angesprochen werden darf und
allgemein auftritt, lässt sich auf den angeführten Einzelfall hin
leider nicht entscheiden.
Am leichtesten und gewandtesten unter den im Ried vertre-
tenen Reihern flog Ardea ralloides, welcher, den Hals in das
lockere Gefieder zurückgelegt, in der Mitte ziemlich dick, hinten
und vorn aber durch Füsse und Schnabel beinah zugespitzt er-
schien, wohingegen an Enten der Flug von Phalocrocorax pyg-
maeus, der ja auch in der Grösse etwa mit Anas querquedula
übereinstimmt, erinnert. Auch Nyeticorax griseus segelte vorbei,
die gebogenen, nicht vollständig ausgestreckten Flügel von über
ein Meter Spannbreite unhörbar und wenig rasch schwingend, den
Hals kurz und dick zusammengezogen , mit hintergelegten,
aber auffällig kurz aussehenden Beinen. Von Stimmen erschallte
am häufigsten diejenige des Purpurreihers, die bekanntlich etwas
mattem Fischreiherruf, oft auch, und besonders aus der Ferne,
dem „Quak“ der männlichen Stockente täuschend gleicht, wozu
die übrigen ebenfalls Laute hervorstiessen. Ardea purpurea benahm
sich übrigens vorsichtiger und kam niemals in Schussweite heran.
Die zahlreichen, oft nur eine Fusslänge getrennten Horste
waren um diese Jahreszeit verödet, doch gut erhalten, und diejenigen
des Purpurreihers, welche sehr umfänglich und, wie alle andern an
der besuchten Stelle, auf umgeknickten Rohrstengeln inmitten von
Rohrbüscheln errichtet waren, hielten unsere Körperlast vollständig
aus, so dass sie als Ruhesessel benutzt werden konnten. Die
Nester setzten sich, insoweit sie mir zu Gesicht kamen, aus Rohr-
teilen zusammen, ohne Beimengung von Reisern, und nur beim
Sichler lagen in der Mulde dünne Weidenzweige. Der Aufbau
zeigte das übliche Schema: unten gröbere und stärkere, nach
oben hin feinere, weiche Stoffe, besonders Blätter; die Mulde war
Die Vogelsiedlung des Neusatzer Riedes in Ungarn. 91
wenig vertieft und die Randumwallung ganz niedrig. Ihr senk-
rechter Abstand vom Wasserspiegel betrug etwa 0,5 bis 1 Meter,
in welch letzterer Höhe namentlich die beträchtlich kleineren
Horste des Rallenreihers gefunden wurden. Ein zurückgebliebenes
und von Herrn Szlavi aufgefischtes Ei von Plegadis falcinellus
besass die Grösse eines kleinen Hühnereies und das bekannte
blaugrüne, der Rohrumgebung angepasste Kolorit. Wie der
Alarm bewies, verwendeten die Kolonievögel das Ansiedlungs-
revier mit ihren offenbar schon längere Zeit flugfähigen Jungen
noch als Ruhestätte, und trotz unserer Nähe fielen sie, anscheinend
empfindlich gegen die Hitze, welche in der Sonne sicherlich
40° © betrug, immer wieder in dasselbe ein, sodass mitunter
ein Schuss abgefeuert werden musste, um die Bewegung aufs
neue zu beflügeln.. Bei der sich niedersenkenden Abendkühle
schienen sie aufzuleben, und als wir auf dem Rückwege begriffen
waren, zogen öfters Scharen oder einzelne aus der Richtung des
Brutplatzes über uns dahin, wahrscheinlich, um sich nach den
Futterstellen zu begeben.
Über Grönlands Vogelwelt.
Vortrag, gehalten vor der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft
am 7. Oktober 1901.
Von Dr. ©. Helms, Haslev.
Meine Herren!
Wenn ich heute die Ehre haben soll, Ihnen etwas von den
Vögeln Grönlands zu erzählen, so muss ich mir erlauben, ein
paar Bemerkungen über das Land, seine Natur und das Bewohnen
desselben vorauszuschicken. Grönlands Lage ist Ihnen Allen bekannt,
ebenso wie Sie wissen, dass es eine ungeheuere Insel von gegen
20,000 Quadratmeilen ist, wovon der weit überwiegende Teil mit
einer mächtigen Eisdecke, dem Inlandseise, bedeckt ist, welches
an einzelnen Stellen ganz bis zur ‚Küste hinabreicht, sonst nur
einen breiteren oder schmaleren Streifen freien Küstenlandes
übrig lässt. Auf dieser schmalen Küste in einer Breite von
höchstens 20 Meilen, oftmals viel weniger, ist es, wo sich alles
Menschen-, Tier- und Pflanzenleben in Grönland befindet.
Gewiss haben verschiedene Reisende Vögel auf dem Inlandseise
92 Dr. ©. Helms:
gesehen, z. B. die kleine Schneeammer, welche Nansen zwitschernd
entgegenflog auf seiner Reise quer über das Eis und ihm die
Nähe des eisfreien Landes verkündete; andere haben im Innern auf
dem Eise den Steinschmätzer, den Raben und Seeschwalben an-
getroffen, aber das sind alles nur Ausnahmen, das Eis ist öde und
leer. Auch das Küstenlaud ist unwirtlich genug, an den meisten
Stellen ödes Klippenland, sparsam bedeckt mit Moos und Flechten;
nur in den Thälern, besonders tief innerhalb der Fjorde, findet
sich eine recht reiche Vegetation mit zahlreichen Blütenpflanzen
und fruchtbaren Wiesenstrecken, an günstigen Stellen Gesträuch,
besonders von Weiden und Birken, gewöhnlich nur in einer Höhe
von 3—8 Fuss, aber oft von grosser Ausdehnung, an besonders
geschützten Stellen in den südlichsten Fjorden sogar oft kleine
Wäldchen mit Bäumen bis zu einer Höhe von 20 Fuss bildend.
Zahlreiche Flüsse durchziehen das Land, und überall umher liegen
grössere und kleinere Seen. Oft liegt längs der Küste ein flacheres,
mit Heidekraut bewachsenes Vorland, hinter welchem die Berge
sich erheben, und ausserhalb der Küste liegt das Schärengewässer
mit unzähligen grösseren und kleineren Inseln, die Brüteplätze
vieler Seevögel. Diese Beschreibung passt im ganzen nur für
Grönlands Westküste, an der Ostküste fehlt das schützende
Schärengewässer, die Berge fallen an den meisten Stellen steil
ab ins Meer, das flache Vorland fehlt, und das Eis liegt fast
das ganze Jahr hindurch längs der Küste, das Klima ist kälter,
die Vegetation sparsamer, das Vogelleben viel ärmer.
Auch hinsichtlich des Bewohnens besteht ein grosser Unter-
schied zwischen der OÖst-und Westküste. Diese istkolonisiert vom Kap
Farvel bis Upernivik, vom 60. bis zum 73. Grade nördlicher Breite,
eine Küstenstrecke von gegen 200 Meilen. Hier wohnen ungefähr
10,000 Grönländer zerstreut über zahlreiche Wohnplätze mit
höchstens ein paar Hundert Einwohnern auf jedem einzelnen, und
hier finden sich gegen 20 dänische Kolonien, während auf der
Ostküste die Besiedelung auf eine einzige Strecke um den 66.
Grad nördlicher Breite eingeschränkt ist, wo einige wenige Hundert,
teilweise heidnische, Grönländer wohnen, während die dänische
Kolonie Angmagsalik, nur aus zwei dänischen Familien besteht,
welche ein einziges Mal jährlich mit der Aussenwelt durch ein
Schiff von Dänemark in Verbindung stehen.
Es ist leicht verständlich, dass Grönlands Vogelwelt besonders
aus den Vögeln bestehen muss, welche an das Meer gebunden
Über Grönlands Vogelwelt. 93
sind, direct oder indirect ihre Nahrung dort finden, und die Haupt-
masse unter den Vögeln, Arten sowohl wie Individuen, sind Schwimm-
vögel. Die öden Berge werden selbst bis zu einer recht be-
trächtlichen Höhe von einem einzigen Vogel belebt, dem kKosmo-
politischen Steinschmätzer (Saxicola oenanthe), während tiefer im
Thale und auf den unteren Berglehnen, auch ganz draussen auf
den Inseln im Schärengewässer, sich die Schneeammer findet
(Emberiza nivalis), der häufigste und am besten bekannte unter
den grönländichen Kleinvögeln, welcher sich schon Anfang April
zeigt und sein Zwitschern von einem Hausdache oder Felsblocke
hören lässt, trotz des zu dieser Jahreszeit oft sehr unfreundlichen
Wetters. Innerhalb der Fjorde, tief unten auf feuchtem Moos-
boden, baut die Lerchenammer (Emberiza lapponica), die Zierde
einer grönländischen Landschaft, sowohl durch ihre lebhaften
Farben, wie durch ihren eigentümlichen Gesang, welcher teilweise
aus hübschen, tiefen, metallisch klingenden Tönen besteht und in
der Luft vorgetragen wird, indem sich der Vogel mit ausge-
breiteten Flügeln herabsenkt. Während Steinschmätzer und
Schneeammer ihr Nest in kleinen Felsspalten oder zwischen zu-
sammengestürztem Gestein anbringen, steht das Nest der Lerchen-
ammer vortrefflich versteckt auf der Erde. Der einzige Vogel,
welchem die grönländischen Gebüsche zur Nestanlage gross genug
sind, ist der Leinzeisig (Acanthis linaria), welcher sein Nest im
Weidengebüsch oder in den Birken, unten an den Berglehnen
anbringt. Eines Abends lagen wir, eine Gesellschaft, am Ufer
eines Flusses und hatten dort eine vergnügte Stunde zugebracht, als
einer unserer Gesellschaft in einem niedrigen Busche, gerade da,
wo wir lagerten, einen kleinen Leinzeisig auf seinem Neste sitzen
sah, fast mitten unter uns, ungestört durch die muntere Gesell-
schaft. Wenn wir noch einen Pieper nennen (Anthus pensylwanicus),
so haben wir die Kleinvögel, welche der Reisende erwarten kann
in Grönland zu treffen; sie sind es, welche die öden Strecken
beleben durch ihren Gesang und uns an die Vogelgesänge in den
heimatlichen Wäldern erinnern, welche sich im Herbst um die
Wohnungen der Menschen scharen, welche bei ihrer Ankunft im
April/Mai das Ende des langen Winters verkünden. Zugvögel
sind sie alle, der einzige Standvogel unter den Sperlingsvögeln
ist der Rabe (Corvus corax), welcher überall an steilen Felswänden
brütet; man findet ihn allerorts, zumeist am Strande nach Nah-
rung suchend;; bei den Wohnplätzen spielt er die Rolle der Geier,
94 Dr. O0. Helms:
sammelt sich in Menge an der Stelle, wo die Seehunde aufs
Land gezogen werden und wo deren Eingeweide und Fleischreste
ihnen reichliche Nahrung bieten; bisweilen sieht man Scharen bis“
zu hundert. Grönlands einzige Eule, die Schneeeule (Nyctea nivea),
brütet auf den Öödesten und abgelegensten Steilen, von wo sie im
Winter herab nach der Küste kommt, um Nahrung zu suchen.
Zerstreut horstet der Seeadler (Haliaötus albicilla), welcher an
manchen Orten täglich zu sehen ist, oft 3 bis 5 zusammen; seine
Nahrung besteht aus Aas, Fischen, Hasen und Seevögeln, welch
letztere er auf dem Wasser erbeutet, während er einen leicht-
beweglichen Vogel, wie eine Möve, schwer fängt; dagegen habe
ich ihn oft mit grosser Dreistigkeit herniederschiessen und eine
angeschossene oder tote Möve in unmittelbarer Nähe eines Bootes
greifen sehen. Der Wanderfalke (Falco peregrinus) brütet spar-
sam, häufiger der Grönlandsfalk (Falco candicans) in seinen ver-
schiedenen Formen, auf welche ich hier nicht näher eingehen will.
Besonders im Herbst und Winter zeigt er sich oft bei den Kolonien
und wird dort auf eigentümliche Weise geschossen, indem Tauben,
die fast überall von den Dänen in Grönland gehalten werden, in
die Luft geschickt werden und hier in grossen Kreisen fliegen,
so dass sie der Falke leicht erblickt und dann verfolgt. Die Tauben
suchen eilig den Taubenschlag zu erreichen und der Falke stürzt
dummdreist ihnen nach, ohne sich darum zu bekümmern, dass ein
Jäger dicht dabei steht. Es glückt dem Falken niemals, eine
Taube zu schlagen; seine Beute sucht er unter den Seevögeln
oder unter den Schneehühnern (Lagopus mutus), Grönlands ein-
zigem Hühnervogel, der recht häufig auf den Bergen brütet, im
Sommer nur selten gesehen wird, im Winter in Scharen nach
den niedrigen Bergen an die Küste kommt, teils aus dem Innern
des Landes, teils südlich wandernd aus Nordgrönland. Seine
weisse Farbe fällt wohl mit der Farbe des Schnees zusammen,
aber die Spur in dem losen Schnee verrät deu Vogel auf weitere
Entfernung. Seine Nahrung, welche er genügsam sich unter dem
Schnee hervorscharrt, besteht im Winter aus Beeren, Knospen
und Blättern. Da sie den Menschen nicht kennen und fürchten,
kann man oft einen oder mehrere aus einem Schwarm schiessen,
ehe der Rest davonfliegt. Es wird auch von ungeheuren Massen
berichtet, Scharen von Tausenden, selbst habe ich solche aber
nie gesehen}; bei Ivigtut, Kryalitbrud in Südgrönland werden im
Winter oft gegen 3000 geschossen. — Das ist, was man an Land-
Über Grönlands Vogelwelt. 95
‚vögeln in Grönland sehen kann, und eine Wanderung auf den
‚grönländischen Bergen und in den Thälern im Lande giebt, wie
herrlich eine solche sonst sein kann, dem Ornithologen nur geringe
Ausbeute. Erst an der Küste gewahrt man das Vogelleben, wo-
‚selbst unter den Seevögeln verschiedener Arten, z. B. Seetauchern,
Gänse, einige Enten und Watvögel an kleinen Seen innerhalb
des Landes brüten. Flache Strandufer fehlen an den meisten
‚Stellen; die nackten Felsenküsten, gegen welche die Brandung
schlägt, bieten einen schlechten Aufenthalt den Watvögeln,
von welchen nur ein einziger, der Seestrandläufer (Tringa mari-
tima), in grösserer Menge sich findet, an Sümpfen und kleinen
Seen innerhalb des Landes oder auf Inseln brütend; im Herbst
und Winter bewegt er sich in kleinen Trupps auf den Schären
am Strande, eifrig hinzulaufend, wenn die Welle sich zurückge-
zogen hat, um Nahrung zu suchen in dem, was die See heran-
spült hat; ohne Bedenken schwimmt er von einem Stein zum
andern, eine Fertigkeit, welche noch mehr bei seinen Verwandten,
den Wassertretern (Phalaropus hyperboreus und fulicarius) ent-
wickelt ist. Im Sommer brüten sie an kleinen Seen, deren
Wasserspiegel sie mit ihren reizenden Gestalten beleben, im
Herbst sind sie auf dem Meere; vom Wasser sieht man sie bis-
weilen auffliegen und auf dem Strande laufend der Nahrungssuche
obliegen wie die Strandläufer. Recht häufig brütet auch der
Sandregenpfeifer (Aegialitis hiaticula), seltener der Steinwälzer
(Strepsilas interpres).
Hält man sich in den hellen Sommernächten an den Fjorden
oder innerhalb des Landes auf, so wird man bisweilen den kräftigen
Schrei der Seetaucher (Colymbus glacialis und (©. septentrionalis)
vernehmen, einen Schrei wie das Wehklagen eines Menschen, un-
heimlich und durchdringend; am Tage sieht man die hübschen,
scheuen Vögel auf dem Wasser liegen oder hoch in der Luft
fliegen, jetzt auch schreiend, aber in einem ganz anderen, weniger
unheimlichen Tone; hat man Glück, so kann man das Nest am
Ufer eines Sees oder unzugängig auf einer kleinen Insel mitten
auf einem grossen Bergsee finden. Auf steilen hohen Felsen nach
dem Meere zu baut der Kormoran (Phalacrocorax carbo), der im
Winter oft geschossen wird; aus seinem Balg, der von den Federn
befreit wird, so dass nur die Dunen zurückbleiben, erhält man
eine sehr kostbare Kürschnerarbeit, Damenkragen und Muffs.
Enten, Möven und Alken stellen die Hauptmasse der grönländischen
96 Dr. O0. Helms:
Seevögel; fährt man in den Fjorden oder längs der Küste, so |
wird man stets Arten dieser drei Familien vor Augen haben,
im Sommer oft nur wenige, im Frühjahr, Herbst und Winter
unzählige Scharen. Von Gänsen brüten Blässgans (Anser albi-
frons) innerhalb des Landes, zu den Zugzeiten werden sie an
der Küste gesehen. Die Stockente (Anas boscas) nistet an Sümpfen
undkleinen Seen und scheintsichin Grönland ebenso wohl zu befinden
wie in unseren viel milderen Gegenden; an denselben Örtlich-
keiten brütet die Eisente (Harelda glacialis), welche sich im
Winter scharenweise an den Küsten einfindet und von weitem
durch ihren melodischen Ruf kenntlich ist. An reissenden Flüssen
innerhalb der Fjorde brütet, unter einem Busch versteckt, die
prachtvolle Kragenente (Cosmonetta histrionica), die am schönsten
gefärbte von allen nordischen Enten. Prächtig ist es anzusehen,
wenn eine Anzahl Männchen an einem stillen Frühlingstage
draussen bei den Schären liegt, beschienen von der Sonne;
bewundernswert, sie nahe der Küste in der Brandung sich tummeln
zu sehen, welche sonst alle anderen Vögel meiden. Im August
verlieren die Männchen die Schwungfedern; trifft man zu dieser
Zeit eine Schar, so kann man sie mit dem Boot in eine kleine
Bucht der Küste treiben und die meisten zur Beute machen.
Eines Tages sah ich Grönländer mit 20 kommen, welche sie mit
Wurfgeschossen erbeutet hatten. Auf den niedrigen Schären
ausserhalb der Küsten, besonders in Nordgrönland, brüten zu
Tausenden, ja Millionen die Eiderenten (Somateria mollissima und
S. spectabilis). Nest liegt an Nest, so nahe, dass man kaum die
Insel betreten kann, ohne Eier zu zerstören, welche weich
umgeben sind von einem Kranz der berühmten Eiderdunen, die
in jedem Frühjahr zusammen mit den Eiern von den Grönländern
gesammelt werden und einen wichtigen Handelsartikel ausmachen.
irgend welchen Schutz geniessen die Vögel nicht. Im Winter
sammeln sie sich zu ungeheuren Scharen, die, wenn sie auf-
fliegen, einen Lärm hervorbringen wie ein ferner Donner. Am
Tage liegen sie draussen längs der Küste, am Abend ziehen sie
hinein bis zum Ende der Fjorde; auf diesem Zuge werden sie
massenweise geschossen; sie werden von Grönländern sowohl, als
auch von Dänen gegessen, und die Bälge werden zu Eiderdunen-
decken verwendet, welche Ihnen aus den Schaufenstern der
Kürsehner bekannt sind. Die Federn werden ausgezupft, so dass
nur die Dunen zurückbleiben, die Bälge werden an den Rändern
Über Grönlands Vogelwelt. 97
zusammengenäht und aus der hübschen Haut am Halse wird eine
' Einfassung hergestellt. Noch eine Entenart gehört zu den am
' häufigsten vorkommenden Vögeln, obgleich sie nirgends in grossen
' Mengen auftritt: der Mittlere Säger (Mergus serrator). Was den
' Bewohnern südlicherer Länder am eigentümlichsten erscheintundam
_ meisten Eindruck vom Vogelleben im hohen Norden macht, sind die
oft beschriebenen Vogelberge, steile Felshänge mit nur schmalen
Absätzen und Unebenheiten, am häufigsten gerade in’s Meer ab-
fallend. Sie erheben sich bis zu einer Höhe von mehreren 1000
Fuss und sind von weitem leicht kenntlich durch die Vogelmassen,
welche sie umfliegen. Auch Grönland ist reich an solchen Vogel-
bergen, sie finden sich überall an der Westküste innerhalb der
- Fjorde oder draussen im offenen Meere, am häufigsten in Nord-
grönland, und werden von Möven, Alkenvögeln und Sturmvögeln
bewohnt. Unter den Möven ist es besonders die kleine Drei-
zehige Möve (Larus tridactylus), welche die Vogelberge bevölkert.
Auf einem einzigen Vogelberge kann man Millionen dieser Vögel
finden, in den meisten Fällen natürlich viel weniger; die Nester
liegen von unten in gleicher Höhe mit der Oberfläche des Wassers,
wo die Wellenspritzen sie erreichen können und von wo man mit
einem Boot die Eier nehmen kann, bis hinauf zu einer Höhe von
vielen hundert Fuss, sind recht gross gebaut aus Moos und Gras,
weiss von den Excrementen der Vögel. Wie die Eidervögel hat
diese Möve einen täglichen Zug, doch geht dieser in entgegen-
gesetzer Richtung, des Morgens hinein in die Fjorde, des Abends
hinaus auf’s offne Meer, oft jedesmal eine Strecke von zehn Meilen.
Im Herbst sammeln sie sich zu Scharen von Tausenden, folgen
den Seehunden und Walen, um in dem Fischgewimmel, welches
diese aus der Tiefe an die Oberfläche jagen, Nahrung zu suchen,
im Winter ziehen sie fort, um mit dem Frühling schreiend und
lärmend ihre Brutplätze wieder aufzusuchen. In Grönland werden
sie vielerorts als die eigentlichen Frühlingsvögel angesehen. Auch
die grösseren Möven, Eismöve und Polarmöve (Zarus glaucus und
L. leucopterus) brüten zu Tausenden auf den Bergen, ebenso oft
_ aber auch auf den Inseln, wo sie schon Anfang Mai zwischen
Eis und Schnee Eier haben. In weit geringerer Zahl nistet auf
den Inseln zerstreut die Mantelmöve (L. marinus), während die
hübsche Elfenbeinmöve (L. eburneus) und die kleine Sabines-
Möve (Z. sabiner) nur Gäste in dem kolonisierten Teile Grönlands
sind. Die Raubmöven (Lestris parasiticus, L. longicauda und L.
Journ, fi. Orn, L. Jahrg. Januar 1902, 7
98 Dr. O0. Helms:
pomatorhina) brüten an vielen Stellen in grosser Zahl; draussen
auf den niedrigen Inseln brütet als einziger Vertreter einer sonst
weit südlicheren Familie: die Küstenseeschwalbe (Sterna macrura).
In Nordgrönland brütet auf den Bergen häufig der Eissturmvogel
(Fulmarus glacialis), welcher sich immer auf dem offenen Meere
aufhält und nicht die Fjorde besucht. Zusammen mit den Möven
oder auf den Vogelbergen für sich gesondert bauen die Alken, am
häufigsten die Dickschnabellumme (Uria brünnichi), gewiss Grön-
lands zahlreichster Vogel; im Winter findet man ihn überall in
grossen Schwärmen. Er wird von den Grönländern dann mit dem
Vogelpfeil geschossen und trägt an vielen Stellen zu ihrem Lebens-
unterhalt wesentlich bei. In recht grosser Zahl brüten auch der
Lund (Fratercula arctica) und der Alk (Alca torda), im nördlichsten
Grönland gleichfalls der kleine Krabbentaucher (Mergulus alle),
welcher im Winter scharenweise nach Süden zieht und einzeln
überall in den Fjorden gesehen wird, für den Jäger eine leichte
und zugleich wohlschmeckende Beute, da sein Fleisch an Tauben-
fleisch erinnert, während das Fleisch der übrigen Alkenvögel
recht thranig schmeckt. Oftmals habe ich im seichten Wasser
gesehen, wie der Krabbentaucher unter Wasser schwimmt mit
halb ausgebreiteten Schwingen, augenscheinlich eifrig beschäftigt,
Nahrung zu suchen. Als der ganze Fjord an einem Wintertage
plötzlich zufror, flogen die Krabbentaucher verwirrt umher, ohne
das offene Meer erblicken oder erreichen zu können; viele fielen
hinab auf’s Eis und mehrere fand ich auf dem Lande zwischen
den Häusern. Zum Schlusse werde ich nur noch eine Art nennen,
welche überall in Grönland angetroffen wird, die Gryll-Lumme
(Uria grylle), welche auf Inseln und am Fusse der Vogelberge
brütet; sie bringt ihre zwei Eier in tiefen, schwer zugängigen
Felsspalten unter, ohne irgend welche Unterlage, und sie gehört zu
den Vögeln, welche zur Sommerzeit die dann an Vogelleben sehr
armen grönländischen Fjorde belebt.
Im vorstehenden habe ich versucht, eine kurze Schilderung
des Vogellebens in West-Grönland zu geben, habe die Arten be-
sprochen, welche am häufigsten gesehen werden und am meisten
dem Lande sein Gepräge geben. Wie Sie sehen, sind es meist
circumpolare Arten, während der Rest grösstenteils der nord-
amerikanischen Fauna angehört. Zwischen Grönland und Europa
geht nur wenig Vogelzug, normal kommt gewiss nur eine Art
von Europa nach Grönland, Saxicela oenanthe; die meisten Vögel
Über Grönlands Vogelwelt. 99
Grönlands ziehen im Winter fort; die Landvögel können schlecht
Nahrung finden und von Nordgrönland müssen auch die Seevögel
im Winter fortziehen, da das Meer vereist ist, während sie
in grossen Scharen an Südgrönlands nie zugefrorenen Küsten
_ überwintern. Aber ausser den hier erwähnten, in Grönland häufig
brütenden Vögeln, kommen an seine Küsten eine Menge zufälliger
Gäste, viel mehr als die im Lande brütenden Arten und darunter
sowohl nordamerikanische wie europäische; einige achtzig zufällige
Gäste sind getroffen worden gegen einige fünfzig im Lande brütende,
darunter sowohl zahlreiche grosse und kräftige Schwimm- und
Watvögel, als auch viele kleine amerikanische Sperlings- und
Schreivögel, welche sicher sehr gegen ihren Willen nach dem
rauhen Lande getrieben wurden, wo ein schneller Untergang ihnen
sicher ist. Als Beispiel will ich anführen, dass dort angetroffen
wurden: 3 Drosselarten, 5 Arten Dendroeca, 2 Kukuke, 1 Specht
u. Ss. w. Selbst habe ich der grönländischen Fauna 3 amerikanische
Arten angefügt: Colymbus adamsi, den gemeinen nordamerikanischen
Reisvogel (Bobolink) (Dolichonyx oryzworus) und, was zu ver-
‚öffentlichen ich noch nicht Gelegenheit hatte, den ebenso bekannten
Kingbird (Tyrannus carolinensıs).
Was ich hier vorgetragen habe, bezieht sich in erster Linie
auf das Vogelleben an der Westküste Grönlands. Viel Neues
kann von hier nicht erwartet werden: die ganze Küste ist von
Norden bis Süden von vielen Expeditionen bereist, von dänischen,
deutschen, schwedischen, englischen und amerikanischen. Überall
sind bei den Kolonien Vögel gesammelt worden, jahrelang haben
sich Männer im Lande aufgehalten mit Liebe und Interesse für
die Vögel, wie Fabricius und Holböll, die klassischen Verfasser
der Vögel Grönlands, in neuerer Zeit Fencker, Hagerup und
Krabbe, welch’ letzterer im Begriffe ist, seine zehnjährigen Auf-
zeichnungen zur Veröffentlichung zu bearbeiten; an das Zoologische
Museum in Kopenhagen sind stets Massen von Vögeln gesandt
worden, worüber besonders geschrieben worden ist von dem älteren
und jüngeren Reinhardt, zuletzt von Winge in seinem vortrefilichen
Buche über Grönlands Vögel, ein Werk, welches für lange Zeit
die Hauptquelle für einen Jeden sein wird, welcher über dieses
Thema nähere Kenntnis sucht. Aus anderen Ländern liegen zahl-
reiche Abhandlungen vor, aus Deutschland u. a. von Finsch,
Schalow und Vanhöffen, aus England von A. Newton; kurz gesagt,
Westgrönlands Vogelfauna ist so gut bekannt, wie vielleicht nur
7x
100 Dr. O0. Helms:
wenige Länder ausserhalb des ceivilisiertesten Teils Europas;
was hinzugefügt werden kann, werden im wesentlichen nur Nach-
richten über einzelne, bisher nicht angetroffene zufällige Gäste sein.
Etwas anders verhält es sich mit der Ostküste Grönlands.
Wie vorher erwähnt, ist diese nur spärlich bewohnt, die Vege-
tation und mit ihr das Tierleben viel ärmer; in allen Berichten,
die wir erhalten, zeigt es sich auch, dass das Vogelleben viel
spärlicher ist als auf der Westküste, namentlich was die Zahl
der Individuen betrifft. Möven und Alken bauen nirgends auf
den Vogelbergen in den ungeheuren Massen wie an der West-
küste; die niedrigen Inseln längs der Küste fehlen zum grossen
Teil, so dass Eiderenten nicht in grossen Scharen brüten können;
auch die Landvögel sind weniger zahlreich, den Adler sieht man
nur selten, die Schneehühner sind sparsam. Verschiedene Arten,
wovon einige zu den gemeinsten in Westgrönland gehören, sind
bis jetzt an der Ostküste noch nicht angetroffen worden, z. B.
Alk, Lund, Mantelmöve, Wassertreter, Wanderfalk und Anthus
pensylvanicus, dagegen brütet der Alpenstrandläufer (Tringa alpina),
welcher nur ein paar Mal an der Westküste getroffen wurde,
häufig, ebenso die Nonnengans (Bernicla leucopsis) und die
Saatgans (Anser segetum var. brachyrhynchus). Auch was die
zufälligen Gäste betrifft, ist ein bedeutender Unterschied; während
diese auf der Westküste meist amerikanisch sind, stammen die
auf der Ostküste grösstenteils aus Europa; so ist der Star zwei-
mal getroffen worden, die Nebelkrähe einmal, die Weisse Bach-
stelze so häufig und unter solchen Verhältnissen, dass Grund
vorhanden ist, zu glauben, dass sie brütet. Wohl ist nun die
ganze grönländische Ostküste bereist, im wesentlichen von dänischen
Expeditionen, Graah’s zu Anfang des 19. Jahrhunderts, Holm’s
und Garde’s, Ryder’s und zuletzt Amdrup’s, ausserdem von ver-
schiedenen anderen wie Scovsby und der deutschen Expedition
in den Jahren 1869—70, und auf all diesen Expeditionen sind
Vögel gesammelt und Beobachtungen gemacht worden, worüber
namentlich Finsch und Pansch von der deutschen Expedition,
Bay von Ryders Expedition berichtet haben ; aber viele Aufklärungen
fehlen uns noch von dort und viel Neues kann erwartet werden,
Es ist deshalb ein Glück, dass von den beiden einzigen an der
Ostküste ansässigen Männern der eine, Kolonievorsteher Johann
Petersen, ein Mann, welcher den grössten Teil seines Lebens in
Grönland zugebracht hat, viel Interesse für Vögel mit ornitho-
Über Grönlands Vogelwelt. 101
logischen Kenntnissen vereint; mit dem Schiffe, welches ein ein-
ziges Mal jährlich die Ostküste Grönlands befährt, hat er beständig
teils Aufzeichnungen über Vögel, teils Vogelbälge an mich gesandt;
was er mir auf diese Weise mitgeteilt, habe ich zweimal ver-
öffentlicht und hoffe, im Laufe des Winter einen Bericht auszu-
arbeiten über das, was ich in den letzten drei Jahren erhalten habe.
Hiermit werde ich mir erlauben zu schliessen; was ich
gesagt habe, ist sehr unvollständig; ich hoffe indess, das Wesent-
lichste vorgeführt zu haben, so dass mein Vortrag eine Vorstellung
vom Vogelleben in Grönland geben konnte.
Beiträge zur Akustik des Stimmorgans der Sperlingsvögel.
Von Karl Deditius.
Seit Jahrhunderten wenden die Forscher dem Stimmorgan
der Vögel ihre Aufmerksamkeit zu, doch mehr in anatomischer.
als in akustischer Hinsicht. Das Ergebnis der akustischen
Forschungen dürfte wohl deshalb hinter den Erwartungen zurück-
seblieben sein, weil zu den Versuchen gewöhnlich nur entnommene
Stimmorgane verwendet wurden. Da solche ihre ursprüngliche
Beschaffenheit schon mit dem Tode des Vogels verlieren, so werden
sie zu akustischen Versuchszwecken ungeeignet. Die Akustik
des Stimmorgans kann indes auf andere Weise ermittelt werden,
denn Tonwerkzeuge, die ihm in der Anordnung entsprechen, geben
schon reichlichen Einblick in die Geheimnisse der Stimme. Zu
Versuchszwecken erwies sich alsam meisten geeignet das Blechblas-
instrument, weil es in akustischer Hinsicht dem Stimmorgan der
Vögel am nächsten steht. Die wenigen Beiträge, die ich durch
Vergleiche mit dem Blechblasinstrument gewonnen habe, sollen
auf weitere Ermittelungen anregend wirken, zumal auf dem Gebiete
noch Vieles nachzuholen ist.
Die Stimmorgane der vielen stimmbegabten Vögel sind
nicht gleich, und ich beschränke mich deshalb nur auf die Sperlings-
vögel, deren Stimmorgane ich von 50 Arten gesammelt habe.
- Nur hin und wieder war 'es zweckmässig, anch andere Vögel in
Vergleich zu ziehen.
Zunächst wird die akmstische Verwandtschaft des Blasin-
struments mit dem Stimmorgan des Vogels nachzuweisen sein.
Das Blasinstrument besteht aus dem an einem Ende erweiterten
102 Karl Deditius:
Schallrohr und aus dem Mundstück. Durch Einstecken in das
enge Ende des Rohres wird die Verbindung zu einem Stück her-
gestellt. Der obere Teil des Mundstücks gleicht einem Kessel
mit durchlochtem Boden, an welchen sich ein kegelförmig aus-
gebohrter Zapfen anschliesst. Zur Tonerzeugung sind noch eine
Windlade mit Windrohr und schwingungsfähige Zungen nötig,
die der Bläser mit den Lungen, der Mundhöhle und den Lippen
ersetzt. Das Stimmorgan des Vogels dagegen besitzt alle zur
Tonbildung erforderlichen Teile. Die Lungen mit den Luftsäcken
dienen als Windladen, die Bronchien als Windröhren, die Labien
und die innere Paukenhaut der Bronchien als schwingende Zungen,
die Trommel als Mundstück, die Luftröhre als Schallrohr, der mit
der Trommel verbundene engste Teil der Luftröhre ist zu verglei-
chen mit dem Zapfen des Mundstücks und der obere Kehlkopf
sowie die Mundhöhle mit dem erweiterten Ende des Schallrohrs.
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Im Blasinstrument geht die Tonbildung in folgender Weise
vor sich. Der Bläser drückt zunächst die fest auf einander
'gepressten Lippen an das Mundstück. Ein aus den Lungen
Beiträge zur Akustik des Stimmorgans der Sperlingsvögel. 103
getriebener Luftstrom wird vor den geschlossenen Lippen auf-
gehalten und in der Mundhöhle so lange durch nachströmende
Luft verdichtet, bis er die nötige Stärke erreicht hat, um zwischen
den Lippen durchzubrechen. Es entsteht ein Spalt, aus dessen
Rändern sich weiche, in den Kessel ausschlagende Zungen bilden.
Die einseitige Bewegung kann nur einen Augenblick anhalten,
denn schon ip dem nächsten werden die Lippen durch eigene
Elastizität in die frühere Lage gebracht, womit sie den Spalt
schliessen. Die nachströmende Luft öffnet den Spalt wieder, und
so wiederholt sich dieses abwechselnde Spiel in schneller Folge
viele Mal hintereinander. Zur unmittelbaren Tonerzeugung sind
die weichen Lippenränder jedoch nicht fähig, weil sie der geringen
Elastizität wegen weder schnell genug noch für die Dauer regel-
mässig schwingen können. Bei zweckmässigem Anblasen entstehen
jedoch wechselnde Schwingungsverhältnisse der Lippen, in welchen
auch regelmässige Schwingungen vorkommen. In solchem Falle
nimmt die in der Röhre eingeschlossene Luftröhre die letzteren
Schwingungen an und schwingt in regelmässigen, pendelartigen
Bewegungen mit. Diese Bewegungen bleiben bestehen, solange
der Luftstrom anhält, wobei die mächtigen Schallwellen die Lippen
zu gleich schnellen Bewegungen zwingen. Aus den wechselseitigen
Bewegungen entsteht ein Ton, den aber nicht die zu Zungen
gestalteten Lippen erzeugen, sondern die Luftsäule.
Im Stimmorgan des Vogels entsteht der Ton in gleicher
Weise. Es ist bekannt, dass die Labien mittels eines der oberen
Bronchialhalbringe quer in das Lumen gezogen und dass die
innere Paukenhaut der Bronchien durch Hebung der dachförmig
herabhängenden Stellknorpel dem vorgezogenen Labium so genähert
werden können, dass beide Teile aneinander stossen. In diese
Stellung werden sie durch Spannung mittels der Brustbeinmuskeln
und der sogenannten Singmuskeln gebracht. Wahrscheinlich
beteiligen sich dabei auch Bänder, die mitten vom Bronchidesmus
ausgehen und die einerseits mit den Stellknorpeln und anderseits
mit den Luftsäcken in Verbindung stehen. Das Gesangsvermögen
der Vögel pflegt man nach der Entwickelung der Singmuskeln zu
schätzen; doch ist diese Voraussetzung irrig. Zwar besitzen viele
gute Sängerarten stark entwickelte Muskeln an der Trommel
(Singmuskeln), aber ebenso auch viele schlechte Sängerarten und
sogar Vögel, die ausser dem Lockruf andere Töne nicht von sich
geben können. Wiederum giebt es gute und schlechte Sänger
104 Karl Deditius:
mit. nur schwach entwickelten Singmuskeln. Demnach dürfte
diese Bezeichnung nicht zu Recht bestehen, der Name „Trommel-
muskeln“ wäre zutreffiender. Wie der Bläser die Lippen fest
aufeinander pressen muss, so wird auch der Vogel die Stimm-
ae
bänder ganz dicht aneinander stossen müssen; denn geschähe
dies nicht, so könnten die abwechselnd zu öffnenden und zu
schliessenden Spalte und die daraus folgenden Luftstösse nicht
entstehen. Sobald nun ein Luftstrom gegen die geschlossenen
Stimmbänder getrieben wird, hält er dort so lange an, bis ihm die
nachströmende Luft eine solche Dichtigkeit giebt, dass er durch-
brechen kann; der erforderliche Zeitraum ist nur sehr kurz. Ist
der Durchbruch erfolgt, dann wird der Spalt durch die Elastizität
der Stimmbänder sofort geschlossen, durch nachströmende Luft
aber auch sofort wieder geöffnet. Das abwechselnde Entstehen
und Schliessen des Spalts wiederholt sich hintereinander schnell
viele Mal, und daraus entsteht eine Reihe von Luftstössen, deren
Summe einen Ton giebt. Auch von den Stimmbändern der Vögel
ist nicht anzunehmen, dass sie regelmässig und schnell genug
schwingen, um selbstständig Töne, wie harte Metallzungen, erzeugen
zu können, denn dafür sind sie zu weich. Immerhin dürften ihre
Bewegungen schneller und regelmässiger ausfallen als bei den
weniger elastischen menschlichen Lippen. Deshalb werden passende
Schwingungen, die sich mit denjenigen in der Luftröhre vereinigen
können, in reichlichem Masse vorhanden sein. Dadurch wird die
Ansprache der Luftsäule leichter und die aufzuwendende Kraft
geringer sein. Auch hier sind es nicht die schwingenden Stimm-
bänder, die den Ton erzeugen, sondern nur die in der Luftröhre
eingeschlossene Luftsäule ist es. Da nur die Luftsäule tönt, so
bleibt es gleich, ob der Vogel, wie alle Sperlingsvögel, zwei
Paar Stimmbänder besitzt oder nur ein Paar, wie die Papageien,
denn sie zwingt ja ihre regelmässigen Schwingungen den unregel-
-mässigen der Stimmbänder auf. Ferner bleibt es gleich, ob die
Luftröhre grade, gebogen oder in Windungen liegt, weil durch
die Form das Volumen der Luftsäule nicht geändert wird.
Unmittelbaren Beweis liefert das Blasinstrument, welches nur der
bequemen Handhabung wegen gewunden wird. Die Windungen
können ganz beliebig sein.
Fast alle schwingenden Körper, in unserem Falle die in der
Luftröhre eingeschlossene Luftsäule, geben nicht einfache
Schwingungen, sondern es treten mit den langsameren gleich-
Beiträge zur Akustik des Stimmorgans der Sperlingsvögel. 105
zeitig die in dem Körper überhaupt möglichen Schwingungen
auf, deren Dauer die Hälfte, ein Drittel, ein Viertel u. s. w. ist.
Den tiefsten, aus den langsamsten Schwingungen entstehenden
Ton nennt man den Grundton, die ihn begleitenden höheren die
Öbertöne. Je länger die Luftsäule ist, in um so mehr schwingende
Teile kann sie sich zerlegen und demgemäss auch viele Ober-
töne bringen, da jede Teilschwingung ihren Oberton erzeugt.
Mit Abnahme derLängenimmtauch die Anzahl der Teilschwingungen
ab, und mit ihnen die der Obertöne. Schliesslich hören die
Teilschwingungen und Obertöne auf. Röhren in Länge der Luft-
röhre kleinerer Vögel sind für Teilschwingungen schon viel zu
kurz, sobald die Wand hart ist. Aus den weichen Luftröhren
kleinerer Singvögel hören wir jedoch die Tonintervalle der Terzen,
der Quarte, Quinte, und sogar das der Octave im Lockruf der
Nachtigall. Der Vogel vermag zwar die Luftröhre zu verlängern
und damit die Töne zu erniedrigen, doch nicht in dem für die
erwähnten Intervalle benötigten Masse. Zur Erniedrigung des
Tones um eine Octave müsste die Nachtigall ihre Luftröhre in
der Länge verdoppeln, und das ist doch unmöglich. Nach meiner
Ansicht wird das Auftreten von Obertönen in den Luftröhren
kleinerer Vögel von der Schlaffheit der Wand begünstigt. Die
innere Schleimhaut und die Bindehäute zwischen den Knochen-
ringen setzen den Schallwellen nur geringen Widerstand entgegen
Ihre Bewegungen werden langsamer als in harten Röhren, und
demgemäss fallen die Töne tiefer aus. In Betreff der Tonhöhe
kann man die Luftröhre einer erheblich längeren harten Röhre
gleichstellen, deren Länge für Teilschwingungen noch ausreichend
ist. So erkläre ich mir das Auftreten von Obertönen in den kur-
zen Luftröhren der kleineren Vögel.
Für die Anzahl und Höhe der Obertöne in Röhren ist deren
Länge und Weite massgebend. Auf sehr engen Röhren sprechen
der Grundton und die tieferen Obertöne nicht an; auf Röhren,
die an dem einen Ende eng, an dem anderen weit sind,
spricht der Grundton nicht immer an und die hohen Obertöne
sind nicht so zahlreich wie auf der engen Röhre; auf weiten
Röhren sprechen der Grundton und tiefere Obertöne an, die
hohen fallen aus. Der Klang einer engen Röhre ist demnach
leer, doch scharf, der einer weiten Röhre dagegen dumpf; am
vollsten und auch am angenehmsten ist er auf der allmählich
sich erweiternden Röhre. Alle diese Formen sind in den Luft-
106 Karl Deditius:
röhren der Vögel zu finden. Das Auftreten jener Obertöne ist
aber von Bedingungen abhängig. Nicht nur die Stärke des An-
blasens, sondern auch die anfängliche Weite des Ansatzrohres
sind dafür entscheidend. Die Versuche auf dem Blechinstrument
ergeben, dass vorzugsweise die hohen Obertöne auftreten, wenn
der kegelförmig ausgebohrte Zapfen lang ist und mit einer kleinen
Öffnung nach dem Mundstückkessel endigt und dass die hohen
Obertöne wegfallen, wenn der Zapfen kurz und die Öffnung zum
Kessel weit ist. Die gleichen Wahrnehmungen sind bei den
Luftröhren der Vögel zu machen. Diejenigen der Feldlerche, des
Rotkehlchens, des Buchfinken sind anfänglich bedeutend enger
als in der Folge, ihre Stimmen sind daher reicher an Obertönen
als diejenigen der Grasmücken, der Haidelerche, des Baumpiepers,
bei welchen Vögeln der Anfang der Luftröhre nur wenig enger
ist als die Fortsetzung. Die Stimme der ersteren Vögel ist hart,
der höheren Obertöne wegen, die der letzteren weich.
Die Stimme einer jeden Vogelart besitzt ihre besondere
Klangfarbe. Dies ist jene Eigentümlichkeit, durch welche Töne
von gleicher Höhe unterschieden werden. Selbst ein ungeübtes
Ohr empfindet, ob der Ton z. B. von einer Violine, einer Trompete,
einer Flöte u. s. w. ausgegangen ist. Die Verschiedenheit solcher
Empfindung beruht hauptsächlich auf dem Mitklingen von Ober-
tönen, zum Teil auch auf der Beimischung von schwachen |
Geräuschen. In regelmässigen Röhren treten die Obertöne gleich-
mässig auf, in unregelmässigen können sie es nicht, weil die
Schwingungsformen Änderungen erleiden,welche dieObertöne beein-
flussen. Gewisse Obertöne werden übermässig verstärkt, gewisse
geschwächt und gewisse sogar unterdrückt; der Wechsel in der
Klangfarbe kann durch die unbeschränkte Anzahl von Schwingungs-
formen sehr mannigfaltig sein. Regelmässige Luftröhren, das
wären cylindrische oder solche, deren Wand sich in der Kurve
einer Parabel erweitert, finden wir bei keinem Vogel. Die meisten
Sänger besitzen eine anfänglich im Querschnitt runde Luftröhre,
die bald auf eine kurze Strecke hin platt wird und im übrigen
Teile elliptischen Querschnitt annimmt, der sich vor dem oberen
Kehlkopfe erweitert. Die Abplattung, die nicht alle Vögel auf-
weisen, und die Achsen der Ellipsen wechseln bei allen Vogel-
arten, die Obertöne treten demnach verschieden auf und aus ihnen
entsteht die verschiedene Klangfarbe.
Beiträge zur Akustik des Stimmorgans der Sperlingsvögel. 107
Die Röhre des Blasinstruments sucht man je nach der Art
des Instruments möglichst gleichmässig zu gestalten, damit die
Öbertöne auch gleichmässig bleiben; die Klangfarbe wird indes
durch das Mundstück geändert. Auf derselben Röhre werden
Mundstücke mit gleicher Bohrung des Zapfens, jedoch mit ver-
schiedenen Kesselformen, wohl die gleichen Obertöne ansprechen
lassen, ihre Klangfarbe wird aber durch jedes dieser Mundstücke
eine andere sein. Im Allgemeinen geben flache Kessel harte und
tiefe Kessel weiche Klangfarben, wobei die Kesselweite die Ton-
stärke bestimmt. Es lassen sich eine erhebliche Anzahl Zwischen-
formen mit immer anderer Klanofarbe schaffen, da selbst ganz
geringe Abweichungen die Klangfarbe beeinflussen. Im Stimm-
organ des Vogels nimmt die Trommel die Rolle eines Mundstücks
ein, sie trägt also auch zur Änderung der Klangfarben bei. So
wie die Luftröhre der einen Vogelart nie genau derjenigen einer
anderen Art gleicht, so wechseln auch die Trommeln der vielen
Arten, und jede Trommel ändert die Klangfarbe in eigener Weise.
Wird nun in Erwägung gezogen, dass jede Luftröhre ihre besonderen
Öbertöne besitzt, dass deren Erweckung von der anfänglichen
Weite abhängt, dass die Trommel selbständig die Klangfarbe
ändert und dass endlich die Anzahl der auftretenden Obertöne
auch von der Stärke des Anblasens bestimmt wird, so muss die
Klangfarbe in den Stimmorganen der Vögel eine sehr mannigfaltige
sein, und das ist in der That der Fall.
Was der Änderung der Klangfarbe durch Mundstücke zu
Grunde liest, darüber verlautet nirgends etwas. Es ist wahr-
scheinlich, dass die in dem Mundstücke — beim Vogel in der
Trommel — eingeschlossenen, weiten Schallwellenteile nicht in
vollem Umfange von dem anfänglich sehr engen Zapfen aufge-
nommen werden, so dass im Kessel ein Überschuss verbleibt, der
Schallreflexe erzeugt, die sich den Tönen in der Röhre beimischen
und damit die Klangfarbe beeinflussen. Der Einfluss wird um so
bemerklicher, je weiter der Kessel ist.) Es ist zweifelhaft, ob
die sehr kurzen Luftröhren der kleinsten Vögel noch fähig sind,
Obertöne zu bilden. Wenn der Zweifel berechtigt wäre, dann
könnte es nur die Trommel sein, die solchen Luftröhren die
Klangfarbe giebt.
2) Auch die morgagnischen Taschen im Kehlkopfe des Menschen
dürften nicht ohne Einfluss auf die Klangfarbe der Stimme sein, da in
jenen ebenfalls Schallreflexe vorkommen können.
108 Karl Deditius:
Statt der Trommel besitzen die Enten zwei seitliche, nicht
gleich grosse und unregelmässige Ausbuchtungen. Die Schwin-
gungen der Stimmbänder teilen sich diesen Hohlräumen mit,
worin dann unregelmässige Schwingungen entstehen, die nicht
Töne, sondern Geräusche bilden. Letztere fliessen in die Luft-
röhre ab, welche sie durch Resonanz verstärkt. Daher kann die
Stimme der Enten sich nur in heiseren Geräuschen und nicht
in Tönen äussern.
Die Vögel bringen nicht nur Töne sondern auch Geräusche
d. s. Gekreische, Warnungsrufe und unmelodische Beigaben im
Gesange. Ein Geräusch entsteht aus unregelmässigen Schwingun-
gen, während der Ton nur aus regelmässigen Schwingungen des
tönenden Körpers entstehen kann. Die gleichmässig in der Luft-
röhre schwingende Luftsäule erzeugt nur Töne. Wenn ausser
solchen noch Geräusche entstehen, so können diese nur durch
Störungen der Schallwellen gebildet werden. Das Hervorbringen
der Geräusche schreibt man gewöhnlich der Zunge zu, doch zu
Unrecht. $ie ist bei den Sperlingsvögeln nicht nur steif, sondern
sie liegt im offenen Raume auch zu weit entfernt von der
Stimmritze, um störenden Einfluss ausüben zu können. Deshalb
tritt der Ton zum grossen Teile schon in die freie Luft, bevor
er die Zunge erreicht. Durch ihre Vorlagerung wird nur die
Schallausbreitung ein wenig gehindert, der Ton verliert an Stärke
und kann in Folge Beugung des Zungenstiels durch Schallreflexe
etwas in der Klängfarbe leiden. Die platte und dünne Zunge
der Insektenfresser hindert die Schallausbreitung weniger als die
dickere Zunge der Körnerfresser, darum ist die Stimme der
ersteren in der Regel klangvoller. Eine Ausnahme in beschränktem
Masse macht der Graupapagei mit seiner weichen und allseitig
beweglichen Zunge. Ein zuverlässiger Beobachter teilte mir mit,
dass sein Graupapagei während der Nachahmung menschlicher
Laute nur dann sich der Zunge bedient, wenn er das r sprechen
will. Er stösst in solchem Falle die Zunge ebenso an den Schnabel
wie sie der Mensch bei diesem Laute an den Gaumen stossen
muss. Die sprechenden Sperlingsvögel, wie Stare, Elstern und
Nussheher, besitzen nur steife Zungen, die Nachahmung der Sprach-
laute fällt ihnen daher schwerer. Da der Ton weder mit der
Zunge noch in der Mundhöhle zum Geräusch umgewandelt werden
kann, so muss letzteres schon im oberen Kehikopfe entstehen.
Dieser erfüllt auch die Bedingungen hierzu. Wir bemerken in
Beiträge zur Akustik des Stimmorgans der Sperlingsvögel. 109
ihm eine eigentümliche, mit einer Schleimhaut überzogene Kno-
chengruppe, die bisher wenig Beachtung gefunden hat. An den
Seiten der Stimmritze liegen die beiden Giesskannenknorpel; mit
ihren Enden stossen sie, durch Gelenkbänder verbunden, an einen
hohen, sehr dünnwandigen Knochen in Schildform (Cricoid), und
‚hinter diesem liegen noch zwei platte Knochen in Rippenform.
Diesem letzteren Paar lege ich grosse Bedeutung für die Stimme
bei. Es ist anfänglich mit dem Kehlkopfe verwachsen, die Fort-
setzung bis etwa zur Mitte ruht lose auf der Kehlkopfwand, und
der Schluss hebt sich im Bogen aufwärts strebend davon ab, bis
die Enden hinter dem Cricoid zusammenstossen. Unter dem
Cricoid liegen zwei Muskelbündel, die ihre Fasern nach verschie-
denen Richtungen abgeben; die meisten entfallen auf das Cricoid
selbst. Die Menge der Muskelfasern lässt auf grosse Beweglich-
keit dieses mittleren Knochen schliessen. Der Vogel wird damit
die an den Knochenstücken haftende, dazwischen aber schlaft
herabhängende Schleimhaut durch Hebung und Senkung, vielleicht
auch durch seitliche Verschiebung, in mannigfacher Weise spannen
und den Ausdruck des hier entstehenden Geräusches beliebig ein-
richten können. Ja nach der Art des Vogels wechselt die Gestalt
dieser Knochen, besonders die des mittleren. Meist tritt er in
Schildform auf, manchmal auch als Ring oder als Dreieck. Auch
hier macht sich der Widerstand geltend, den die schlaff hängende
Haut der Wellenbewegung entgegengesetzt, denn sie ist wesentlich
schlaffer als in übrigen Teile des oberen Kehlkopfes und in der
Luftröhre und demnach ist der Widerstand auch viel geringer.
Die Schallwellen können sich an dieser Stelle nicht so schnell
wie in der Luftröhe bewegen, und unregelmässige Bewegungen
lassen nicht Töne, sondern nur Geräusche entstehen. Um Töne
hervorzubringen, muss der Vogel die rippenförmig gebogenen
Knochen einwärts wenden. Damit wird die schlaffe Haut gespannt
und mit den gebogenen Knochenstücken an die Kehlkopfwand
gelegt. Die Bewegungsfähigkeit dieses Knochenpaares ist nicht
anzuzweifeln. Vor ihrer Wendung bieten sie den Schallwellen
noch einiges Hindernis, danach nicht mehr.
Jene sonderbare Einrichtung im oberen Kehlkopfe benutzen
begabte Vögel zur Nachahmung menschlicher Sprachlaute. Die
Fertigkeit, die der Mensch in der Zunge und in den Zähnen
besitzt, um die von den Stimmbändern gebildeten Töne in Sprach-
110 Karl Deditius:
. .. . . ° . |
laute umzuwandeln, die grösstenteils auch Geräusche sind, besitzen
einige Vogelarten im oberen Kehlkopfe.
|
Die Stärke eines Tones hängt zunächst von dem Kraftauf-
wande ab, mit dem er erzeugt wurde, und dann von der Weite
der Schallwellen, (die Länge ist nur für die Tonhöhe massgebend).
Im Stimmorgan schwingen die Stimmbänder und mit ihnen die
Luftsäule um so heftiger, je stärker der Luftstrom ist. Die
Schwingungszahl und die ihr entsprechende Tonhöhe bleiben
dabei unverändert. Bedingung ist hierbei ein ungestörter Abfluss
der Schallwellen in die freie Luft. Die Stimme eines Vogels wird
nie laut sein, doch die gleiche Tonhöhe behalten, sobald er die
Stimmritze verengt oder gar den Schnabel schliesst. Sofern der
Schallabfluss nicht beeinträchtigt wird, geben die weiten Röhren
starke und die engen Röhren schwache Töne. Anfänglich enge
und dann allmählich sich erweiternde Röhren, auch solche, von
denen nur ein Ende erweitert ist, tönen ziemlich stark. Hingegen
tönen nur schwach diejenigen Röhren, welche an beiden Enden
eng, doch in der Mitte weit sind. Die Tonstärke enger Röhren
kann leicht überschätzt werden. Ihr Grundton und die tieferen
Obertöne sprechen entweder nur schwach oder gar nicht an, wo-
gegen die hohen Obertöne stärker hervortreten. Da Schallwellen
hoher Obertöne nur klein sind, so dringt verhältnismässig viel
davon in die Öhröffnung, während von den weiten, stärkeren
Schallwellen ein nur geringer Teil vom Ohr aufgenommen werden
kann. Höhere Töne werden daher für das Ohr empfindlicher als
tiefere. Aus diesem Grunde kann die schwache Stimme kleinerer
Vögel dem Ohr eindrucksvoller sein als die starke Stimme grösserer
Vögel. Der grösseren Tonstärke wegen hört man auch die
Stimme der letzteren auf weitere Entfernung als die der ersteren.
Die Vögel sind im Stande, die Stärke der Stimmen abzustufen.
Wie sie diese schwächen, bemerkte ich vorhin. Die Verstärkung
bewirken sie durch kräftigeren Antrieb der Stimmbänder und
auch durch Erweiterung des oberen Kehlkopfes. Die Erweiterung
tritt ein durch Wendung der rippenförmigen Knochen und durch
Beugung des unteren Teiles vom Zungenstiel, dessen Ende mit
dem Kehlkopfe verwachsen ist. Die Erweiterungen machen sich
beim singenden Vogel schon äusserlich bemerkbar. Man nimmt
gewöhnlich an, dass dies Aufblähungen wären. Solche können
es aber nicht sein, denn bei geöfineter Stimmritze ist eine
Ansammlung und Verdichtung der Luft im Kehlkopfe selbstver-
Beiträge zur Akustik des Stimmorgans der Sperlingsvögel. 111
ständlich unmöglich. Eine weitere und wohl die erheblichste
Tonverstärkung findet in der Mundhöhle durch Schallreflexe statt,
wobei mehr die Tiefe als die Weite massgebend ist. Die Mund-
höhle der Insektenfresser ist tiefer als diejenige der Körnerfresser,
daher der ersteren Stimme auch stärker.
Die Höhe der Töne kleinerer Vögel nach dem Gehör zu
bestimmen, dürfte kaum gelingen, weil das Ohr kleine Intervalle
in hohen Tonlagen nicht mehr zu unterscheiden vermag, es irrt
sogar im grössten Tonintervall, der Oktave. Die Höhe langer,
anhaltender Töne liesse sich vielleicht mittels Syrene ermitteln.
Abhängig ist die Tonhöhe von der Schwingungszahl der in der
Luftröhre eingeschlossenen Luftsäule; je grösser die Anzahl ist,
desto höher wird der Ton. Würde der Vogel die Luftröhre nicht
verlängern, so könnte er nur den Grundton und wenige Ober-
töne hervorbringen. Es giebt auch Vögel, die kaum über den-
selben Ton hinauskommen; wahrscheinlich sind sie nicht fähig,
die Luftsäule zu verlängern. Dagegen dürften die Sänger die
Luftröhre bis zu einer bestimmten Grenze nach Belieben ver-
längern, und auf die Verlängerung muss auch die Verkürzung
folgen. In diesem Wechsel erhält die Luftröhre zahlreich ver-
schiedene Läugen, von welchen jede ihren besonderen Grundton
und die davon abhängigen Obertöne führt. Demnach ist die
Luftröhre in einem begrenzten Tonumfange an Tonintervallen
sehr reich. Gewöhnlich begnügt sich der Vogel mit den von
seiner Art angenommenen Weisen, doch gehen manche Vögel
darüber hinaus, indem sie in ihre Weisen auch solche anderer
Arten einflechten, ohne gerade Spötter zu sein. Aufgezogene
Nestjunge nehmen leicht allerlei Töne an, die sonst ihrer Art
sanz fremd sind, was beweist, dass die Vögel zur Hervorbringung
sehr vieler Töne fähig sind. Ausgiebigen Gebrauch von ihren
Fähigkeiten machen schon in der Freiheit die Spötter. Ich be-
sass Wildlinge von rotrückigen Würgern, die zehn Gesänge
anderer Vögel vollständig wiederzugeben vermochten und ausser-
dem ebensoviel Bruchstücke von Gesängen und Rufen wieder
anderer Vögel. In allen diesen Nachahmungen fehlte aber selbst-
verständlich die Klangfarbe der betreffenden Arten. Die Luft-
röhre der Würger zeigt eine regelmässigere Form als die der
anderen Singvögel. Sie erweitert sich von der Trommel ab bis
zum oberen Kehlkopfe hin allmählich und ist auch nirgends
abgeplattet, demnach kann sie für die Bildung vieler Töne mehr
112 Karl Deine:
geeignet sein. Die Wiedergabe von Tönen aus längerer Luft-
röhre ist leicht erklärlich, da hierzu der Vogel seine kürzere
Luftröhre nur entsprechend auszuziehen hat. Dagegen ist die
Wiedergabe von Tönen kürzerer Luftröhren eine bewunderns-
werte Kunstleistung. Um die höheren Töne zu treffen, muss der
grössere Vogel den Grundton seiner Luftröhre durch Verlängerung
so einstellen, dass die Obertöne davon mit der Höhe des Tones
der kurzen Luftröhre übereinstimmen. So oft die letztere den
Ton wechselt, so oft muss auch der Grundton der längeren Luft-
röhre gewechselt werden. Und das Alles vollzieht sich mit so
grosser Schnelligkeit und Sicherheit, dass man über die musi-
kalische Begabung der Vögel staunen muss.
Auch in der Umstimmung der Luftröhre nähert sich das
Stimmorgan sehr dem Blasinstrument, dessen Grundton durch
Einschaltung von Ventilzügen mehrfach erniedrigt wird. Aus den
Obertönen der erniedrigten Grundtöne werden die Tonleitern zu-
sammengestellt. Bei der Posaune gestaltet sich die Einstimmung
der Grundtöne und ihrer Obertöne noch einfacher durch Auszug
der Röhre. Diese Art Biechinstrument steht also dem Stimm-
organ am nächsten.
Alle Versuche, den Naturgesang der Vögel in musikalische
Notenschrift zu setzen, waren bisher vergeblich, und sie werden
es wohl auch bleiben, weil die Vögel Tonintervalle unserer Musik
nicht bringen. Das kleinste musikalische Tonintervall ist der
Halbton; wie klein sind dagegen die Tonabstufungen, die aus
den verschiedenen Verlängerungen und rückwärtigen Verkürzungen
der Luftröhre folgen! Nun richtet sich die Länge und Tontiefe
der Luftröhre etwa nach der Grösse des Vogels. Die Grundtöne,
Obertöne und Abstufungen durch Verlängerung können daher bei
den vielen Vogelarten nicht gleich sein. Durch Abrichtung sind
indess Vögel auch an musikalische Tonintervalle zu gewöhnen.
In begrenztem Tonumfange sind die stimmbegabten Vögel zur
Wiedergabe solcher Intervalle wohl befähigt.
Die Anzahl der Schwingungen folgt im Allgemeinen aus
dem Spannungsgrade der Stimmbänder. Bei schwacher Spannung
treibt sie der Luftstrom weiter auseinander als bei starker. Der
Spalt wird gross, die schwingenden Teile sind schwer und bewegen
sich nur langsam. Ist aber die Spannung stark, dann entsteht
ein kleinerer Spalt, es können nur kleinere Teile schwingen, und
da diese leichter sind als die grossen, so fallen ihre Bewegungen
Beiträge zur Akustik des Stimmorgans der Sperlingsvögel. 118
schneller aus. Der Anzahl der Schwingungen entsprechend wird
im ersteren Falle der Ton tief, im letzteren hoch sein. Indess
vermag der Vogel die Tonhöhe nicht beliebig zu bestimmen, so-
fern er nicht die Länge der Luftrohre ändert, denn aus der
Länge folgt die Höhe des Grundtones und die der Obertöne,
dazwischen liegende Tonintervalle sprechen nicht an. Daher ist
eine genau bemessene Spannung der Stimmbänder auch nicht
erforderlich. Für den Grundton und für jeden Oberton reichen
schon annähernd richtige Spannungen aus. Die geringen Ton-
änderungen, die aus Verlängerungen und Verkürzungen der Luft-
röhre folgen, werden in den meisten Fällen keiner besonders zu
bemessenden Spannung der Stimmbänder bedürfen, weil die
Luftsäule in solchen Fällen die Schnelligkeit der Schwingungen
sofort ändert. Auch über diese Punkte giebt uns das Blas-
instrument Aufschluss.
Journ. £. Orn, L. Jahrg. Januar 1902, 8
114
Mitglieder verzeichnis
der
Denischen Ormiholoischen Gesellschaft,
1902.
Vorstand:
R. Blasius, Präsident.
H. Schalow, Vize-Präsident.
A. Reichenow, Generalsekretär.
P. Matschie, Stellvertr. Sekretär.
K. Deditius, Kassenführer.
Ausschuss:
J. Cabanis. M. Kuschel.
A. v. Homeyer. A. Nehrkorn sen.
W. Blasius. Graf v, Berlepsch.
Freih. R. König-Warthausen. | J. Talsky.
P. Kollibay. A. Koenig.
Ehrenmitglieder:
1870. Herr Möbius, Carl, Dr., Prof., Geh. Regierungsrat, Direktor
des Königl. Museums für Naturkunde in Berlin.
Ehrenpräsident der Gesellschaft.
1868. - Bolle, Carl, Dr., Gutsbesitzer, Scharfenberg bei Tegel.
1870. - Collett, Robert, Professor, Christiania.
1900. - Herman, O., Chef der Ungarischen Ornithologischen
Zentrale, Budapest VIII. Jözsef-Körüt 65 Ie.
1862. - Krüper, Theobald, Dr., Konservator am Universitäts-
museum in Athen.
1862. - Newton, Alfred, Dr., Professor, Cambridge, Magdalene
College.
Mitglieder-Verzeichnis. 115
1900. Herr Radde, Gustav, Dr., Kaiserl. russ. Geh. Staatsrat,
1900.
1900.
1900.
1874
Excellenz, Director des Kaukasischen Museums in
Tiflis, Transkaukasien.
Graf Salvadori, T., Professor, Vizedirektor des
zoologischen Museums in Turin.
Sclater, P. L., Dr., Sekretär der Zoologischen
Gesellschaft in London, W., 3 Hanover Square.
Sharpe, R. B., Dr., Assistant Keeper, British Museum,
London SW., Cromwell Road.
Mitglieder:
. Seine Königliche Hoheit Ferdinand Fürst von Bul-
garien, Prinz von Sachsen-Koburg-Gotha, in
Sofia.
1897. Ihre Königliche Hoheit Prinzessin Therese vonBayern
1887
in München.
. Seine Durchlaucht Fürst von Salm-Salm in Anbolt.
1879. Direktion des Zoologischen National-Museums in Agram
in Kroatien, (vertreten durch den Direktor Hrn. Prof.
Dr. Langhoffer).
1894. Herr Arends, Dr. med., prakt. Arzt, Nordseebad Juist.
1898.
1884.
1891.
1901.
1870.
1893.
1897.
1862.
1872.
1890.
Graf Arrigoni Degli Oddi, Ettore, Professor,
Dozent der Zoologie an der Universität Padua (Italien).
von Bardeleben, Friedrich, Generalmajor z. D.,
Frankfurt a. M.
Freih. von Berg, Kais. Landforstmstr., Strassburg i.E.
Berge, Robert, Zwickau i. S., Moritzstr. 26.
Graf von Berlepsch, Hans, Erbkämmerer in Kur-
hessen, Schloss Berlepsch bei Gertenbach.
Freiherr von Berlepsch-Seebach, Hans, Cassel,
Landaustrasse 2.
Biedermann, Rich., Dr., Eutin, Waldstrasse.
Blasius, Rud., Dr. med., Professor, Stabsarzt a. D.,
Braunschweig, Insel-Promenade 13.
Blasius, Wilhelm, Dr. med., Prof., Geh. Hofrat,
Direktor des Herzogl. Naturhist. Museums u. Botan.
Gartens, Braunschweig, Gauss-Strasse 17.
Bolau, H., Dr., Director des Zoolog. Gartens in Ham-
burg. (Für die Zoolog. Gesellschaft in Hamburg).
8*
116
1902.
1895.
1886.
1851.
1894.
1884.
1902.
1884
1868.
1880.
1902.
1868
1890.
1900
1882
1894.
1893.
1890.
1873.
1868.
1888.
1894.
1892.
1896.
Mitglieder-Verzeichnis.
Herr Braun, F., Lehrer an der Deutschen Realschule in
Konstantinopel-Pera.
- Brehm, Horst, Dr. med., prakt. Arzt, Berlin N.‘
58, Wörther-Strasse 48.
- Bünger, Herman, Bankvorsteher, Potsdam, Vic-
toriastr. 72. |
- Cabanis, Jean, Dr., Professor, Friedrichshagen,
Friedrich-Strasse 101.
- Chernel von Öhernelhäza, Stef., Köszeg (Ungarn).
- von Dallwitz, Wolfgang, Dr. jur., Rittergutsbesitzer,
Tornow bei Wusterhausen a. d. Dosse.
Danziger Naturforschende Gesellschaft (vertreten durch Hrn.
Oberlehrer Dr. Lakowitz, Danzig, Frauengasse 26.
Herr Deditius, Karl, Rechnungsrat, Schöneberg b. Berlin,
Merseburgerstr. 6. II.
- Dohrn, H., Dr., Stettin, Lindenstr. 22.
- Graf W. von Douglas, Karisruhe (Baden).
Dresdener Ornithologischer Verein (vertreten durch Hrn.
Dr. phil. Bräss in Dresden, Äuss. Radebergerstr. 4).
Herr Dresser, H. E., 110 Cannon Street, London E. C.
- Dreyer, Otto, Buchdruckereibesitzer, Berlin W. 8.
Mauerstr. 53. |
Gräflich Dzieduszyckisches Museum (vertreten durch
Herrn Dr. P. J. Mazurek), Lemberg.
Herr Ehmcke, H., Landgerichtsrat, BerlinW. 30, Motzstr.76.
- Freiherr von Erlanger, Carl, Nieder-Ingelheim.
- Evans, A. H., Cambridge in England, 9 Harvey Road.
- Freese, Richard, Polizeisekretär, Berlin NO. 18,
Bardelebenstr. 1.
- Frick, C., Dr., Sanitätsrat, Burg, Bz. Magdeburg.
- Fritsch, Anton, Dr., Professor, Kustos d. National-
Museums in Prag, Wenzelsplatz 66.
- Fürbringer, M., Dr., Geh. Hofrat, ord. Professor
der Anatomie a. d. Universität Jena.
- Gaal de Gyula, Gaston, Gutsbesitzer, Keszthely
(Com. Zala), Ungarn.
- Gengler, J., Dr. med., Stabsarzt im bayr. 19. Infant.
Regiment, Erlangen, Sieglitzhoferstr. 6 I.
- Gottschlag,H., Kaufm., Berlin W. 57, Potsdamerstr. 86.
1872. Herr
1898.17:
1896. -
1871. -
Mitglieder-Verzeichnis. 117
Grunack, Albert, Kaiserl. Kanzleirat, Berlin SW.61,
Blücherstr. 7.
Haase, O., Adr. F. Sala & Co., Berlin NW. 7, Mittel-
strasse 5i.
Härms, M., Samhof b. Nustago, Livland.
Hagenbeck, Carl, Handelsmenageriebesitzer, Ham-
burg, St. Pauli.
1902. Hamburger Ornithologisch-Oologischer Verein (vertreten
1902. Herr
1885. -
1889. -
1862. -
1895. -
1898215 -
1901, . =
1889.
1898 7°-
1900. -
1891. -
1897. -
1881. -
1868. -
1858. -
1890. -
1901. -
1901. -
1892. -
durch Hrn. Geometer H. Cordes, Hamburg, Bleichen-
brücke 17).
Hantzsch, B., Lehrer an der höheren Volksschule,
Dresden-Plauen.
Hartert, Ernst, Direktor des Zoologischen Museums
in Tring in England.
Heck, L., Dr., Direktor des Zoolog. Gartens in
Berlin W.62, Kurfürstendamm 9. (Für den zoologischen
Garten).
Heine, F., Oberamtmann auf Kloster Hadmersleben,
bei Hadmersleben.
Heine, F., Dr., Referendar, Hadmersleben.
Heinroth, O., Dr. med., Berlin W. 62, Kurfürsten-
damm 9. (Zoolog. Garten).
Hellmayr, Eduard, Wien VII. 1, Halbgasse I Thür 20.
Helm, F., Dr., Lehrer an der Landwirtsch. Schule
in Chemnitz, Schillerplatz 21, II.
Hennicke, C. R., Dr. med., Specialarzt f. Augen-
und Ohrenleiden, Gera (Reuss j. L.), Adelheidstr. 12.
Henrici, F., Dr. jur., Referendar, Marienwerder
(Westpr.), Marienburgerstr. 21.
von Heyden, Lucas, Major z. D., Dr. phil. h. c.,
Professor, Frankfurt a. M.-Bockenheim.
Hilgert, C., Präparator, Nieder-Ingelheim.
Hintz, Robert, Königl. Ober-Forstmeister, Cassel,
Annastr. 6.
Holtz, Ludw., Greifswald, Wilhelmstr. 6.
von Homeyer, Alexander, Major a. D., Greifswald.
Hülsmann, H., Fabrikbesitz., Altenbach b. Wurzen.
Hundrich, Amtsgerichtsrat, Hermsdorf am Kynast.
Hundrich, R., Kaufmann, Breslau, Museumsstr. 7.
Jacobi, A., Dr., Berlin NW. 23, Klopstockstr. 19/20,
118 Mitglieder-Verzeichnis.
1890. Herr Junghans, K., Professor an der Ober-Realschule
Cassel, Grüner Weg 26.
1901. Kaukasisches Museum in Tiflis, Transkaukasien (vertreten
durch Hrn. Dr. G. Radde, Kaiserl. Russ. Geh.
Staatsrat, Excellenz, in Tiflis).
1901. Herr Klein, Eduard, Dr. med., prakt. Arzt in Sofia, Bulgarien
1897. - Keschmmndit, ÖO., Pfarrer, Volkmaritz bei Deder-
stedt, Prov. Sachsen.
1851. - Richard Freiherr König von und zu Warthausen,
Dr., Königl. Kammerherr, Schloss Warthausen bei
Warthausen.
1837. - Koenig, A., Dr., Prof., Bonn, Koblenzerstr. 164.
1902. - Köpert, O., Dr., Oberlehrer, Dresden-Striesen, Fran-
kenstr. 2.
1888. - Kollibay, Rechtsanwalt u. Notar, Neisse, Ring 12 I.
1898. - Kosegarten, M., Fabrikdirektor, Berlin SO. 33, Köpe-
nickerstr. 146 II.
1899. - Kräpelin, Dr., Professor, Direktor des zoologischen
Museums, Hambureg.
1885. - Kuschel, Max, Polizeirat, Guhrau Rgbz. Breslau.
1898. - Lampert, Dr., Professor, Ober-Studienrat, Vorstand
des Kgl. Naturalien Kabinets, Stuttgart.
1902. - Lamprecht, H., Fabrikbesitzer, Jauer i. Schl.
1890. - Lauener, Ch., Redakteur, Leipzig, Sophienstr. 49. .
1898. - Lauterbach, Dr., Stabelwitz b. Deutsch-Lissa.
1896. Leipziger Ornithologischer Verein (vertreten durch Herrn Dr.
R. Schulze, Leipzig, Sidonienstr. 21).
1886. Herr Leverkühn, Paul, Dr. med., Direktor der wissen-
schaftlichen Institute und Bibliothek Sr. Kgl. Hoheit
des Fürsten von Bulgarien, Sofia, Bulgarien.
1900. - von Lucanus, F., Oberleutnant im 2. Garde-Ulanen
Regiment, Berlin NW. 52, Werftstr. 14.
1881. - von Madaräsz, Julius, Dr. phil, Kustos am Un-
garischen National-Museum in Budapest.
1891. - Mannkopf, Oscar, Königl. Hof- und Garnison-
Apotheker, Cöslin.
1895. - Martin, Dr., Direktor des Grossherzoglichen Natur-
histor. Museums in Oldenburg (Grhzgt.).
1884. - Matschie, P., Kustos des Kgl. Zoologischen Museums
in Berlin, N. 4, Invalidenstr. 43.
Mitglieder-Verzeichnis. 119
1872. Herr Meyer, A. B., Dr., Geh. Hofrat, Direktor d. Zoo-
1894
‚1892. -
1880.
1897
logisch., Anthropol. u. Ethnograph. Museums in Dresden.
v. Middendorff, E., Majoratsherr auf Hellenorm
b. Elwa in Livland.
Graf vonMirbach-Geldern-Egmont, Alphons, auf
Schloss Rogenburg in Schwaben, Kgl. Bayr. Kammer-
herr, Kaiserl. Legationssekretär an der Deutschen
Botschaft in Wien.
Müller, August, Dr. phil., Inhaber des naturhistor.
Instituts „Linnea“, Berlin N. 4., Invalidenstr. 105.
. Münchener Ornithologischer Verein. (Vertr. durch den
Vorsitzenden Hrn. Dr. Parrot, München).
1880. Königliche Forst-Akademie in Hann.-Münden.
1868.
1893.
1901.
1896.
1893.
Herr
Nehrkorn, A., Amtsrat, Braunschweig, Adolfstr. 1.
Nehrkorn, Alex., Dr. med., Assistenzarzt am pathol.
anat. Institut, Heidelberg.
de Neufville, Robert, Sektionär der ornith. Samml.
d. Senckenbergischen Naturh. Mus. i. Frankfurt a. M.
Neumann, O., Berlin W. 9, Potsdamerstr. 10.
Nitsche,Dr.,Geh.Hofrat, Professor d. Zoologiea.d. Kgl.
sächs. Forst-Akademie Tharandt. (Für die Akademie).
1895. Naturforschende Gesellschaft des. Osterlandes, (vertreten
1890.
1897.
1875.
1886.
1885.
1895.
1897.
Herr
durch Herrn Lehrer Schilling) Altenburg 8. A»
Schmölln’sche Chaussee.
Pabst, Wilhelm, Dr., Kustos der naturhistorischen
Samml. d. Herzogl. Museums in Gotha. (Für das
Museum.)
Paeske, Ernst, Berlin NW. 6, Am Zirkus 6.
Palmen, J. A., Dr., Professor, Helsingfors, Finland.
Parrot, Carl, Dr. med., prakt. Arzt, München,
Thierschstr. 37 I.
Pasch, Max, Königl. Hof-Lithograph und Hof-Buch-
und Steindrucker, Verlagsbuchhändler, Berlin SW. 68,
Ritterstr. 50.
Prazäk, J. P., Dr. phil. et iur., Doctor of Science,
Getreidehändler, Prag, Kgl. Weinberge, Slesischestr. 38.
v. Quistorp-Crenzow, W., Dr. jur., Rittergustbes,.,
Mitglied des Hauses der Abgeordneten, Crenzow,
120
1892.
1868.
1885.
1865.
1894.
1876.
1898.
1893.
1888.
1872.
1902.
1898,
1901.
1870.
1898.
1896.
1891.
1897.
1892.
1901.
1879
1900
1878.
Mitglieder-Verzeichnis.
von Rabenau, H., Dr., Direktor d. Museums d.
Naturforschenden Gesellschaft in Görlitz. (Für die
Naturf. Gesellschaft).
Reichenow, Anton, Dr., Professor, Kustos des
Kgl. Zoologischen Museums in Berlin, N. 4, Invali-
denstr. 43.
Reiser, Othmar, Kustos d. Naturwissenschaftlichen
Abteilung des Bosnisch - Herzegowinischen Landes-
museums in Sarajewo, Bosnien.
Rey, E., Dr., Leipzig, Elisenstr. 43.
Rörig, G., Dr., Prof., Regierungsrat am Reichs-
Gesundheitsamt, Westend, Akazienallee 17.
Rohweder, J., Gymnasial-Oberlehrer, Husum.
Rolle, H., Naturalienhändler, Berlin N. 24, Elsasser-
strasse 47/48.
Baron von Rothschild, W., Dr. phil., Tring in England.
Schäff, Ernst, Dr., Direktor des Zool. Gartens in
Hannover.
Schalow, Herm., Kaufm., Berlin NW. 23, Schleswiger
Ufer 15 II.
Schenkling, C., Reallehrer, Berlin SW. 11, König-
grätzerstr. 35.
Schillings, C. G., Gutsbesitzer, Gürzenich.
Schlegel, R., Leipzig, Täubchenweg 43,b.
Schlüter, Wilhelm, Naturalienhändler, Halle a. S.
Schöpf, Direktor des zoologischen Gartens in Dresden.
Schulz, A., Dortmund, Ostenhellweg 53.
von Schutzbar gen. Milchling, Rittmeister a. D.,
Hann.-Münden.
Schwerdt, C. F. G. Richard, Millcourt Alton (Hants),
England.
Shelley, G. E., Captain, 39 Egerton Gardens, Lon-
don SW.
Sokolowsky, A. Dr. phil. Charlottenburg, Her-
derstr. 14.
. Stettiner Ornithologischer Verein (vertreten durch Herrn
Oberlehrer Dr. Plathe, Stettin, Deutsche Str. 58 II),
. Herr Suschkin, P., Assistent am Kabinet für vergleich.
Anatomie d. Kais. Universität Moskau.
Talsky, Josef, Professor, Olmütz.
Bericht über die Septembersitzung 1901. 121
1872. Herr Thiele, H., Baumeister, Cöpenick.
1874. - Thiele, Hch., Forstmeister, Braunschweig. Ausser-
ordentliches Mitglied.
1901. - Thieme, Alfred, Lehrer, Leipzig, Johannisallee 7 II.
1899. - Thienemann, J., Rossitten a. d. Kurischen Nehrung.
1890. - vonTreskow, Major a.D., Westend, Spandauerberg 5.
18668. - Victor Ritter von Tschusi zu Schmidhoffen,
Villa Tännenhof bei Hallein.
1886. - Urban,L., Architekt u. Mauermeister, Berlin SW. 61,
Blücherstr. 19.
1890. Frau Vieweg, H., geb. Brockhaus, Braunschweig.
1901. Herr Voigt, Alwin, Dr. phil., Leipzig, Färberstr. 15 1.
1890. - Wendlandt, P., Kg]. Forstmeister, St. Goarshausen.
1896. - Wickmann, H., Dr., Münster i. W., Kathagen 11.
1873. - Graf von Wilamowitz-Möllendorf, Majoratsherr
auf Schloss Gadow bei Lanz, Reg.-Bez. Potsdam.
1898. - Wüstnei, C. Baurat, Schwerin i. Meckl., Mühlen-
strasse 13.
1884. - Ziemer, E., Klein-Reichow b. Standemin, Pommern.
1892. - Zimmermann, Th., Apotheker, Danzig, Kaninchen-
berg 11.
Dentsche Ornithologische Gesellschaft.
Bericht über die Septembersitzung 1901.
Verhandelt Berlin, Montag den 2. September 1901, Abends
8 Uhr im Bibliothekzimmer des Architekten-Vereinshauses, Wil-
helmstr. 92. I.
Anwesend die Herren: Deditius, Reichenow, Schalow,
Haase, Gottschlag, Pascal, Heck, Sokolowsky. Von aus-
wärtigen Mitgliedern Hr. Holtz (Greifswald), als Gast Hr. Stej-
neger (Washington).
Herr Schalow eröffnet die Sitzung, die erste nach den
Ferien, und begrüsst als Gast Herrn Leonhard Stejneger
(Washington) sowie das auswärtige Mitglied der Gesellschaft,
Herrn Ludwig Holtz aus Greifswald.
Der Vorsitzende berichtet über den Verlauf des \V. Inter-
nationalen Zoologen Kongresses, der vom 10.— 16. August in Berlin
122 Bericht über die Septembersitzung 1901.
getagt hat und an dem viele ausländische, deutsche und hiesige»
Ornithologen teilgenommen haben. Er bespricht kurz die während!
des Kongresses in den einzelnen Sectionen gehaltenen Vorträge:
ornithologischen Inhalts. Am Dienstag den 13. August hatte
unsere Gesellschaft die Freude, mit vielen berliner uud auswär-:
tigen Mitgliedern eine Anzahl ausländischer Ornithologen in den
Räumen des Künstlerhauses begrüssen und bewirten zu können.
Aus der Reihe der fremden Teilnehmer, die zum Teil mit ihren
Damen beim Festmal erschienen waren, mögen hier u. a. Sharpe:
(London), Forbes (Liverpool), Scott Wilson (Cambridge),
Muir (London), Stejneger (Washington), Jjima (Tokio), Baron
de Guerne (Paris), Gadeau de Kerville (Rouen), Arrigoni
degli Oddi (Padua), Finsch (Leyden), Dresser (London)
genannt sein.
Gelegentlich des Ausfluges der Kongressteilnehmer nach
Hamburg und Helgoland konnten verschiedene Museen und Samm-
lungen besichtigt werden. Herr Schalow weist eingehend auf
die grossartig angelegten und künstlerisch durchgeführten biolo-
gischen Gruppen hin, die in dem neuen, z. Zt. noch nicht eröff-
neten Provinzialmuseum in Altona zur Aufstellung gelangt sind.
Nach dem einstimmwigen Urteil fachmännischer Besucher lassen
dieselben in Bezug auf die künstlerische Durchführung plastisch
biologischer Darstellung alles hinter sich zurück, was selbst in
grossen Museen in dieser Richtung zur Ausstellung gebracht zu.
werden pflegt. Auch die bekannte Sammlung Heinrich Gätke’s
wurde erwähnt, die unter der Aufsicht Prof. Hartlaubs in dem
Nordseemuseum auf Helgoland eine neue und würdige Aufstellung
gefunden und durch eine Anzahl neuer, auf der Insel und der Düne
erbeuteter Exemplare eine nicht unwesentliche Erweiterung er-
fahren hat.
Herr Schalow legt eine Reihe von Herrn Prof. Plate auf-
genommener Photographien der Lummenbrutfelsen auf Helgoland,
die mit nistenden Vögeln dicht besetzt sind, den Anwesenden vor.
Hr. Reichenow teilt mit, dass nach Beobachtungen, die
Hr. Freiherr v. Berlepsch-Seebach an gefangenen Hausrot-
schwänzen angestellt hat, die Form #. cairii nur das junge
Männchen des E. titis sei.
In der Discussion über diesen Gegenstand bemerkt Herr
Schalow, dass er sowohl in der deutschen Tiefebene wie überall
in den deutschen Mittelgebirgen nur typische schwarze gg mit
Bericht über die Septembersitzung 1901. 123
grauen 29, bei gepaarten Paaren gesehen habe. Nie wurden Jg in
rauchgrauem Gefieder beobachtet. Herr Schalow weist auf
seine früheren Mitteilungen über diesen Gegenstand hin, in welchen
versucht wurde, nachzuweisen, dass Erithacus cavirii (Gerbe) nichts
als E. Zitis (Linn.) im ersten Kleide sei. Lechthaler-Dimier
hat dies in einer Arbeit (Arch. sc. phys. et nat. de Geneve T.
26, 1891 p. 250/56) auch durch eingehende Beobachtungen an
sefangenen Vögeln auf das bestimmteste nachgewiesen. Andere
Örnithologen sind der Ansicht, dass die graue Gebirgsform als
eine zum mindesten gute Subspecies zu betrachten sei, die in
den hohen Gebirgslagen den Vogel der Ebene, E. tits, vertritt
und die ihr graues Kleid. in allen Jahreszeiten, in allen Alters-
stufen und in beiden Geschlechtern behält und niemals mit einem
dunkleren vertauscht. Das graue Kleid wird niemals abgelegt.
Herr Schalo w bemerkt hierzu, dass er aber auch im Hochge-
birge, z. B. bei Adelboden, an der Grenze der berner und walliser
Alpen, typische schwarze Jg in gepaarten Paaren zur Brutzeit
beobachtet habe. Was die Brehm’sche Subspecies des Hausrot-
schwanzes anbetrifft, von der der Autor sagt, „die $ werden
schon im ersten Herbst schwarz“ — kein Ornitholog hat nach
Brehm diese Beobachtung wiederholt — so dürfte die Existenz
einer solchen Form noch zu erweisen sein. Herr Schalow kann
sich nicht entschliessen, in Bezug auf alle diese Fragen der v.
Tschusi’schen Ansicht beizutreten, dass eine zweite Brut auf
die Verspätung der Mauser eine so tief einschneidende Wirkung
bezügl. der ganzen Ausgestaltung des Gefieders ausüben solle.
Dass bei den Individuen zweiter Brut nicht eine so intensive
Ausbildung des Federkleides stattfindet wie bei der ersten —
v. Tschusi erwähnt Motaeilla alba — ist ganz natürlich und auch
bekannt, dass aber ein vollkommenes, dem ersten Alterskleide
vorangehendes und von diesem durchaus abweichendes Zwischen-
kleid bedingt würde, dürfte nach analogen Beobachtungen an
anderen Arten nicht anzunehmen sein. Und wenn dem wirklich
so wäre, warum haben wir in der ganzen norddeutschen Tief-
ebene, in der E. Zitis durchaus nicht selten ist, und auch Zwei
Bruten macht, keine brütenden rauchgrauen (E. cairii!) Paare?
Möglich ist ja auch, dass die gg von E. titis unregelmässig
das Alterskleid anlegen, die einen im ersten, die andern erst im
zweiten Jahre. Herr Schalow glaubt, dass die Fragen von
Kleinschmidt (J. f. O. 1892 p. 198): „Sind E. titis typ. und
124 Bericht über die Septembersitzung 1901.
E. titis brehmi verschieden, oder sind letztere nur Vögel der
ersten Brut, und wie ist die örtliche Verbreitung derselben, als
erledigt zu betrachten sind, dagegen dürfte seines Erachtens
vielleicht die Frage zu erörtern sein: wie weit nördlich erstreckt
sich das Brutgebiet der rauchgrauen, im’ ersten Jahreskleide
befindlichen und bereits in diesem brütenden Individuen von
Erithacus titis, wo schreitet nur der ausgefärbte Vogel zur Paa-
rung und wo brüten beide Formen nebeneinander?
Herr Holtz bemerkt, dass er in einer langen Reihe von
Jahren im Sommer niemals graue gg als Brutvögel gefunden habe.
Im Anschlusse an einen Bericht des Herrn Reichenow
über Saxicola oenanthe und $. oe. leucorhoa erörtert Hr. Stej-
neger eingehend die Verbreitung dieser beiden Formen.
Hr. Schalow teilt mit, dass in einem dem Internationalen
Zoologen-Kongress seitens des Fischerei-Vereins für die Provinz
Brandenburg gewidmeten Hefte (1901 Nr. 2) eine Übersicht des
in den einzelnen Distrikten der Mark erlegten Fischraubzeuges
für 1900 sich befindet, worin (S. 305-309) u. a. 599 Podiceps
und Mergus aufgeführt werden, die in einem relativ sehr kleinen
Gebiet der Provinz gegen Zahlung von Prämien ausgelöst wurden.
Die gewährten Prämien — für den Fischadler werden 3 Mark,
für Reiher 2 Mark, für Taucher u. s. w. 1 Mark gezahlt —
fordern zur Vernichtung einzelner der genannten, wahrscheinlich
doch nur sehr örtlich schädlich auftretenden Vogelarten gerade-
zu heraus. In der sehr lebhaften Diskussion über diesen Gegen-
stand wird dem allgemeinen Bedauern Ausdruck gegeben, dass
es in einer Zeit, in der man überall auf das wärmste und nach-
haltigste der Erhaltung der Naturdenkmäler nähertritt, einer
Interessengemeinschaft behördlich gestattet wird, schonungslos
und vernichtend gegen unsere Vogelwelt vorzugehen.
Herr Schalow teilt ferner mit, dass die Herren Prof.
Plate und Dr. Hartmeyer am 30. August Hamburg verlassen
haben, um im griechischen Archipel und im Roten Meer für das
neu begründete Museum des kgl. Instituts für Meereskunde
marine Sammlungen zusammenzubringen. Da sich Herr Plate
auf seiner grossen südamerikanischen Reise als tüchtiger ornitho-
logischer Sammler erwiesen hat, so dürfen wir hoffen, dass er
auch von dieser Reise für das Berliner Museum Material heim-
bringen wird.
Bericht über die Oktobersitzung 1901. 125
Herr Reichenow legt eine Anzahl von Bälgen aus der
Provinz Tschili in China vor, die von Hrn. Leutnant Pogge
während des Krieges in China gesammelt sind. Darunter befinden
sich Bälge des Zwergsteissfusses, die beweisen, dass der chine-
sische Zwergsteissfuss von dem europäischen zu sondern ist,
worauf bereits von Sharpe (Cat. Br. Mus. XXVL S. 510) hin-
gewiesen wurde. Hr. Reichenow benennt die Form Colymbus
nigricans poggei. Das Schwarz der Kehle ist weniger aus-
sedehnt als bei O. nigricans, aber viel weiter als bei philippensis
das Rotbraun der Wangen reicht bis zum Auge, der Unterkörper
ist blasser, seidenweiss, nur wenig mit schwarzgrau gemischt.
Fl. 100—103, Schn. 20—23 mm.
Schliesslich legt Hr. Reichenow noch einen neuen Fliegen-
fänger Stizorhina vulpina aus Mittelafrika vor, der S£. fraseri
sehr ähnlich ist, aber durch rotbraune mittelste Schwanzfedern,
brennender rotbraun gefärbte äussere Schwanzfedern und brennend
rotbraune Bürzelfedern und Oberschwanzdecken sich unterscheidet.
Der Typus ist von Emin in Bundeko gesammelt.
Bericht über die Oktober-Sitzung.
Verhandelt Berlin, Montag, den 7. Oktober 1901, Abends
8 Uhr im Architekten-Vereinshause, Wilhelmstr. 92 1I.
Vorsitzender: Herr Möbius. Schriftführer: Herr Matschie.
Anwesend die Herren: Möbius, Schalow, Reichenow,
Grunack, Paeske, Haase, Freese, Matschie, Deditius,
Neumann,vonLucanus,Pascal,Kosegarten, Gottschlag,
Heinroth und Bünger.
Als Gäste nahmen Teil die Herren: W.Deditius (Breslau),
Dr. Helms (Haslev, Rachwalsky, G. Haase, Hocke,
Staudinger und Müller.
Herr Möbius eröffnet die Sitzung mit Worten der Begrüssung
für unser Mitglied Oscar Neumann, welcher von einer gefahr-
vollen Forschungsreise durch das südliche Abessinien mit reichen
Sammlungen in die Heimat zurückgekehrt ist, und für Dr. Helms,
den bekannten Grönlandforscher, der einen Vortrag über die
Vogelwelt Grönlands freundlich zugesagt hat.
Herr Reichenow bespricht hierauf die neu erschienenen
ornithologischen Arbeiten und legt unter anderem den ersten Band
seiner „Vögel Afrikas“ vor.
126 Bericht über die Oktobersitzung 1901.
Herr Möbius ruft Herrn Heinroth, der mittlerweile
erschienen ist, einen herzlichen Willkommensgruss zu und beglück-
wünscht ihn zur Rückkehr von seiner Expedition in die Südsee
und zu seiner Errettung aus grosser Gefahr.
Herr Möbius macht alsdann eine Mitteilung über das neue
Museum in Altona und rühmt die ausserordentlich geschickte
Aufstellung und Präparation der dort befindlichen biologischen
Gruppen, welche grosses Lob verdiene. Hier und da sei aller-
dings des Guten zu viel geschehen, das Auge des Beschauers
ermüde zu leicht, weil es bei der Fülle der aufgestellten Tiere
nicht zur nötigen Ruhe käme.
Herr Schalow macht darauf aufmerksam, dass der be-
kannte Kapitänleutnant Bauendahl auf Spitzbergen eine bisher
von dort nicht bekannte Vogelart nachgewiesen habe, nämlich
Anas crecca, und giebt einige Bemerkungen über ihm zuge-
sangene neuere Arbeiten.
Herr Helms hält nunmehr seinen angezeigten Vortrag über
die Vogelwelt des südlichen Grönlands, worin er unter
Vorlegung einer grossen Anzahl von guten Photographieen die
Ornis dieser Gegenden schildert und eine Fülle von interessanten
biologischen Beobachtungen mitteilt.
An die Ausführung des Redners schliesst sich, nachdem Herr
Möbius dem Vortragenden den Dank der Versammlung ausge-.
sprochen hatte, eine kurze Besprechung, an der die Herrn Rei-
chenow und Helms sich beteiligen. Herr Helms betont, dass
von amerikanischen Vögeln nur Anthus pensylvanicus auf Grönland
regelmässig erscheine.
Herr Deditius spricht alsdann in längerem Vortrage über
die Akustik im Stimmorgane der Sperlingsvögel. Die sehr
interessanten Mitteilungen werden im Journal für Ornithologie
abgedruckt werden.
Herr Möbius dankt dem Redner für seine wertvollen Aus-
einandersetzungen, die sowohl dem Physiker als dem Anatomen
sicherlich Anlass zu weiteren Untersuchungen gewähren werden
und dem Ornithologen ganz neue Einblicke auf bisher nur wenig
bekannte Verhältnisse eröffnen.
Ein sehr reger Meinungsaustausch schliesst sich an den
Vortrag.
Herr Reichenow fragt, welche Wirkung die Trommel-
bildungen bei Enten und anderen Vögeln auf die Stimme ausüben.
Bericht über die Novembersitzung 1901. 127
Herr Deditius weisst auf die unregelmässige Gestalt dieser
merkwürdigen Auftreibungen hin und hebt hervor, dass dadurch
unregelmässige Luftstösse entständen, die ein wirres Gemisch von
Tönen, das Schnarren, erzeugten.
Auch Herr Möbius äussert eine ähnliche Ansicht.
Herr Deditius antwortet auf eine weitere Anfrage nach
der Wirksamkeit der langen gewundenen Luftröhren, wie sie beim
Kranich auftreten, dass dadurch ein sehr tiefer Ton entstehen
müsse. Wenn der Schwan einen tönenden Laut von sich geben
könnte, müsse er aus diesem Grunde auch sehr tief sein.
Die Untersuchung des oberen Kehlkopfes der Singvögel sei
sehr schwierig wegen der Zartheit der dabei in Betracht kommenden
Organe. Ein sorgfältiges Studium des Bronchidesmus und der
oberen beweglichen Teile des Kehlkopfes werde zu sehr bemer-
kenswerten Ergebnissen führen.
Herr Staudinger fragt, welche Rolle die Zunge bei den
sprechenden Vögeln spiele. Die Herren Reichenow, Heinroth
und Deditius beteiligen sich an der Erörterung und glauben,
dass der Vogelzunge keine erhebliche Mitwirkung an den Stimm-
Äusserungen zuzuschreiben sei.
Herr Möbius empfiehlt Herrn Deditius, mit dem Berliner
Universitätsprofessor, Dr. Stumpf, der sich seit längerer Zeit
mit Untersuchungen über Tonbildung und Stimmerzeugung be-
schäftigt, in Verbindung zu treten. Matschie.
Bericht über die November-Sitzung.
Verhandelt Berlin, Montag, den 4. November 1901, Abends
8 Uhr im Architektenvereinshause, Wilhelmstr. 92 I.
Anwesend die Herren: Möbius, Schalow, Reichenow,
Grunack, von Treskow, Thiele, Heinroth, Matschie,
Pascal, Deditius, von Lucanus, O. Neumann, Kose-
garten, Haase, Jacobi, Rolle, Freese, Gottschlag,
Ehmcke.
Von auswärtigen Mitgliedern die Herren: Bünger (Potsdam)
und Freiherr von Erlanger (Niederingelheim).
Als Gäste die Herren: Dr. Hoefig, Jurenz, G. Haase,
Rachwalsky, Müller, Kothe, von Maerenthal, Rinne
aus Berlin und Daumann (Potsdam).
Vorsitzender: Herr Möbius. Schriftf.: Herr Matschie.
128 Bericht über die Novembersitzung 1901.
Der Vorsitzende begrüsst Herrn von Erlanger, der:
von einer schwierigen und erfolgreichen Forschungsreise aus Ost--
afrika zurückgekehrt ist.
Herr Matschie bemerkt, nachdem der Bericht über die:
Oktobersitzung verlesen worden ist, dass nach seinen Erfahrungen
die Zunge wenigstens bei einem sprechenden Vogel, dem Grau-,
papagei, bei dem Hervorbringen des Lautes R eine gewisse Rolle
spiele. Er habe wiederholt beobachtet, dass ein solcher Vogel
die Zunge in eine ganz bestimmte Lage gebracht habe, wenn er
ein in der Mitte des Wortes befindliches R aussprechen wolle.
Herr Möbius legt einen Bericht über das neue Museum
in Altona vor.
Herr Reichenow bespricht die neuesten Erscheinungen
auf dem ornithologischen Büchermarkt.
Herr Heinroth hält alsdann einen längeren Vortrag über
ornithologische Beobachtungen auf seiner Reise zum Bismarck-
Archipel. Er schildert sehr anschaulich die Lebensgewohnheiten
von Thalassidroma,. welche er im Mittelmeer vielfach angetroffen
hatte. Diese Vögel schwimmen bei ruhigem Wetter gern und
fliegen mit rückwärts gelegten Beinen und nach unten gerichteten
Flügelspitzen, laufen also nicht in der gewöhnlich dargestellten
Weise auf dem Wasser. Sula und Phaeton treten in der süd-
lichen Hälfte des Roten Meeres auf, Eleonoren-Falken jagen dort
die auf Bord sich niederlassenden Landvögel.
Bei Kolombo ist die indische Krähe, Corvus splendens, sehr
häufig und zutraulich; überall hört man ihren Ruf, der an den
der Dohle und Saatkrähe erinnert. Möven und Raubvögel be-
merkt man dort nicht im Hafen. Dagegen giebt es im Innern
von Ceylon von letzteren desto mehr. Überraschend ist dort
die Menge von Pandion, Haliaetus; der friedliche Haliastur treibt
sich mitten zwischen den Wasserläufern am Ufer der See umher
und sucht dort Muscheln und Fische zu erbeuten. Unmengen von
Plotus konnte der Reisende dort beobachten. Sie fliegen zu
Tausenden über das Wasser dahin; einer Wolke gleich wälzt
sich das Heer dieser merkwürdigen Vögel über die Wasserfläche;
während die ersten in die Fluten tauchen, fliegen die folgenden
nach vorn, um ihrerseits zum Wasser hinabzuschiessen. Man
sieht sie nur auf der See, wenn sie fischen; sind sie satt, so sitzen
sie an der flachen Küste, oft mitten zwischen den Krokodilen
und trocknen ihre Schwingen.
Bericht über die Novembersitzung 1901. 129
Das Vogelleben ist dort sehr mannigfaltig, Pelikane, Ibisse
sind häufig, auch Hydrophasianus erfreut das Auge durch seine
kühnen Flugspiele, bei welchen die langen spitzen Schäfte der
Handschwingen von einer gewissen Wichtigkeit sein müssen.
Die Zwergscharbe wird dort an ganz kleinen Wasserläufen
angetroffen.
Bemerkenswert sind die Beobachtungen des Vortragenden
über den Schwebeflug; er sah Pelikane und Plotus nur in sehr
bedeutender Höhe ohne Flügelbewegungen schweben, in tieferen
Schichten gelang ihnen dies anscheinend nicht.
Das Krähen des häufigen Gallus lafayetti erinnert an den
heiseren Ruf von Gallus sonnerati.
Auch in Singapore vermisste der Redner die Möwen, dafür
war Haliastur indus und Haliastur leucogaster sehr häufig. Ein
Ziegenmelker, Caprimulgus macrurus, fiel durch seinen merkwür-
digen Ruf auf, der täuschend an das Geräusch erinnert, welches
eine über Eis geworfene Eisscholle verursacht.
Östlich von Amboina konnte der Vortragende die wunder-
vollen Flugkünste von Fregatta bewundern. Zwischen Salvatti
und Neu-Guinea zogen mehrere Stunden lang Tauben in Flügen
von je 20—50 Stück neben einander über das Schiff. Sie gehörten
zur Gattung Myristicivora.
Je weiter der Anbau der Kokospalme auf Neupommern um
sich greift, desto mehr verschwinden die Waldvögel. Nur die
Nectarinien und der Lederkopt, Philemon cockerelli, sind häufig.
Dieser letztere Vogel kann als Charaktervogel von Neupommern
gelten. Sein pfeifender Lockruf, sein lebhaftes, zu Zänkereien
geneigtes Wesen machen ihn zu einem auffallenden Vogel. Er
nährt sich von Bananen, Kokosblüten, Insekten und sonstigen
_ kleinen Tieren.
Haleyon tristrami ist im Winter häufig auf freien Ästen und
den Telephondrähten zu sehen. Er jagt vornehmlich die grossen
Heuschrecken. Im April und Mai verschwindet er vor der Menge
des dann eintreffenden Halcyon sanctus. In ähnlicher Weise
ersetzen sich gewissermassen Merops salvadorii und Merops
ornatus. Letztere kommen mitten in der Mauser nach Neupommern.
Rhipidura tricolor lässt ihren dreitönigen, im Anlaut an den
Hausrotschwanz erinnernden Gesang in der Nähe der menschlichen
Wohnungen hören. Krähen sind selten. Von der Farbenpracht
der Papageien sieht man wenig, weil sie sehr scheu sind und von
Journ. f, Orn, L, Jahrg. Januar 1902, 9
130 Bericht über die Novembersitzung 1901.
unten gesehen ihre Buntheit schwer erkennen lassen. Auf Neu-
Guinea ist die Fauna sehr viel reichhaltiger. Die Vegetation ist
von derjenigen der Gazelle-Halbinsel sehr verschieden, die Luft
ist ausserordentlich feucht, so dass die Augengläser sofort
beschlagen. Man hört viele Vogelstimmen, namentlich das
Gezänk der Loris. Das Fluggeräusch der Nashornvögel ähnelt
täuschend dem Geräusch eines fernen Eisenbahnzuges.
Dendrochelidon erinnert in seinem Verhalten und Jugend-
kleid etwas an Caprimulgus. Der schwarze Calypiorhynchus
hält sich im Unterholze auf, fliegt sehr hübsch und hat einen
angenehm klingenden, trillernden Pfiff. Die weissen Kakadus
fallen sehr auf, leben auf den höchsten Wipfeln der Riesenbäume
und fliegen elegant.
Viele Strandvögel wurden beobachtet und auch die Raub-
vögel waren zahlreich. Merkwürdigerweise hatte ein Falco aus
der sacer-Gruppe nur Heuschrecken im Magen.
Das rote @ von Eclectus lebt versteckter als das grüne 8,
das man deshalb viel häufiger zu Gesicht bekommt.
Dem Vortragenden ist es gelungen, eine ganze Reihe von
bisher niemals eingeführten Arten lebend nach Europa zu bringen.
Unter ihnen befinden sich eine Prita, die er seit März mit 200-
300 Kakerlaken am Tage ernährt hat, Aplonis cantoroides, der
erst im dritten Kleide die gestrichelte Brust verliert, und bei
welchem die «@eschlechter gleichfarbig sind, Haleyon, Phälemon,
und Astur dampieri. Eine Carpophaga perspicillat« von den
Molucken wurde durch ganze Eidotter am Leben erhalten. Die
Carpophagidae fressen wallnussgrosse Früchte, ‚deren Kerne durch
den weiten Darm wieder ausgeschieden und als Leckerbissen von
den Eingebornen verzehrt werden.
Her Möbius dankt dem Redner für seine interessanten
Mitteilungen.
Herr Reicchenow fragt nach dem Ursprung des Namens
„Lederkopf.‘“
Herr Heinroth antwortet, dass diese Bezeichnung nicht
etwa von ‚der Kahlheit des Kopfes herrühren könne, weil dieser
Vogel niemals einen unbefiederten Kopf hat, vielleicht aber mit
der sehr festen Haut in Verbindung zu bringen ist.
Herr Baron von Erlanger legt alsdann eine Anzahl von
neuen Arten vor, welche.er auf seiner Reise in Nordost-Afrika
und dem Somalilande gesammelt hat, und beschreibt ‚dieselben,
Bericht über die Decembersitzung 1901. 131
Seine Mitteilungen sind in den Ornithologischen Monatsberichten
1901, p. 181 abgedruckt.
Herr Ehmcke zeigt eine lebende nordische Alauda arvensis
mit einer Haubenbildung auf dem Hinterkopfe vor.
Herr Reiehenow bält diese Bildung für abnorm.
Herr Reichenow spricht zum Schluss über einen sonder-
baren Paradiesvogel der Merkmale von Paradisea und Seleucides
in sich vereinigt. Matschie.
Bericht über die December-Sitzung.
Verhandelt Berlin, Montag, den 2. Dezember 1901, Abends
8 Uhr im Architekten-Vereinshause, Wilhelmstr. 92 11.
Vorsitzender: Herr Schalow. Schriftf.: Herr Matschie.
Anwesend die Herren: Grunack, Reichenow, Schalow,
von Treskow, Heinroth, Deditius, von Lucanus, Paeske,
Matschie, Heck, Neumann, Jacobi und Haase.
Der Bericht über die November-Sitzung wird verlesen und
angenommen.
Neuere Erscheinungen aus der ornithologischen Litteratur ge-
langen durch die Herren Reichenow, Matschie, Schalow,
Haase und Jacobi zur Vorlage und Besprechung.
Der Vorsitzende bringt zur Kenntnis der Anwesenden, dass
Seine Königliche Hoheit, Fürst Ferdinand von Bulgarien
sein Interesse für die Bestrebungen der Deutschen Ornithologi-
schen Gesellschaft durch eine Spende von 200 Mark für die
Deutsche Vogelwarte in Rossitten bethätigt hat.
Herr Neumann legte darauf eine Anzahl der von seiner
Beise durch Nordost-Afrika mitgebrachten Vögel vor.
Von typischen schoanischen, in europäischen Museen noch
sehr seltenen, an Ort und Stelle aber teilweise sehr häufigen
Formen wurden vorgelegt.
Geocichla piaggiae, Pentholaea melaena und albifrons, Cin-
namopterus tenuirostris, Ptilorhinus albirostris, Pinarochroa sordida,
Muscicapa chocolatina, Lioptilus galinieri, Corvultur crassirostris,
Dendropieus abyssinicus, Mesopicus spodocephalus, Povcephalus
flavifrons, Astur unduliventer, Columba albitorques, Francolinus
erckeli, Rougetius rougeti, Bostrychia carunculata, Uyanochen
eyamoptera.
Von Vögeln, die durch die Weld Blundell-Lord Lovat’sche
Expedition neu entdeckt und von Herrn Neumann wiedergefunden
9*
132 Bericht über die Decembersitzung 1901.
waren, wurden gezeigt : Melanobucco leucogenys, Darbatula chry-
sosticta, Dendropicus simoni — welch’ letzterer nach Meinung von
Professor Reichenow identisch ist mit Dendropicus lepidus Cab.
Hein. — und Francolinus telraoninus.
In den Landschaften am Omo hatte der Vortragende zuerst
mehrere Arten angetroffen, die bisher nur von den Gebirgen Ost
Afrikas — Mau und Ruwensori, bekannt waren, dann aber auch
typisch westafrikanische Formen.
Von ersteren wurden erwähnt und vorgelegt: Pholidauges
sharpii und Stilbopsar stuhlmanni, die beide in den Wäldern von
Kafia sehr häufig sind, von typisch westafrikanischen Formen
Agapornis pullaria, Orvolus auratus, Lamprocolius glaucovirens
und Docagia minuta.
In diesen südlichen Gebieten wurden auch überall in den
bewaldeten Flussthälern zwischen 1200 und etwa 2000 m Höhe
Graucalus pectoralis, zwischen 2000 und 3000 m Höhe Graucalus
purus angetroffen.
Von anderen interessanten Arten, deren Vorkommen so weit
nordöstlich nicht erwartet worden war, wurden erwähnt: Symplectes
stuhlmannt, Sycobrotus melanoxanthus undcrocatus,Salpornis emini,
Meloeichla atricauda und Trachylaema lacrymosum.
Vorgelegt wurden ferner eine Anzahl neuer Formen, die in
den ornithologischen Monatsberichten beschrieben werden: Fran-
colinus nigrosquamatus, Dendromus niger, Dendromus permistus
kaffensis, Amblyospizu wethiopica, Muscicapa reichenowi, Chloro-
peta natalensis umbriniceps und Zosterops kaffensis.
Besondere Bemerkungen verdienen ferner folgende Arten:
Francolinus castaneicollis Salv.
Es scheint dieses dieselbeArt zu sein, die später noch ein-
mal von Salvadori unter dem Namen Francolinus bottegi beschrieben
wurde. Exemplare vom Osten des Abaja und Gandjule Sees haben
das kastanienrot an den Hals- und Körperseiten viel heller, Exemplare
aus den Ländern im Westen dieser Seeen, also aus Uba, Gofa, Doko
und Djimma, dunkler. Ob dieses aber subspecifische Unterschiede
oder nur Jahreszeitenkleider sind, wird erst ein Vergleich mit den
grossen Serien im Besitze des Baron v. Erlanger von der Um-
gegend Harars und der östlichen Galla Länder ergeben.
Sollten es geographische Unterschiede sein, so würde der
Form von Uba, Gofa, Doko und Djimma ein neuer Name zu-
kommen müssen, da die hellen Stücke vom Fundort des Typus
Bericht über die Decembersitzung 1901. 133
von Francolinus botiegi kommen, während der Fundort des Typus
von Francolinus castaneicollis noch weiter östlich nahe Harar ist.
Dierocercus furcatus (Stanl.)
Ein Exemplar, am Omo erlegt, hat tief lilablauen Kehlstreif,
hellkobaltblauen Bauch und Unterschwanzdecken und himmel-
blauen Strich über den Augen. Dieses dürfte der echte Merops
furcatus Stanl. sein. Der westliche Vogel, welcher zu dieser Art
gezogen wurde, hat wie der südafrikanische Dierocercus hirundi-
neus hellblauen Kehlstreif, Bauch und Unterschwanzdecken und
unterscheidet sich von D. hirundineus nur durch Vorhandensein
des bei jenem fehlenden hellblauen Strichs über den Augen.
Der westlichen Form hat somit der Name Dicrocercus chry-
solaimus Jard. u. Selby zuzukommen.
Zosterops tenella Hartl.
Heuglins Beschreibung von Zosterops aurifrons Journ. Orn.
1862 p. 41, welcher Name später von Hartlaub, da aurifrons
schon vergeben, in Zosterops tenella umgeändert wurde (Journ. Orn.
1865 p. 11), passt leidlich gut auf 2 Exemplare einer Zosterops
Art, welche ich am 3.X. 1900 bei Abuje in der Provinz Ginde-
berat nahe am blauen Nil in ca. 2800 m Höhe erbeutete, so dass
ich vorläufig nicht wage, derselben einen neuen Namen zu geben.
Ist meine Vermutung richtig, dann ist es jedenfalls falsch, Zoszterops
tenella als Synonym zu senegalensis zu ziehen, denn die mir vor-
liegende Form hat leuchtend gelbe Stirn und dunkles Gefieder
und gehört mit den Urwald und Bergwald bewohnenden Formen
virens, stenocricota, jacksoni, kikuyensis, kaffensis u. s. w. in eine
Gruppe. Möglich ist es auch, dass Zosterops tcterovirens Württem.
wit dieser Art zusammenfällt.
Rutieilla bonapartii v. Müll.
Ein vom Vortragenden am Sekuala Berg am 17. XI. 1901
sesammeltes Rotschwänzchen stimmt bis auf die zweite angedeutete
schwarze Brustbinde sehr gut mit v. Müllers Abbildung und Be-
schreibung (Beitr. Orn. Afr. pl. XIV.) überein. Die Oberseite ist
hellaschgrau, die weisse Binde, welche die schwarze Stirn vom
Oberkopf trennt, ist schmal und scharf.
Ehrenberg hingegen beschreibt die Oberseite seiner Rutieilla
mesoleuca als dunkler wie die von phoenicura. Dieser Beschrei-
bung entspricht sehr wohl der von Hemprich bei Djidda an der
arabischen Küste gesammelte Typus der Art, der sich auf dem
Berliner Museum befindet.
Bei ihm ist die Oberseite grauschwarz, die Unterseite viel
dunkler rotbraun wie bei meinem Stück, die weisse Stirnbinde
sehr breit. Es scheint daher, als ob zwei wohl verschiedene
134 Berieht über die Decembersitzung 1901.
Arten vorliegen, von denen die eine, Rutieilla mesoleuca Hempr.
Ehr., Klein Asien und West Arabien, Rutieilla bonapartii v. Müll.
Abyssinien bewohnt.
Der Vorsitzende dankt dem Redner für seine interessanten
Mitteilungen. i FR
Herr Deditius teilt Beobachtungen mit, die Schlüsse auf
die Höhe des Vogelzuges zulassen. Die Mitteilungen werden in
einer der nächsten Nummern der Ornithologischen Monatsberichte
erscheinen.
Herr von Lüucanus hat in Lauterberg Beobachtungen über
die Höhe des Vogelzuges gemacht und festgestellt, dass Schwalben,
welche zunächst sehr hoch flogen, bei dem Herannahen einer
Gewitterwolke sofort näher zur Erde herabkamen, so dass sie
unter der Wolkenschicht verblieben. Die Vögel erheben sich nur
so hoch, dass sie die Übersicht über den Boden nicht verlieren,
bleiben also immer unter den Wolken.
Herr Heck hält einen längeren Vortrag über das Vogel-
leben in Ascania-Nova, das er auf seiner Reise nach Südruss-
land zu beobachten Gelegenheit gehabt hatte.
Herr Reichenow legt eine Reihe von Bälgen der Chaleo-
pelia chalcospilos Wagl. vor und bemerkt: Nachdem Herr Baron
v. Erlanger nachgewiesen (O. M. 1901 S. 183), dass Ch. afra
und Ch. chalcospilos nicht als Spielarten derselben Species, sondern
als verschiedene und nebeneinander vorkommende Arten anzu-
sehen sind, habe ich die im Berliner Museum befindlichen Bälge
einer genaueren Durchsicht unterzogen und finde, dass man that-
sächlich, wie Hr. Baron v. Erlanger bereits vermutet, zunächst
von der Ch; chalcospilos mehrere Abarten unterscheiden kann,
Wenn man die ostafrikanische Form als Stammart annimmt, so
zeigt der Vergleich dieser typischen Ch. chalcospilos mit Vögeln
von Nord-Angola, dass letztere durch dunkleren und brauneren Ton
der Oberseite abweichen und darin der Ch. afra sich nähern.
Hingegen hat ein Vogel aus Deutsch Südwestafrika wesentlich
blassere und grauere Oberseite als die östlichen, auch ist bei
diesem das Graü des Oberkopfes heller und reiner ünd anscheinend
etwas weiter in den Nacken ausgedehnt. Vögel aus dem Kaffern-
lande sind oberseits ebenso dunkel wie die Angolavögel, haben
die Unterseite aber dunkler weinrot gefärbt. Die Angolavögel
scheinen im allgemeinen kürzere Flügel zu haben; ich messe
100— 105 mm, bei den Vögeln von Damara und aus dem Kaffern-
lande 110, bei Ostafrikanern 100--110 mm. Der Vortragende
bezeichnet die Angolaform als Oh. chalcospilos erlangeri, die Daitta-
raform als Oh: ch. volkmanni die südöstliche als Oh. ch. caffra.
Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 135
Dem Herausgeber zugesandte Schriften.
The Auk. A Quarterly Journal of Ornithology. Vol. XVL.
| Ne. 4. 1901.
Boletim do Museu Paraense de Historia Natural e Ethnographia.
| HT. 0o. 2. 1901.
Boletin de la Academia Nacional de Ciencias ‚en Cordoba. XVL
No. 4a. Buenos Aires 1901.
Bulletin of the British Ornithologists’ Club. No LXXIL—LXXXIL.
Oct. 1901 u. Nov. 1901.
The Ibis. A Quarterly Journal of Ornithology. (8.) I. 1901.
Heft 4.
Ornithologisches Jahrbuch. Organ für das palaearktische Faunen-
gebiet. Herausgegeben von Victor Ritter von Tschusi zu
Sehmidhoffen. XII. Jahrg. 1901. Heft 6.
Records of the Australian Museum. Vol. IV. No. 4. Sydney 1901.
Record of the Progress of the Zoological Society of London
during the Nineteenth Century. London 1901.
Die Schwalbe. Berichte des Komite’s für ornithologische Be-
‚obachtungs-Stationen in Österreich. Red. v. Ludwig Ritter
Lorenz von Liburnau. Neue Folge H. 1900—1901. Wien.
K. Andersen, Meddelelser om Faeroernes Fugle. 4de Raekke.
Efter skriftlige Oplysninger fra P. F. Petersen, Nolso, og
5. Niclassen, Myggenaes. (Abdruck aus: Vidensk. Medd.
naturh. Foren. Kbhvn. 1901).
K. Andersen, Sysselmand H. C. Müller’s ;haandskrevne Opteg-
nelser om Faeroernes Fugle (Abdruck aus: Vidensk. Medd.
naturh. Foren. Kbhvn. 1901.)
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Lisboa 1901.
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Fasc. VII. u. VIII. Bruxelles 1901.
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im Herbste 1900. (Abdruck aus: Schwalbe Neue Folge I.
V. v. Tschusi, Zur Ornis Madeiras. (Abdruck aus: Ornith.
Jahrb. XII. 1901 Hit. 6).
G. Vallon, Über Athene chiaradiae Giglioli in Friaul. (Abdruck
aus: Ornith. Jahrb. XII. 1901 Hft. 6).
Druck von Otto Dornblüth in Bernburg.
a
ORNITHOLOGIE
Fünfzigster Jahrgang.
No. 2. April 1902.
I. Jahresbericht (1901.)
der Vogelwarte kossitten der Deutschen Ornithologischen
Gesellschaft.
Vorgelegt von J. Thienemann.
I. Einleitung.
Wie Flussthäler, Bergzüge, Seengruppen und Inselketten
als natürliche Wegweiser für die Zugvögel schon lange bekannt
sind, so bilden die beiden langgestreckten Züge der frischen
und Kurischen Nehrung im Osten Deutschlands einen zwar kleinen,
aber deshalb nicht minder wichtigen, weil regelmässig benutzten
und leicht zu kontrollierenden Teil des Weges für die Vögel,
welche von Norden oder Osten kommend an der Küste der Ostsee
entlang nach südlichen Gegenden ziehen, oder in umgekehrter
Richtung ihrer nördlichen Heimat zustreben.
Diese schmalen und öden, teilweise aber auch mit guten
Waldbeständen bedeckten Landstreifen — ein wichtiges Bollwerk
des Festlandes gegen das andrängende Meer — werden denn
auch im Herbst und Frühjahr von Tausenden von Vögeln über-
flogen, und wenn man nicht früher auf diese zu eingehenden
ornithologischen Beobachtungen so überaus günstigen Örtlichkeiten
aufmerksam wurde, so lag das in den noch jetzt ziemlich pri-
mitiven Verkehrsverhältnissen, durch welche der Besuch der
Nehrungen erschwert wurde, und vielleicht auch in einem gewissen
Vorurteile gegen das, was ein solcher, von armen Fischern be-
wohnter Streifen Sandes zu bieten vermag. Der teolog allein
hatte schon früher dort gearbeitet, doch selbst der Botaniker
Journ. f. Orn. L. Jahrg. April 1902, 10
138 J. Thienemann:
war noch nicht in dem Masse, wie es jetzt der Fall ist, der
dortigen höchst interessanten Flora näher getreten. Für die Orni-
thologie aber wurde die Kurische Nehrung erst Ende der 80er
Jahre durch den jetzt in Osterwieck a./Harz thätigen Pfarrer
Dr. Fr. Lindner erschlossen. |
An und für sich mag die frische Nehrung der Kurischen in
Bezug auf die Möglichkeit der Beobachtung von Wandervögeln
gleichwertig gegenüberstehen, da aber letztere in der Umgebung
des Ortes Rossitten, einem Dorfe von 400 Einwohnern, durch das
Vorhandensein von ausgedehnten Brüchen, Sümpfen und feuchten
Wiesen, sowie von Feldern und reichlichem Baum- und Strauch-
wuchs nicht nur den vorübereilenden Wandervögeln Gelegenheit
zur Rast bietet, sondern durch diese örtlichen Verhältnisse selbst
auch solche Vögel, welche sich dauernd niederlassen wollen, be-
günstigt, so ist sie und im speziellen die Umgebung von Rossitten
als der weitaus geeignetste Platz für eine ornithologische Station
Nordostdeutschlands zu bezeichnen.
Um nun eine kurze Beschreibung der Lage der Station und
ihrer Umgebung dem ersten Berichte ihrer Thätigkeit voranzu-
schicken, sei darauf hingewiesen, dass die Kurische Nehrung der
schmale Streifen Landes ist, der sich in einer Länge von 97
Kilometern von dem am Nordstrande des Samlandes gelegenen
Seebade Cranz in sanftem Bogen zwischen Ostsee und Kurischem
Haff bis dicht vor Memel hin erstreckt und dort mit der soge-
nannten Süderspitze endigt. Mehr wie die Länge interessiert uns
vielleicht die Breite dieses merkwürdigen Landstriches. Dieselbe
beträgt an der breitesten Stelle bei Rossitten ungefähr 3 Kilometer,
an der schmalsten dagegen — etwas nördlich von Sarkau — nur
1/, Kilometer, so dass man also in ungefähr 5 Minuten vom Haff
bis zum Seestrande gelangen kann.
Vergegenwärtigen wir uns einmal von Süden nach Norden
fortschreitend den Charakter der Nehrung. Wir beginnen also
in Cranz. Zunächst führt uns der Weg durch schönen Wald,
gemischten Bestandes, nach der einsam gelegenen Försterei Grenz.
Dieser Teil der Nehrung macht einen kultivierten Eindruck und
ist für den Cranzer Badeverkehr mehr oder weniger zugeschnitten,
nur die Fahrwege sind leider noch sehr schlecht. Von Grenz aus
geht’s immer noch durch Wald bis zum ersten Fischerdorfe
Sarkau, berühmt durch seinen Flunderfang. Auch hinter Sarkau
setzt sich der Wald ungefähr noch eine Meile weit fort, ist allerdings
I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 139
‚schon ziemlich licht geworden und besteht meist aus jüngeren
Schonungen. Wir kommen an den Punkt „Mövenhaken“, eine
in das Haff vorspringende kleine Halbinsel, und haben nun eine
weite, öde Sandstrecke zu passieren. Unser Weg führt uns entweder
am Seestrande entlang, oder wir müssen, wenn dieser des Wellen-
ganges wegen unpassierbar ist, am Fusse der hohen Haffdüne
immer am Triebsande entlang fahren, unter Umständen ein höchst
beschwerlicher Weg. Die Wanderdünen, welche der Nehrung ein
so eigenartiges Gepräge geben, haben schon kurz hinter Sarkau
begonnen und ziehen sich nun wie eine grosse gelbe Schlange
bis nach der äussersten Nordspitze der Nehrung hin. Nur da,
wo sie durch Anpflanzungen festgelegt sind, zeigen sie eine dunkle
Färbung. Höchst eigenartig ist das Gelände, durch das wir hinter
„Mövenhaken“ kommen. Grosse, oft malerisch geformte Sand-
berge türmen sich vor uns auf. Sind wir mit einem Begleiter
zu Fuss, so können wir uns gegenseitig sehr leicht aus den Augen
verlieren und fast verirren. Wir befinden uns in dem sogenannten
Kupstengelände oder wie der echte Nehrunger sagt ‚„mang die
Himpels“. Auch verschiedene alte Dorfstellen müssen wir passieren,
wo umherliegende, geschwärzte Steine, Knochen, Angelhaken,
Nägel, Scherben und drgl. uns von vergangenen, durch die grau-
same Wanderdüne zerstörten menschlichen Ansiedelungen Zeugnis
ablegen. Sonst ist alles tot und öde rings um uns her, und
empfindsame Gemüter mögen ordentlich aufatmen, wenn sie nach
beschwerlicher Fahrt die Rossitter Oase erreichen. Der Wald
beginnt wieder, auf der mit einer Grasnarbe versehenen Pallwe
können wir unseren Weg flotter fortsetzen und sind bald in der
Rossitter Plantage angelangt. Das Wort Oase kann mit gutem
Rechte angewendet werden, denn wir befinden uns plötzlich, wenn
unsere Reise im Sommer geschieht, zwischen wogenden Weizen-
feldern auf grünenden Wiesen und in blühenden Gärten. Rossitten
ist nämlich kein eigentliches Fischerdorf, sondern der einzige
Ackerbau treibende Ort der ganzen Nehrung, und die wenigsten
Menschen ahnen, dass man hier bei einer schönen und interessanten
Flora die schönsten Feld- und Wiesensträusse pflücken kann.
Die Feldflur enthält zum Teil sehr guten Weizenboden. Einen
besonderen Reiz erhält Rossitten durch die drei grösseren Gewässer,
die sich in der Nähe befinden. Das ist erstens der flache, mit
Schilf und niedrigen Wasserpflanzen bewachsene, ungefähr 40
Morgen grosse Dorfteich, die sogen. „Pelk“, die sich an der West-
10*
140 J. Thienemann:
seite des Dorfes befindet, ferner der daran sich anschliessende,,
120 Morgen umfassende Bruch mit seinen Rohr- und Schilf-.
dickichten und der bepflanzten Wanderdüne, den sogenannten
Bruchbergen im Hintergrunde, und drittens ein in der Nähe ge-
legener, von Wald umgebener Weiher, der ein fast kreisrundes,
nach der Mitte zu sich trichterförmig vertiefendes, ungefähr 4
Morgen fassendes Wasserbecken darstellt. Das ist die sogenannte
Lunk. Dass diese Gewässer nebst den im Herbst und Frühjahr
sich bildenden zahlreichen Lachen sehr beliebte Versammlungs-
plätze für die ziehenden Strand- und Wasservögel sind, liegt auf
der Hand und ist schon öfters betont worden. Der Bruch, dessen
Wasser an manchen Stellen über mannstief ist, worunter sich ein
weicher Schlammboden befindet, beherbergt ausserdem eine grosse
Lachmöven- und Seeschwalbenkolonie und wird von sehr zahlreichen
Fischen, namentlich Hechten, Schleien und Karauschen bevölkert.
Zwei Kilometer südlich von Rossitten liegt das nur aus 4
Wirtschaften bestehende Dörfchen Kunzen, wo der eigenartigen
Landschaft wegen öfters Maler stationiert sind. Rossitten selbst
liegt am Haff, ungefähr eine halbe Stunde von der See entfernt,
ist Kirchdorf, hat ausserdem noch eine Schule, ein Düneninspek-
torat, eine Postanstalt und Strandvogtei und ist auf dem besten
Wege ein grösserer Badeort zu werden. Der Fremdenverkehr
hebt sich von Jahr zu Jahr, und namentlich solche Gäste suchen
hier in der unverfälschten Natur Erholung, denen ein luxuriöses
Weltbad mit seinem Trubel ein Greuel ist.
Füge ich nun noch hinzu, dass sich im Norden an Rossitten
weite Pallwen!) anschliessen, unter denen die sogen. Vogelwiese
zu nennen ist, die mit sumpfigen Lachen bedeckt, am Fusse einer
hohen Cirkusdüne, dem „schwarzen Berge,“ sich hinziehend, eine
sehr beliebte Raststation der Standvögel ist, so wird man sich
vielleicht ein Bild von der abwechslungsvollen Umgebung dieses
Nehrungsdorfes machen können.
Von Rossitten aus führt uns der Wes wieder durch Wald,
der namentlich aus Erlen, Birken, Fichten und Kiefern besteht.
1) Unter Pallwe versteht man die weiten, ebenen, unbewaldeten
Flächen, die sich zwischen der Vordüne und der hohen Hafidüne hin-
ziehen und meist mit einer dürftigen Grasnarbe, zum Teil auch mit
niedrigem Weidengestrüpp bedeckt sind. Durch den vielen wohlriechenden
Thymian, der sich an manchen Stellen vorfindet, bekommen diese Flächen
zuweilen ein rötliches Aussehen.
I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 141
| Zu beiden Seiten ziehen sich weite Erlenbrüche hin, der Lieb-
| lingsaufenthalt des interessanten Elchwildes, dessen Bestand er-
freulicherweise immer mehr zunimmt. Wir erreichen das unge-
| fähr 11 Kilometer entfernt liegende echte Fischerdorf Pillkoppen
mit seinem früher viel besuchten alten Kirchhofe, der im Jahre
1900 unter der Wanderdüne verschwunden ist. Auch das Dorf
selbst wäre längst verschüttet, wenn die unmittelbar hinter den
niedrigen, keinen Schornstein tragenden Häusern aufsteigende
hohe Düne durch Kiefernanpflanzungen nicht festgelegt wäre.
Für den Ornithologen sind die am Fusse des Kirchhofes
sich hinziehenden weiten Lachen bemerkenswert.
Das nächste Dorf ist das 2 Meilen nördlicher gelegene
Nidden, für den Sprachforscher besonders dadurch interessant,
dass dort noch jetzt drei Sprachen gesprochen werden: deutsch,
kurisch und litauisch. Ferner hat Niddeneinen hohen Leuchtturm, der
den höchsten Punkt der ganzen Nehrung darstellt. Derselbe
wird von den Strandvögeln vielfach angeflogen und kann manche
- Aufschlüsse über den Vogelzug liefern.
Die folgenden Nehrungsorte sind die kleinen Fischerdörfchen
Preil und Perwelk, der bekannte, viel besuchte, von schönem
Hochwald und eigenartigen Schluchten umgebene Badeort
Schwarzort, wo früher die ergiebige Bernsteinbaggerei betrieben
wurde, ferner ein einsames Forsthaus Ellernhorst und schliesslich
die Süderspitze mit dem beliebten Vergnügungsort der Memeler,
dem Sandkruge, wo Kotzebue, als er des Eisganges wegen
aas Tief!) nicht passieren konnte, das bekannte Lied: „Es kann
ja nicht immer so bleiben,“ gedichtet hat.
Das Gelände zwischen den genannten Orten ist teils bewaldet,
teils kahl. Ein recht ödes Stück, dem zwischen Rossitten und
Sarkau ähnlich, befindet sich noch zwischen Perwelk und Schwarz-
ort.Dagegen ist dieStrecke vom letztgenanntenPunkte an nachNorden
zu mit zusammenhängenden Anpflanzungenversehen. Das Profil der
Nehrung ist, wenn wir von Westen nach Osten vorschreiten,
folgendermassen zu beschreiben: Ostsee, Seestrand, dann Vor-
düne, welche letzteren durch Anpflanzungen und Zäune immer
künstlich im Stande gehalten wird, hieran schliessen sich die
Pallwe oder Platte an, worauf sich die Telegraphenleitung hin-
1) Unter Tief versteht man die Stelle, wo Haff und See zusammen-
stossen.
142 J. Thienemann:
zieht, an vielen Stellen das einzige Zeichen menschlicher Kultur..
Hierauf folgt das oben beschriebene Kupstengelände dann der‘
gefürchtete Triebsand, und nun die hohe Haff- oder Wanderdüne, ,
die bis 200° hoch wird. Dieselbe fällt an manchen Stellen sofort,
nach Osten zu ins Haff ab, oder es findet sich noch ein schmaler
ebener, zuweilen mit dürftigem Gras bewachsener Sandstreifen.
vor. Dann folgt das Haft.
Wenn wir einen Blick auf die Karte werfen, so kann’s uns
nicht Wunder nehmen, dass gerade die Kurische Nehrung von
den Wanderzügen der Vögel zahlreich besucht wird: Kommen
dieselben aus Norden an der Küste entlang, so bietet die Nehrung
die günstigste Fortsetzung der Zugstrasse, und sind’s östliche ja
südöstliche Wanderer, so erreichen sie in dem Küstenwinkel, an
dem die Nehrung liegt, den Ostseestrand, um dann ihren Weg
fortsetzen zu können.
A. Gründung der Station.
Die erste Anregung zur Gründung einer dauernden ornitho-
logischen Beobachtungsstation auf der Nehrung ergab sich aus
einem Gespräche, welches der Unterzeichnete mit dem. im Jahre
1899 dienstlich in Rossitten anwesenden Prof. Dr. G. Rörig,
Regierungsrat am Kaiserl. Gesundheitsamte, geführt hatte. Letzterer
übernahm es, die ersten Schritte in dieser Angelegenheit zu thun
und wies besonders aut diejenigen Momente hin, welche die
Errichtung einer solchen Station nicht nur von wissenschaftlichen,
sondern ganz besonders von praktischen Gesichtspunkten aus
als wünschenswert erscheinen lassen mussten. Auch späterhin,
als die Deutsche ornithologische Gesellschaft in Berlin
es übernommen hatte, die Ausführung des Planes dadurch zu
sichern, dass sie ihn mit ihrer Autorität deckte, förderte derselbe
das Unternehmen in dankenswertester Weise, indem er die
Schwierigkeiten, welche sich aus den herrschenden örtlichen und
personalen Verhältnissen ergaben, zu beseitigen trachtete und
dadurch überhaupt die Grundlage zur einer gedeihlichen Arbeit schuf.
Im April 1900 wandte sich die Deutsche Ornithologische
Gesellschaft miteiner Eingabe an Seine Excellenz den Herrn Minister
der geistlichen-, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten, in der
unter Bezugnahme auf einen, dem Kgl. Ministerium bereits vor-
gelegten, eingehend begründeten Entwurf des Unterzeichneten und
die dazu eingereichten Gutachten der Herren Geh. Regierungsrat
I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 143
' Prof. Dr. Moebius in Berlin, Prof. Dr. R. Blasius in Braun-
' schweig und Prof. Dr. Chun in Leipzig auf die wissenschaftliche
' Wichtigkeit einer ornithologischenBeobachtungsstation in Rossitten,
' deren Nutzen für die Landwirtschaft und auch für die kulturelle
Hebung des Landstriches hingewiesen und um die Gewährung von
Mitteln zur Ausführung des Unternehmens gebeten wurde. Der
Plan fand in den kgl. Ministerien der geistlichen Angelegenheiten
und der Landwirtschaft geneigtes Entgegenkommen,so dass bereits
auf der fünfzigjährigen Jubelfeier der Deutschen OrnithologischenGe-
sellschaft in Leipzig im Oktober 1900 die bevorstehende Gründung
der Vogelwarte Rossitten von dem Generalsekretär der Gesellschaft
der Versammlung in Aussicht gestellt werden konnte.
Der endgiltige Bescheid ging der Gesellschaft noch am
Schlusse desselben Jahres zu, indem durch Erlass des Herrn Ministers
der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten vom
18. Dezember 1900 und unter Beteiligung des Herrn Ministers
für Landwirtschaft, Domänen und Forsten der Deutschen Ornitho-
logischen Gesellschaft zur Errichtung und Erhaltung einer ornitho-
logischen Beobachtungsstation in Rossitten ein wiederruflicher
Zuschuss zunächst auf drei Jahre zur Verfügung gestellt wurde,
so dass die Gesellschaft am 1. Januar 1901 die Gründung der
Station unter Zugrundelegung folgender Satzungen nebst Ge-
schäftsordnung vornehmen konnte:
I. Satzungen.
Sl
Die Station führt den Namen „Vogelwarte Rossitten der
Deutschen Ornithologischen Gesellschaft.‘
S 2.
Zweck der Vogelwarte ist:
1. Beobachtung des Vogelzuges, wobei insonderheit zu berück-
sichtigen ist:
a. Zugzeit der einzelnen Arten (Jahres- und Tageszeit),
b. Richtung der Wanderzüge.
c. Stärke der einzelnen Wanderscharen und Anordnung der
Züge,
d. Sonderung der Vogelarten innerhalb der Wanderscharen
nach Geschlecht und Alter,
e. Wind- und Wetterverhältnisse während, vor und nach
der Zugzeit und Einflüsse derselben auf das Wandern,
144
[)
J. Thienemann:
f. Höhe des Wanderfluges, |
g. Schnelligkeit des Wanderfluges und Geschwindigkeit des
Vogelfluges überhaupt,
h. Rasten der Wanderscharen und Rückflug,
i. Herkunft der Vögel.
. Beobachtung der Lebensweise der Vögel und ihrer Ab-
hängigkeit von der Nahrung. Unterschiede in der Lebens-
weise der Brut-, Strich- und Zugvögel.
. Untersuchungen über Mauser und Verfärbung. Alters- und
Jahreskleider der Vögel, Zeit und Art ihrer Entstehung.
. Untersuchungen über den wirtschaftlichen Wert der Vögel
und zwar:
a. Nahrung der Vögel zu verschiedenen Zeiten und an ver-
schiedenen Orten,
b. Nutzen und Schaden, der sich aus der Nahrungsweise
der einzelnen Vogelarten für Land- und Forstwirtschaft,
Gartenbau und Fischerei ergiebt,
c. Verbreitung von Pflanzen und niederen Tieren durch Vögel.
. Untersuchungen über zweckgemässen Vogelschutz und zwar:
a. Erhaltung und Vermehrung des Vogellebens durch An-
pflanzungen und Aufhängen von Nistkästen. :
b. Versuche mit Winterfütterung zur Erhaltung des Vogel-
lebens, insonderheit auch zur Erhaltung des Jagdgeflügels.
c. Massnahmen zur Erzielung gesetzlicher Bestimmungen
zum Schutze der Vogelwelt.
. Einrichtung einer Sammlung der auf der Nehrung und in
nächster Umgebung vorkommenden Vögel auf der Vogelwarte
Rossitten.
. Beschaffung von Untersuchungsmaterial für die wissenschaft-
lichen Staatsinstitute.
. Bei den unter 2, 4 und 7 genannten Aufgaben soll die
Thätigkeit der Vogelwarte sich nicht auf die Vögel beschränken,
sondern auch auf andere Tierklassen erstrecken.
. Verbreitung der Kenntnis des heimatlichen Vogellebens im
allgemeinen und des wirtschaftlichen Wertes der Vögel im
besonderen durch Wort und Schrift.
38,
Die Vogelwarte Rossitten untersteht einer Verwaltung, die
sich aus dem jeweiligen Vorstande der Deutschen Ornithologischen
I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 145
Gesellschaft, aus 3 vom Vorstande zu wählenden Mitgliedern
der Gesellschaft, unter denen ein Jurist sein soll, und .aus je
einem Vertreter der Königlichen Ministerien der Geistlichen, Unter-
richts- und Medizinal-Angelegerheiten und für Landwirtschaft,
‘ Domänen und Forsten zusammensetzt.
SE
Die ornithologischen Ergebnisse der Vogelwarte Rossitten
werden im Organ der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft
Journal für Ornithologie, veröffentlicht.
Sr
Die Ausführung der in den Satzungen enthaltenen Aufgaben
wird durch eine Geschäftsordnung geregelt.
8 6.
Änderungen und Erweiterungen der Satzungen bleiben der
Verwaltung jederzeit vorbehalten.
Die Verwaltung der Vogelwarte besteht zur Zeit aus fol-
genden Herren:
Professor Dr. R. Blasius, Braunschweig, Präsident
Herman Schalow, Berlin, Vice-Präsident | Vorstand
Professor Dr. Reichenow, Berlin, Generalsekretär der
P. Matschie, Kustos am Königl. Museum für f Deutschen
Naturk. in Berlin Stellvertret. Sekretär Ornitholog.
Gesellschaft
Rechnungsrat C. Deditius, Berlin, Kassenführer
Regierungsrat Professor Dr. G. Rörig, Berlin ) Beigeordnete
Rechtsanwalt und Notar P. Kollibay, Neisse \ Mitglieder der
Dr. A. Jacobi, Berlin Gesellschaft.
Ein Vertreter des Königl. Ministeriums der geistlichen, Unter-
richts- und Medizinal-Angelegenheiten (Ernennung noch
ausstehend).
Ein Vertreter des Königl. Ministeriums für Landwirtschaft, Do-
mänen und Forsten: Hr. Regierungs- und Forstrat Bock in
Königsberg.
Mit der Leitung der Vogelwarte ist Herr J. Thienemann
betraut worden.
146 J. Thienemann:
II. Geschäftsordnung.
81.
Der Leiter der Vogelwarte übernimmt auf Grund eines
Vertrages die Ausführung der in den Satzungen ausgesprochenen
Aufgaben.
812.
Am Schlusse eines jeden Kalenderjahres hat der Leiter der
Vogelwarte einen Verwaltungsbericht und einen wissenschaftlichen
Jahresbericht zu liefern und der Verwaltung bis spätestens zum
3l. Januar des folgenden Jahres einzusenden. Die Berichte
werden im Journal für Ornithologie veröffentlicht. Auch soll der
Leiter der Vogelwarte über Beobachtungen und Untersuchungen,
deren schnelle Veröffentlichung zur Wahrung des Zeitvorrechtes
oder, um die allgemeine Aufmerksamkeit auf ein Vorkommnis
zu lenken, wünschenswert ist, während des Kalenderjahres Be-
richte einschicken, für deren schleunige Bekanntmachung durch
Zeitschriften oder Flugblätter die Verwaltung Sorge tragen wird.
8 3.
Die sonstige litterarische Thätigkeit des Leiters der Vogel-
warte ist insoweit unbeschränkt, als dadurch die amtlichen Be-
richte nicht beeinträchtigt werden.
84.
Zur Verfolgung aller unter $ 2 der „Satzungen“ genannten
Aufgaben der Vogelwarte Rossitten ist die Kraft eines Einzelnen
selbstverständlich nicht ausreichend, vielmehr soll mit der Anstalt
ein Mittelpunkt für die genannten Bestrebungen geschaffen werden.
Es wird Aufgabe des Leiters der Anstalt sein, für die verschie--
denen Zwecke und Ziele Mitarbeiter in in allen Teilen Deutschlands
(Flachland, Mittel- und Hochgebirge) zu werben, die dann ge-
wonnenen Einzelbeobachtungen und Ergebnisse aber einheitlich
zu verarbeiten oder für deren Bearbeitung durch geeignete Fach-
leute Sorge zu tragen.
Die Vogelwarte wird zur Förderung iher Zwecke u. a.
auch mit den Wetterwarten auf Zugspitze, Schneekoppe und
Brocken, mit den Leuchtturmwächtern und den Vereinen für
Luftschiffahrt in Verbindung treten.
I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 147
Für Deutschland bedeutete die Gründung einer ornitho-
logischen Beobachtungsstation etwas Neues, das aber nicht etwa
wie ein Pilz über Nacht plötzlich hervorgebrochen war, sondern
das seine Vorgeschichte und seine Vorbedingungen hatte, das mit
einem Worte aus den Verhältnissen herausgeboren werden musste,
weil das Bedürfnis dazu vorlag. Ungarn hat schon seit Jahren seine
„Ornithologische Gentrale‘“ die unter sachkundiger Leitung
des genialen Otto Herman und unter ausgiebigster Staatsbei-
hilfe in gradezu mustergiltiger Weise in der Erforschung des
Vogelzuges und anderer biologischen Momente thätig ist,in Öster-
reich wurden Beobachtungsstationen aus Staatsmitteln gegründet,
Bosnien und die Herzegovina haben eine ornithologische
Centrale, welche die Ergebnisse der Zugbeobachtungen heraus-
siebt, und verfolgt man die Verhandlungen der im Jahre 1899
abgehaltenen Ornithologen-Versammlung in Sarajewo, so tritt
so recht zu Tage, wie von allen Seiten auf Anlegung von Beobacht-
ungsstationen an besonders günstigen Punkten hingedrängt wurde.
Die Aufnahme, welche die Gründung der Vogelwarte in
ornithologischen Kreisen fand, war eine überaus günstige Von
allen Seiten liefen Beglückwünschungen ein, die dem jungen Institute
gedeihliche Arbeit wünschten, und es war zu hoffen, dass auch die-
jenigen Fachleute, welche zunächst noch abwartend sich verhielten,
im Laufe der Zeit ihr Interesse daran bethätigen würden.
Das alles aber, so wichtig es auch war, würde dem jungen
Unternehmen wenig förderlich gewesen sein, wenn nicht in erster
Linie die Behörden, mit denen es. durch Art und Zweck veran-
lasst, in Berührung treten musste, ohne Ausnahme das grösste
Entgegenkommen gezeigt hätten. Es muss dieser Umstand
besonders hervorgehoben werden, denn die Bedenken, welche der
Anlage der Station in Rossitten gegenüberstanden, waren nicht
gering und konnten auch selbst von den wärmsten Freunden der
Sache nicht geleugnet werden.
Zunächst hat ein Unternehmen, bei dem die freie Benutzung
des Schiessgewehres unerlässliche Vorbedingung ist, stets den
Verdacht missbräuchlicher Anwendung dieser Waffe gegen sich,
und wenn, wie in diesem Falle, an derselben Örtlichkeit, wenn
auch bei einer anderen Person, so doch in ähnlicher Sache, trübe
Erfahrungen vorliegen, wenn ferner die erweiterte Erlaubnis des
Waffengebrauches,. gerade in einem Bezirke erteilt werden
soll, der als ein Hauptstandort des Elchwildes gilt und seit Jahr-
148 J. Thienemann:
zehnten geschont wird, so gehört ein hohes Mass von Vertrauen
dazu, sich über diese Bedenken hinwegzusetzen und das Entgegen-
kommen zu beweisen, welches zu einer gedeihlichen Entwickelung
der Station nötig war. Trotzdem es sich aber um eine gänzlich
neue Einrichtung handelte, über deren Zweckmässigkeit noch
keinerlei Erfahrungen vorlagen, bewies der leider für die Provinz
Östpreussen zu früh verstorbene Herr Ober-Präsident, Excellenz
Graf Wilhelm v. Bismarck, das vollste Verständnis für die
Bedeutung des Unternehmens, ebenso wie auch die Herren
Regierungs-Präsident von Waldow, Oberforstmeister Boy,
Regierungs- und Forstrat Bock und Landrat Graf Keyserlingk
demselben ein auf Interesse an der Sache fussendes Wohlwollen
entgegenbrachten, wofür an dieser Stelle der ergebenste Dank
ausgesprochen werden soll. Für die Beseitigung vieler kleiner,
aber um so drückender empfundenen Schwierigkeiten trat vor
allem Herr Regierungs- und Forstrat Bock ein, in welchem die
Station einen verdienstvollen Vorgesetzten dadurch erhalten hat,
dass derselbe durch das Ministerium für Landwirtschaft, Domänen
und Forsten in das Kuratorium der Vogelwarte berufen ist.
Selbstverständlich vergingen einige Monate, bis alle Forma-
litäten erledigt waren, und da während dieser Zeit regelmässige
Beobachtungen auf dem grösstenteils fiskalischen Gelände der
Nehrung nicht möglich waren, so ist im ersten Jahre vielleicht
nicht das geleistet worden, was später zu erreichen gehofft
werden darf. Ich bitte diese Thatsachen bei der Beurteilung des
in dem ersten Jahresberichte vorgelegten wissenschaftlichen Ma-
terials freundlichst zu berücksichtigen.
B. Aufgaben der Station.
AufderJubiläumsversammlungder Deutschen Ornithologischen
Gesellschaft im Jahre 1900 in Leipzig hielt der Unterzeichnete
einen Vortrag „über Zwecke und Ziele einer ornithologischen
Beobachtungsstation in Rossitten auf der Kurischen Nehrung“
(abgedruckt im Journal für Ornithologie 1901 S. 73.) und fand
mit den dargelegten Plänen den ungeteiten Beifall der versam-
melten Ornithologen. Er konnte darauf aufmerksam machen,
dass bereits in den vierziger Jahren von J. F. Naumann und
Dr. Ludwig Thienemann auf anzulegende ornithologische Be-
obachtungsstationen als auf ein wichtiges Förderungsmittel der
biologischen Seite in der ornithologischen Wissenschaft hinge-
I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 149
_ wiesen worden sei und konnte dann die Aufgaben solcher Stationen
in kurzen Zügen darlegen. Es sei hier folgendes bemerkt, wovon
manches in dem oben genannten Vortrage bereits ausführlicher
_ behandelt worden ist, manches sich bei Aufstellung des Stations-
Arbeitsplanes später ergab.
In letzter Zeit hat die Systematik durch eifrig betriebenes
Balgstudium gewaltige Fortschritte gemacht. Die minutiösesten
Färbungsunterschiede sind klargelegt, und die einzelnen Sub-
species auf ihr engeres Verbreitungsgebiet beschränkt worden.
Damit hat man zugleich der Erforschung des Vogelzuges
vorgearbeitet, und nun kommt es darauf an, die ziehenden
Vogelscharen einer genaueren Untersuchung zu unterziehen, ihre
Heimat festzustellen und so Licht über Zugstrassen, Zugrichtung
etc. zu bringen, alles Fragen, die noch sehr der Aufklärung
' bedürfen. Dass das dazu nötige Material nur auf exponierten,
günstig gelegenen Beobachtungspunkten beschafft werden kann,
liegt auf der Hand.
Aber auch über die einzelnen Momente des Vogelzuges, über
Höhe, Schnelligkeit, Zeit, Trennung nach Alter und Geschlecht
u. s. w. sind noch die eingehendsten Beobachtungen anzustellen,
da die ornithologische Wissenschaft gerade hierin noch grosse
Lücken aufweist. Zu solchen Beobachtungen ist aber die leicht
übersehbare und kontrollierbare Nehrung besonders angethan, die
ausserdem in ihren so charakteristischen Krähenzügen, ich möchte
sagen einen leicht zu handhabenden Probierstein besitzt.
Diese Züge, die meist aus Nebelkrähen, (Corvus cornix), sodann
noch aus Saatkrähen (0. frugilegus) und Dohlen (Colaeus mone-
dula) bestehen, müssen schon dem oberflächlichen Beobachter
durch ihr so oft wechselndes Bild auffallen. Heute eilen die
schwarzen-Scharen in fast unabsehbarer Höhe, sich nur durch
ihr Geschrei verratend, ohne Aufenthalt dahin und kümmern sich
um nichts, was auf der Erde vorgeht, und morgen streichen sie
ganz niedrig über den Erdboden hinweg, fallen an jeder Fang-
hütte bei den angepflöckten Lockkrähen und den ausgelegten
Köderfischen ein und werden eine willkommene Beute der Neh-
runger, die sie sich für den Winter einpökeln. Dann wieder
fliegen sie frei über die Baumwipfel dahin, um ein andermal fast
ängstlich Schutz hinter der Vordüne zu suchen. Sollten sich
nicht bei fortgesetzter, gewissenhafter Beobachtung unter Berück-
sichtigung der meteorologischen Verhältnisse und unter Heran-
150 J. Thienemann:
ziehung anderer, in bestimmter Entfernung von hier wohnender
Beobachter wichtige Aufschlüsse über die einzelnen Momente des
Vogelzuges finden lassen, namentlich auch was dessen Schnellig-
keit anlangt, da die Vögel von der Nehrung, deren Entfernungen
man genau kennt, nicht abzuweichen scheinen ?
Als weitere Aufgaben einer ornithologischen Beobachtungs-
station wären Untersuchungen überMauserund Verfärbung
zu nennen, worin auch noch viel Unklarheit herrscht. In dieser
Hinsicht hat die Vogelwarte bereits einen kleinen Versuch ange-
stellt, wie aus den angefügten Arbeiten hervorgehen dürfte.
Untersuchungen über den wirtschaftlichen Wert
der Vögel, lautet ein weiterer Punkt des Programms. Blättern
wir die neuste ornithologische Zeitschriftenlitteratur durch, so
begegnen wir den schärfsten gegensätzlichen Behauptungen in
dieser Hinsicht. Worüber aber noch gestritten wird, das bedarf
eben der Aufklärung, die nur durch fortgesetzte Untersuchungen
geschaffen werden kann, wobei natürlich die Beobachtung in der
freien Natur nie vernachlässigt werden darf. Für die Land- und
Forstwirtschaft muss durch solche Massnahmen eine sichere Basis
für die Beurteilung der einzelnen Vogelarten, mit ‘denen sie zu
rechnen hat, geschaffen werden. Die Station hat nach dieser
Richtung hin nicht nur selbst Beobachtungen anzustellen, sondern
auch an die betreffenden Staatsinstitute das oft schwer zu erlangende
Material zu liefern.
Mit dem eben genannten Punkte hängt der folgende eng
zusammen, nämlich Untersuchuugen über zweckmässigen
Vogelschutz. Darüber findet sich ein besonderer Abschnitt in
unserem Jahresberichte vor, auf den ich hier hinweisen kann,
ebenso wie auf die mannigfachen übrigen Aufgaben der Station,
die aus dem $ 2 der beigedruckten „Satzungen“ ersichtlich sind.
Jedenfalls ist durch Gründung der Vogelwarte eine Centralstelle
geschaffen worden, von wo aus so manchen ornithologischen
Bedürfnissen Rechnung getragen werden kann.
C. Mittel der Station.
Da es zu den Aufgaben der Station gehört, eine Sammlung
von ausgestopften und gebalgten Vögeln anzulegen, so war es
notwendig, einen geeigneten Raum zur Unterbringung der Sachen
zu suchen, der in einem Häuschen gefunden wurde, welches sich
der verstorbene Tiermaler Krüger hierselbst als Atelier hatte
I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 151
bauen lassen. Dasselbe ist mit seinem Oberlichte und einem nach
Norden zu gelegnen grossen Fenster zu genanntem Zwecke gut
geeignet.
Ein kleiner Grundstock zu einer Vogelsammlung fand sich
noch von früher her in Gestalt von 92 ausgestopften Exemplaren
in Rossitten vor. Dieselben wurden von der Vogelwarte über-
nommen und fanden zunächst in dem Sammlungsraume Auf-
stellung. Im Laufe des Jahres wurde die Lokalsammlung, die
sich mit der Zeit zu einer höchst interessanten gestalten dürfte,
durch eine Anzahl von 43 Vögeln vemehrt, deren Verzeichnis in
der Anlage 1 einzusehen ist. Es befinden sich darunter verschie-
denefür dieNehrung neueSpecies,dieamSchlussedes zweitenTeiles des
Jahresberichtes näher bezeichnet sind. Besonderes Augenmerk
soll auf Sammeln von Dunen- und Halbdunenkleidern gelegt
werden, die hier verhältnismässig leicht zu beschaffen sind und
für die Wissenschaft stets hohen Wert haben, da noch manches
an ihnen zu erforschen ist. Ein fühlbarer Mangel bestebt darin,
dass das zu präparierende Material jetzt noch nach auswärts
geschickt werden muss, da hier noch kein Präparator ansässig ist.
Das Museum wurde von Fremden sehr zahlreich
besucht, erregte stets, auch bei dem bescheidenen Materiale,
was bis jetzt: geboten werden kann, grösstes Interesse und ist
wohl dazu angethan, die Kenntnis der heimischen Vogelwelt zu
erweitern, dadurch Interesse für sie zu erwecken und so dem
Vogelschutze kräftig Vorschub zu leisten, zumal den Besuchern,
wie weiter unten näher ausgeführt ist, auch das zur Betreibung
des praktischen Vogelschutzes nötige Material — v. Berlepsch’sche
Nistkästen, Futterbäume etc. — in natura oder im Bilde vor-
geführt werden kann. Auch eine Anzahl Vogeleier, unter anderen
einige Kästen voll abnorm gefärbter und geformter Lachmöven-
und Flussseeschwalben-Eier, die der hiesige Bruch geliefert hat,
ferner mehrere biologische Vogelgruppen, sowie das Modell eines
Krähenherdes, womit hier auf der Nehrung in jedem Jahre Tausende
dieser Vögel zu Speisezwecken gefangen werden, waren ausgestellt.
Ein Beweis dafür, dass diese, wenn auch vorläufig noch be-
scheidene Sammlung doch schon Gutes zu stiften vermag, indem
sie das Interesse an der Natur erweckt, ist die grosse Zahl der
Besucher des Museums, von denen sich viele in das ausliegende
Fremdenbuch eintrugen. Eine kleine Auswahl aus der Besucher-
liste findet sich im Anhange als Anlage 2 zum Beweise, dass die
152 J. Thienemann :
Kunde von der Errichtung der Station schon in die weitesten
Kreise gedrungen ist.
An lebenden Vögeln konnten bisher nur wenige Exemplare
gehalten werden, da der Vogelwarte noch die Mittel zur Anlegung
der nötigen Vogelhäuser fehlen. Um so grösserer Dank gebührt daher
dem Direktor des Königsberger zoologischen Gartens, Herrn
Kommissionsrat Claass, der für die Station mehrere überzählige
Käfige nach Rossitten schicken liess und seine Unterstützung
überhaupt nach jeder Richtung hin in Aussicht stellte. Über die
an mehreren lebend gehaltenen Wildenten-Arten angestellten
Untersuchungen über Mauser bezw. Verfärbung findet sich Näheres
weiter unten in einer besonderen Arbeit. Ferner sei noch er-
wähnt ein lebender Seeadler (Haliaötus albicilia), 1 Rauhfusskauz
(Nyctala tengmalmi), Steppenweihen (Circus macrourus), 1 Krähen-
bastard (Kreuzung zwischen Corv. cornix und ©. corone), Eisenten,
(Nyroca hyemalis) Seetaucher u. a. m. Über die an den gefangen
gehaltenen Vögeln angestellten Beobachtungen wird später
berichtet werden.
Auch Fachornithologen suchten die Vogelwarte, namentlich
während der Zugzeiten auf, um die schwierige Gruppe der Strand-
und Wasservögel an Ort und Stelle zu studieren und die Er-
scheinungen des Vogelzuges durch Augenschein kennen zu lernen.
In richtiger Würdigung der Interessen, welche die Station vertritt,
besuchte sie im Auftrage des Präsidenten des Kaiserlichen Gesund-
heitsamtes, des Herrn Wirklichen Geheimen Ober-Regierungsrates
Dr. Köhler, der Leiter des zoologischen Laboratoriums an der
biologischen Abteilung, Herr Regierungsrat Prof. Dr. Rörig,
um eine Gemeinsamkeit gewisser Arbeiten in die Wege zu leiten
und sich über die dortigen Einrichtungen zu informieren.
Zu bemerken ist auch, dass Herr Prof. Dr. Braun in
Königsberg, welcher der Station stets seine Sympathien entgegen-
gebracht hat, zuweilen Studierende nach Rossitten schickte und
an die Vogelwarte wies, damit sie hierselbst Studien über die
niederen Tiere des Bruches und der übrigen Gewässer anstellen
sollten. Die Station konnte den genannten Herren den Sammlungs-
raum, der sich seines Lichtes wegen zu mikroskopischen Studien
ganz besonders eignet, zur Verfügung stellen und auch sonst sich
behilflich erweisen. Sehr erfreulich war es, dass die landwirt-
schaftlichen Kreise der Vogelwarte grosses Interesse entgegen-
brachten, in der sicheren Voraussicht, dass derartige Anstalten
I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 153
so manchen Vorteil für Land- und Forstwirtschaft bringen können.
Dem Leiter der Vogelwarte wurde Gelegenheit geboten, sich und
die Anstalt auf der Jahresversammlung des Ostpreussischen
landwirtschaftlichen Centralvereins in Königsberg im
Dezember 1900 durch einen Vortrag: „Die Ornithologie in ihrer
Beziehung zur Landwirtschaft“ zu legitimieren, woraufhin ihm
von dem genannten Vereine eine persönliche Beihilfe von 300 M.
gewährt wurde mit der Bedingung, in dem Vereinsorgane, der
„Königsberger Land- und forstwirtschaftlichen Zeitung“,
über einschlägige Fragen und angestellte Untersuchungen zu
berichten, was öfter geschehen ist. Von dem genannten Vereins-
Organe bekam die Station durch die Güte des Herrn General-
sekretär Dr. Böhme ein Freiexemplar zur Verfügung gestellt.
Ferner wurde der Leiter der Anstalt von dem Vorstande des
oben genannten angesehenen Vereins für die Wintermonate zu
Vorträgen innerhalb der landwirtschaftlichen Zweigvereine ver-
pflichtet, um zur Verbreitung der Kenntnis des heimatlichen Vogel-
lebens in landwirtschaftlichen Kreisen beizutragen und in Bezug
auf ornithologische Fragen, namentlich den ökonomischen Wert
der Vögel betreffend, anregend und aufklärend zu wirken.
Unserer Station ist damit eine schöne und wichtige Aufgabe zu-
gefallen, da ja bekannt ist, dass im Allgemeinen die Ornithologie
in land- und forstwirtschaftlichen Kreisen leider meist noch recht
stiefmütterlich behandelt wird.
Herrn Geheimen Regierungsrat Reich, dem Hauptvorsteher
des Ostpreussischen landwirtschaftlichen Centralvereins, und Herrn
Generalsekretär Dr. Böhme in Königsberg sei an dieser Stelle
für freundliches Entgegenkommen wärmster Dank ausgesprochen.
Auch mit dem „Landwirtschaftlichen Central-Verein für
Littauen- und Masuren“ trat die Vogelwarte in Verbindung,
fand reges Interesse, wurde auch um Berichte und Artikel für
des Vereinsorgan die „Georgine“ gebeten und bekam Beihilfe
in Aussicht gestellt.
Schliesslich ist zu berichten, dass die Landwirtschaftskammer
für die Provinz Ostpreussen den Unterzeichneten zu dem im
Oktober an der landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin abge-
haltenen meteorologischen Kursus entsandte, zu dem Vertreter
von allen deutschen Provinzen geschickt waren. Der Kursus
wurde von Herrn Prof. Dr. Börnstein geleitet und hatte
den Zweck, die Kenntnisse in der Wetterkunde zu verbreiten und
Journ, f. Orn. L. Jahrg. April 1902, 11
154 J. Thienemani:
diese Wissenschaft namentlich für die Landwirtschaft mehr dienstbar
zu machen. Im Anschluss hieran wurde vom Königlichen mete-
orologischen Institute in Berlin eine meteorologische Station in
Rossitten errichtet, so dass also mit der Vogelwarte nunmehr
zugleich eine Wetterwarte verbunden ist. Auch wurde Rossitten
unter die sofort berichtenden Gewitterstationen aufgenommen.
Mit Rücksicht darauf, dass bei Beobachtung des Vogelzuges stets
auch die meteorologischen Verhältnisse in Betracht gezogen
werden müssen, sind diese Massnahmen im Interesse unserer Anstalt
mit Freuden zu begrüssen.
Da ferner bei Erforschung der Wanderzüge der Vögel die
Beobachtungen nicht auf einen einzelnen Punkt beschränkt werden
dürfen, so musste die Station ihr Augenmerk darauf richten, in
den verschiedensten Teilen Deutschlands zuverlässige Beobachter
als Mitarbeiter zu suchen. Wohl ist es ihr gelungen, bereits
solche nicht nur hier in der näheren Umgebung, in Ostpreussen,
sondern auch auf der frischen Nehrung, in Pommern, Mecklenburg
und an anderen Orten zu finden; ein eigentliches Beobachtungsnetz
ist freilich noch nicht hergestellt, was bei der grossen Schwierigkeit
der Sache wohl begreiflich sein wird. Es kann auch hier nur die
freundliche Bitte um thätige Mithilfe dringend wieder-
holt werden. Besonders wichtig sind die Verbindungen, welche
die Vogelwarte mit den Wächtern der nächsten Leuchttürme —
Pillau, Brüsterort, Nidden und Memel — angeknüpft hat.
Die Hafen-Bau-Inspektionen haben dabei in dankenswertester
Weise das grösste Entgegenkommen gezeigt, haben den be-
treffenden Wärtern die nötigen Anweisungen gegeben, auch das
Betreten der Leuchttürme gestattet u. s. w. Wir wollen nicht ver-
fehlen, auch diesen Behörden verbindlichsten Dank abzustatten.
Mit grosser Freude können wir weiter von der höchst wahr-
scheinlich bevorstehenden Gründung einer Vogelwarte auf der
Kronstadter Nehrung im Finnischen Meerbusen bei St. Peters-
burg berichten. Se. Excellenz Herr Prof. Dr. von Kaygorodoff
aus Petersburg hatte unserer Vogelwarte seinen Besuch für den
20. bis 22. August in Aussicht gestellt, um die hiesigen Einrich-
tungen kennen zu lernen und nach deren Muster die Gründung
einer Station auf oben genannter Nehrung bei der russischen
Regierung zu befürworten. Leider kam Se. Excellenz nur bis
Cranz, wo die Reise krankheitshalber aufgegeben werden musste,
So konnten die Verhandlungen nur brieflich geführt werden.
I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 155
Sollte die Gründung obiger Station gelingen, so wäre für Rossitten
eine höchst günstige Correspondenzanstalt geschaffen, da anzu-
nehmen ist, dass sehr viele Vögel, die die Kurische Nehrung
passieren, vorher an Petersburg vorbeigezogen sind. Die Ver-
gleichung der beiderseitigen Beobachtungsdaten würde manche
interessanten Ergebnisse zu Tage fördern, zumal zu erwarten
steht, dass auch Prof. Dr. J. A. Palmen in Helsingfors, wie
er mir unterm 12. September 1901 schreibt, demnächst Musse
finden wird, der Frage des Vogelzuges wieder seine bewährte
Kraft zu widmen.
Der Verkehr unserer Anstalt mit auswärtigen Instituten und
einzelnen Ornithologen war sehr lebhaft. Von allen Gegenden
Deutschlands und des Auslandes liefen Bestellungen, Anfragen
und Erkundigungen verschiedensten Inhalts ein. Material, das
aus erlegten, teilweise auch lebenden Vögeln, Mäusen, Schädeln,
Vogelparasiten etc. bestand, konnte unter anderen an das Kaiser-
liche Gesundheitsamt in Berlin, ferner an die Königlichen zoolo-
gischen Museen in Berlin und Königsberg und an den zoologischen
Garten der letztgenannten Stadt gesandt werden.
Das Bibliotheks- Verzeichnis der Vogelwarte weist 192
Nummern, zum grössten Teil aus Sonderabdrücken bestehend, auf.
Folgende Autoren haben Schriften bezw. Werke eingeschickt, wobei
ich bemerke, dass ich die Namen in der Reihenfolge aufführe,
wie sie im Verzeichnis, den Eingangsdaten nach, eingetragen sind:
Dr. F. Henrici — Marienwerder.
H. Schalow — Berlin.
Dr. P. L. Selater — London.
Herluf Winge — Kopenhagen.
F. Koske — Stettin.
Dr. Fr. Lindner — Osterwieck a./H.
Prof. Dr. J. A. Palmen — Helsingfors.
Prof. Dr. A. Reichenow — Berlin.
Prof. Dr. Eckstein — Eberswalde.
Michael Härms — Samhof i. Livl.
H. Kemke — Königsberg i./Pr.
Prof. Dr. J. Cabanis — Berlin.
0. Reiser und Johann Knotek — Sarajewo.
Dr. P. Speiser — Berlin.
11*
156 3. Thienemann:
Indem wir den genannten Herren für die freundlichen Zu-
sendungen unsern verbindlichsten Dank aussprechen, geben wir
zugleich auch hier nochmals der ergebenenen Bitte Ausdruck,
zur Vergrösserung unserer Bibliothek durch weitere Sendungen
von einschlägigen Werken und Sonderabdrücken beizutragen, und
verweisen im übrigen auf den betreffenden Aufruf von H. Schalow
in den Ornith. Monatsber. 1901 S. 61.
Schliesslich hat es unserer Station auch nicht an ander-
weitigen Zuwendungen gefehlt. Eine besondere Auszeichnung
erfuhr dieselbe dadurch, dass Seine Königliche Hoheit Fürst
Ferdinand von Bulgarien, Prinz von Sachsen-Koburg-
Gotha, unterm 19. August 1901 durch Herrn Direktor Dr. Paul
Leverkühn dem Leiter der Anstalt 200 Mark aus der Privat-
schatulle zu übersenden geruhte, „behufs Förderung dieser nützlichen
und für die Klärung vieler Fragen bedeutsamen Institution.“ Die
Vogelwarte Rossitten verfehlt nicht, auch an dieser Stelle Sr.
Königlichen Hoheit nochmals ihren unterthänigsten Dank
auszusprechen.
Fernere Geldspenden gingen ein von Herrn Rittergutsbesitzer
Schuhart auf Müggen und Herrn Dr. Peters aus Berlin, und
schliesslich wurde der Vogelwarte noch gestiftet:
1 Wärmapparat zur Winterfütterung der Vögel von Herrn
Freiherrn von Berlepsch.
1 Insekten-Fanglaterne von Herrn Regierungsrat Prof. _
Dr. G. Rörig.
1 lebender Jagd-Uhu von Herrn Rittmeister z. D. Meier-
Louisenberg.
Ein Posten Durchschnitte v. Berlepsch’scher Nistkästen
zum Aufhängen im Sammlungsraum, nebst 1 Dutzend Futter-
hölzer zur Winterfütterung der Vögel von der Firma H. und O.
Scheid in Büren i./W.
1 Stamm japanische Seidenhühner zur Aufzucht von
Vögeln von Herrn Apotheker Schemmel in Ludwigsburg i./Württ.
Auch darf nicht unerwähnt bleiben, dass Herr Zimmer-
mann aus Danzig der Vogelwarte nicht nur einige ausgestopfte
Vögel schenkte, sondern sich auch während seines Rossitter
Aufenthaltes im September dieses Jahres insofern um die Anstalt
verdient machte, dass er mehrere Vögel für die Sammlung stopfte.
Allen den freundlichen Gebern sprechen wir im Namen der
Anstalt unsern verbindlichsten Dank aus.
1. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 157
Anlage 1.
Verzeichnis der von der Vogelwarte für die Sammlung in
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Rossitten im Jahre 1901 präparierten Vögel.
Sylvia simplex, Gartengrasmücke.
Certhia familiaris, Baumläufer.
Corvus cornix, Nebelkrähe (Albino.)
Nyctala tengmalmi, Rauhfusskauz«
Asio accipitrinus, Sumpfohreule.
Cerchneis vespertina juv., Rotfussfalk.
Cerchneis linnuncula 2 juv., Turmfalk.
Aquila pomarina, Schreiadler.
Circus cyaneus @ ad., Kornweihe.
Circus macrourus juv., Steppenweihe.
Circus macrourus 2 ad., Steppenweihe.
Fulica atra pull., Blässhuhn.
Gallinula chloropus pull. und Embryo, Grünfüssiges Teich-
huhn.
Limosa lapponica, Pfuhlschnepfe.
Tringa ferruginea, Bogenschnäblicher Strandläufer.
Tringa alpina, Alpenstrandläufer.
Calidris arenaria, Sanderling.
Phalaropus lobatus, Wassertreter.
Anas querquedula Dunenkld., Knäkente.
Anas boschas Dunenkld., Stockente.
Nyroca ferina Dunenkld., Tafelente.
Somateria mollissima, Eiderente.
Sterna hirundo Dunenkld., Flussseeschwalbe.
Sterna hirundo Halbdunen., Flussseeschwalbe.
Larus ridibundus Halbdunen., Lachmöve.
Larus ridibundus ad., Lachmöve.
Larus fuscus ad., Heringsmöve.
Stercorarius pomarhinus &, Mittlere Raubmöve.
Stercorarius parasiticus juv., Schmarotzer-Raubmöve.
Colymbus eristatus, Haubensteissfuss.
Urinator septentrionalis, Nordseetaucher.
Uria grylle 3, Gryliteist.
Alca torda, Eisalk.
Zusammen 43 Vögel,
158
J. Thienemann:
Anlage 2.
Auszug aus der Besucherliste des Museums der Vogelwarte.
1.
2.
3.
4
=
Herr Adam Dr. —- Mohrungen.
Ballo Gutsbesitzer — Kleinheide.
Bock Reg. und Forstrat — Königsberg i./Pr.
Boehme Dr. Generalsekretär vom Ostpr. landwirt-
schaftlichen Centralverein — Königsberg i./Pr.
Bunge Dr. Privatdozent für Chirurgie — Königs-
berg i./Pr.
Dorner stud. med. — Königsberg i./Pr.
Flöss Gutsbesitzer — Russland.
Guthzeit Dr. — Königsberg i./Pr.
Guthzeit Dr. phil. Hofrat — Leipzig.
Hilbert Dr. — Sensburg.
Kemke Bibliothekar der physikl. oekonon. Gesell-
schaft — Königsberg i./Pr.
Klien Dr. Arzt — Leipzig.
Krüger Hptm. z. D. — Recklinghausen i./W.
Labhardt Dr. prakt. Arzt — Basel.
Meyer Landesrat — Königsberg i./Pr.
Mohraum Regierungsrat — Cassel.
Nay Regierungsrat — Königsberg i./Pr.
Neckel Öberstabsarzt i. Feld. Art. Reg. — Kö-
nigsberg i./Pr.
Peters Dr. Hilfsarbeiter am Kaiserl. Gesundheits-
amt — Berlin.
v. Reckow Kadett Lichterfelde — Wiesbaden.
v. Riesenthal Hauptmann — Bartenstein.
G. Rörig Regierungsrat Professor Dr. — Berlin.
Roth Regierungsrat — Königsberg i./Pr.
Schemmel Apotheker — Ludwigsburg i./Württemb.
Schmall Dr. Arzt — Königsberg i./Pr.
Strickstrak Dr. Gymnasiallehrer — Dirschau.
Symanski Landgerichtsrat — Königsberg i./Pr.
Symanski Oberlieutnant z. See — Kiel.
Johannes Trojan — Berlin.
v. Volkmann Reg. Assessor — Kassel.
v. Waldow Regierungs-Präsident — Königsber i./Pr.
W. Weltner cand. jur. — Königsberg i./Pr.
I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 159
33. Herr Ziemann Regierungsrat — Königsberg i./Pr.
34. ,„ Th. Zimmermann Rentier — Danzig.
II. Wissenschaftlicher Teil.
Als Einleitung zum wissenschaftlichen Teile unseres ersten
Jahresberichtes bringe ich zunächst meine Beobachtungen, die
ich schon vor der offiziellen Eröffnung der Vogelwarte in Rossitten
angestellt habe. Dieselben sind noch nicht veröffentlicht und
wurden nur in einigen Vorträgen benutzt. Ich habe schon vom
Jahre 1896 an die Kurische Nehrung besucht und zwar immer
genau um dieselbe Jahreszeit, da mir zur Reise nur die
stets fast an demselben Datum beginnenden grossen Ferien zur
Verfügung standen. So ist Gelegenheit geboten, zwischen den
einzelnen Jahren instruktive Vergleichungen anzustellen.
Mit Absicht wähle ich zunächst bei meinen Darstellungen
die mehr tagebuchartige Form, weil sich der Leser so leichter
ein deutliches Bild von den hiesigen ornithologischen Verhältnissen
machen kann. Späteren Jahresberichten bleibt es vorbehalten, das
angesammelte Material nach einem einheitlichen, noch festzu-
setzenden Plane zu verarbeiten.
1396.
Am 18. Juli betrete ich zum ersten Male den Nehrungsstrand.
19. Juli: Erster Besuch des Bruches, der eine grosse
Kolonie der Lachmöve (Larus ridibundus) und der Flusssee-
schwalbe(Sierna hirundo) beherbergt. Beide haben bereits flug-
bare Junge, die entweder zu Tausenden am Bruchrande sitzend
dem Beobachter sich von weitem als grosse weisse Flächen
präsentieren, oder bei ihrem Auffliegen wolkenartig die Luft
durchschwärmen. Der Lärm ist ohrenbetäubend. Zuweilen werden
wir namentlich von den alten Seeschwalben, die uns beinahe an
den Kopf fliegen, heftig angegriffen. Es geschieht das von solchen
Pärchen, die sich mit der Brut etwas verspätet haben und deren
Dunenjunge wir wie Trupps kleiner Federbällchen dem schützendem
Rohrdickicht schwimmend zueilen sehen. Auf der am Westrande
des Bruches gelegenen grossen Blänke tummeln sich viel Schwarz-
halstaucher (Colymbus nigricollis) umher, die kolonieweise im
Schachtelbalm, oder in nicht zu dichten Schilfpartien nisten.
160 J. Thienemann:
Gleich am ersten Tage habe ich auch die Freude, den
charakteristischen Nehrungsvogel, den Karmingimpel (Carpo-
dacus erythrinus), zu beobachten. Ein Weibchen badet sich in
einem Wassergraben am Waldrande.
20. Juli: Früh nach der Vogelwiese. Mehrere Regen-
brachvögel (Numenius phaeopus), die sich sehr scheu zeigen,
und einige kleine Tringen-Flüge beobachtet.
21. Juli: Den Bruch mit dem Kahne befahren. 1 Actitis
hypoleucus erlegt. Von Fr. Lindner war ich vor meiner Abreise
nach Rossitten auf eine besondere Seeschwalbenart aufmerksam
gemacht. worden, die ausser Sterna hirundo noch auf dem Bruche
nisten sollte. Sie wäre etwas grösser als die gemeine Seeschwalbe
und hätte taktmässigere Flügelschläge. Ich glaubte dieselbe
heute auch wirklich zu beobachten. Nachdem sich aber durch
die täglichen Besuche des Bruches das Auge an den umher-
schwirrenden Vogelwirrwarr mehr gewöhnt hatte, so dass einem
ein fremdes Flugbild sofort auffiel, muss ich sagen, dass ich
mich in der ersten Zeit sicher geirrt habe. Sterna hirundo hat
nämlich die Eigentümlichkeit, im Affekt, z. B. wenn sie von Art-
genossen verfolgt wird, einen andern Flug anzunehmen, wodurch
man leicht getäuscht werden kann. Ich habe bis jetzt nur die ge-
wöhnliche Flussseeschwalbe brütend am Bruch konstatieren können.
22. Juli: Am Haff eine grosse Anzahl Trauersee-
schwalben (Hydrochelidon nigra), die nicht wie Sterna hirundo
bei der Nahrungssuche kräftig ins Wasser stossen, sondern nur
die Insekten von der Oberfläche höchst geschickt wegfischen.
Ein erlegtes Exemplar hat nur Wasserinsekten im Magen.
Ich fange 1 flügges Junges von Carpodacus erythrinus, das,
von mir verfolgt, in ein Getreidefeld einfällt. Das alte Weibchen
zeigt sich dabei sehr ängstlich und lässt den Warnungsruf, der
dem von Chloris hortensis sehr ähnlich ist, ununterbrochen hören.
Das Männchen, welches noch grau ist, kommt nur einmal flüchtig.
Das Junge nimmt in der Gefangenschaft noch nicht selbständig
Nahrung auf und stirbt trotz Stopfens.
23. Juli: Am Bruch 1 Limosa aegocephala $ als neue
Species für die Nehrung erlegt. Am Haff 6 Trauersee-
schwalben geschossen, von denen nur eine das ganz schwarze
Sommerkleid trägt, während die übrigen um den Schnabel herum
schon das Weiss des Winterkleides bekommen.
I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 161
Das Wetter ist bis jetzt immer furchtbar heiss, so dass mit
dem Vogelzuge noch nicht viel los ist. Es waren bisher nur
‚einige Totaniden, (glareola, ochropus, pugnax, hypoleucus), Tringen
und wenige Limosen zu bemerken. Sehr häufig ist Lanius
collurio bei Rossitten.
24. Juli: Am Haff Charadrius curonicus. In den Weiden-
büschen daselbst treffe ich wieder ein Weibchen von Carpodacus
erythrinus an, das den Warnungsruf ununterbrochen hören lässt,
also Junge in der Nähe hat. Der Vogel lässt sich ganz nahe
ankommen.
25. Juli: Ciconia alba schwärmt über dem Bruche. Am
Ufer stehen verschiedene Bekassinen vor mir auf. Erlegt: 1
Totanus pugnax, 1 Tot. hypoleucus und 1 Tringa subarcuata 9,
‚letzteres im schönen roten Sommerkleide. In den Kunzener
ı Büschen junge ausgeflogene Heidelerchen beobachtet.
Cuculus canorus bei Pillkoppen. Die ziehenden Kuckucke
‚halten sich hier an Örtlichkeiten auf, wo man sie auf dem Fest-
'Jande nicht zu beobachten Gelegenheit hat, z. B. mitten im Dorfe
‚in niedrigen Büschen und Bäumen, oder auf ganz kahlen, mit
‚spärlichen Weidensträuchern bewachsenen Sandstrecken.
27. Juli: Der Zug von Fringilla coelebs beginnt. Es sind
nur Weibchen und Junge zu bemerken, die sich zu grossen Flügen
zusammengeschlagen haben und in den Büschen umhertreiben.
Am Bruch viel Bekassinen.
28. Juli: Totanus pugnax und glareola, Gallinago caelestis
und major, Tringa minuta, Numenien und Limosen beobachtet
und teilweise auch erlegt. Die grosse Sumpfschnepfe gehört
hier zu den seltneren Erscheinungen. Von allen den erwähnten
Vögeln sind noch sehr wenige Exemplare hier zu bemerken, da
die unerträgliche Hitze immer noch anhält.
Wieder ein Pärchen von Carpodacus erythrinus beobachtet.
Das $ sehr schön rot. Beide lassen den Warnungsruf fortwährend
hören. Riesige Schwärme von jungen Staren, die abends ins
Rohr einfallen.
29. Juli: Die Lachmöven fangen an, sich von ihren Brut-
plätzen am Bruche nach dem Haff wegzuziehen.
30. Juli: Gang durch die Felder. 1 Buteo vulgaris schwärmt
umher. Rehe im Getreide, die mir durch ihre fahlgelbe Färbung
sehr auffallen.
162 J. Thienemann:
31. Juli: Unter den täglich zu beobachtenden Totanus)
glareola befinden sich heute auch einige Tot. littoreus. Wieder
1 Pärchen Carpodacus erythrinus gesehen. Männchen rot. |
1. August: Am Bruch viel Bekassinen, sonst nur die
gewöhnlich zu beobachtenden Vögel. Die furchtbare Hitze hält
immer noch an. |
2. August: Im Walde Coracias garrula, an einem Graben
Gallinago major. Im Garten viel Fringilla coelebs Q$ und Junge.
Einige der letzteren versuchen zu schlagen.
3. August: 1 Totanus fuscus, sehr scheu. Im Garten finde
ich ein Nest von Sylvia nisoria in Tischhöhe in einem Busche.
Darin sitzt ein grosser Frosch. Das Nest ist leer. Gegen Abend
nach dem Bruche zum Enteneinfall.e. 1 Fuchs geschossen. Es
blitzt und donnert heftig, aber wir bekommen nur wenig Regen.
4. August: Wetterumschlag. Die Hitze ist glücklich vor-
über. Starker W. zuweilen mit feinem Regen. Früh nach dem
Bruche. Hier herrscht gleich regeres Leben. Ziemlich viel
Totaniden: gloreola, pugnaz, littoreus und fuscus, ebenso einige
Limosen.
Nachmittags nach der Vogelwiese: Es war zu beobachten:
1 kleiner Flug Tringa alpina, Totanus glareola, mehrere Chara-
drius curonicus, hiaticula und pluvialis, ferner ein grosser Schwarm
Numenien. Erlegt: 1 Numenius arcuatus $ juv., je 1 Charadrius
pluvialis und curonicus und 1 Tringa alpina. Die Alpenstrand-
läufer tragen alle noch das Sommerkleid. Die Brachvögel legen
grosse Strecken in verhältnismässig kurzer Zeit zu Fuss zurück.
Mageninhalt von Numenius arcuatus: Fast ausschiesslich
Riesenohrwürmer (Forficula gigantea), die von den Vögeln mit
ihrem pinzettenartigen Schnabel aus dem Sande sehr geschickt
herausgeholt wurden, wie ich aus nächster Nähe beobachten
konnte. Es wird einem selten vergönnt, die überaus scheuen
Numenien in ihrem Thun und Treiben genauer zu beobachten.
Ich hatte mich damals in eine Sandvertiefung platt hingelegt
und genoss die Freude, die prächtigen Vögel wie eine ausge-
- schwärmte Schützenlinie auf mich losmarschieren zu sehen, wo-
bei sie bald links, bald rechts mit dem Schnabel in den Sand fuhren.
Mageninhalt von Charadrius pluvialis: Würmer und Käferchen,
die aus feuchtem Sande herausgeholt waren.
Von Pillkoppeu wird ein erlegter Falco vespertinus juv.
geschickte Am Hafi- und Seestrande Unmassen von ange-
I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 163
'schwemmten roten Marienkäferchen. So hat der Wetterumschlag
‚gleich etwas Leben in den Vogelzug gebracht.
| 5. August: Der W. schwächer als gestern. Ungefähr die-
selben Vögel wie gestern beobachtet. Wieder eine Limosa aego-
‚cephala erlegt, die das frühere Exemplar vom 23. Julian Grösse ganz
bedeutend übertrifft. Überhaupt sind die Grössenunterschiede
bei den Limosen ganz enorme, so dass man die Vögel von weitem
leicht für andere Arten halten kann. Ferner 1 Totanus calidris
beobachtet, der hier zu den seltneren Erscheinungen gehört. Auf
der Vogelwiese bei weitem nicht mehr soviel Leben wie gestern.
1 Tringa alpina schinei geschossen. Wir suchen, durch die
Brachvögel darauf aufmerksam gemacht, die seltenen Riesenohr-
würmer (Forficula gigantea), die senkrecht in einem kleinen
Sandkessel sitzen, so dass der Kopf zu sehen ist. Auch unter
kleinen Sandhäufchen sind sie zuweilen zu finden.
6. August: Bei einer Fahrt nach Pillkoppen Melvus migrans
beobachtet. Auf den Telegraphendrähten 20—30 ziehende Falco
tinnunculus, Weibchen oder Junge. Kein grauköpfiges Männchen
darunter. Bei Pillkoppen Falco vespertinus juv.
7. August: Den eigenartigen Pillkopper Kirchhof?) besucht.
Auf der nassen Pallwe daneben nur einige gewöhnliche Strand-
vogelarten. Gegen Abend zur Brachvogeljagd, wobei wir einen
berittenen Treiber benutzen, uns selber aber platt auf die Erde
legen. Drei Numenius arcuatus geschossen.
Mageninhalt von Nr. 1: fast ausschliesslich Riesenohr-
würmer. Nr. 2: zerkleinerte Heuschrecken. Nr. 3: In Schlund
und Magen grosse Fliegenlarven.
Auffallend, dass jedes Exemplar, obgleich an ein it derselben
Örtlichkeit erlegt, nur einerlei im Magen hat.
Anthus campestris erbeutet.
8. August: Klares, etwas kühles Wetter. 1 Limicola pla-
iyrhyncha ad. am Pillkopper Kirchhofe erlegt.
9. August: Rückfahrt von Pillkoppen nach Rossitten übers
Haff. Viel Möven unterwegs beobachtet, namentlich L. ridibundus
und canus, welche letztere seit einigen Tagen häufiger zu sehen
ist. Nachmittags ziehen viel Numenien über Rossitten. Unter
den Dachpfannen an manchen Häusern zirpen noch junge Cyp-
selus apus, der hier ziemlich häufig ist.
1) Im Jahre 1900 unter der Wanderdüne verschwunden.
164 J. Thienemann:
10. August: Wieder ziemlich warmes Wetter. Gallinago:
major erlegt, Limosa lapponica beobachtet. Gegen Abend sehe:
ich zum ersten Male Elche in freier Wildbahn.
11. August: Heisser Tag. Limosa lapponica erlegt; sonst:
nichts Besonderes. \
12. August: Trübes Wetter. Letzter Tag in Rossitten..
Am Haff Unmassen von Uferschwalben (Olivieola riparia), die:
sich zum Zuge zusammengeschart haben. Vom Bruch sind die:
Lachmöven nun fast ganz verschwunden. Seeschwalben sind.
noch zahlreicher da. Viel Bekassinen. 5 geschossen. 1 To--
tanus calidris gesehen.
1892.
Am 17. Juli Ankunft in Rossitten.
19. Juli: Auf der Vogelwiese reiches Vogelleben. Ein
Schwarm von ungefähr 20 der seltenen Limicola platyrhyncha,
vermischt mit einigen Zringa alpina schinzi und temmincki ist
das Bemerkenswerteste. Die Limicola ist bei einiger Übung
nicht schwer von den kleinen Zringen zu unterscheiden. Ihr
Gebaren, namentlich beim Laufen, und ihr: Ruf beim Auffliegen
sind anders, letzterer trillernder als der von Tr. alpina. Grosse
Scharen von Brachvögeln stolzieren auf der Wiese umher,
auch kleine Regenpfeifer sind zu bemerken. Ich erlege 5
Limicola platyrhyncha, 1 Tringa temmincki, 1 Tringa alpina, ]
Tr. alpina schinzi und 1 Numenius phaeopus.
Die Tage vorher waren regnerisch.
20. Juli: Auf der Vogelwiese ist alles verschwunden, ein
Beweis dafür, wie regelmässig man auf einer Vogelraststation
wie hier beobachten muss. Heute wimmelt es von einer Vogel-
species, morgen ist alles weg. So ist es oft.
Am Bruch 1 Limose beobachtet, eine Anas querquedula,
1 Oolymbus nigricollis juv. erlegt. Letzterer sehr fett. Der
Magen ganz voll Federn, sonst wenig andere Stoffe darin zu finden.
21. Juli: Eine einzelne Limicola platyrhyncha, ebenso 1
Charadrius pluvialis mit noch schöner schwarzer Unterseite erlegt.
Unter den Ziegeln eines ganz niedrigen Fischerhauses brütet
Oypselus apus, ich möchte sagen kolonieweise. 5—6 Nester dicht
nebeneinander. Die darin befindlichen flüggen Jungen schreien
beim Herannahen der Alteu ganz wie diese und sperren dabei
den Schnabel weit auf. Ich kann die Nester mit dem Spazier-
stocke erreichen.
I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 165
Es gelangen ferner zur Beobachtung Charadrius curonicus,
23. Juli: 1 Oolymbus eristatus juv. und 1 Col. nigricollis
'& erlegt. Der Mageninhalt des letzteren besteht zum grössten
Teile aus Federn und einigen wenigen Insektenüberresten. Die
Federn stammen meist vom Taucher selbst, einige scheinen auch
einem anderen Vogel (Möwe oder Seeschwalbe) anzugehören.
Ferner fällt auf, dass manche Federn an der oberen Spitze wie
mit der Schere abgeschnitten erscheinen. Viele sind ganz und
gar zerknickt und haben abgeriebene Fahnen, da sie anscheinend
schon sehr lange im Magen sich befunden haben. Auch einige
| Holzstückchen und kleine, grüne Pflanzenteilchen und Fasern sind
| vorhanden. Steinchen garnicht. Der Inhalt riecht stark thranig.
26. Juli: Am Haff Hydrochelidon nigra. Totanus ochropus,
‘der hier weit seltner ist als glareola, erlegt.
27. Juli: Beim Enteneinfall auf dem Bruche werden erlegt:
Fuligula ferina, der die Schwungfedern gerade fehlen, ebenso
“ein Dunenjunges derselben Species, ferner Anas boschas und A.
clypeata. Acrocephalus phragmitis singend. Bisher immer ruhiges,
heiteres, oft heisses Wetter mit schwachem Westwinde.
28. Juli: Wetterumschlag. Regen, heftiger Wind aus N.
Im Walde viel Laubsänger und Buchfinkenweibchen auf
dem Zuge.
29. Juli: Regen und Ostwind. Auf der Vogelwiese wenige
Tringen. Eine alpina schinzi erlegt. Am Hafistrande Larus fuscus.
30. Juli: Der Ostwind bringt diesmal nichts Besonderes.
Nur Schwalben und junge Stare sind in grossen Schwärmen
zu beobachten. Im Garten wird ein junger Carpodacus erythrinus
von den Alten gefüttert.
2. August: Der Steppenweihenzug beginnt. Sonst ausser
den gewöhnlichen Totaniden und Charadrien nichts Besonderes.
3. August: Nordwind. Lanius minor erlegt, aber leider
nicht gefunden. Dasselbe Missgeschick passiert mir an dem Tage
noch mit Circus macrurus und Totanus pugnax. Saxicola oenan-
the auf dem Zuge. Ich bemerke lauter braune Kleider, keine
alten Männchen, die demnach getrennt zu ziehen scheinen. Im
Walde viel Laubsänger. 3 Tadorna damiatıca von Herrn
Tiermaler Krüger beobachtet.
166 J. Thienemann:
Am Nachmittag 2 Circus macrurus erlegt. Ferner erbeute
ich ein prächtiges Männchen von Hirundo rustica pagorum mit
schöner gelber Unterseite und sehr dunkler Kehle als neu für
die Nehrung. Der Vogel hat jedenfalls hier gebrütet. Die
Testikel sind sehr stark entwickelt. Masse: Länge: 20,4 cm,
Fittich: 13 cm, Schwanz: 12 cm. Schwanz ragt über Flügel-
spitzen: 4,2 cm.
4. August: Man beobachtet jetzt namentlich an durch-
ziehenden Vögeln: riesige Schwärme von Sturnus vulgaris (nur
Junge), ferner von Herundo rustica und namentlich Chelidonaria
urbica. Dann Fringilla coelebs Q$ und Junge und Phylloscopus-
Arten; Zrochilus hört man einzeln singen. Es sind das wahr-
scheinlich auch junge Männchen, wie die jetzt zuweilen leise
schlagenden Buchfinken, Oueulus canorus und Oriolus galbula.
Auch Upupa epops wird gesehen.
5. August: Das Wetter immer schön und still. Bei Pill-
koppen 1 Flug Brachvögel. Im Dorfe selbst treiben sich Picus
maior und der hier seltenere Prceus medius umher, die in Er-
mangelung von geeigneten Bäumen an Bretterzäunen und Wäsche-
pfählen umherklettern und sich sehr vertraut zeigen. Überall
schwärmen Steppenweihen umher. Der Strandvogelzug ist
bei dem schönen Wetter ganz ins Stocken geraten.
7. August: Eine durch Anfliegen an den Telegraphendraht
getötete Ortygometra porzana wird mir gebracht. Es ist ganz
auffallend, wie oft gerade dieser Vogel auf solche Weise sein
Ende findet. Man kann nur annehmen, dass er genau in der
den Drähten entsprechenden Höhe seinen Zug in der Nacht unter-
nimmt und nicht von dieser Regel abweicht. Mageninhalt:
Sämereien und Steinchen. Am Bruch ein einzelner Totanus calidris.
9. August: An der Pelk grosse Schwärme von COliwvicola
riparia, die sich auf dem Durchzuge befinden. Am Bruch Limosa
lapponica. Falco vespertinus juv. wieder auf dem Zuge. 1 Exem-
plar erlegt.
10. August: Der Zug von Sazwicola oenanthe setzt sich fort,
ebenso von Clivicola riparia.
11. August: Früh Regenschauer bei SW. dann klärt es auf.
Überall Steppenweihen zu beobachten.
12. August: Letzter Tag in Rossitten. NO. Caprimulgus
europaeus auf dem Zuge. Auf dem Haff ganze Schwärme von
Larus minutus. Von den erlegten Exemplaren befinden sich
I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 167
‚mehrere schon im Übergangskleide. Herr Krüger beobachtet
einen Anthus cervinus.
1898.
16. Juli: Ankunft in Rossitten.
17. Juli: Einen echten Albino von Hirundo urbica juv. aus
einem Schwarm normal gefärbter Schwalben herausgeschossen.
13 Juli: Wetter sehr unbeständig und kühl. Viel Nieder-
schläge, so dass in diesem Jahre die hiesigen Wiesen viel nasser
‚sind wie früher.
Auf dem Bruche heuer aussergewöhnlich viel Taucher,
namentlich Colymbus nigricollis, zu beobachten, dafür aber noch
keine Strandvögel. Auf der Vogelwiese 2 Kraniche.
19. Juli: Wetter trübe, W. Gegen Mittag ein heftiger Regen.
Auf der Vogelwiese Numenien- und kleine Zringen-Schwärme,
ebenso die üblichen Totaniden und Charadrien. Am Haff Larus
minutus.
21. Juli: Starker SW. Motacilla melanope als neu für
die Nehrung erlegt. Carpodacus erythrinus häufig in den
Büschen am Haff. Auf der Vogelwiese 6 Limicola platyrhyncha
(cfr. den vorjährigen Teımin!), 2 Tringa subarcuata, 2 Tringa
alpina und 1 Tringa alpina schinzi gesammelt. Die Limicolae
sind genau an derselben Stelle zu beobachten, wie im vorigen
Jahre am 19. Juli, nur benehmen sie sich insofern etwas anders,
als sie sich diesmal im Sumpfe niederducken, während sie sonst
frei umherliefen.
22. Juli: Der Wind aus SW. hat nachgelassen. Die Limi-
cola ist von der Vogelwiese verschwunden. Der Tringen-Schwarm,
(bestehend aus subarcuata, schinzt und alpina) noch zu beobachten.
Schinzi scheint also jetzt garnicht selten zu sein. Totaniden und
Larus minutus zu beobachten. 1 erlegter Totanus glareola
trägt sehr braunes Colorit.
23. Juli: Das Wetter ist klar und warm geworden. Leichter
SO. Schwärme von Numenius phaeopus. Totanus ochropus im
Walde beobachtet.
25. Juli: Heftiger Sturm aus SW. mit Regen. Juuge
weisse Bachstelzen sind auf dem Zuge.
26. Juli: Der heftige SW. hält an. Regen. Die üblichen
Totaniden und Tringen.
27. Juli: Früh Regen, zu Mittag hellt sichs auf. Beim
Enteneinfall 4 Fuligula ferina geschossen.
168 J. Thienemann:
28. Juli: Schönes, sonniges Wetter, Auf dem Felde im
unreifen Getreide ziemlich viel Corpodacus erythrinus zu be--
obachten. Unreife Sämereien werden von diesen Vögeln sehr:
geliebt. Einige Limosen gesehen. |
29. Juli: Fahrt nach Pillkoppen. Falco peregrinus auf
den Dünen. Lanius excubitor beobachtet. |
30. Juli: Feuchter Nebel mit Regen und W. Wind. Auf!
der Entenjagd 3 Anas crecca, 1 A. boschas und 1 Fuligula cris-:
tata &, letztere als neue Species fur die Nehrung erlegt..
Die Reiherente hat im Magen ausschliesslich Sämereien und zwar
dreieckige von Polygonum. 3 Tringa alpina, darunter 1 schinzi'
erlegt. |
31. Juli: W. Abends Regen. Zum ersten Male Totanus
litioreus in diesem Jahre beobachtet.
1. August: Weststurm. Bei der Entenjagd auf dem Bruch,
wobei ich 5 Anas querquedula, 3 Anas crecca, 1 A. boschas, und
1 Fuligula ferina erbeute, treffe ich auch eine kleine Rohr-
dommel (Ardetta minuta) an, die bisher noch nicht für die
Nehrung nachgewiesen war.
2 August: W. Ich fahre mit dem Dampfer nach Nidden,
um von da aus zu Fuss über die Nehrung zunächst nach Pill-
koppen zurückzuwandern. An den Niddener Lachen ist ausser
Numenien und Totaniden nichts von Bedeutung. Auf der Pallwe
erlege ich 1 Alauda arvensis g, über die ich bereits in den Orn.
Monatsber. IX. Jahrgang Nr. 5 berichtet habe. Das Exemplar,
das ausgeprägte fahle Sandfarbe trägt, ist viel heller wie die
mitteldeutschen Stücke. Es bildet unter den hier beobachteten
3 Feldlerchenfärbungen das Extrem in hell.
An den Lachen am Pillkopper Kirchhofe ein grosser Schwarm
Tringen (meist alpina). Ich habe Gelegenheit, die eigenartigen
Flugübungen anzusehen, welche diese Vögel, in dicht geschlossenem
Schwarme pfeilschnell dahinsausend, ausführen. Jetzt jagen sie
an mir vorbei, dass man ein Brausen vernimmt; da plötzlich wie
auf Kommando eine kleine Schwenkung, und sämtliche schwarzen
Bäuche mit den weissen Federteilen sind dem Beschauer wie
eine grosse weissbunte Scheibe zugekehrt, die sich im nächsten
Augenblicke wieder wendet, so dass die andere Seite, die dunkeln
Rücken, sichtbar werden. Dann sind die Vögel plötzlich wie
mit einem Zauberschlage aus der Luft verschwunden. Was ist’s?
Der schmale nur schwer sichtbare Querschnitt der dicht gedrängten
I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 169
genau in einer Ebene fliegenden Vogelmasse, den unser Auge
erst aufsuchen muss, war uns zugekehrt. Es gewährt einen eigen-
artigen Anblick, diese eleganten Schwenkungen bei Abend-
beleuchtung, mit den hohen Dünen im Hintergrunde, anzusehen.
Spät in der Dunkelheit komme ich in dem einfachen Dorf-
wirtshause in Pillkoppen an. Nach dem Abendessen führt mich
der Wirt in die „Logierstube,“ wo bereits zwei mir ganz fremde
Männer in den Betten schnarchen, und hängt dem einen mein
Gewehr recht handlich über sein Lager. Dann schliesst er von
aussen die Thüre zu. Jedenfalls ein etwas eigentümliches Ver-
fahren, aber hier auf der Nehrung ist man harmlos. Ich schlafe
wie gewiegt, um am nächsten Tage, am
3. August zeitig wieder aufzubrechen. Die Sonne brennt
heiss, der Wind weht leicht aus SW. In den niedrigen Erlen-
büschen treiben sich mehrere auf dem Zuge befindliche Ku ckucke
umher. Auf den Telegraphendrähten Lanius excubitor. Ein
Pieper, den ich für Anthus cervinus halte, läuft vor mir her.
Leider bekomme ich ihn nicht. Ich erreiche den Wald.
Plötzlich fliegen zwei winzige, mir fremdartig erscheinende
Vögelchen auf und wollen in den Baumkronen verschwinden.
Ich schiesse sie schnell hintereinander und erkenne sie zu meiner
srossen Freude als ein Pärchen von Muscicapa parva, das sicher
hier bei Rossitten gebrütet hat, was bisher noch nicht nachge-
wiesen war. Die Vögel sind in der Mauser. Das Männchen
hat einen grossen Schmetterling im Magen. Auf der Vogel-
wiese ein Schwarm von 10 Limicola platyrhyncha, die sich dies-
mal in Gesellschaft von mehreren Bruchwasserläufern und kleinen
Regenpfeifern befinden und darum ziemlich scheu sind. Sie
trippeln vor mir emsig am Wasser entlang, zuweilen bis an den
Bauch hineinwatend, oder schnell ein Bad nehmend. Plötzlich
stieben sie ab auf Nimmerwiedersehen.
4. August: S. Wetter seit gestern schön warm. Nach-
mittags schlägt der Wind nach O., gegen Abend wieder nach
W. um. 1 Parus cristatus, die man hier selten sieht, im Walde.
5. August: W. Zwei Enten, die ich schiesse, Anas boscas
g& und A. crecca $ sind in der Mauser und zeigen Spuren des
Hochzeitskleides, erstere an der Brust und am Kopfe, letztere auf
dem Rücken.
6. August: An der See wird eine Larus marinus ad.
erlegt.
Journ, f. Orn. L. Jahrg. April 1902, 12
170 J. Thienemann:
8. August: Sehr heiss, leichter W. ZTotanus littoreus ist
in einigen Exemplaren am Bruch angekommen.
9. August: Furchtbar heisser Tag. Gegen Abend ein
starkes Gewitter. Nach Pillkoppen geritten. Auf der Pallwe
viel ziehende Saxzcola oenanthe, alle in braunen Kleidern. Diese
Vögel treiben sich an guten Zugtagen oft massenweise auf den
Triften umher und sind dann mit einem Schlage wieder ver-
schwunden. Auch der Zug von Falco vespertinus hat begonnen.
Auf den Telegraphendrähten 10—12 Stück, alle im Jugendkleide.
Sie stehen öfter förmlich in der Luft, aber anders wie Falco
tinnunculus, der in mehr senkrechter Stellung rüttelt. Flügel
und Schwanz bilden eine Fläche. Die Fänge sind am Leibe
sichtbar. Dann stossen die Vögel zur Erde nieder.
10. August: Wetter etwas trübe, leichter W. sSazicola
oenanthe vom vorhergehenden Tage ist wieder verschwunden.
3 Falco vespertinus juv. geschossen, deren Magen von Libellen-
resten, einigen Käfern und Sand vollgepfropft sind. Am Haf-
strande zwei Tringa minuta. Auf der Vogelwiese ziemlich viel
Totaniden und 1 Limicola platyrhyncha. Ami Bruch Ortygometra
porzana geschossen. In den Gärten beobachtet man jetzt viel
Muscicapa atricapilla, auf den Feldern riesige Starschwärme,
lauter Junge.
11. August: Dicht an der Dorfstrasse steht auf einer
kleinen Birke in Stubenhöhe ein Nest von Acanthis linaria, der
Brutvogel hier ist. Die Jungen sind eben ausgeflogen und
locken umher. Einen schiesse ich.
Unter 6 auf der Vogelwiese gesammelten Tringa alpina
befinden sich 2 schinzi. Eine junge Lachmöwe fängt auf der
Wiese Insekten und zeigt sich sehr vertraut. Sie hat im und am
After griessartige Auswüchse. Am Haffstrande 6 Stierna minuta.
Am Bruch 4 Fuligula ferina und 4 Anas querquedula erlegt,
ferner Ardetta minuta ganz aus der Nähe beobachtet. Schwärme
von Hirurda rustica und Sturnus vulgaris. Die Lachmöwen
und Seeschwalben sind von ihren Brutplätzen am Bruch fast
alle verschwunden. Auch die Schwarzhalstaucher, (Col.
nigricollis), von denen vor 3 Wochen so viele da waren, sind zum
grössten Teile schon weg.
12. August: SW, heiss. Auf der Vogelwiese ein grosser
Flug Totaniden. 1 T. kitioreus erlegt.
I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 171
13. August: Abreise von Rossitten. Ich nehme 2 lebende
Carpodacus erythrinus mit.
1899.
7. Juli: Grosse Schwärme von Numenius phaeopus auf der
Vogelwiese. Wetter schön warm.
8. Juli: Die Zahl der Brachvögel hat etwas abge-
nommen. Ein Schwarm Larus minutus im Haff. Mehrere junge
Alpenstrandläufer beobachtet. Grosse Schwärme von jungen
Staren, darunter auch ein semmelgelber.
9. Juli: Es sind wieder weniger Brachvögel geworden.
2 N. phaeopus erlegt.
11. Juli: Mehrere Coracias garrula im Walde, ebenso 1
Oiconia nigra. Die furchtbare Hitze hält an.
17. Juli: Die Reiherkolonie im Schwarzorter Walde be-
sucht. Dieselbe ist nicht mehr stark bevölkert. Es mögen viel-
leicht noch 10 Paare da horsten. Die Jungen sind bereits aus-
geflogen, hocken auf den umstehenden Bäumen und schwärmen
bei unserer Ankunft umher. Auch eine Anzahl Paare von Mil-
vus ater hat sich innerhalb der Kolonie angesiedelt.
19. Juli: heisses Wetter. 1 Erithacus titis (grau) im
Garten. Hier äusserst selten. Wohl erst einmal bei Cranz be-
obachtet.
20. Juli: Mehrere Bekassinen am Bruch.
22. Juli: Bei der Entenjagd 4 Anas boscas, 1 A. clype-
ata geschossen.
24. Juli: Wetter immer noch heiss. Diese heisse Periode
währt schon seit meiner Ankunft in Rossitten. Auf der Vogel-
wiese nur.noch ein kleiner Schwarm Brachvögel. Zwei Tringa
alpina schinzi und 1 Tr. subarcuata geschossen. Sonst noch
wenig los. Die Schwärme von jungen Staren, die jetzt in der
Mauser sind, nehmen immer noch zu.
27. Juli: Wetterumschlag. Die grosse Hitze scheint vor-
über. Es droht zu regnen. W. Sturmwarnung eingetroffen.
1 Totanus glareola juv. geschossen. Die meisten dieser Vögel,
die man im Juli und August hier sammelt, sind junge Exem-
plare, nur selten ist einmal ein alter in mehr grauem abge-
nutzten Gefieder darunter. So scheinen also die Jungen sich
früher wie die Alten auf die Wanderschaft zu begeben.
12*
172 J. Thienemann:
29. Juli: W. Regen. Nichts Besonderes. Der Westwind
hält noch mehrere Tage an.
2. August: Am Bruch ist zum ersten Male etwas von
ziehenden Strandvögeln zu bemerken. Bis jetzt war recht wenig
zu sehen. Die grosse Hitze ist dem Vogelzuge stets hinderlich.
4. August: Das erste Mal Ostwind seit meinem Hiersein.
Auf der Vogelwiese ein kleiner Schwarm Tringen mit einigen
Limosen vermischt. Im Garten viel SQ von Fringilla coelebs
und Laubvögel. Diese Vögelarten treffen mit grosser Pünkt-
lichkeit zu der bestimmten Jahreszeit hier ein.
6. August: Fahrt nach Nidden mit dem Wagen, von da
per Kahn nach Minge am jenseitigen litauischen Haffufer. Bei
der mehrstündigen Fahrt durch die riesigen Rohrwälder, in denen
man sich ohne Führer verirren würde, gelangen sehr viel Rohr-
weihen zur Beobachtung, von denen ich mehrere junge Exem-
plare schiesse. Dieselben haben Vogelüberreste, von Enten und
Rohrhühnern herrührend, im Magen, wieder ein Beweis, wie schäd-
lich diese Vögel dem brütenden Wassergeflügel werden können.
Vor allem habe ich jetzt einmal Gelegenheit, die argen
Verwüstungen anzusehen, die von den zum Trocknen
aufgehängten Fischreusen unter der Vogelwelt an-
gerichtet werden, indem die Vögel durch die Schlupf-
löcher in die Garnsäcke hineinkriechen, Sich nicht
wiederherausfinden und verhungern. Ich nahm aus diesen
Netzen heraus 5Drosselrohrsänger (Acrocephalus arundinaceus)
und 5 Schilfrohrsänger(Aer. schoenobaenus), die bereits veren-
det waren, und 6 dieser Vögel bekomme ich lebend. Einer
davon ist allerdings schon so ermattet, dass er ins Wasser fällt
und ertrinkt. Ferner sehe ich noch in einer am Ufer aufgestellten
grossen Reuse, zu der ich leider nicht hingelangen kann, 2 Stare,
2 junge weisse Bachstelzen und einen kleinen Laub- oder
Rohrsänger So sind das 21 Vögel, die einem trauri-
gen Hungertode geweiht waren. In einer Reuse befanden
sich allein 4 tote Vögel; eine andere war erst vor einer halben
Stunde aus dem Wasser genommen und zeigte sich noch ganz nass,
aber trotzdem waren bereits zwei lebende Schilfrohrsänger drin. Die
Fischer sagten mir, dass diese zarten Vögel schon nach einer in einer
Reuse verbrachten Nacht tot wären. Man bedenke nun, dass ich zu
diesen betrübenden Funden nur ganz gelegentlich bei einer Morgen-
fahrt gelangt bin, ohne dass ich etwa die sämtlichen dort aufgehängten
I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 173
' Reusen systematisch aufgesucht hätte, man rechne ferner die
Nestjungen und Eier dazu, die durch Wegfangen der Alten
während der Brutzeit verloren gehen — dann wird man mir
recht geben, wenn ich sage, dass Tausende und Abertausende
von Vögeln jährlich auf diese Weise zu Grunde gerichtet werden.
Hier muss meiner Meinung nach zur Abhilfe etwas geschehen, zumal
leider nur solche Vögel von dem traurigen Missgeschick getroffen
werden, bei denen von einem Schaden, den sie anrichten, keine
Rede sein kann. Was? das ist nicht leicht zu sagen. Ich
habe unter den Fischern bereits aufklärend zu wirken gesucht,
aber die Leute sind viel zu bequem und indifferent, um sich bei
Ausübung des Berufes irgend eine Unbequemlichkeit im Interesse der
Vogelwelt aufzuerlegen. Es müsste vielleicht an den Netzen
eine Vorrichtung getroffen werden, durch die das erste Schlupf-
loch leicht verschlossen werden könnte, oder die Garnsäcke
dürften nicht lang gestreckt, sondern vorn geknickt aufgehängt
werden, und derartige Massnahmen müssten etwa von den Fisch-
meistern überwacht werden, wie ja auch im Interesse der Fische
die Weite der Netzmaschen kontrolliert wird. Diese Ange-
legenheit sei den Vogelschutzvereinen angelegent-
lichst empfohlen, zumal ich mich nicht entsinne,
dass sie schon einmal nachdrücklich hervorgehoben
worden ist.
8. August: In der Nacht Sturm. Früh wieder ruhig und
schön warm.
9. August: Fahrt nach Sarkau. Am Seestrande 10 Tringa
alpina schinzi erlegt. Der ganze Schwarm scheint diese Sub-
species, die früher wie die typischen Alpenstrandläufer zieht,
zu enthalten.
10. August: Rückfahrt von Sarkau. Am Seestrande 1 Ca-
lidris arenaria juv. erlegt. Abends beim Enteneinfall am Bruch
1 Anas boscas, 1 A. crecca, 2 A. querquedulo und 1 Fuligula
ferina erbeutet.
13. August: Bis jetzt war mit dem Vogelzuge noch gar
nichts los. Das Wetter war meist schön warm und sehr trocken
mit häufigen Westwinden. Es hat sehr lange nicht geregnet. In
früheren Jahren konnte man um diese Zeit schon mehr Zugvögel
beobachten.
14. August: Eine ganze Anzahl Bekassinen am Bruche.
Auch die nächsten Tage, die wieder sehr heiss sind, bringen
174 J. Thienemann:
noch nichts Besonderes bis auf einige wenige Totanus littoreus'
und fuscus. Da erfolgt am
17. August: Wetterumschlag : Gewitter, W. Sturm, Regen.
die Temparatur kühlt sich ab.
Am Bruch ein Ardetta minuta erlegt, aber leider nicht ge-
funden. Im Vorjahre beobachtete ich denselben Vogel am 1. und
11. August. Gegen Abend ziehen bei dem heftigen Sturm die
Enten am Bruch in solchen Scharen, wie ichs bisher noch nicht
beobachtet habe. Die Lachmöven sind vom Bruche verschwunden.
15. August: Am Haff viel Larus ridibundus, die ihre
braune Kopffärbung schon verloren haben. Dieser Wechsel
scheint sehr schnell vor sich zu gehen, denn vor ungefähr 14 Tagen
trugen sie noch das ausgeprägte Sommerkleid. Dem Federwechsel
der Mövenarten wird die Station besondere Aufmerksamkeit zu-
zuwenden haben. Es wird, glaube ich, dabei noch manches
Bemerkenswerte zu Tage kommen. Am Bruch nur noch wenige
Paare Sterna hirundo, die ihre verspäteten Jungen zu füttern haben.
20. August: Wetter schön. W. Längs der Wanderdüne
10 Buteo vulgaris ziehend. 1 Milvus ictinus, der hier selten ist,
beobachtet. Eine Anzahl Pratincola rubetra auf der Vogelwiese.
Auf den Telegraphendrähten viel Clivicola riparia. Abends ein
starker Regenguss.
21. August: Das Wetter hat sich abgekühlt. W, der nach-
mittags nach NW umschlägt. Ich hoffe, dass nach den vorauf-
gegangenen Regengüssen, Gewittern, Stürmen der Vogelzug nun
in Gang kommt. Am Bruch mehrere Limicola platyrhyncha und
zwar an den sumpfigen Stellen im niedrigen Fieberklee, wo die
Bekassinen liegen. Sie stehen nach Art der kleinen Sumpf-
schnepfen, aber mit dem charakteristischen trillernden Rufe vor
mir auf und müssen aus der Luft herabgeschossen werden. Oft
fallen sie nicht weit entfernt schon wieder ein, was Gallinago
gallinula nicht thut. Alles sind junge Exemplare. Auch mehrere
Tringa temmincki und 1 Gallinago major gelangen zur Beob-
achtung. Im Garten jetzt öfter Coccothraustes vulgaris, der seine
ausgeflogenen Jungen füttert. Derselbe ist also Brutvogel hierselbst.
22. August: Limicola platyrhyncha sind noch am Bruche.
Auch Pratincola rubetra in kleinen Gesellschaften auf dem Zuge.
23. August: Im Garten viel Fringilla coelebs 22, die schon
längere Zeit hier sind.
I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 175
24. August: Am Bruche ist nur noch eine Limicola pla-
_ tyrhyncha, die ein zerschossenes Bein hat, was jedenfalls von
' unserer Jagd am 21. herstammt. Also ist dieses Exemplar der
Verletzung wegen zurückgeblieben, während die übrigen nach
mehrtägiger Rast abgezogen sind.
26. August: Sturm aus N. Viel Motacilla alba auf dem
Zuge.
27. August: Der Sturm lässt im Laufe des Tages etwas
nach. Trüber und kühler, wie gestern, zuweilen etwas Regen.
Junge Rotkehlchen auf dem Zuge.
Von jetzt ab muss ich meine Beobachtungen mehr zu-
sammenfassen, da ich durch anderweitige Beschäftigungen oft
verhindert war, im Freien draussen gründliche Beobachtungen
anzustellen. Ich halte es für notwendig, dies zu erwähnen, um
bei dem Leser nicht die Meinung aufkommen zu lassen, als ob
etwa an den Tagen, an denen von mir nichts oder wenig aufge-
zeichnet ist, draussen nichts zu beobachten gewesen wäre.
Im Allgemeinen ist zu bemerken, dass sich der Herbst 1899
durch häufige und sehr starke Stürme auszeichnete, wie sie hier
kaum jemals beobachtet worden sind. An der Vordüne, namentlich
nach Cranz zu, wurden arge Verwüstungen angerichtet, die durch
die Zeitungen genugsam bekannt geworden sind. Auch mehrere
Schiffe scheiterten hier an der Küste.
28. August: Sturm hat sich gelegt, etwas N, 1 Ardetia
minuta auf dem Bruch. Dieselbe kann man also doch öfter auf
der Nehrung beobachten, als nach früheren Berichten anzunehmen
war. Die umliegenden Felder werden von zahlreichen Budytes
flavus belebt.
Was die Strandvögel anlangt, so wird der Zug noch
durch die Totaniden charakterisiert. Am 29. August sah ich in
diesem Jahre den ersten Ziegenmelker (Oaprimulgus europaeus).
Von nun an hat man öfter Gelegenheit, diese Vögel zu beobachten.
Ich habe sie zwischen den niedrigen Bergkiefern auf den fest-
gelegten Dünen, oder im nicht zu dichten Weidengestrüpp am
Haffstrande aufgescheucht, zuweilen auf verhältnismässig kleinem
Gelände 2 auch 3 Stück. So zieht dieser sonst ungesellige Vogel
nicht ganz einzeln, sondern in kleinen Gesellschaften, wenn auch
die Fühlung der einzelnen Individuen untereinander, so weit man
wenigstens am Tage beobachten kann, eine sehr lose ist.
2. Sept.: Tringa subarcuata im Winterkleide erhalten.
176 J. Thienemann:
Muscicapa grisola jetzt sehr häufig auf dem Zuge. In den
nächsten Tagen meist W. Wind.
10. Sept : Trübe, zuweilen etwas Regen. Viel Raubvögel
schwärmen in der Luft umher. Auf der Bruch-Blänke liegen
massenhaft Enten, wie ich es noch nie gesehen habe, auch ein
Fischreiher zu beobachten.
11. Sept.: Steifer N, der nachmittags nach NO umschlägt
und etwas nachlässt. Reges Kleinvogelleben: Buchfinken,
graue Fliegenfänger, Schwalben, Steinschmätzer. Am
Bruch 1 Locustella naevia auf freier Trift erlegt.
15. Sept.: Pandion haliaetus fischt über dem Bruche. Man
kann deutlich beobachten, wie sich der Vogel nach jedem Stosse
ins Wasser das Gefieder in der Luft abschüttelt.
16. Sept : Am Dorfteiche grosser Tringen-Schwarm, bestehend
aus minuta und alpina, die letzteren im Übergangskleide. Der-
artige Züge sind jetzt Öfter zu beobachten.
17. Sept.: Trübe, SW. Zug von Anthus pratensis, der von
jetzt ab anhält. Diese Vögel treiben sich in Gesellschaften bis
zu 50 Stück auf den Feldern und Wiesen umher.
24. Sept.: S. Über den Feldern Falco tinnunculus. Im
Dohnenstieg fangen sich jetzt meist Turdus musicus und Sylvia
atricapilla 33 und 29. Von diesen letzteren scheinen also die
Geschlechter gemeinschaftlich zu ziehen. Zurdus pilaris wenig.
26. Sept.: S., der gegen Abend nach SO umschläst. Auf
der Pallwe viel Saxicola oenanthe, meist in braunen Kleidern,
aber auch einige Männchen darunter. Früher zogen nur braune.
FernervielweisseBachstelzen und@artenrotschwänzchen.
27. Sept.: Steinschmätzer sind weniger geworden wie
gestern. Schwalben ziehen noch.
2. Okt.: SO. Starker Zug von Turdus musicus, Erithacus
rubeculus und phoenicurus, Sylvia atricapilla.. Am Dorfteiche
ein grosser Schwarm Zringa alpina. Unter 17 erlegten befindet
sich kein schinzi mehr, diese scheinen bereits durch zu sein.
Am 3 Okt.: Die ersten Nucifraga caryocatactes, die von
jetzt ab öfter zur Beobachtung gelangen.
6. Okt.: Zug von Asio accipitrinus.
12. Okt.: Die Krähenzüge haben ihren Anfang genommen.
In Gesellschaft der Krähen (meist ©. cornix) ziehen viel Buch-
finken (Fringilla caelebs) und zwar nur Männchen, die Weibchen
I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 177
zogen früher. Der Zug geht ungefähr in Haushöhe vor sich.
Krähen und Finken fliegen oft dicht nebeneinander.
15. Okt : starker NW. Regenschauer. Guter Krähenzug.
16. Okt: NW. Krähenzug.
Pyrrhula rubicilla in den Dohnen, Männchen und Weibchen.
18. Okt: Männchen von Fringilla coelebs auf dem Zuge.
19. Okt.: SW. Krähen ziehen wenig und hoch.
20. Okt.: 3 kebhühner geschossen. Das eine, ein Hahn,
hat einen monströsen Oberschnabel. Derselbe ragt in einem nach
oben gekrümmten Bogen 1,3 cm. über den Unterschnabel hinaus.
Der Kropf meist mit Gerste, aber auch mit anderen und zwar
sehr kleinen Sämereien stark angefüllt. Auch etwas Gras findet
sich vor. Der Magen enthält zerkleinerte Sämereien, Gras und
Steinchen. Es ist unbegreiflich, wie der Hahn, der gut bei Wildbret
ist, die kleinen Sämereien und Steinchen mit dem langen Ober-
schnabel hat aufnehmen können. Das Schild des Hahnes besteht aus
sehr dunkelbraunen, mit schwarzen Säumchen versehenen Federn.
21. Okt.: Die ersten Archibuteo lagopus beobachtet.
22. Okt.: SW, der nachmittags nach W. umschlägt. Krähen
ziehen sehr hoch. Ein Krähenfänger bringt mir einen lebenden
Haliaötus albiceilla und 1 Larus argentatus juv., die in den
Krähennetzen gefangen worden sind.
26. Okt.: Starker NNW. (Gestern war NW Sturm). Viel
Krähen ziehen. Ein Cinclus merula, der bisher noch nicht
auf der Nehrung beobachtet worden ist, fliegt dicht über
mich weg. Nucifraga caryocatactes erlegt.
27. Okt: Trübe regnerisch. S., abends SSO. Krähen
ziehen gar nicht.
Am 28. 29. und 30. Okt. herrschten S und SW Winde
bei trübem, zuweilen regnerischen Wetter. Von Krähenzug war
nichts zu bemerken.
31. Okt.: W. Vormittags hell und Sonnenschein: Krähen-
zug. Nachmittags wird es trüber, und der Krähenzug lässt nach.
Einen kleinen Flug Turdus viscivorus beobachtet. Lanius excu-
bitor erlegt.
Nach einem starken W.-Sturm am 1. Nov. folgt eine Periode
mit schönem, warmem, sonnigem Wetter bei schwachen, meist
südwestlichen Winden. Wenig Zug zu beobachten. Am 9. Nov.
erlege ich 1 Nucifraga caryocatactes.
178 J. Thienemann:
Am 10. Nov. S. mit Regen- und Graupelschauern. 1 Wild-|
sans treibt sich auf den Feldern umher. Die Krähen ziehen!
plötzlich ganz niedrig, jedenfalls weil ihnen durch das Unwetten!
die Aussicht genommen wird. |
14. Nov.: 1 Schwarm Acanthis linaria beobachtet.
16. Nov.: Starker N. Krähen ziehen sehr hoch. Amı
Bruch noch eine Gallinago caelestis. |
18. Nov.: Schönes, sonniges, warmes Wetter. Der Sturmı
hat sich vollständig gelegt. 1 Lozia curvirostra, 1 Acredulaı
caudata (weissköpfig), 1 Lanius excubitor erlegt. Alle hier von!
mir gesammelten Raubwürger gehören der einspiegeligen östlichen ı)
Form an. Nur ein nicht von mir geschossenes, sehr helles]
Exemplar steht mir noch in Erinnerung. Dasselbe ist mir aber ‘|
nicht zur Hand. Zur Zugzeit sind diese Vögel gar nicht selten. |
21 Nov.: Früh liegt die erste leichte Schneedecke, die |
aber bald wieder wegthaut. Sturm aus S$.
23. Nov.: Kalter NW. Es hat gefroren, helles Wetter, |
gegen Abend Regen. Einige Krähen ziehen. |
25. Nov.: Starker NW., hell, gegen -Abend Schneesturm.
Krähen ziehen hoch. |
26. Nov.: Wind hat sich gelegt, Frost, leichte Schneedecke,
schönes helles Wetter. Gegen Abend erhebt sich der Wind wieder
aus W. Krähen ziehen ziemlich niedrig.
27. Nov.: Regnerisch, starker Sturm aus W. 1 Bekassine
beobachtet.
29. Nov.: schönes helles Wetter. Viel Krähen ziehen.
Sie scheinen das gute Wetter zu bevorzugen. 2Schwäne auf
dem Bruche. Auf den Feldern ein Schwarm Calcarius nivalis,
die von jetzt ab öfter zu beobachten sind.
1. Dez.: Trübe. SW. Wenig Krähen ziehen ganz niedrig
an der Vordüne entlang.
5. Dez.: Nach einer etwas ruhigeren Periode mit meist
leichten West- oder Südwestwinden, erhebt sich wieder ein
furchtbarer Sturm aus NW mit Schnee und Graupeln. Das Haff
friert am Rande schon zu. Man sieht draussen auf dem Wasser
viel Enten und Gänsesäger (M. merganser).
10. Dez.: Bei starkem Frost 1 Alauda arvensis, 1 Anithus
pratensis und 2 Otocorys alpestris erlegt. Von letzteren sind 5
zu beobachten. Der starke Frost mit schneidendem Ostwinde
hält längere Zeit an, so dass das Haff am 13. Dezember für
I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 179
'Fuhrwerk passierbar ist. Am 15. Dezember 2 Lanius excubitor
"beobachtet, am 16. wird mir 1 Fulica atra gebracht. Von jetzt
'an sind am Bruchrande und auf den Triften immer Flüge von
Turdus pilaris zu bemerken, die, wie geschossene Exemplare
‘zeigen, nach und nach sehr abmagern. Warum ziehen die Vögel
nicht weiter? 1 Milvus ater über den Bruchbergen. Gegen Ende
des Monats tritt etwas mildere Witterung ein. Am 30. beob-
achte ich bei einer Fahrt zwischen Preil und Nidden einen
Birkhahn (Teirao ietrix) als neu für die Nehrung. Derselbe
war von Forstbeamten schon öfter gesehen worden. An demselben
Tage fliegt 1 Galerita arborea über mich hinweg.
1900.
Im Jahre 1900 habe ich mich nur mit grossen Unterbre-
chungen in Rossitten aufgehalten. An bemerkenswerten Beob-
achtungen wäre folgendes zu erwähnen.
Am 3. Januar stand ein Asio accipitrinus vor mir auf, die
auf einer Graskufe in einem richtigen „Lager“ gesessen hatte.
Man hätte dasselbe unbedingt für ein Karnikellager gehalten
wenn diese Wildart hier vorkäme.
Am 5. Januar erlegte ich bei —4° R und leichtem Ost
3 ÖOtocorys alpestris, deren Masse folgende sind:
Länge Breite Fittich
Nr.1. g@ 18,1 31,4 11 cm.
Nr. 2. 8 18 31 105 „
Nr. 3. @ 16 29 a
Auffallend war, dass trotz des strengen Winters öfters kleine
Schwärme von Galerita arborea hierselbst bemerkt wurden. Am
5. 9. 16. und sogar noch am 19. Januar wurden die Vögel auf
den Feldern, am Bruchrande, ja auf den Höfen beobachtet, zum
Teil auch erbeutet.
Am 19. Februar findet nach einerlange andauernden strengen
Frostperiode Wetterumschlag statt. Der Wind weht aus S, es
taut, und am 21. treffen die ersten Vögel auf dem Frühjahrszuge
hier ein, nämlich Feldlerchen (Alauda arvensis), die von jetzt
an oft zu beobachten sind. Gleich zu Beginn des wärmeren
Wetters findet auch schon Rückzug der Krähen von S nach N
statt. Wenn man in Betracht zieht, dass noch gegen Weihnachten
Wanderungen dieser Vögel nach S. stattfanden, so ist der Auf-
enthalt in den Winterquartieren sehr kurz gewesen.
180 J. Thienemann:
Interessant war es, die Störungen zu beobachten, welche:
durch abnorme Witterung unter den Krähenzügen zuweilen!
hervorgebracht wurden. So trat in der zweiten Hälfte des März;
nach voraufgegangener milder Periode wieder kaltes Wetter bei
strengen N. und NO. Winden ein. Man bemerkte dann sowohl
nach Norden, als auch nach Süden ziehende Krähenscharen.
Wenn sich derartige Schwärme begegneten, konnte man den nach
Norden ziehenden Vögeln ordentlich die Unsicherheit ansehen,
ob sie sich ihren dem wärmeren Süden zu ziehenden Genossen
anschliessen sollten oder nicht. Sie kreisten dann gewöhnlich
eine Zeit lang unstät umher, und viele kehrten wirklich wieder
um, der kalten Witterung ausweichend. Ebenso bot der Früh-
jahrskrähenzug öfters Gelegenheit zu beobachten, wie die Höhe
des Wanderfluges dieser Vögel von der Witterung beeinflusst
wurde. So war es am 26sten März früh trübe und fast windstill,
dazu schneite es; da zogen die Krähen ganz niedrig, nachmittags
klarte es auf, und die Sonne brach durch: da ging der Zug in
grosser Höhe vor sich.
Am 1. April beobachtete ich zwei Elst-ern (Pica rustica),
die hier sehr selten sind.
Ein guter Zugtag war der 7. April. Viel Finken (Frin-
gilla caelebs) zogen an mir vorüber, während ich auf dem Felde
stand. Es waren lauter Männchen. Ein Schwarm folgte dem
andern dicht über die Erde hin. Wenn man derartiges mit
ansieht, wird man an der Theorie Gätke’s etwas irre, dass aller
Vogelzug in Regionen vor sich gehen soll, die für die menschlichen
Sinne unerreichbar sind.
Während des Herbstzuges waren, wie alljährlich, grosse
Schwärme von jungen Staren hierselbst zu beobachten. Ich
schoss mehrere derselben, um über die Mauser einige Unter-
suchungen anzustellen. Dabei war zu konstatieren, dass in den
Flügeln die Schwungfedern sich ganz symmetrisch erneuerten, und
zwar war es entweder die dritte oder vierte Schwungfeder, die sich
zuerst neu bildete, im Schwanz die beiden mittelsten Steuerfedern.
Am 11. Sept. wurde in dem benachbarten Dorfe Kunzen
ein Wellensittich gefangen. (cfr. darüber Orn. Monatsber. Nr.
6. 1901.)
Am 22. Oktober, also an demselben Tage wie im Vorjahre,
brachten mir Krähenfänger einen lebenden Seeadler (Haliaetus
albicilla). Es war ein jüngeres Exemplar.
I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 181
Anfang November trug sich im Sarkauer Walde ein höchst
merkwürdiges Ereignis mit einem Steinadler zu. Von Herrn
Dünenaufseher Seddig wurde ein solcher Vogel mit dem Peitschen-
tiele totgeschlagen, während er den neben dem Wagen her-
laufenden Dachshund in einem Busche schlug. Ich habe den aus-
gestopften Adler selbst gesehen.
1901.
Der Januar begann mit einer ziemlich strengen Frost-
periode bei kalten Ostwinden. In der zweiten Hälfte des Monats
war das Wetter etwas milder.
Am 13. Januar beobachtete ich einen Coccothraustes vulgaris.
Am 28. Januar trieben sich bei leichtem Frost und etwas
Schnee 4 Alauda arvensis auf einem Stoppelfelde umher, die
mir durch ihre abweichende Färbung schon aus der Ferne auf-
fielen. Ein Exemplar wurde erlegt. Das Braun des ganzen Ge-
fieders ist viel dunkler als bei der typischen Feldlerche und
reicht auf der Brust viel weiter herunter als gewöhnlich. Die
Kehle, die bei mitteldeutschen Stücken weisslich ist, zeigt sich
ebenfalls braun mit dunklen Schaftstrichen. Ferner zeichnet sich
das Exemplar durch ganz besonders langen Sporn aus, der eine
Länge von 2 cm. aufweist. Weiteres darüber, sowie über die
sonst noch beobachteten Feldlerchenfärbungen der Nehrung_ cfr.
Orn. Mntsber. 1901 p. 72.
Auch die erste Hälfte des Februar war noch ziemlich mild.
Am 11. fand furchtbares Schneetreiben bei starkem W. statt,
worauf eine sehr kalte Frostperiode folgte.e Am 13. zeigte das
Thermometer schon —18° R., am 15. —23°.
Am 12. sah man, nachdem sich der Schneesturm gelegt
hatte, Nebelkrähen von N. nach S. die Nehrung entlang ziehen.
Im Allgemeinen ist über den Krähenzug zu bemerken, dass
derselbe im Oktober seinen Höhepunkt erreicht. Dann findet
gewöhnlich eine Pause statt, worauf der Zug, wenn um Weih-
nachten herum und noch später Schneefälle eintreten, noch einmal
einsetzt. Wenn man nun bedenkt, dass schon in den ersten
warmen Tagen, im Jahre 1900 z. B. bereits am 22. 2., 1901 am
6. 3., schon wieder die ersten Krähen auf dem Rückzuge nach
Norden zu beobachten waren, so findet also den ganzen Winter
hindurch kein eigentlicher Stillstand im Krähenzuge statt, und
der Aufenthalt in den Winterquartieren ist ein sehr kurzer zu
nennen. Auch der erwähnte, um Weihnachten herum stattfindende
182 J. Thienemann:
Nachschubnach S wird von den hiesigen Krähenfängern, die mit ihren ı
Netzen wieder hinausziehen, ausgenutzt. Wie weit diese einfachen
Leute, die allerdings aus praktischen Gründen ein grosses Inter-
esse daran haben, die eigenartigen Nehrungs-Krähenzüge genau
zu beobachten, mit ihren Ansichten Recht haben, dass diese
zuletzt ziehenden Nebelkrähen, die sogenannten „Frostkrähen“,
alles alte Vögel seien, dass die Jungen, die sie am roten Rachen
erkennen wollen, viel eher zögen und sich viel leichter fangen
liessen, müssen weitere sorgfältige Beobachtungen ergeben. Ge-
wöhnlich ist aber an solchen praktischen Beobachtungen, die
sich vom Vater auf den Sohn weiter vererben, etwas Wahres daran.
Der März begann mit mildem Wetter. Am 3. beobachtete
ich bei Tauwetter den ersten Flug von Siurnus vulgaris. Frl.
Epha-Rossitten beschreibt mir eine Eule, die sie vor einigen
Tagen im Garten beobachtet hat. Ich kann sie danach nur als
die seltene Sperbereule (Nyciea ulula) ansprechen, die schon
früher einmal hier erlegt worden ist.
Am 6. März bei S und mildem Wetter den ersten Schwarm
Feldlerchen (Alauda arvensis) mit einigen Schneeammern
darunter beobachtet. Von da ab waren immer Lerchen zu be-
merken. Das Vogelleben fängt schon an rege zu werden.
Der 7. März (schwacher SSO, bedeckter Himmel, in der
Nacht ein klein wenig Frost) war der erste bessere Zugtag. Viel
Krähen zogen und strichen auf den Feldern umher, und zwar
waren es meist Oorvus frugilegus und sehr viel Oolaeus monedula,
weniger C©. cornix. Auch kleine Star- und Lerchenflüge waren
zu bemerken. Es war kein eiliger Zug nach Norden, sondern
alles trieb sich mehr auf den Feldern umher.
8. März: In der Nacht donnert es. Leichter Frost.
Saatkrähen, Dohlen, Lerchen, Stare sind weiter zu
beobachten.
9 März: Leichter Frost gegen Abend und in der Nacht.
Die ersten Vanellus capella am Bruche, 3 Stück.
11. März: Leichter OÖ. Etwas Frost gegen Abend und in
der Nacht. Krähen treiben sich umher und zwar immer noch
meist Corvus frugilegus und C. monedula. Wenig C. cornix.
14. März: Vormittags Himmel bedeckt, nachmittags klar,
Sonnenschein. N. Viel Lerchen singend über den Äckern.
Mehrere Kiebitze am Bruche. |
I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 183
15. März: Bedeckt. O. Die ganze Luft ist voll Lerchen.
Viel Grünlinge (Chloris horiensis) auf den Feldern. Scharen
von Turdus pilaris mit Staren untermischt.
| 16. und 17. März: Dichter Nebel. SO. Keine bemerkens-
{werten Veränderungen. Nur sieht man trotz des Nebels starke
!Züge von Corvus cornix nach Norden ziehen. Die auf dem Boden
sitzenden Nebelkrähen sind sehr vertraut und lassen Wagen und
Hund bis auf 10 Schritt ankommen, setzen sich, wenn aufge-
Sscheucht, auch sofort wieder. Corvus frugilegus sehr vereinzelt.
| 13. März: Der dichte Nebel hält bei SW. an. Die Felder
"mit Corvus cornix wie übersät, auch einige CO. frugilegus darunter.
Gänse ziehen.
ı 19. März: Der Nebel ist vorüber. WSW. Von Krähen
nichts zu bemerken. Jedenfalls geht der Zug jetzt bei klarem
"Wetter in grösseren Höhen vor sich. Scharen von Oolumba oenas
"auf den Feldern.
Wildgänse fallen, nachdem sie ungefär 2 Stunden lang
‚über der Saat gekreist haben, ein. Ein Männchen von Fuligula
hyemalis auf dem Bruche.
Am 21. und 22. März findet bei bedecktem Himmel NO
Sturm statt, dabei herrscht Frost bis —3° R. Von Vogelzug
ist nichts zu bemerken, nur die Hohltauben treiben sich noch
‚in Scharen umher. Dieselben sind auch noch am nächsten Tage
zu sehen. Am 23. beobachte ich einen Schwarm Galerita arborea.
In den folgenden Tagen tritt eine für diese Jahreszeit unge-
wöhnlich kalte Periode ein, die bis Ende des Monats anhält.
Ds Thermometer zeigt bis —8° R. Der Wind ist sehr ver-
'änderlich. Ausser Krähenzügen, die wiederum meist aus C.
frugilegus bestehen, ist nichts Besonderes zu beobachten. Die
Krähen bewegen sich öfter in der Weise nach N. zu vorwärts,
dass sie fortwährend Kreise in der Luft beschreiben. Am 31. 3.
sehe ich bei O.S.O. und Sonnenschein die Saatkrähen direkt
gegen den Wind in Haushöhe schräg über die Nehrung weg ziehen.
Ich habe diese Richtung noch nie beobachtet, denn sonst bewegt
sich der Zug immer die Nehrung entlang nach N bezw. S zu.
Nachmittags bedeckt sich der Himmel, der Wind geht mehr nach
S herum, es sind keine Krähenzüge mehr zu bemerken.
Am 2. April beobachte ich die erste Moiacilla alba, nach-
dem die Frostperiode seit gestern aufgehört hat und heute bei
SW mildes Wetter eingetreten ist. Es folgen jetzt einige heftige
184 J. Thienemann:
Weststürme. Durch die abnorm kalte Witterung war der Vogel-:
zug ganz ins Stocken geraten, jetzt bei der milderen Temperatur!
ist sofort wieder etwas davon zu bemerken. Es entsteht nun:
aber die Frage, ob die Vögel während der kalten Tage unbe--
merkt über uns hinweggezogen sind und durch die darauf folgenden
Weststürme veranlasst worden sind, sich niederzulassen, oder ob:
sie den Zug ganz eingestellt hatten?
Am 5. April bemerkt man viel ziehende Singdrosseln,,
Buchfinken, Heidelerchen und Kiebitze, auch kleine Flüge:
von Charadrius curonicus.
8. April: Leichter S. Sonnenschein, schöner Tag. Reiches:
Vogelleben. Fringilla coelebs truppweise in Haushöhe zugleich
mit den Krähen nach N ziehend. Ziemlich viel Raubvögel,,
wohl Astur nisus, zu bemerken, welche die Kleinvögel zu begleiten:
scheinen. Der eine stösst in einen Finkenschwarm. Die Lach--
möven sind seit dem 3. April auf dem Bruch an ihren Brut--
plätzen angelangt.
9. April: Bedeckter Himmel, regnerisch. Nachmittags Ge-
witter in der Ferne mit etwas Regen, leichter W. |
Sehr viel Corvus cornix ziehen in Haushöhe die Nehrund
nach N zu entlang. Ich habe schon öfter bemerkt, dass gerade‘
bei regnerischer Witterung sehr guter Krähenzug in erreichbarer
Höhe stattfindet. Zwei ziehende Kraniche beobachtet.
10. April: SW. hell, Sonnenschein.
Vier Schwäne nach N. ziehend.
11. April: W. Regenschauer nachmittags. Ein angefangenes
Nest von Vanellus capella gefunden.
13. April: Hell W. Von Mittag an starker Nebel.
Im Dorfe sieht man viel Fringella coelebs, meist Männchen,
nur einzelne Weibchen darunter, ferner viel Rotkehlchen.
14. April: Trübe. W. Wind, kühl.
Ein Serinus hortulanus $ wird gefangen, als neue Species
für die Nehrung. Es ist dies der nördlichste Punkt für Deutsch-
land, an den: dieser von Süden aus vorrückende Vogel bisher
beobachtet worden ist. Näheres darüber, vergleiche Ornith.
Monatsber. Juni 1901.
17. April: Von Fischern ein prächtiges Männchen von
Somateria mollissima als neue Art für die Nehrung er-
halten. Fringilla coelebs auf dem Zuge, worunter auch viele
Weibchen sind.
I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 185
26. April: O. Sonnenschein, etwas kühl. Auf den Feldern
viel Fringilla coelebs beobachtet und zwar fast ausschliesslich
"Weibchen. Solche werden auch an den folgenden Tagen häufig
bemerkt. Sie scheinen also im Frühjahr später zu ziehen, als
‚die Männchen. Im Walde einen Fringilla montifringilla beob-
achtet. Auch am 12. Mai sah ich noch einen solchen. Ferner wurde
mir von einem zuverlässigen Beobachter erzählt, dass während
der Brutzeit im Jahre 1900 fortwährend ein Pärchen dieser
Vögel an ein und derselben Stelle im Rossitter Walde, am sogen.
Notstandsdamm, zur Beobachtung gelangte. Ich hoffe, dass es mir
noch gelingen wird, den Bergfinken als Brutvogel hierselbst sicher
zu konstatieren, zumal ich aus eigner Erfahrung noch folgende
für diese Species auffallende Beobachtungsdatum notierte: 10.
Oktober 1900 und 18. September 1901.
27. April: N.O. Sonnenschein, warm, schöner Frühlingstag.
Auf einem bestellten Felde treiben sich viel Motacilla
alba und Budytes flavus umher.
| 28. April: Wetter ebenso wie gestern. Leichter N. O.
Auf den Feldern zahlreiche Saxicola oenanthe, worunter
sich kein ausgefärbtes Männchen befindet.
29. April: Bei anhaltend schönem Wetter die ersten
Schwalben (Hirundo rustica) beobachtet; 4 Stück fliegen über
dem Dorfe umher.
5. Mai: In der Lachmövenkolonie auf dem Bruche liegen
die ersten Eier.
An der Pelk sehe ich die ersten Totanus glareola.
9. Mai: Bedeckter Himmel. O., der gegen Abend nach
S. herumgeht, wobei es sehr mild und still wird. Den ersten
Ouculus canorus beobachtet, ebenso zwei Coracias garrula. Über
das Dorf ziehen mehrere Schwärme Wildgänse und ungefähr
60 Kraniche. Gänsezüge werden auch noch an den folgenden
Tagen beobachtet.
12. Mai: Im Garten noch einen Fringilla montifringilla
beobachtet.
13. Mai: Das Wetter ist jetzt immer sehr schön warm,
manchmal fast heiss.
Ein Pärchen von Larus minutus fliegt unter den Tausenden
von Lachmöven über dem Bruche umher. Die Vögel sind durch
ein ganz anderes Geschrei und durch anderen Flug, eine Art
Balzflug, wobei die Flügel für einige Augenblicke ruhig gehalten
Journ, f, Orn. L. Jahrg. April 1%2. 13
186 J. Thienemann:
werden, aus dem Vogelwirrwarr herauszufinden. Also hat diese:
seltene Art jedenfalls wieder hier gebrütet. Das Nest habe ichı
nicht gefunden. 1
14. Mai: Zwei Dudytes flavus borealis als neue Species;
für die Nehrung aus einem grossen Schwarme heraus erlegt..
Gelbe Bachstelzen treiben sich noch bis Ende Mai auf hiesiger '
Flur oft in Schwärmen bis zu 100 Stück umher und übernachten ı
in dem ausgedehnten Rohrdickichtte am Haff. (cfr. Ornith.,
Mntsber. 1901. p. 151).
Über die Lachmövenkolonie, die ich jetzt fast täglich
besuche, habe ich folgendes zu berichten. Am 5. Mai lagen,
wie oben bereits bemerkt, die ersten Eier. Das fertige Gelege
bestand normaler Weise aus 3 Stück. Zuweilen fand man auch
vier, selten 5 und 6 Eier. In letzteren Fällen ist anzunehmen,
dass zwei Weibchen in ein Nest gelegt haben. Ein regel-
mässiges, ruhiges Brüten bei vollständiger Ruhe konnte man bei
diesen Vögeln nie beobachten. Bis in die Nacht hinein fand ein
fortwährendes Lärmen und Umherschwärmen statt, woraus man
erkennen kann, dass die Eier recht wenig intensive Brutwärme
zu ihrer Entwickelung brauchen. Übrigens wurde auch während
der Brutzeit fortwährend noch an den Nestern weiter gebaut.
Es war nämlich durch anhaltende Regengüsse in diesem Jahre
ein ungewöhnlich hoher Wasserstand des Bruches hervorgerufen
worden, so dass die Möven ihre auf den Rohrinseln stehenden .
Brutstätten immer mehr erhöhen mussten. Als Material ver-
wendeten sie dazu mit Vorliebe Quecken, aber auch halb getrockneten
Klee, den sie, man darf sagen, fuderweise von den benachbarten
Feldern aus den Schwaden weghoiten, wodurch sie sich bei den
Landwirten recht missliebig machten. Das aus getrockneten Quecken
bestehende Dach meiner Krähenhütte deckten sie mir vollständig
ab. Es fiel mir auf, dass ich in den Nestern neben den Eiern
öfter Erdklümpchen vorfand, von denen manche die! Grösse einer
doppelten welschen Nuss aufwiesen und ganz glatt gerutscht
waren. Dieselben stammten von den umliegenden Äckern. Es
muss doch den Vögeln ein angenehmes Gefühl sein, auf denselben
vielleicht zur Abkühlung zu brüten, sonst hätten sie diese Fremd-
körper mit Leichtigkeit über Bord werfen können. Dabei habe
ich aber nie eine Lachmöve etwas zu Neste tragen sehen und nehme
an, dass sie dieses Geschäft fast ausschliesslich im ersten Morgen-
grauen verrichten. Am 27. Juni waren die ersten jungen Möven
I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 187
flugbar. So waren also seit dem 5. Mai, an dem die ersten Eier
lagen, 53 Tage oder 7!/, Woche vergangen.
Die fast ausschliesslich aus jungen Vögeln bestehenden
Starschwärme zeigten sich von Anfang Juli an in diesem Jahre
von einer Mächtigkeit, wie sie wohl selten zu beobachten sind.
Das hatte seinen Grund darin, dass heuer die sogenannten
Haffmücken in ganz unbeschreiblichen Massen auftraten. Näheres
darüber findet sich in meinem weiter unten folgenden Entenar-
tikel. Es war nun höchst interessant zu beobachten, wie sich
Mücken und Stare immer genau die Wage hielten. Gab’s viel
Insekten, so waren auch viel Vögel da, liessen die ersteren nach,
so fehlten auch sofort die letzteren. Die Stare, die sonst den
Tag über auf Feldern und Wiesen Futter suchend umher streiften,
verliessen schliesslich das Dorf garnicht mehr, weil sie sich von
Jen an Büschen und Bäumen sitzenden Mücken vollständig
sättigen konnten. Sie lebten in der Zeit, wie auch andere Vogel-
arten, überhaupt von weiter nichts, als von Haffmücken. Es war
das ein auffallendes Beispiel für die vielbesprochene Frage der
Vogelansammlung bei Insektenkalamitäten.
Zu berichten habe ich ferner von zwei ausgedehnten Raub-
vogelzügen, die im Spätsommer und Herbste stattfanden. Es
betrifft die Steppenweihe (Circus macrurus) und die Sumpf-
ohreule (Asio accipitrinus). Über erstere habe ich in den
Orn. Mntsber. 1901 No. 10 und in der „Deutschen Jägerzeitung‘“
Neudamm Bd. 38 No. 20 und 21 eingehend berichtet und darf
hier darauf hinweisen. Bemerken will ich nur hier, dass es mir
in diesem Jahre gelungen ist, die erste alte Steppenweihe, ein
Weibchen, zu erlegen. Alle die übrigen, so ungemein zahlreich
in fast allen Teilen Deutschlands beobachteten Vögel trugen das
braune Jugendkleid. (Vergl. darüber Orn. Mntsbr. 1901 No. 11).
Die ersten Sumpfohreulen waren in der ersten Hälfte
des August zu bemerken, die letzten sah ich noch Ende September.
In der Zwischenzeit hatte man fortwährend Gelegenheit, diese
nützlichen Vögel oft am hellen, lichten Tage auf den Feldern
der Mäusejagd obliegen zu sehen. Ein bemerkenswertes Erlebnis
hatte ich mit ihnen am 16ten September auf der Krähenhütte.
Schon auf dem Hinwege zur Hütte, nachmittags gegen !/,5 Uhr, sahen
wir viele dieser Vögel sich umhertreiben, wobei sie öfter zu zweien
senkrecht in die Luft stiegen und harmlose Spielereien ausführten.
Kaum hatten wir den lebenden Uhu herausgesetzt, so begann
13*
188 J. Thienemann:
draussen ein eigenartiges Manöver. Sofort kamen die Eulen
angeschwärmt und attakierten, zuweilen gleich fünf auf einmal)
mit grösster Heftigkeit den Uhu, wobei sie ein heiseres Geschrei:
hören liessen. Manchmal berührten sie beim Stossen fast dem
Kopf des Aufs. Ich beschränkte mich darauf, zwei Stück zw
schiessen und zwar eine sehr helle und eine sehr dunkelbraune.:
Die Vögel variieren nämlich ganz bedeutend. Über den dies--
jährigen Zug von Nucifraga caryocatactes siehe Orn. Mntsber..
1901 No. 10. |
In Bezug auf hiesige Brutvögel kann ich berichten, dass ich
am 24. Juli bei Pillkoppen am Fusse einer festgelegten Wander--
düne, wo sich ausgedehnte Erlenbrüche befinden, zwei Wald--
schnepfen (Scolopax rusticula) in der Dämmerung an mir:
vorüberstreichen sah, sodass anzunehmen ist, dass die Vögel hier‘
auf der Nehrung genistet haben.
Die ersten Ansammlungen von Chelidonaria urbica, vermischt!
mit Olivicola riparia waren am 27. Juli zu bemerken.
Am 5. August wurde mir eine mittlere Raubmöve (S£er-:
corarius pomatorhinus $) eingeliefert. Bis dahin war nur S%.,
parasiticus für die Nehrung nachgewiesen. Eine solche erhielt
ich am 29. August.
Während der diesjährigen Haupt- Herbstzugzeit, im Oktober,
war ich, wie schon erwähnt, in Berlin zum meteorologischen
Cursus, kann also nicht viel darüber berichten. Zu erwähnen ist, :
dass ich am 4. September einen Phalaropus hyperboreus für
die Localsammlung eriegte. Derselbe war früher fast regel-
mässiger Durchzugsvogel, hatte sich aber in den letzten Jahren
nicht gezeigt.
Im September fand wieder ein Zug von Falco vespertinus
im Jugendkleide statt.
Am 13. September wurde mir gemeldet, dass ein Dryo-
copus martius im hiesigen Walde beobachtet sei.
Am 20. September erhielt ich eine Uria grylie $ im
Übergangskleide, die in den Eingeweiden 54 Bandwürmer hatte.
Zwei bemerkenswerte Sendungen und Berichte gingen mir
von Herrn Leuchtfeuerwärter Meller in Pillau zu: Vor dem
19. September hatten lange Zeit N. und NO. Winde geherrscht.
Da trat an dem genannten Tage bei Westwind trübes, nebliges
Wetter mit feinem Regen ein, und ich bekam von genanntem
Herrn einen Muscicapa atricapilla und 2 Sylvia hortensis zuge-
I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 189
schickt mit dem Bemerken, dass am 19. September nachts 12 Uhr
‚ein starker Zug dieser Vögel von Norden her an den Leucht-
[ Die Magen der geschickten Exemplare waren vollständig leer.
‚Am Tage darauf bemerkte ich viele der genannten Species in
‚meinem Garten. Ferner erhielt ich vom 9. Oktober von dem-
‚selben Herrn wiederum drei Vögel, nämlich 1 Erithacus rubeculus,
1 Sylvia hortensis und 1 Alauda arvensis. Die beifolgende Notiz
‚lautete, dass nachts gegen 11), Uhr bei Nebel annährend 100
dieser Vögel von NO. nach SW. angezogen kamen. Der Wind
‚stand aus NO. Auch die Magen dieser Wanderer enthielten
absolut nichts, so dass man auf eine lange, voraufgegangene
"Wanderung schliessen kann. Auffallend war mir die Färbung
der Feldlerche, die sich sehr dunkel zeigte, wobei das Braun auf
_ der Brust sehr weit herunter reichte. Ich habe derartige dunkle,
‚auf der Nehrung erbeutete Feldlerchen schon an anderer Stelle
genauer beschrieben (cfr. Orn. Mntsber. 1901 Nr. 5). Die Mafse
des Pillauer Exemplares sind folgende: Länge 18,5 cm. Breite
34,8 cm. Fittich 11,4 cm. Tarsus 2,5 cm. Hinterzehe mit
Nagel 3 cm. Nagel 1,8 cm.
Über das Eintreffen der ersten nordischen Wintergäste
hierselbst habe ich bereits in den Orn. Mntsber. 1901 Nr. 12
eingehend Bericht erstattet.
Die ersten Alpenlerchen (Otocorys alpesiris) waren am
27. Oktober bei schönem Herbstwetter zu beobachten. Es waren
ungefähr 15 Stück. Einen zweiten Flug von 3 Exemplaren sah
ich am 29. November bei Regen, Schnee und heftigem W.
Seidenschwänze (Dombycilla garrula) zeigten sich zuerst
am 28. Oktober bei SW. und regnerischem Wetter. Höchst
auffallend ist, dass in diesem Winter bis jetzt noch keine Berg-
finken (Fringilla montifringilla) eingetroffen sind.
Auch über Erbeutung eines Krähenbastards, (Kreuzung
zwischen Corvus cornixz und C. corone), der hier ganz besondere
Beachtung verdient, ist an der citierten Stelle nachzulesen.
Die ersten Schneeammern (Calcarius nivalis) sah ich
am 29. November und hatte ferner am 11. Dezember Gelegenheit,
einen 50—60 Köpfe zählenden Schwarm dieser Vögel recht genau
bei ihrer Nahrungsaufnahme zu beobachten. Ich hatte mir schon
oft, wenn ich diese munteren nordischen Gäste auf dem spiegel-
blanken Eise umhertrippeln sah, die Frage vorgelegt: „was finden
190 J. Thienemann:
und fressen diese Tiere nur eigentlich”‘ An genanntem Tage:
kam ich hinter das Geheimnis. Ich bemerkte, während ich auf
dem Anstande sass, wie die Vögel auf dem schneefreien Bruch--
eise, fortwährend nach Nahrung pickend, immer gegen den Wind!
liefen und zwar auf ein grosses mit Unkraut durchwachsenes‘
Rohrdickicht sowie auf die Waldlisiere, die aus Erlen bestand, zu..
Sobald sie an der Grenze dieser Gewächse angekommen waren,,
machten sie sofort Kehrt, flogen an ihren Ausgangspunkt zurück,,
um das Suchen von neuem zu beginnen. So wiederholte sichı
das Manöver eine ganze Zeit lang bis in die Dämmerung hinein.,
Jetzt wurde mir das Rätsel gelöst: Der scharfe West trieb denı
schlauen Vögeln von Bäumen, Rohr und Unkraut die Sämereien .
zu, die sie auf dem blanken Eise viel leichter auffinden konnten, ,
wie etwa auf rauhem Schnee, oder gar auf der dunkeln Erde.
So erklärte sichs auch, dass die Vögel ein eben durchlaufenes ,
Gebiet immer wieder absuchen konnten. In dieser Weise werden
sich wohliauch andere Vögel nähren, z. B. unsere zu früh heim-
gekehrten Feldlerchen, die oft noch von Schnee und Eis über-
rascht werden und doch so leicht nicht zu Grunde gehen, auch
wenn sie nicht zum Erdboden gelangen können.
Zum Schluss lasse ich die bisher von mir als neu für die
Nehrung konstatierten Vogelarten im Zusammenhange folgen:
1) 23./7. 96. Limosa wegocephola, Schwarzschwänzige Ufer-
schnepfe.
2) 3./8. 97. Hirundo rustica pagorum, östl. Rauchschwalbe.
3) 21./7. 98. Motacilla melarope, graue Bachstelze.
4) 30./7. 98. Fuligula crisiata, Reiherente.
5) Aug. 98. Ardetta minuta, Zwergrohrdommel.
6) 26./10. 99. Oinclus merula, Wasserschmätzer.
7) 29./12. 99. Tetrao tetrix, Birkhuhn.
8) 14./4. 01. Serinus hortulanus, Girlitz.
9) 17./4. 01. Somateria mollissima, Eiderente.
10) 14./5. O1. Budytes flavus borealis, Nordische Kuhstelze.
11) 5./8. 01. Stercorarius pomatorhinus, Mittlere Raubmöve.
Das Vorkommen von Nr. 1; 4 und 5 wurde schon früher
vermutet, aber es fehlte noch der sichere Nachweis durch Be-
schaffung eines Belegexemplares.
Füge ich noch hinzu, dass in dem Lindner’schen Ver-
zeichnisse vom Frühjahr 1898 Oidemia fusca, die Sammetente,
die bereits in Rossitten erlegt war, ausgelassen ist, so beläuft
I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 191
'A. Untersuchungen und Beobachtungen über das Auf-
wachsen und die Befiederung einiger Entenarten:
| Anas boschas, Anas querquedula, Anas elypeata und
Puligula ferina.
Im Jahre 1901 war der Vogelwarte Gelegenheit geboten,
eingehende Beobachtungen über das Aufwachsen und den Feder-
‚ wechsel verschiedener Entenarten anzustellen. Es gab nämlich heuer
ı sehr viel späte Entenbruten, und merkwürdigerweise hatten die
Vögel für ihre Nester die Felder bevorzugt, während sie sonst
mehr auf dem hiesigen grossen Bruche zu brüten pflegen. Beim
_ Klee- und Grashauen wurden dann sehr viele Nester ausgemäht,
_ deren Inhalt, der teilweise noch aus ganz frischen Eiern bestand,
mir zum grössten Teile gebracht wurde. So erhielt ich Gelege
der März-, Knäk- und Tafelente (Anas boschas, Anas querque-
dula und Fuligula ferina, letztere vom Bruche) am 11. 12. und
20. Juni, der Löffelente (Anas clypeata) am 3. Juli, alles sehr
späte Termine, namentlich für die Märzente, die ja davon ihren
Namen trägt, dass sie oft schon im März Anstalt zum Brüten
macht. Ich möchte annehmen, dass diese Eier alle einem zweiten
Gelege angehört haben, nachdem das erste durch den diesjährigen
ungewöhnlich hohen Wasserstand des Bruches zerstört worden
war. So schien es geraten, die Entenjagd in diesem Jahre nicht
gleich am 1. Juli auszuüben, weil man sich sonst leicht die alten
Brutenten von den Eiern oder hilflosen Jungen hätte wegschiessen
können. Ich begann den Abschuss erst nach dem 20. Juli. Im
Ganzen würden 101 Eier ausgemäht, worunter sich auch einige
Gelege vom Wachtelkönig (Crex pratensis) befanden. Man erkennt
daraus wieder einmal die Verwüstungen, welche die Heu- und Klee-
ernte, die gerade in die Brutperiode fällt, unter den Erdbrütern
anrichtet. Und was das Bedauerliche dabei ist: es lässt sich
schwer Abhilfe schaffen. Mag man auch den Schnittern unter
Geldversprechungen den Auftrag geben, um ein gefundenes Nest
herum einen kleinen Trupp Klee stehen zu lassen, wie ichs in
diesem Jahre mehrfach gethan habe, so ist damit doch wenig
gewonnen, denn erstens wird die Brutstellegewöhnlich erst gefunden,
wenn die Sense oft unter Verletzung des sitzenden Weibchens
192 J. Thienemann:
darüber hinweggesaust ist, und ferner verrät ein solches stehen--
gebliebenes Fleckchen Gras den umherlungernden Krähen nur‘
zu deutlich die darunter versteckten Leckerbissen, die alsbald.
hervorgeholt und ausgetrunken werden. Ich habe dieser wegen.
nichts vor dem Verderben retten können. Im nächsten Jahre‘
will ich versuchen, die gefährdeten Pläne (die gefundenen 101
Eier verteilen sich auf nur 3 Feldstücke) mit dem Hunde abzu-.
suchen und überhaupt möglichst oft zu beunruhigen, damit sich
die Vögel daraus wegziehen und sich sichere Brutstätten auf-
suchen. Man kann auf diese Weise der Niederjagd emporhelfen
und auch die kleinen Erdbrüter noch am ersten vor dem Ver-
derben retten.
Zur Zeit, da mir die Enteneier gebracht wurden, hatte ich
gerade Glucken zur Verfügung, denen ich einen Teil derselben
zum Ausbrüten unterlegte und ganz hübsche Resultate erzielte.
Den ausgeschlüpften jungen Entchen konnte ich auf meinem
teilweise eingezäunten Teiche günstige Lebensbedingungen bieten,
wobei mir noch ein Umstand zu statten kam, das war das dies-
Jährige massenhafte Auftreten der sogenannten Haffmücken. Dieses
Insekt erscheint hier im Juli und August stets, aber solche un-
geheuren Schwärme, wie in diesem Jahre, habe ich noch nie be-
obachtet. Wenn die kleinen Tiere, die übrigens nicht stechen,
an schwülen Sommerabenden über Büschen oder Häusern
schwärmten, so sah es von weitem aus, als ob das Dorf oder der
Wald brannte, und es kam vor, dass beim Fahren oder Reiten
die Pferde durch einen solchen dichten Schwarm nicht hindurch-
gehen wollten. Man konnte diese ganze Erscheinung als wunder-
bares Naturschauspiel bezeichnen, wenn es auch nur etwas für
„Kenner“ war, denn die meisten der hiesigen Badegäste konnten
der Sache keinen grossen Reiz abgewinnen und hielten sich
gsrollend Mund und Nase zu. Ich habe auch manche Mücke ver-
schluckt, aber im Interesse meiner jungen Entchen freute ich
mich doch, denn schichtenweise fielen die Insekten in den Teich
ein, oder konnten von den umstehenden Büschen, deren Zweige
sich unter der Last der am Tage still sitzenden Mücken förmlich
bogen, mit dem untergehaltenen Netze leicht gesammelt und den
Enten vorgeworfen werden. Auf dem Erdboden lagen die kleinen
Plagegeister an manchen Stellen schichtenweise, so dass die
Fliegen ihre Eier in diese faulende Masse legten, wo es dann
wieder von Maden wimmelte — auch ein willkommenes Futter
I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 193
für die frei umherlaufenden Dorfhühner und Enten, denen in
solch fetter Zeit von den glücklichen Besitzern überhaupt kein
‚ Futter vorgeworfen zu werden brauchte. Man kann sich vielleicht
' einen Begriff von der Menge der Insekten machen, wenn ich
‚sage, dass meine Entenschar mit ihrem beneidenswerten Appetite
ungefähr 14 Tage lang fast von weiter nichts als von Haffmücken
gelebt hat. Ausserdem fütterte ich noch Wasserlinsen und gebrühte
Fische, die auch jeden Tag hier leicht zu haben sind, und meine
Entchen gediehen prächtig dabei. Zunächst werde ich über
Anas boschas berichten.
Am 22. Juni kamen die ersten Märzentchen aus, am 6.
Juli ein zweites Gelege. Alle trugen das bekannte Dunenkleid.
Es besteht aus den zwei Farben Gelb und Olivengraugrün, die
stets bei allen Individuen gleich über den Körper verteilt sind,
wodurch sich junge Wildentchen leicht von ihren gleichalterigen
zahmen Geschwistern, die ganz verschiedenartig aussehen, unter-
scheiden. Aus dem schönen Gelb wird dann nach und nach ein
schmutziges Weissgrau; die Olivenfarbe bekommt einen Schein
ins Bräunliche, und die wolligen, weichen Dunen verwandeln sich
in straffere borstenartige Gebilde. Schön sahen dann meine
Entchen nicht aus, aber munter waren sie immer. Um ihnen
gleich von Anfang an etwas Raison beizubringen und ihnen das
mäuseartige Verkriechen abzugewöhnen, gab ich ihnen gleich nach
dem Ausschlüpfen einige gleichalterige Hausentchen bei, die durch
ihr vertrautes Wesen ihre wilden Schwestern bald kirre machten
und an den Menschen gewöhnten, so dass sie ziemlich aus der
Hand frassen. Erstaunt war ich, wie bösartig junge Märzenten
seien können. Als ich das zu zweit ausgeschlüpfte Gehecke zu
den bereits vierzehn Tage alten Stammesgenossen auf den Teich
brachte, stürzten diese letzteren sofort auf die wehrlosen kleinen
Tierchen los und hätten sie ohne Frage abgewürgt und unter dem
Wasser erstickt, wenn ich nicht schnell zugesprungen wäre. Es
ist dieser Vorgang leicht auf Futterneid und Selbsterhaltungs-
trieb zurückzuführen, denn es könnte sonst draussen in der freien
Natur, wo die Wildentenpaare zuweilen nicht allzuweit von ein-
ander brüten, leicht passieren, dass plötzlich eine alte Enten-
mutter noch ein zweites Schoof junger Enten um sich versammelt
sähe, was der Erhaltung der Art hinderlich wäre. Die Fremd-
linge müssen abgekämpft werden. Besonders hatten die anderen
Entenarten, Knäk- und Löffelenten, unter den Angriffen der
194 J. Thienemann:
kleinen Raufbolde zu leiden, am meisten aber die Tafelenten,
die zu einer ganz anderen Gattung, den Tauchenten (Fuligula),
gehören. Die letzteren wussten sich allerdings in den meisten
Fällen recht geschickt zu helfen, das heisst, sie tauchten im ent-
scheidenden Augenblicke mit unglaublicher Geschicklichkeit unter
und streckten den verblüfften Angreifern zwei zappelnde Ruder
entgegen, was sehr drollig wirkte. Trotzdem war ich gezwungen,
die schwächeren und jüngeren Enten erst in einer besonderen
Abteilung des Teiches erstarken zu lassen, ehe ich sie in den
allgemeinen „Familiensalon‘ brachte Die Feindschaft nahm
übrigens mit zunehmendem Alter immer mehr ab und verlor sich
nach dem Flüggewerden der Enten fast ganz.
Am 17. Juli, also nach 25 Tagen, bekamen meine Märzenten
vom ersten Gehecke die ersten braunen Federn des Jugendkleides,
während die vom zweiten Gelege dieselbe Erscheinung am 3.
August, also nach 28 Tagen, zeigten, und zwar beidemal zunächst
auf den Schultern. Es ist das nicht bei allen Entenarten gleich,
wie wir weiter unten sehen werden. Am 26. Juli konnte ich
über meine Entenschar, die ich täglich genau beobachtete und
kontrollierte, folgendes in das Stationstagebuch eintragen: Die
sieben Anas boschas vom 22. Juni sind heute 34 Tage alt und
ziemlich befiedert. Die ersten Federn zeigten sich auf den Schultern,
dann an den Seiten, an der Unterseite und am Schwanze, dann
am Bürzel. Zuletzt befiedert sich der Rücken, der jetzt noch
mit Dunen bedeckt ist. Flügelfedern zeigen sich noch nicht. —
Diese letzteren fingen aber in den nächsten Tagen an, hkervorzu-
spriessen, so dass am 3. August, also nach 42 Tagen, schon lange
Kiele zu sehen waren. Die Vögel waren jetzt, was das Klein-
gefider anlangt, fast vollständig befiedert. In den Tagen um den
29. August herum, also nach ungefähr 68 Tagen, hörte ich von
meinen Märzenten das erste Mal das laute Quaken, während sie
bis dahin noch den piepsenden Jugendton vernehmen liessen.
So trugen also meine Märzenten nunmehr das braune erste
Jugendkleid, das dem der alten Weibchen und auch dem
Sommerkleide der Männchen sehr ähnlich ist. Man bekommt in
diesen drei Kleidern auf der Jagd die meisten Enten in die
Hände und muss sie genau und oft betrachtet haben, um sie alle
drei leicht von einander unterscheiden zu können. Ihre genaue
Beschreibung mit den oft subtilen Unterschieden kann ich unter-
lassen, da man sie in jeder Naturgeschichte nachlesen kann. Bei
I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 195
meinen Märzenten konnte ich keinen Geschlechtsunterschied er-
kennen. Sie sahen alle gleich aus. Da, am 3. September, also
nach 73 Tagen, bemerkte ich, dass das eine Exemplar einen
grünen Schnabel trug, während diese Körperteile bis dahin ein
rotgelbes Kolorit gezeigt hatten, wobei sich auf dem Schnabel-
rücken unregelmässige, schwarze Flecken befanden. Ich nahm
an, dass diese grüngelbe Farbe nach und nach aufgetreten sei,
und ärgerte mich schon, dass ich den Vorgang nicht vom ersten
Augenblicke an beobachtet hatte, aber siehe da, am 5. September
also zwei Tage später, zeigte ein zweites Exemplar dieselbe
' Veränderung. So muss ich nach meinen Beobachtungen annehmen,
_ dass das Verfärben des Männchenschnabels, denn Männchen waren
es, fast plötzlich vor sich geht, was, soviel ich weiss, bisher noch
nicht festgestellt worden ist.
Anfang Oktober traten meine Enten in ihre erste Mauser
(nicht Verfärbung) ein. Wenn wir bedenken, dass dieselben sehr
späten Bruten angehörten, indem sie erst am 22. Juni bezw. 6.
Juli ausgefallen waren, während es unter normalen Verhältnissen
Ende April oder Anfang Mai schon junge Enten giebt, so müssen
wir konstatieren, dass meine Enten das fertige, erste Jugendkleid
nur ganz kurze Zeit, nicht einmal zwei Monate, getragen
haben. Der Termin für Ablegen dieses Kleides ist also nicht an
eine bestimmte, voraufgegangene Dauer des Tragens gebunden,
sondern die Mauser tritt ein, wenn der Oktober naht, mögen nun
die Enten früh oder spät ausgeschlüpft sein. Die Weibchen
legten das vom Jugendkleide nicht sehr abweichende, ausgefärbte
Gewand der alten Weibchen an und waren Ende Oktober mit dem
Mauserprozess ziemlich fertig. Die Schwanz- und Flügelfedern
wechselten sie jetzt nicht. Darum sind die jungen Enten auch noch
im nächsten Frühjahre an den etwas abgestossenen Schwanzfedern
zu erkennen. Dieselbe Erscheinung findet auch bei anderen Vögeln,
ich nenne z. B. die Krähen, statt. Auch da kann man die ein-
jährigen Vögel, da sie Flügel- und Schwanzfedern noch vom ersten
Jugendkleidehertragen,an deren schäbigem, abgetragenem Aussehen
sehr gut als solche feststellen. Die entsprechenden Federn haben
bei den Krähen auch noch einen Schein ins Braune.
Die Erpel erhielten jetzt, im Oktober, zum erstenmal ihr
herrliches Prachtkleid mit dem schönen, grünen Kopfe und den
aufgerollten mittelsten Schwanzfedern. Am 6. November liess
ich mir einige Exemplare, Männchen und Weibchen, vom Teiche
196 J. Thienemann:
einfangen, um sie noch einmal einer gründlichen Untersuchung
zu unterziehen, da mich ein von anderer Seite für Anas boschas
in Anspruch genommener Verfärbungsprozess stutzig ge-
macht hatte. Das eine Männchen, das, äusserlich betrachtet,
ganz fertig vermausert erschien, zeigte, wenn man die Federn
auseinanderstrich, auf dem schwarzgrünen Unterrücken und auf
der grauen Unterseite noch wenige unfertige Mauserfedern, die
noch mit Blut angefüllt waren. Die meisten derartigen Federn
befanden sich im grünen Kopfe, wo auch noch, wie auf den
Schultern, einige wenige braune Federn des Jugendkleides sicht-
bar waren. Das andere Männchen war in der Mauser noch viel
weiter zurück und sah ziemlich ruppig und unscheinbar aus.
Dazu will ich bemerken, dass ein am 12. September dieses Jahres
am Bruche von mir erlegtes Männchen von Anas bosches sich
ebenfalls in der Mauser befand, was besonders an den unfertigen
braunen Brustfedern zu sehen war. Man untersuche die Ende
September oder Anfang Oktober geschossenen Märzerpel nur
einmal genauer, dann wird man leicht den Mauserprozess fest-
stellen können, aber man suche dabei immer gegen den Strich,
dann treten die unfertigen Federn leicht zu Tage. Die am 6.
November untersuchten Weibchen zeigten nur noch ganz ver-
einzelte Federn mit Blutkielen, da sie bekanntlich mit der Mauser
etwas eher fertig werden, als die Männchen. i
Die Beobachtung der Frühjahrs- und Herbstmauser von A.
boschas im Altersstadium steht noch aus. Ich hoffe im nächsten
Jahre darüber berichten zu können. Gespannt bin ich, ob ich
bei Anas boschas in irgend einem Stadium eine Verfärbung werde
feststellen können, wie es zuweilen von anderer Seite behauptet
wird. Ich zweifle daran. Man hätte dann doch bei den vielen
Enten, die man als Jäger in der Hand gehabt hat, diesen Prozess
einmal beobachten müssen.
Es folgt Anas querquedula. Am 6. Juli kamen die Knäk-
entchen aus. Ich habe sämtliche Wildentchen nach dem Aus-
schlüpfen noch 24 Stunden ungestört unter der Glucke gelassen,
sie dann am nächsten Morgen sofort aufs Wasser gebracht, und
ihnen zum ersten Male Nahrung angeboten. Die Tierchen waren
dann schon etwas erstarkt und nahmen das oben bei den März-
enten erwähnte Futter, namentlich die Haffmücken, sehr bereit-
willig an. So habe ich auch mit den äusserst zarten, allerliebsten
Knäkentchen sehr gute Resultate erzielt. Als ich einmal den
I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 197
Versuch machte, ein ausgeschlüpftes Gehecke in einer trockenen
kleinen Voliere bei hingesetzter Wasserschüssel aufzuziehen, hatte
ich rechte Verluste. Die Entchen purzelten in das Bassin hinein,
wurden nass und starben wie die Fliegen. Ein nasses Wildentchen
kann man ebenso wie einen dick aufgeplustert sitzenden Stieglitz
für sicheren Todeskandidaten ansprechen. Auf dem freien Teiche
dagegen schwammen die zierlichen Entchen wie kleine Feder-
bällchen umher; von Nässe am Gefieder keine Spur! Die Glucken
von den verschiedenen Gehecken gab ich mit in das Gehege
hinein. Nun wäre es aber zwischen den um ihre schwimmenden
Kinder besorgten und am Rande umherirrenden Müttern leicht
zu argen Raufereien gekommen. Um dem vorzubeugen, wandte
ich eine sehr probate Methode an, die ich erst hier auf der
Nehrung kennen lernte und über die ich zunächst lachen musste:
ich pflöckte die Glucken an langen Bindfäden an. Wir in Mittel-
deutschland hatten komplizierte Hühnerkörbe und abgeteilte
Gehege, um die verschiedenen Hühner- und Enten-Gehecke ausein-
ander zu halten; hier macht man das einfacher. Hier wird überhaupt
alles „angedietert“: Pferde, Kühe, Ochsen, Hühner, Krähen ete.
Gewundert habe ich mich immer, wie die kleinen Entchen
stets ihre zugehörenden Mütter herausfanden, zumal für diese
Wildlinge, bei denen von Domestizierung keine Rede sein kann,
ein grosser Unterschied zwischen dem Aussehen und Benehmen
einer alten wilden Entenmutter und einer glucksenden Haushenne
bestehen muss. Die jungen Tiere hörten ganz entschieden auf
den Lockrufihrer Führerinnen und sassen gegen Abend wohlgeord-
net unter ihren entsprechenden Müttern. Am 26. Juli, also nach
20 Tagen, waren bei den Knäkentchen noch keine Federn sicht-
bar, sie trugen noch das vollständige Dunenkleid. Von gleich-
alterigen Märzenten unterschieden sie sich dadurch, dass der dunkle
Augenstreif nicht von der Schnabelwurzel aus anfing, sondern
erst hinter dem Auge begann. Dieses Merkmal und ferner die viel
schlankere, namentlich nach hinten zugespitzte Gestalt unterschieden
sie auch noch von Anas boschas, als beide Entenarten sonst von
gleicher Grösse waren. Ich kann daher Naumann nicht recht
geben, wenn er in seiner „Naturgeschichte der Vögel Deutschlands“
Band 11. p. 680. (alte Ausgabe) sagt, dass die jungen Knäkenten
„ganz die Farben und Zeichnungen der jungen Märzenten trügen.“
Gleich hier will ich bemerken, dass ziemliche Übung dazu gehört,
Wildenten im Dunenkleide auseinander zu halten.
198 J. Thienemann: |
Am 28. Juli, also nach 22 Tagen, bekamen die Knäk-”
entchen die ersten braunen Federn und zwar genau so wie Anas
boschas auf beiden Schultern. Von da an ging die Befiederung
der Knäkenten sehr schnell vor sich, so dass ich die Tiere bereits
am 5. August, also nach 30 Tagen stutzen musste, um sie am
Fortfliegen zu verhindern. Ich habe diese Operation stets so
ausgeführt, dass ich den scharfen Nickfänger im Handgelenk
aufsetzte und mit einem Holzklöppel darauf schlug, wodurch das |
Glied im Nu abgetrennt war. Naumann giebt an, man solle |
den Flügelknochen zunächst mit einer stumpfen Zange knicken |
und dann an der Stelle mit einem gewichsten Faden unterbinden,
um Verblutung zu verhindern. Ich habe gefunden, dass man gar
nicht so penibel zu sein braucht. Meine sämtlichen Enten nahmen
von der vorgenommenen Operation garnicht viel Notiz und gingen
sofort wieder auf’s Fressen, obgleich ich bei manchen Exemplaren
die Methode jenes Bäuerleins einschlagen musste, das den Hunde-
schwanz stückweise abhackte, wenn ich nämlich sah, dass die
Vögel bei zu kurzem Stutzen sich noch vom Erdboden erheben
konnten. Über eine etwaige Herbstmauser ‘der Knäkente kann
ich aus eigener Beobachtung leider nichts Bestimmtes berichten,
da ich zu der fraglichen Zeit, im Oktober, zum meteorologischen
Cursus nach Berlin verreist war und keinen zuverlässigen Beob-
achter hier zur Verfügung hatte. Als ich Ende Oktober heim-
kehrte, sahen die Knäkenten genau noch so aus, wie ich sie
verlassen hatte. Ich möchte annehmen, dass sie nicht gemausert
haben.
Es folgt die Löffelente (Anas clypeata): Am 3. Juli fand
mein Hund auf einer Wiese ein Löffelentennest mit 9 Eiern, von
dem das alte Weibchen abflog. Da die Grasmäher schon am
nächsten Tage darüber hinweggehen mussten, nahm ich 5 Eier
mit nach Hause und traf Anordnung, dass um das Nest herum
ein Trupp Gras stehen bleiben sollte, wodurch allerdings das
Gelege, wie schon oben angedeutet, nicht gerettet wurde Ehe
ich die 5 erbeuteten Eier einer Glucke unterlegte, wollte ich den
Grad ihrer Bebrütung prüfen und brach bei dem einen mit der
Messerspitze am stumpfen Ende ein erbsengrosses Loch ein, das
ich nachher mit englischen Heftpflaster doppelt verklebte. Trotz-
dem fielen am 17. Juli, also nach 14 Tagen fünf gesunde Entchen
aus, die auch alle gross wurden. Ich hatte dasselbe Experiment
schon vorher an einem Ei der Tafelente mit gleich günstigem
1. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 199
Erfolge angestellt. In dem Falle war das Loch am il. Juni
geschlagen, und die Jungen kamen am 27. Juni, also nach 16 Tagen
aus. Eine solche Verstümmelung schadet also nichts.
Bei den Löffelenten war ich besonders auf die Schnabelbildung
im ersten Jugendstadium gespannt, musste aber konstatieren, dass
‚dieser Körperteil, der beim ausgewachsenen Vogel solche unförm-
lichen Dimensionen annimmt, an den eben ausgefallenen Jungen
‚sich in keiner Weise durch besondere Grösse auszeichnete Am
Schnabel sind also ganz junge Löffelenten von anderen
Anatiden absolut nicht zu unterscheiden. Erst nach 11
Tagen fingen die Schnäbel an im Verhältnis zur übrigen Körper-
grösse auffallendere Dimensionen anzunehmen und wuchsen nun
allerdings erstaunlich schnell. Es fiel mir auf, dass die jungen
Löffelenten sehr oft an ihren Schnäbeln gegenseitig berumspielten
und besondere Bewegungen damit ausführten, als ob sie dieses
für sie so wichtige Instrument einer besonderen Übung unter-
ziehen wollten.
Am 3. August, also nach 17 Tagen, erhielten die Löffel-
enten die ersten Federn und zwar ebenso wie Anas boschas und
querquedula auf den Schultern. So befiedern sich also Knäk-
und Löffelenten viel zeitiger und schneller als die Märzenten und
werden auch viel eher flugbar. Die Schwingen waren schon längst
komplett, ehe noch der Rücken die vollständige Befiederung er-
halten hatte.
Auch das Benehmen der jungen Löffelenten, die mit ihren
unförmlichen Schnäbeln einen wenig graziösen, ich möchte sagen
mehr komischen Eindruck machten, zeigte manche Besonderheiten.
So konnte ich an ihnen das eigenartige Kopfnicken im Aflekt,
womit sie sich z. B. zu begrüssen pflegten, viel öfter beobachten,
wie bei den andern Entenarten. Die Stimme war sehr heiser.
In Bezug auf Futter und Abwartung waren die Löffelenten am
penibelsten und zartesten. Bei ihnen liegt in Folge ihrer Schnabel-
formation vffenbar das Bedürfnis vor, die Nahrung nicht aus
einem künstlichen Futtertroge zu entnehmen, sondern auf natür-
liche Weise aus dem Wasser und Schlamm.
Auch über die Herbstmauser dieser Entenart kann ich
aus den oben angeführten Gründen leider noch nichts Bestimmtes
angeben, hoffe dasselbe aber durch spätere Versuche nachholen
zu Können.
200 J. Thienemann:
Fuligula ferina. Junge Tafelenten bekam ich am 27. Juni:
Ausserlich waren dieselben an den anders gestalteten und an-
gewachsenen Beinen von den gleichalterigen Schwimmenten wohl
zu erkennen, wenn auch der Unterschied nicht allzusehr in die
Augen sprang. Mehr war das mit der anders gearteten Zeichnung
der Fall. Den Dunenjungen der Tafelenten fehlen nähmlich die
dunklen Augenstreifen, so dass die Backen einfarbig gelb aus-
sehen. Dadurch sind diese Vögel leicht aus einer ganzen Herde
Schwimmenten herauszufinden. Naumann sagt, dass das Dunen-
kleid von Fuligula ferina am Kopfe schon roströtlich, oder matt
rostbraun sei. Das ist meinen Beobachtungen nach das Halb-
dunenkleid, das ich weiter unten beschreiben werde. Am eigent-
lichen Dunenkleide ist von Rot keine Spur. Im Allgemeinen will
ich bemerken, dass es sich bei den ersten Dunenkleidern aller
vorbeschriebenen Entenarten nur immer um die zwei Farben Gelb
und Olivengrün handelt mit dem geringen Unterschiede, dass
einmal diese Farben mehr intensiv, dann wieder mit mehr Grau
vermischt sind.
Die kleinen Tafelenten benahmen sich gleich von Anfang
an etwas dreister, indem sie sich viel weiter aufs Wasser hinaus-
wagten, dafür aber auch viel scheuer als ihre Verwandten waren.
Sie frassen nicht so gern gebrühte Fische wie diese und hatten
es am liebsten, wenn man ihnen aufgeweichtes Weissbrot aufs
Wasser warf. Dabei gediehen sie gut. Von den Angehörigen
der anderen Entenarten wurden die kleinen anders gestalteten
Dinger übrigens wie von guten Systematikern sofort als etwas
ihnen fern stehendes erkannt und sehr feindselig behandelt. Auf
welche Weise sich die schlauen Tauchentchen zu schützen suchten,
ist bereits oben bemerkt worden. Übrigens war das Tauchen an
den jungen Tafelenten nicht gleich von Anfang an zu beobachten,
und erst am 18. Juli, also nach 21 Tagen, sah ich es zum ersten
Male. In der freien Natur wird es wohl zeitiger vorkommen,
denke ich.
Nach ungefähr 27 Tagen zeigten die Tafelenten die ersten
Spuren der Befiederung und zwar nicht wie die Schwimmenten
auf den Schultern, sondern am Kopfe und an den Seiten. Ersterer
nahm dadurch eine schmutzig bräunliche Färbung an. In diesem
Halbdunenkleide habe ich Fuligula ferina auch zuweilen auf dem
Bruche erlegt. Sie zeigten sich dann schon als höchst geschickte
Tauchkünstler.
I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 201
Die Töne, die man um diese Zeit von den Tafelenten, die
mit zunehmendem Alter immer stummer wurden, hörte, waren
viel höher, piepender, kläglicher wie die der Märzenten.
Am 3. August notierte ich folgendes über meine Entenschar:
Die kleinen ferina sind heute, also nach 37 Tagen, abgesehen
vom Rücken ziemlich befiedert. Die Schwungfedern sind aller-
dings noch nicht gewachsen, während die nur 5 Tage älteren
Märzenten schon lange Kiele in den Flügeln haben und fast voll-
ständig ausgefiedert sind. Die Schwungfedern wachsen bei den
fast ausschliesslich ans Wasser gebundenen Tafelenten langsam.
| Im Oktober trat die Tafelente (ich hatte zum Schluss nur
noch eine behalten) in die Mauser ein und zeigte sich am 4. No-
vember bei näherer Untersuchung ziemlich ausgefärbt. Es war ein
Männchen. In der schwarzen Brust und auch an einigen anderen
Stellen befanden sich noch einige braune Federn des vorigen Kleides.
Leider musste ich für den Winter meine Entenschar bis
auf einige dauerhafte Märzenten abschaffen, da es der Vogel-
warte vorläufig noch an Mitteln fehlt, die nötigen Gelasse her-
zustellen und das Futter zu beschaffen. Sollte uns beides erst
zur Verfügung stehen, so würde es sehr lohnend sein, noch
weitere Versuche und Beobachtungen über Verfärbung und Mauser,
namentlich von Strand- und Wasservögeln anzustellen, da in dieser
Hinsicht noch so manche Lücke auszufüllen ist. Gerade hier
hat man Gelegenheit, derartige seltenere Vögel verhältnismässig
leicht zu bekommen.
Tabelle über Aufwachsen und Befiedern von Wildenten.
Aus- Erste Erste Färbung des
Art. | gefallen | Befiederung | Befiederung | Männchen-
x am? wann? wo? schnabels.
Märzente. la2. Juni| nach 25 lauf beiden nach
(Anas boschas) | bezw. | bezw. | Schultern. | 73 Tagen.
6. Juli. | 28 Tagen.
Knäkente. 6. Juli. nach a
(Anas querquedula) 22 Tagen.
Löffelente. 17. Juli. nach n
(Anas clypeata) 17 Tagen.
Tafelente. rl. van) nach ca. | Am Kon
(Fuligula ferina) 27 Tagen. | und an
| den Seiten.
Journ, f. Orn, L. Jahrg. April 1902. 14
202 J. Thienemann:
Einige vorläufge Bemerkungen über Tringa alpina
und Tringa alpina schinki.
Zunächst lasse ich einige Masse der beiden strittigen Vogel-
formen folgen. Die gemessenen Exemplare stammen sämtlich aus
Rossitten, nur Nr. 19 und 20 sind bei Veckenstedt a./Harz
gesammelt. |
Tringa alpina.
Nr. | | Datum. | a rostrum. | tarsus
1 4./9. 01. 19,6 3,1 3 | 2,5
2 & 18,6 3,2 3,1 2,7
3 A 18,5 3,4 3,3 2,7
4. s 18 3,1 3 2,6
5. 1 18 3 2,9 2,5
6 | e 19,6 | 3,3 3,2 2,6
7 " 18,6 3,1 3 2,8
8. ; 17,7 2,9 2,7 2,4
9. N 18,5 3 2,9 2,7
10. ” 18,7 3,6 3,D 2,7
11. + 18 2,9 2,8 2,5
12. 16./9. 01. 18,9 3,3 3,1 2,6
13. nr 19,1 3,3 3,1 2,4
14. 17,/9. 01. 18,7 3,3 3,1 2,5
15. 21./9. 01. 18,8 3,4 3,2 2,5
16. 5 3,5 2,3
17. 9./10. 1888. Sl 2,3
18. $ || 3./9. 1890. 3,1 2,3
19. © 1/9./10. 1899. 3,05 2,3
20. g B 3,5 2,3
21. g 3,5 2,4
22.9 3,9 2,6
23. juv. 3,8 2,6
24.2 juv 3,7 2,7
25. Juv | 3,8 2,4
26. juv. 3,2 2,4
27. 1./9. 93. 3,4 2,3
28. 19./7. 95. 3,4 2,3
29. 3,6 2,3
30. @ || 19./7. 97. 3,5 2,3
I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 203
Nr. | | Datum. | l eu | rostrum. Di tarsus.
Sl. & | 29.77. 97. | 3,6 2,3
32. 5 5./8. 98. 3,4 232
33. juv. || 19./7. 97. 2.5 2,3
34. juv. || 29./7. 98. 2,8 2,2
35. Juv. || 30./7. 98. 3,1 2,3
36. 2 || 29./8. 94. 3,4 2,3
37. Q 2./8. 95. | 3,9 | 2,4
Tringa alpina schinzi.
Nr. | | Datum. | rostrum. tarsus.
1. 3 ||21./7. 1898 3,2 2,3
2.5 3,1 2,4
3. 9 29./7. 97. 39 2,3
4.d 25./7. 98. 3 2,3
Deo 31.02.98: 3,1 22
6. 11./8. 98. 3,1 2,3
1.g 23./7. 96. 3,2 2,4
Wie die Tabellen zeigen, findet auch unter den typischen
Alpenstrandläufern ein deutliches Variieren in den Schnabel- und
Tarsenmassen, die als massgebende Unterscheidungsmerkmale
zwischen den beiden Formen hingestellt werden, statt, so dass
man gewiss oft irre gehen würde, wenn man sich nur nach diesen
plastischen Unterschieden richten wollte Mir war bei der Be-
stimmung mehr das viele Rostrot massgebend, das Zringa alpina
schingzi im Rückengefieder hat und das oft sehr in die Augen fällt.
In biologischer Beziehung kann ich berichten, dass ich den
Schinz’schen Strandläufer als früher ziehend beobachtet habe,
als seinen typischen Verwandten. Solche frühe Wanderzüge be-
standen öfter ausschliesslich aus Tringa alpina schinzi, waren
allerdings zuweilen auch mit echten Alpenstrandläufern gemischt.
In vorgerückter Jahreszeit habe ich bis jetzt noch nie geschlossene
Züge von kleinen Alpenstrandläufern gefunden. Die wenigen
Rossitter Brutvögel, die ich bisher in Händen hatte, gehörten
alle der kleinen Form an.
14*
204 J. Thienemann:
III. Vogelschutz.
Auch den in das Arbeitsgebiet der Vogelwarte fallenden
vogelschützlerischen Bestrebungen suchte die Anstalt nach Mög-
lichkeit gerecht zu werden und hat, wenn man die Kürze der
Zeit und die geringen Mittel in Betracht zieht, schon ganz hübsche
Erfolge zu verzeichnen.
Auf Ansuchen des Herrn Freiherrn v. Berlepsch in Cassel
stellte die Fabrik von Gebr. H. und O0. Scheid in Büren i,/W.
der Vogelwarte im Frühjahre 1901 gegen 100 der bewährten
v. Berlepsch’schen Nistkästen zur Verfügung, wofür an dieser
Stelle der verbindlichste Dank gesagt werden soll. Obgleich die
Sendung erst bei ziemlich vorgerückter Jahreszeit eintraf, und
obgleich vorläufig nur mein Privatgrundstück zu Verfügung stand,
so war doch das Resultat, ich muss sagen, geradezu überraschend.
Allerdings habe ich das Anbringen der Kästen zum grössten
Teile selbst besorgt, oder wenigstens genau überwacht, damit das
Einfüllen von Müllerde, das richtige feste Annageln und Richten
der Kästen u. s. w. peinlichst genau nach Vorschrift vorgenommen
wurde, was eine grosse Hauptsache ist. Schon am nächsten
Tage nach dem Aufhängen waren einige Kästen von Staren
und Kohlmeisen besetzt; und nun bitte ich die verehrten Leser
damit die Resultate zu vergleichen, die mit den früher üblichen
zusammengenagelten Bretterkästen, die zum Ärger der Besitzer
jahrelang unbesetzt an den Bäumen hingen, erzielt worden sind,
und bitte weiter zu berücksichtigen, dass hier auf der abge-
schlossenen Rossittener Oase wegen fast gänzlichen Fehlens von
alten hohlen Bäumen bisher fast keine Höhlenbrüter nisten konnten.
So ist zu konstatieren, dass Stare, Kohl- und Blaumeisen
und Trauerfliegenfänger, die in diesem Jahre meine Kästen
besetzt hatten, bei ihren Frühjahrs-Streifereien sofort an einer
ihnen sonst unbekannten Örtlichkeit Halt machten und sich an-
siedelten, sobald sie Brutstätten vorfanden. Die Vögel behan-
delten die Kästen nicht als etwas ihnen künstlich Gebotenes,
sondern einfach als natürliche Baumhöhlen. Ich kann nur wünschen,
dass der Vogelwarte recht bald Gelegenheit geboten werde, die
Versuche im Grossen fortzusetzen. Der ganze Rossitter fiska-
lische Wald müsste mit Hunderten von Kästen jeder Grösse
besetzt werden, dann würde es meiner festen Überzeugung nach
nicht lange dauern, bis alle unsere so nützlichen Höhlenbrüter,
I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 205
darunter auch die grossen, Blaurake, Wiedehopf und Hohltaube,
die jetzt nur Durchzügler sind, hier heimisch geworden wären.
Dass dann die Schwammspinner-Epidemien und andere Insekten-
Kalamitäten, von denen die hiesigen Waldbestände und Dünen-
befestigungen jetzt öfter heimgesucht werden, nach und nach
abnehmen würden, darf man wohl dreist behaupten. Überhaupt
eignet sich das hiesige abgeschlossene Gebiet sehr gut zu solchen
und auch anderen derartigen Versuchen, weil bei der leichteren
Übersehbarkeit die Kontrolle sich besser durchführen lässt, wie
anderwärts. Dass in diesem Jahre die Obsternte in meinem
mit Nistkästen besetzten Garten recht gut war, obgleich die
Bäume, was Ausschneiden, Düngen etc. anbetrifit, von früheren
Pächtern sehr vernachlässigt waren, ist vielleicht auch schon
teilweise den vielen anwesenden Meisenpärchen zu verdanken.
Bemerken will ich noch, dass man meinen Beobachtungen
nach beim Aufhängen der Kästen durchaus nicht zu ängstlich
zu sein braucht, wenn man durch beschränkte Verhältnisse etwa
gezwungen sein sollte, die Nistgelegenheiten etwas nahe anein-
ander anzubringen. Ich habe z. B. in diesem Jahre beobachtet, dass
Blaumeisen und Baumsperlinge, von welchen letzteren auch ein Pär-
chen anwesend war, nur wenige Schritt von einander entfernt nisteten,
ohne dass man etwas von gegenseitigen Friedseligkeiten bemerkt
hätte. Es mag das ein Wink für die Besitzer kleinerer Gärten sein.
Über das Bevorzugen und Verschmähen mancher Kästen
von Seiten der Vögel kann man oft die wunderlichsten Beob-
achtungen machen. Da hängt z. B. ein Nistkasten in einer stillen
Gartenecke an einem lauschigen Plätzchen, nach allen Regeln
der Kunst angebracht, — kein Bewohner will sich finden. Und
nicht weit davon befindet sich ein solcher an einem belebten
Wege, den Blicken aller Vorübergehenden ausgesetzt, vor Wind
und Wetter nicht geschützt — er wird sofort von einem Meisen-
pärchen ‚angenommen. Wir Menschen stehen und wundern uns.
Was sollen wir aber daraus lernen? Dass wir noch lange nicht
weit genug in die intimsten Geheimnisse der Natur, der wir
künstlich nachhelfen wollen, eingedrungen sind, und sollen uns
dadurch zu weiterem Forschen und Beobachten anspornen lassen.
Der Firma Gebr. H. und OÖ. Scheid verdankt die Vogel-
warte auch mehrere Durchschnitte der v. Berlepsch’schen Nist-
kästen, welche neben den fertigen Fabrikaten an den Wänden
des Museums mit entsprechenden Schildern versehen Platz ge-
206 J. Thienemann:
funden haben. So können sich die Besucher mit Leichtigkeit
über den innern Bau der Kästen informieren, und die darauf in
naturgetreuer Weise angebrachten Vögel machen sie gleich mit
den zugehörenden befiederten Bewohnern bekannt. Diese hübschen
Gruppen werden stets mit grösstem Interesse betrachtet, und so
steht zu hoffen, dass von hier aus manche vogelschützlerische
Anregung mit hinaus in unsere Provinz und weitere Heimat ge-
nommen wird.
Bezogen sich die eben ausgeführten vogelschützlerischen
Bestrebungen mehr auf Frühjahr und Sommer, so wurde
auch während der kalten Jahreszeit der zweite Punkt des
praktischen Vogelschutzes, nämlich die Anlegung von natur-
gemässen Winterfütterungen nicht versäumt. Der Zweck
dabei war, nicht nur den hier anwesenden Vögeln Schutz zu ge-
währen, sondern auch eingehende und gewissenhafte Versuche
in dieser noch mancher Aufklärung bedürftigen Frage anzustellen.
Zunächst hielt man sich wieder an die v. Berlepsch’sche
Methode der Futterbäume. Das nötige Material bekam die Vogel-
warte wiederum durch die Güte des Herrn Freiherrn v.Berlepsch
sowie der Firma H. und O. Scheid geliefert. Es bestand in
einem Posten Futtersteinen und zugehörendem Wärmeapparate
nebst Briketts.
Die ganze Methode beruht, um das kurz zu erwähnen,
darauf, dass das Futter nicht auf die Erde, wo es dem Verschneien
und Verderben ausgesetzt ist, geworfen wird, sondern in ge-
schmolzenem Rindertalg auf den Ästen eines Nadelbäumchens
seinen Platz findet. Die ersten Futterbäume konnte ich hier in
Rossitten am 13. Februar 1901 aufstellen. Sie waren also den
hiesigen Vögeln vollständig unbekannt, und trotzdem wurden sie
von Meisen sofort, von anderen Vögeln nach ein bis zwei
Tagen angenommen. Am 12. Dezember richtete ich einen solchen
Baum auf einem etwas ungewöhnlichen Platze, nämlich auf einem
freien Dache unmittelbar vor meinem Fenster ein. Trotzdem
wurde auch dieser sofort von Meisen und Amseln, später auch
von Dompfaffen und Buchfinken besucht. Es mag das eine An-
regung für die Stadtbewohner sein, die ihren präparierten Christ-
baum getrost an geeigneter Stelle vor ihrem Fenster anbringen
mögen. Sie werden Erfolge haben.
Es ist mir bei Besprechung dieser Fütterungsmethode zu-
weilen eingewendet worden, dass das Futter auf den schmalen
1. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 207
'Tannen- oder Fichtenästchen nicht genügend Platz fände. Darauf ist
zu erwidern, dass man sich, wenn einem nur kümmerliche Bäumchen
‚zur Verfügung stehen, dadurch helfen kann, dass man mehrere
Ästehen zusammenbindet, um so eine breite Unterlage zu schaffen.
Ferner habe ich den Versuch gemacht, die flüssige Masse auch
auf andere Gegenstände in der Nähe des Futterbaumes z. B. auf
Stakete oder Pfähle oder stehengebliebene, hohe Blumengewächse
und namentlich Sonnenrosenscheiben zu giessen, und die Vögel
nahmen das Futter auch von solchen vor Verschneien geschützten
Stellen sehr gern. Das Bäumchen sowie die Sonnenrosen dienten
dabei als Anziehungsmittel. Ich möchte zu weiteren Versuchen
in dieser Hinsicht anregen.
Auch von anderen Punkten der Nehrung, wo ich im vorigen
Winter die Fütterung mittelst Bäumchen angeregt hatte, wurde
mir kürzlich gemeldet, dass sich diese Methode sehr gut bewähre.
Lästig waren mir immer die vielen Sperlinge, die meine
Futterbäume oft, scharenweise aufsuchten und in verhältnismässig
kurzer Zeit plünderten. Ich sinne noch auf Mittel, diese Schma-
rotzer fern zu halten.
Auch mit den neueingeführten sogenannten Futterhölzern
war der Station Gelegenheit geboten, eingehende Versuche an-
zustellen. Es sind das runde, ungefähr 20 cm. lange und 4—5
cm. starke Naturhölzer, an deren einer Seite sich sechs bis sieben
Bohrlöcher befinden, die mit dem oben erwähnten Talgfutter
vollgegossen werden. Ich hatte diese Hölzer an jungen Bäumen
meines Gartens angebunden und fand sie sehr bald von den
Meisen angenommen; die am meisten in Büschen versteckten zuerst.
Der Fütterung des Wildgeflügels konnten wir unsere Auf-
merksamkeit leider noch nicht in dem Masse zuwenden, wie wir
gewünscht "hätten, da diese Sache immerhin mit einigen Kosten
verknüpft ist. Ich musste mich darauf beschränken, sogenannte
„Gelegenheitsplätze“ an Grabenrändern, Feldrainen etc. anzu-
legen, die von den Hühnern sehr gern angenommen wurden.
Ich kann nur immer wieder betonen, wie ichs schon in der
„deutschen Jägerzeitung“, in der „ornithol. Monatsschrift“ und
an anderen Orten gethan habe, dass man zur Rebhühner-Winter-
fütterung möglichst wenig, oder gar kein Getreide verwenden
soll, sondern Unkrautsämereien, die beim Getreidereinigen ab-
fallen. Das Rebhuhn ist kein leidenschaftlicher Getreidefresser,
wie durch die von G. Rörig und mir angestellten Magenunter-
208 J. Thienemann:
suchungen wiederum bewiesen worden ist. Wie gesagt, ich werde:
der Fütterung des Wildgeflügels später meine ganz besondere‘
Fürsorge angedeihen lassen, da meiner Meinung nach die Station.
eine Ehre darin suchen muss, nicht nur den hiesigen Wildbestand.
in jeder Weise zu heben, sondern auch, was Wildpflege anlangt,
nach Möglichkeit in massgebenden Kreisen aufklärend zu wirken.
Bezüglich der Hebung des Hasenbestandes ist, wenn ich das,
erwähnen darf, hier bereits ein Erfolg zu verzeichnen, und zwar
weniger durch Fütterung, als durch Vertilgung von Raubzeug,
namentlich von Füchsen. Ich widmete mich mit aller Energie
diesem zwar oft reizvollen, wenn auch sehr mühsamen Zweige
der Jagd und konnte in einem Winter allein 18 Füchse erbeuten.
Der Erfolg war überraschend und wird am deutlichsten, wenn
ich die hiesigen Treibjagd-Resultate der letzten drei Jahre angebe.
1899: 5 Hasen, 1 Fuchs.
1900: 10 Hasen, 1 Fuchs.
1901: 30 Hasen.
Ähnliche Resultate möchte ich auch mit den hiesigen Rebhühnern
erreichen, zumal sie für den Forscher ihrer Färbung wegen von
ganz besonderem Interesse sind.
Auch die Anlegung von Vogelschutzgehölzen musste des
Geldpunktes wegen vorläufig noch unterbleiben, dagegen konnte
den in $ 2. 5c. der Satzungen erwähnten Massnahmen zur Er-
zielung gesetzlicher Bestimmungen zum Schutze der Vogelwelt-
insofern Rechnung getragen werden, als der Leiter der Vogel-
warte von verschiedenen Körperschaften um Gutachten gebeten
wurde. So holte sich z. B. der Ostpreussische landwirt-
schaftliche Centralverein Auskunft über Schaden und Nutzen
des Kiebitzes, woraufhin die Landwirtschaftskammer der Provinz
ÖOstpreussen an massgebender Stelle um Verlängerung der Schon-
zeit dieses nützlichen Vogels vorstellig wurde.
Veröffentlichungen des Leiters der Vogelwarte Rossitten
während des Jahres 1901.
1) Über Zwecke und Ziele einer ornithologischen
Beobachtungsstation in Rossitten auf der Kurischen
Nehrung. (Journ. f. Orn. Januarheft 1901).
2) Die Ornithologie in ihrer Beziehung zur Land-
wirtschaft. Vortrag, gehalten auf der Jahresversammlung des
I. Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten. 209
Jostpr. landwirtschaftlichen Centra!vereins in Königsberg. (Königs-
“berger land- und forstwirtschaftliche Zeitung Nr. 11; 1901).
3) Über Geruchs- und Geschmacksvermögen der
Vögel. (Königsberger land- und forstwirtschaftliche Zeitung
'Nr. 26; 1901).
4) Zerstörte Vogelbruten. (Königsberger land- und forst-
wirtschaftliche Zeitung Nr. 30; 1901).
5) Über das Vorkommen von Falco vespertinus.
(Deutsche Jägerzeitung, Neudamm Nr. 37. Bd. 37).
6) Die Hohltaube (Columba oenas) als Bewohnerin
künstlicher Niststätten. (Monatsschr. D. Ver. z. Schutze d.
Vogelw. Nov. 1901).
7) Vogelwarte Rossitten. (Alauda arvensis). (Orn.
Montsber. 1901 Nr. 5).
8) Vogelwarte Rossitten. (Serinus hortulanus, Somateria
mollissima, Oedemia fusca). (Orn. Montsber. 1901. Nr. 6).
9) Vogelwarte Rossitten. (Vorkommen von Budytes
flavus borealis, Stercorarius pomatorhinus. Zug von Nueifraga
caryocatactes, Circus macrurus). (Orn. Monatsber. 1901 Nr. 10)-
10) Vogelwarte Rossitten. (Circus macrurus 9 ad.
erlegt). (Orn. Monatsber. 1901. Nr. 11).
11) Vogelwarte Rossitten. (Königsberger land- und forst-
wirtschaftliche Zeitung Nr. 37. 1901).
12) Vogelwarte Rossitten. (Eintreffen von Odocorys
alpestris u. Dombycilla garrula; Vorkommen von Nyctala tengmalmi
und Corvus cornix X CO. corone. (Orn. Monatsb. 1901. Nr. 12).
13) Zur Naturgeschichte des Dachses. (Deutsche
Jägerzeitung, Neudamm. Nr. 18. Bd. 38).
14) Über das Aufwachsen und den Federwechsel
der Märzente. (Anas boschas). (Deutsche Jägerzeitung,
Neudamm Bd. 38. Nr. 16 und 17).
15) Über das Baumen des Iltis. (Deutsche Jägerzeitung,
Neudamm Bd. 38. Nr. 17).
16) Zu „Plötzliches Eingehen von Federwild.“ (Deut-
sche Jägerzeitung, Neudamm Bd. 38. Nr. 20).
17) Einiges über die Steppenweihe (Circus macrurus).
(Deutsche Jägerzeitung, Neudamm Bd. 38. Nr. 20 und 21).
18) Plauderei über das Rephuhn. (Monatsschr. D.
Ver. z. Schutze d. Vogelw. 1901. Nr. 4).
210
Übersicht der von Dr. A. Penther in Siidafrika
gesammelten Vögel.
Von C. E. Hellmayr.
Obwohl das Gebiet, in welchem die Sammlung angelegt
wurde, durch die Arbeiten englischer Ornithologen ziemlich gut
durchforscht ist, dürfte eine Liste der erbeuteten Formen
doch nicht ganz ohne Interesse sein, da alle Exemplare von ge-
nauen Daten, den Fundort und die Färbung der nackten Teile
betreffend, begleitet sind. Zudem stammt ein Teil der Objekte
aus den östlichen Bezirken des „Landes der 1000 Vleys“, das in
ornithologischer Beziehung noch nicht genau bekannt ist. Leider
war Herr Dr. Penther nicht in der Lage, in diesem interessanten
Gebiete grössere Sammlungen zu veranstalten. Immerhin dürfte
der Nachweis von Parus fülleborni und Melierax mechowi der
Beachtung wert sein. Auffallend ist auch das Vorkommen von
Accipiter ovampensis in Transvaal.
Die Angaben Dr. Penthers über die Färbung der nackten
Körperteile, Vorkommen etc. habe ich durch eckige Klammern
gekennzeichnet. Nachfolgend gebe ich die Lage der Fundorte,
wie mir dieselben von Dr. Penther freundlichst mitgeteilt wurden.
Pienaarsriverbridge, ungefähr 35 engl. Meilen nördlich von
Pretoria.
Krantzkop, bei Nylstroom Y
Whitklip, nördl. von Pietersburg nördl. Transvaal.
Limpopo-River (bedeutet:) Südufer des Flusses nördl. von
Pietersburg an der Grenze von Transvaal.
Fort Tuli, am Schaschi, Nebenfluss des Limpopo im süd-
lichen Matabeleland.
Pourri-Pourri
Amanze Inyama, Fluss
Gwanda am Amanze Inyama
Matoppe-Hills, Matabeleland.
| zwischen Tuli und Buluwayo
im Matabeleland.
Buluwayo
Kami-River Matabeleland (auf jeder grösseren Karte
Gway-River zu finden).
Susumbe-River
Kululu’s Dorf
Mkoza’s Dorf westw. von Buluwayo in den nordwest-
Tenguani-River lichen Ausläufern der Matoppe-Hills.
Meno’s Kraal
Über Vögel aus Südafrika. 211
Nata-River (Sabanini)
Belumbeti (=Bolongeti)
Wacha
Serua
Tamafupe U östl. „Land des 1000 Vleys.*
Tamasetse
Daka
Panda me Tenka
Ligombwe
Howisons Port
Fernkloof
Zwartkops, bei Port Elizabeth, Capcolonie.
Manleys Flats
Alicedale
Erwähnt sei, dass auch einige Exemplare mit in die Liste
‚eingeschlossen werden, die Dr. Penther an das Albany Museum in
Grahamstown abgab;; über diese enthielt jedoch der die Sammlung
begleitende Catalog genaue Auskunft. — In der systematischen
Anordnung folgte ich Shelley (B. Africa 1.).
Schliesslich habe ich noch Herrn Prof. Reichenow für die
freundliche Determinierung einiger mir zweifelhaft gebliebener
Arten meinen ergebenen Dank auszudrücken.
Wien, 6. November 1901.
bei Grahamstown, Capcolonie.
bei Grahamstown.
1. Cinnyris afer (L.)
247. & 8. VI. 1896, Howisons Port.
269. $ 18. VI. 1896, Manley’s Flats.
2. Chalcomitra gutturalis (L.)
163. 9 30. VII. 1895, Gway-River.
[Iris dunkelbraun, Füsse und Schnabel schwarz. Die Spitzen
der Kinnfedern blau und violett glänzend].
3. Chalcomitra amethystina (Shaw).
3. d 1. IV. 1895, Pienaarsriver-Bridge.
[Iris graubraun, Schnabel und Füsse schwarz].
4. Parus fülleborni Rchw.
Orn. Monber. 1900, p. 5. — Undis, Niassagebiet.
194. 5 11. August 1895, bei Meno’s Kraal.
212 C. E. Hellmayr:
[Iris dunkelbraun, Schnabel und Krallen schwarz, Füsse
dunkelgrau. Mageninhalt: Insecten)].
Das zweite, bekannte Exemplar. Prof. Reichenow verglich!
es mit dem Typus und fand es ganz übereinstimmend. Das Vor--
kommen an einem so weit im Süden gelegenen Orte ist auffallend)
und möglicher Weise bezieht sich P. fülleborni nur auf ein
jüngeres Individuum von P. niger.
Masse: a. im. 81, c. 76 mm.
5. Parus niger Bonn. und Vieill.
No. 135. &© 5, Juli 1895, Pour-Pouri.
[Iris braun, Schnabel und Füsse schwarz].
No. 159. $ 25. Juli 1895, Buluwayo.
[Iris dunkelbraun].
Mageninhalt nach Dr. Penther Samen.
6. Anthus pyrrhonotus Vieill.
144. $ 14. VII. 95, Gwanda.
[Iris braun, Schnabel graubraun, Unterkiefer am Grunde!
gelblich, Krallen dunkelocker, Füsse ockergelb. Mageninhalt:'
Insecten). .
7. Tephrocorys cinerea cinerea (Gm.)
262. © 14. VI. 1896, Zwartkops.
8. Teiraenura regia (L.)
235. & 27. Febr. 1896, Pienaarsriver.
[Iris dunkelbraun, Schnabel und Füsse orange].
9. Vidua prineipalis (L.)
166. 2? Gway-River 30. VII. 95.
[Iris dunkelbraun, Schnabel, Füsse und Krallen fleischfarbig
letztere dunkler, lachs farbig. Mageninhalt: Samen].
Nach Reichenow wohl @ juv. dieser Art, wenngleich auf-
fallend hell.
10. Quelea lathami (A. Smith).
162. ©? 28. VII. 95, Kami-Fluss.
[Iris braun, Schnabel zinnober, Füsse und Krallen blasslila.
Mageninhalt: Samen].
11. Lagonosticta brunneiceps Sharpe.
10. & 3. IV. 95, Pienaarsriverbridge.
[Iris orangerot].
Über Vögel aus Südafrika. 213
12. Sporopipes squamifrons (Smith).
82. $ 7. V. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Iris rotbraun. Oberschnabel hellrosa mit einem Stich ins
armin, Unterschnabel schmutzigweiss. Krallen braun, Füsse
unkelocker mit einem Stich ins Violette. Mageninhalt: Samen-
körner und Sandkörner].
13. Ploceipasser mahali Smith.
98. 5 16. IV. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Iris graubraun, Schnabel dunkelbraun, Füsse rötlichbraun].
83. & 7. V. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Iris rotbraun, Schnabel schmutzigocker mit einem Stich ins
Rosa, Krallen dunkelrosa mit einem bräunlichen Tone, Füsse
violettbraun. Häufig].
14. Oriolus larvatus Leht.
145. 3 ad. 15. VII. 1895, Matoppe-hills.
155. @ 18. VII. 1895, Matoppe-hills.
181. (2?) 6. VIII. 1895, Kululu’s Dorf.
237. © 4. VI. 1896, Howisons Port bei Grahamstown.
[3: Iris carmin, Schnabel ziegelrot, Füsse grauschwarz].
[Q: Iris braungelb, Schnabel und Füsse schwarz. Magen-
inhalt: „Insecten und erbsengrosse Früchte‘).
15. Chalcopsar australis (Smith).
„Lehöli“ Sesuto-dialect.
57. & 25. IV. 1895, Pienaarsriverbridge.
68. @ 29. IV. 1895, a
[Iris braun, Schnabel und Füsse schwarz].
91. & 9. V. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Iris sehr dunkelrotbraun. Mageninhalt: Samenkörner].
126. $ 9. VI. 1895, Limpopo.
[Iris braun. Mageninhalt: Ameisen und Steinfrüchte].
16. Lamprocolius phoenicopterus bispecularis (Strickl).
„Lehöli“ Sesuto.
2. g 30. III. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Iris hellorange, Schnabel und Füsse schwarz.
118. $ 19. V. 1895, Pienaarsriverbridge.
214 C. E. Hellmayr:
[Iris orangerot. Mageninhalt: Samen. Häufig in Gesell!
schaften bis ca. 12 Stück].
Unsere Stücke messen 130—133 mm (Flügel) und sind sc
aufiallend kleiner als vier Vögel von der Capcolonie, dass die
Subspecies bispecularis wohl aufrecht bleiben muss.
17. Amydrus morio (L.)
270. & (juv.) 18. 6. 1896, Manley’s Flats.
274. O? 18. 6. 1896, Manley’s Flats.
18. Perissornis!) carunculatus (Wagl.)
49. g 16. IV. 1895, Pienaarsriverbridge.
94. & 10. V. 1895, 5
95. & 10. V. 1895, y
96. d 10. V. 1895, y
97. g 10. V. 1895, ”
[(No. 94) Iris sehr dunkelbraun, Schnabel schmutzig rosa--
violett, am Grunde bräunlich, Krallen schwarzbraun, Füsse sehrı
dunkel sepiabraun, Augenring gelb mit einem Stich ins Grüne..
Mageninhalt: Heuschrecken. — Sehr gesellig, bis zu 30 Stück:
vereinigt].
19. Corvus scapulatus Daud.
157. @ 20. VII. 95, Buluwayo.
[Iris braun, Füsse und Schnabel schwarz].
20. Buchanga assimilis Bechst.
17. © 11. IV. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Iris lichtindischrot, Füsse und Schnabel schwarz].
39. g 11. IV. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Iris orangerot].
67. ©? 29. IV. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Iris braunrot. Mageninhalt: Heuschrecken].
138. © 11. IV. 1895, Amanze Inyama.
[Iris ziegelrot. Nahrung: Insecten. Häufig].
21. Prionops talacoma Smith.
147. $? 16. VII. 1895, Matoppe-hills.
158. 9 25. VII. 1895, Buluwayo.
1) Oberholser, Proc. Ac. Philad. 1899, p. 216.
Über Vögel aus Südafrika. 215
169. @ 1. VIII. 1895, Amanze Inyama.
[Iris hellgelb, Schnabel schwarz, Krallen dunkelorange, an
der Spitze schwärzlich, Füsse orange oder blass ziegelrot, Augen-
ring hellgelb. Mageninhalt: Heuschrecken und Insecten].
Ausserdem sammelte Dr. Penther noch zwei Vögel, die an
das Albany Museum abgegeben wurden:
167. $ 1. VIII. 1895, Susumbe River.
168. @ 1. VIII. 1895, Amanze Inyama.
22. Campophaga nigra (Vieill.)
183. (3) 6. VIII. 1896, Kululu’s Dorf.
[Iris dunkelbraun, Schnabel und Füsse schwarz].
276. 2 24. VI. 1896, Howisons Port bei Grahamstown.
[Iris hellbraun].
23. Eurocephalus anguitimens Smith.
226. 3 23. VI. 1895, Daka.
[Iris dunkelbraun, Schnabel und Krallen schwarz, Füsse
dunkelbraun. Mageninhalt: Heuschrecken, Insecten].
24. Urolestes melanoleucus (Jard. u. Selby).
„Ihla thla molüpe“ Sesuto-Dialect.
5. g 22. III. 1895, Pienaärsriverbridge.
[Iris dunkelindischrot, Schnabel und Füsse schwarz. Magen-
inhalt: Heuschrecken].
19. © 5. IV. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Iris braun].
[Haltung aufrecht; häufig].
25. Nilaus brubru?(Lath.)
7. 8 1. IV. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Auge schwarzbraun, Schnabel und Krallen schwarz, Füsse
grauschwarz.
Nicht sehr selten. Mageninhalt: fein zerstückelte Insecten].
26. Laniarius atrococcineus (Burch.)
„Ntsöku“ Sesuto-Dialect.
85. © 7. V. 1895, Pienaarsriverbridge.
207. ad. 25. VIII. 1895, Serua, Land der 1000 Vleys.
[Iris dunkelgrau mit einem Stich ins Blaue, Füsse und
Schnabel schwarz. . Mageninhalt Heuschrecken].
216 C. E. Hellmayr:
27. Laniarius ferrugineus (Gm).
125. 9 Krokodilriver, 23. VI. 1895.
Iris braun, Schnabel und lüsse grauschwarz |.
28. Dryoscopus eubla (Lath.)
238. 3 4. Vl. 1896, Howison’s Port.
Iris weisslichgelb, Schnabel und Füsse schwarz |.
(2.) — llowisons Port.
29. Orateropus jardinei Smith.
63. 9 28. IV. 1895, Pienaarsriverbridge.
Iris orange, Schnabel schwarz, Küsse viollettbraun, Krallen
dunkelbraun. Mageninhalt: Insectenteile].
136, 2 11. VII. 1895, Amanze Inyama.
[Iris carmin, nach innen mehr orange, Schnabel und lMüsse
grauschwarz].
30. Orateropus bieolor Jard.
„Iauku tscu* Sesuto-Dialect.
15. & 4. IV. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Iris orangerot, nach aussen mehr gelb, Schnabel und Nüsse
schwarz].
16. @ A. IV. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Iris orange].
206. 2 25. VIll. 1895, Serun, Land der 1000 Vleys.
[Häufig in grösserer Gesellschaft unter Geschrei von Baum
zu Baum fliegend. Im Magen Insectenteile].
31. Pyenonotus lagardı Gurney.
Ibis 1879. p. 390.
148. @ 16. VIl. 1895, Matoppe-Hlills.
Iris dunkelbraun].
271. Sg 18. VI. 1896, Manley’s-Wlats.
272. @ 18. Vl. 1896, Manley’s-Flats.
273. @ 18. Vl. 1896, Manley’s-Klats.
[Iris liehtbraun (271—275)].
33. Andropadus imporlunus (Vieill.).
239. ad. 4. VI. 1896, Howisons Port.
240. ad. 4. VI. 1896, Ilowisons Port.
Über Vögel aus Südafrika. 217
248. ad. 8. VI. 1896, Howisons Port.
und ein Exemplar ohne Etikette,
33. Ewprinodes florisuga [Leht.| Behw.
J. f. Orn. 1898, p. 314.
246. 3 8. 6. 96, Howisons Port,
Von Reichenow mit dem Typus verglichen,
34. Oryptolopho ruficapilla (Sund.).
245. 3 8. 6. 96, Howisons Port.
35. Oisticolo subruficopillo (Smith).
251. 3? 12. 6. 96, Howisons Port,
259. 2 14. 6. 96, Zwartkops.
36. Cistieola fulwicapilla (Vieill.).
266. 3 18. 6. 96, Manley’s Flats [Iris dunkelocker|].
267. 3 18. 6. 96, Manley’s Flats [Iris dunkelocker].
278. 3 24. 6. 96, Howisonsport.
279. 5 24. 6. 96, Howisonsport.
Die Bestimmung dieser Art verdanke ich Herrn Prof,
Beichenow.
37. Erythropygio coryphoca, (1.ess.)
256. 2 13. 6. 96, Zwartkops.
257. 3 13. 6. 96, Zwartkops.
„Iris braun.“
38, Turdus ohwaceus 1,.
249. 2 12. VL 1896, Howisons Port bei Grahamstown.
39. Turdus hbonyanus (Smith).
176. © 5. VIII 1895, Kululu’s Dorf, Land der tausend Vleys,.
[Iris braun, Schnabel orange, Krallen und Füsse ockergelb,
erstere dunkler].
Ich benutze die Gelegenheit, um in Kürze eine Übersicht
über die afrikanische Drosselgruppe Pehoecichla Cab. zu geben,
die ich vor einiger Zeit an der Hand ziemlich umfangreichen
Materials studierte. Eine Anzahl von Formen, die bisher als
„Arten“ ihr Unwesen trieben, sind auf „Subspecies“ zurückzuführen,
Journ. 1, Orn. L. Jahrg. April 19%, 15
218 C. E. Hellmayr:
1. T. tephronotus Cab.
Kennzeichnet sich vor allen verwandten Arten sofort durch)
die nackten Hautstellen in der Umgebung des Auges.
Ostafrika, etwa vom 2° nördl. Br. bis 6° südl. Br. Teita,,
Witu, Kilima Ndscharo, Pangani (Mkaramo), der nördlichste, bis--
her bekannte Fundort ist Barawa, der südlichste Mantangesi inı
Ugogo (Emin). |
2. T. olivaceus L.
Kehle weiss, Vorderbrust schmutzig grau, übriger Unter-.
körper orange. Oberseite olivengrau.
Kapkolonie, Natal und das östl. Transvaal.
3. T. milanjensis Shell.
Vorderbrust und Körperseiten olivenbraungrau. Oberseite :
dunkler als bei 7. olövaceus, olivenbraun.
Nyassaland: Milandji Berge, Zomba, M’losa und Nyika Plateau.
4. T. cabanisi Bp. |
Brust und Seiten aschgrau, bloss die Mitte des Unter-
körpers orange.
Oranje-Freistaat, Transvaal, östl. Damaraland (Seengebiet).
5. T. deckeni Cab.
Kinn und Kehle ungestreift und gleich der übrigen Unter-
seite hellolivenbraun, nur Brustmitte schmutzigorange. Oberseite
dunkelbraun.
Kilima-Ndscharo und Naiwascha-See.
Fischers 7. olivacinus juv. vom Naiwascha-See gehört hierher
und nicht zu T. elgonensis Sharpe (vgl. Orn. Mntsber. 1901, p. 54).
6. T. elgonensis (Sharpe).
Brust und Kehle schiefergrau, diese nur undeutlich dunkel
gestreift. Oberseite schiefergrau, Unterkörper tieforangegelb.
Ostafrika: Loita Berge, Miansini, Mau, Kikuyu, Mt. Elgon,
Ravine, Nandi.
7. T. abyssinicus Gm.
Kehle und Brust bräunlichgrau, erstere deutlich schwärz-
lich gestrichelt. Oberseite olivenbraun.
Hochland von Abyssinien und Schoa.!)
1) Einige der besprochenen Arten dürften bloss als Subspecies
haltbar sein.
Über Vögel aus Südafrika. 219
8. T. libonyanus (A. Smith).
Kehle weiss mit starker, schwärzlicher Strichelung, Mitte
des Unterkörpers weiss, nur die Seiten orange.
Die Art zerfällt in 4 Unterarten:
a. T. libonyanus libonyanus (A. Smith).
Oberseite aschgrau, mit leichtem, olivenfarbigem Anfluge.
Vorderbrust hellbräunlichgrau.
Südafrika von Sulu- und Swaziland durch das östliche
Transvaal, Mashona- und Matabeleland. Auch in Uhehe (Deutsch-
ostafrika) gefunden, während in den angrenzenden Gebieten
tropicalis vorkommt.
b. T. libonyanus cinerascens Rchw.
Oberseite heller grau, ohne fremden Ton. Ohrfedern mit
deutlichen, weissen Spitzenflecken sonst wie a.
Inneres von Ostafrika: Kakoma, Tabora.
Wahrscheinlich gehören auch die Vögel von Ugogo (,Zurdus
Iibonyanus“ Shelley, P. zool. Soc. Lond. 1881. p. 574) hierher.
c. T. libonyanus tropicalis Ptrs.
Oberseite bräunlicher, die grauliche Vorderbrust orange
überwaschen.
Bewohnt hauptsächlich die Küstengegenden vom südl. Mozam-
bique bis Tanga: Inhambane, Tette (Sambesi), Nyassaland (Zomba),
Usagara, Useguha, Mambojo, Unguru, Maurui (Pangani), Lindi.
Die von Whyte erbeuteten Vögel von Zomba etc. gehören
zu dieser Form und nicht zu kbonyanus, wohin sie Shelley stellt.
(Ibis 1893, p. 12; 1894, p. 9; 1896, p. 231.) Fülleborn wies sie
vor Kurzem auch für das nördl. Nyassagebiet nach (vgl. Reiche-
now, Orn. Mntsber. 1900, p. 4).
d. T. kibonyanus verreauxi Boc.
Oberseite braungrau; grosser Teil der Brust graubräunlich,
Weiss auf dem Unterkörper mehr ausgedehnt, Körperseiten grau-
bräunlich, nur die Brustseiten blassorange.
S.W.-Afrika: Angola, Benguela und nördl. Damaraland
(Ombongo).
9. T. pelios By.
Kehle weiss mit wenig scharfer, brauner Strichelung, sonst
ähnlich 7. kbonyanus (Smith). Achselfedern orange.
Die Art zerfällt in vier Formen:
15*
220 C. E. Hellmayr:
a. T. pelios pelios Bp.
Vorderbrust blass bräunlichgrau, Körperseiten orange.
Nordostafrika: Bogosländer, Abyssinien, Schoa, Sennar,,
Kordofan, Nilquellen, südwärts bis Uganda und das Gebiet des;
Viktoria Nyansa (Kagehi).
[Die von Heuglin aus Bongo erwähnten Vögel dürften auch ı
hierher gehören].
b. 7. pelios saturatus (Cab.).
Vorderbrust wesentlich dunkler grau, Weiss der Mitte der’
Unterseite mehr ausgedehnt.
Westafrika von der Goldküste, Voltafluss und Togoland
durch das untere Niger- und Benoä@gebiet, Kamerun, Gabun,
Loango- und Kongogebiet ostwärts bis Uganda (Unjoro), wo man
Übergänge einerseits zu pelios, anderseits zu bocages findet.
[Die von Reichenow (J. Orn. 1897, p. 51) als chiguancoides
angeführten Exemplare aus Togo gehören zu saturatus, ebenso
Harterts Z. erypiopyrrhus vom Niger und Beno& (). Dan, 1886,
p. 577)].
c. T. pelios bocagei (Cab.)
Graue Vorderbrust lebhaft mit Orange überwaschen; Orange
der Seiten weiter gegen die Mitte, und oftmals bis auf die Unter-
schwanzdecken ausgedehnt.
Angola ostwärts bis Uganda (Bukoba am Viktoria Nyansa)
und Marungu (westl. des Tanganjika Sees).
Zweifellos bezieht sich auch Z. stormsi Hartl. auf diese Form.
[Die von Emin bei Bukoba gesammelten Vögel vermitteln
den Übergang zu saturatus; in Uganda treffen die Verbreitungs-
gebiete aller drei behandelten Formen zusammen und es ist oft
schwer, einzelne Exemplare zu determinieren.]
d. T. pelios chiguancoides Seeb.
Vorderbrust und Körperseiten bräunlichgrau, ohne jedes
Orange, oder nur ein schwacher Anflug davon an den Brustseiten.
Achselfedern orange.
Senegambien über Liberia bis ins Hinterland der Goldküste
(Gambaga).
[Vögel von Gambia und Bissao (Coll. Fea, Mus. Turin.!)
zeigen die oben angeführten Charakter sehr ausgeprägt, mit
1) Für die Gelegenheit, dieselben untersuchen zu können, bin ich |
Prof. Graf Salvadori zum Danke verpflichtet.
Über Vögel aus Südafrika. 221
ihnen stimmen die Bälge von Liberia fast überein; die Stücke
aus Gambaga nähern sich jedoch schon beträchtlich sazwratus,
Findem das Rostgelb sich mehr gegen die Bauchseiten herabzieht,
Ö allein die hellbräunlichgraue Brust weist ihnen ihren Platz bei
chiguancoides an. Die Vögel aus der Küstengegend der Gold-
küste und von Togo gehören hingegen zweifellos zu saturatus].
10. Turdus nigrilorum Rchw.
Eine ganz verschiedene Art, sofort durch die graulichbraunen
Achselfedern und die olivenbraune Oberseite gekennzeichnet.
Kamerungebirge (Buea).
40. Monticola explorator (Vieill.)
265. @ juv. 18. VI. 1896, Manleys Flats bei Grahamstown.
41. Myrmecocichla bifasciata (Temm).
277. ©? 24. VII. 96, Howisons Port.
Ein @ oder junger Vogel.
42. Saxicola sp.
122. 2 23. VI. 1895, Südufer des Limpopo.
[Iris braun, Schnabel und Füsse schwarz, Mageninhalt:
Insecten].
Prof. Reichenow schreibt mir über diesen Vogel: „Steht
zwischen galtoni und falkensteini. Hat die Grösse des letzteren,
auch genau die Schwanzzeichnung wie dieser, aber die Oberseite
etwas heller, Unterseite viel brauner. 8. galtoni ist viel grösser,
dunkler und hat andere Schwanzzeichnung, breitere, dunkle
Endbinde. Vielleicht liegt eine neue Art vor.“
Leider wurde nur das einzige, weibliche Exemplar erbeutet.
Flügel 80, Schwanz 58 mm.
43. Saxicola pileata (Gm.)
156. © 19. VII. 1895, Matoppe-hills.
Zwei Vögel von Tanga (O.-Afrika) unterscheiden sich in
keiner Beziehung.
44. Pratincola torquata (L.)
76. & 2. V. 1895, Pienaarsriverbridge.
255. g 13. VI. 1896, Zwartkops.
222 C. E. Hellmayr:
958. & 13. VI. 1896, Zwartkops, ferner ein anscheinend
Slicher Vogel ohne Etikette.
[Iris dunkelbraun, Füsse und Schnabel schwarz].
45. Batis capensis (L.)
241. $ 7. VI. 1896, Fernkloof, Grahamstown.
252. (&) 12. VI. 1896, Howisons Port, Grahamstown.
46. Batis molitor (Hahn).
23. (3) 6. IV. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Iris gelb, Schnabel und Füsse schwarz].
Die geringe Grösse (Fl. 64 mm) kennzeichnet das zweifel-
los männliche Exemplar als zu dieser Art gehörig.
47. Coracias garrula L.
233. d 10. 1. 1896, Buluwayo.
[Iris graubraun).
48. Coracias caudata L.
50. & 16. IV. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Iris braun, nach aussen mehr ziegelrot, Schnabel und
Klauen schwarz, Füsse dunkelockerbraungrau].
115. © 18. V. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Iris hellbraun. Füsse hellolivengrün; Mageninhalt: Heu-
schrecken, Käfer und drei 8 cm lange Scolopender].
143. ad. 14. VII. 1895, Gwanda.
[Iris dunkelbraun, Füsse braungrau; im Magen Termiten
und Heuschrecken].
49. Coracias mossambicus Dress.t)
Ibis 1890, p. 386.
134. $ 5. VII. 1895, Pouri-Pouri.
[Iris graubraun, Schnabel schwarz, Füsse braungrau.
Nahrung: Heuschrecken].
50. Merops nubicoides Des Murs und Puch.
232. g 7. I. 1896, Nata-River.
t) Dieser Name hat die Priorität.
Über Vögel aus Südafrika. 223
5l. Merops persicus Pall.
22. ad. 6. IV. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Iris carmin, Schnabel und Klauen schwarz, Füsse schmutzig
braungrau.
52. Melittophagus pusilus meridionalis Sharpe.
No. 108. $ 15. V. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Iris dunkelcarmin, Schnabel und Klauen schwarz, Füsse
sehr dunkel rotbraun].
109. $ 15. V. 1895, Pienaarsriverbridge.
110. & 15. V. 1895, Pienaarsriverbridge.
191. & 10. VIII 1895, Meno’s Kraal, Land der tausend Vleys.
[Mageninhalt: Insecten].
53. Upupa africana Bechst.
133. @ 4. VII. 1895, Pourri-Pourri.
[Iris braun, Schnabel schwarz, Klauen schwarz, Füsse grau].
54. Irrisor viridis (H. Licht).
150-290, 151. 8 juv., 152: 8?, 153::8 16. VII. 1895,
Matoppe-Hills.
[Iris dunkelbraun, Füsse zinnober, Schnabel beim ad. zinnober,
beim juv. (151) schwarz. Mageninhalt: Insecten].
55. Rhinopomastus eyanomelas (Vieill.)
11. 9? 3. IV. 1895, Pienaasriverbridge.
177. & 5. VIII. 1895, Kululu’s Dorf.
193. $ 11. VIII. 1895, Meno’s Kraal.
[Iris dunkelsepiabraun, Schnabel und Füsse schwarz.
Mageninhalt: Insecten].
56. Lophoceros melanoleucus (Licht).
275. & 20. VI. 96, Alicedale.
[Iris strohgelb]. Von Dr. Schönland erhalten. Ausserdem
noch ein Stück ohne Zettel.
57. Lophoceros flavirostris leucomelas (Leht.)
54 ? © 18. IV. 95, Pienaarsriverbridge.
[Iris hellgelb, Schnabel gelb, an den Innenrändern schwärzlich,
gegen die Spitze mehr carmin, der oberste Teil etwas durch-
224 C. E. Hellmayr:
scheinend dunkelocker, Füsse schwarz; Mageninhalt: Termiten
und Heuschrecken].
Ein zweites Exemplar: 203. $ 23. VIII. 95 Wacha, wurde
ans Albany Museum abgegeben.
58. Lophoceros erythrorhynchus (Temm.)
84. © 7. V. 95, Pienaaarsriverbridge
[Iris hellgelb, Schnabel hellcarmin, unten schwarz, Füsse
schwarz. Mageninhalt: Samenkörner].
123. @ juv. 23. VI. 95, Südufer des Limpopo nördl. von
Pietersburg.
[Iris dunkelocker, Schnabel zinnober, am Grunde gelblich,
Füsse schwarz, hinten grau, Krallen grauschwarz. Mageninhalt:
Samen].
192. $ ad. 10. VIII. 95, Meno’s Kraal.
[Iris hellocker, Schnabel, fleischrot mit schwarzen Keil-
strichen im Unterkiefer, Krallen schwarz, Füsse vorne schwarz,
hinten grau, nackte Haut in der Augengegend schmutzig weiss-
gelb. Mageninhalt: Samenkörner].
59. Lophoceros nasutus epirhinus (Sundev.)
114. 18. V. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Schnabel schwarz, am oberen Teile ein weisser Streifen,
der an der Wurzel breit beginnt und etwa bis zur Mitte reicht,
Iris hellbraun, Krallen schwarz, Füsse schwärzlich. Mageninhalt:
Heuschrecken, und ein Chamaeleon].
160. © 25. VII. 1895, Buluwayo.
[Iris vandykbraun, nach innen dunkelocker, Schnabel dunkel-
braun, am Grunde oben weiss, Unterkiefer am Grunde weisse
Striche, Krallen schwarz, Füsse vorn schwarz, hinten grau. Ma-
geninhalt: Insecten und Körner].
Ein drittes Exemplar:
139. $ 11. VII. 1895, Amanze Inyama, wurde ans Albany
Museum abgegeben.
60. Ceryle rudis (L.)
170—172. @93 2. VIII. 1895, Amanze Inyama.
[Iris dunkelbraun, Schnabel und Füsse schwarz. Nahrung:
Fische und Krebstiere].
199. $ 20. VIII. 1895. Bellumbeti (= Bolongeti).
Über Vögel aus Südafrika. 225
61. Oeryle maxima (Pall.)
127—129. 25% 28. VI. 1895, Tuli, Limpopo-River.
[Iris braun, Schnabel schwarz, beim @ grauschwarz, Füsse
dunkelgrau].
62. Corythornis eyanostigma (Rüpp.) subsp. ?
33. © 7. IV. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Iris dunkelbraun, Schnabel rot, gegen die Wurzel schwärzlich,
Füsse rot].
Dimensionen: a. im. 60, c. 33 mm.
Die südafrikan. Stücke sind, wie auch Sharpe (Cat. 17, p.
165) bemerkt, grösser als die von Nordostafrika und sollten
vielleicht subspecifisch getrennt werden.
63. Halcyon senegalensis cyanoleucus (Vieill.)
26. & 7. IV. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Iris dunkelrotbraun, Schnabel rot, gegen die Spitze dunkler,
Füsse schmutzigbraun, Krallen schwarz. Mageninhalt: eine Raupe,
Heuschrecke, Spinne und Libelle].
229. $ 4. I. 1896, Nata River (Land der 1000 Vleys).
[Iris dunkelbraun, Schnabel ziegelrot, untere Mandibel
schwarz, Füsse schwarz].
64. Halcyon albwentris (Scop.)
24. © 6. IV. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Iris wie der Oberkopf, Schnabel an der Wurzel rot, gegen
die Spitze hin dunkler bis schmutzigbraun, Krallen schwarz,
Füsse sehr dunkelbraun].
74, 75. 82 1. V. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Iris braun, Schnabel dunkelcarmin, an der Wurzel und
gegen die Spitze braun, Krallen sehr dunkelbraun, Füsse carmin-
braun, an der Rückseite rot. Mageninhalt: Heuschrecken].
65. OColius striatus Gm.
242. © 8. VI. 1896, Howisons Port.
243. @ 8. VI. 1896, Howisons Port.
66. Turacus corythaix Wagl.
236. @ 4. VI. 1896, Howisons Port bei Grahamstown.
244. 5 8. VI. 1896, Howisons Port.
226 C. E. Hellmayr:
[Iris hellbraun, Schnabel dunkelcarmin, Füsse schwarz,
Augenring carmin)].
67. Schizorhis concolor (Smith.)
Mokö& Sesuto.
14. $ 4. IV. 1895, Pienaarsriverbridge.
20. & 9. V. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Iris dunkelgrau, Schnabel und Füsse schwarz. Mageninhalt:
Samenkörner].
68. Centropus monachus Rüpp.
45. 3? 14. IV. 1895, Pienaarsriverbridge.
38. d 10. V. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Einzeln im dichten Busch, sehr scheu. Iris dunkelcarmin,
Schnabel schwarz, Krallen etwas heller, Füsse dunkelblaugrau].
69. Ooceystes cafer (H. Licht.)
228. © 21. XII. 1895, Ligombwe.
[Iris vandykbraun, Schnabel schwarzbraun, unten gelblich,
Füsse dunkelgraubraun. Mageninhalt: Insektenlarven].
70. Coccystes glandarius (L.)
62. 3 28. IV. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Iris dunkelbraun, Schnabel und Krallen schwarz, Füsse
bläulichgrau. Mageninhalt: Heuschrecken].
71. Melanobucco torquatus (Dum.)
146. 3 16. VII. 1895, Matoppe Hills.
180. © 6. VIII. 1895, Kululu’s Dorf.
[Iris rot, mit einem Stich ins Braune, Füsse und Schnabel
grauschwarz. Mageninhalt: Früchte und Samen].
72. Trachyphonus cafer (Vieill).
77. & 3. V. 1895, Pienaarsriverbridge.
124. $ 23. VI. 1895, Limpopo-River.
137. 2 11, VII. 1895, Amanze Inyama.
[Iris braun, nach aussen carminrot, Schnabel heilgelblichgrün,
gegen die Spitze schwarz, Krallen schwarz, Füsse dunkelviolett-
schwarz, Augenring schwärzlich. Mageninhalt: Samenkörner. Oft
spechtartig auf Bäumen sitzend].
Über Vögel aus Südafrika. 227
73. Thripias namaquus (H. Licht.)
130. @ 29. VI. 1895, Tuli, Limpoporiver.
[Iris braun, Schnabel und Füsse grauschwarz].
182. 3 6. VIII. 1895, Kululu’s Dorf.
[Iris blutrot, Schnabel und Füsse dunkelgrau.]
74. Mesopicus griseocephalus (Bodd.).
250. $ 12. VI. 1896, Howisons Port.
75. Oena capensis L.
154. $ 18. VII. 1895, Matoppe Hills.
[Iris braun, Schnabel orange, an der Basis dunkler, Füsse
rotbraun].
76. Poicephalus meyeri transvualensis O. Neum.
Orn. Monber. 1899, p. 25.
141. 9 12. VII. 1895, Gwanda am Amanze Inzama.
197. © 19. VIII. 1895, Nata-River bei Sabanini, Land der
1000 Vleys.
198. $ 19. VIII. 1895, Nata-River bei Sabanini, Land der
1000 Vleys.
209. 2? 25. VIII. 1895, Serua, Land der tausend Vleys.
210. $ 25. VIII. 1895, Serua, N
[211. @ 25. VIII. 1895, Serua, N (ans
Albany Museum abgegeben)].
212. 3 25. VIII. 1895, Serua, s
213. $ 25. VIII. 1895, Serua, ”
214. 9 25. VIII. 1895, Serua, en
[$ (141.) Iris orange, Schnabel und Fusse grauschwarz].
[$ (197.) Iris braun, Schnabel und Füsse dunkelgrau].
Die hübsche Suite von 8 Exemplaren besitzt durchgehend
bläulich meergrünen Bürzel und unterscheidet sich dadurch recht
gut von den typischen meyeri, von welchem mir 3 Stücke aus
Sennar und Abyssinien vorliegen. Letzterer scheint auch etwas
‚kleiner zu sein, Flügel 145 mm, während die oben aufgeführten
südlichen Vögel 146—158 mm lange Flügel zeigen. Damarensis
und matschiei liegen mir leider nicht zum Vergleich vor.
Die zwei Vögel vom Nata River zeigen viel stärkeren oliven-
farbigen Anflug auf der Oberseite als die übrigen.
228 C. E. Hellmayr:
77. Strix flammea subsp.
121. 30. V. 1895, Krantzkop.
202. $ 23. VII. 1895, Wacha, Land der tausend Vleys.
[Auge dunkelbraun, Schnabel wachsgelb, Füsse hellbraun]. .
Die südafrikanischen Schleiereulen stimmen nicht mit der'
typischen, zentraleuropäischen Form überein, besitzen aber dunkle, ,
rostgelbe Unterseite. Eine gründliche Untersuchung der Strix :
flammea in ihrer gesamten geographischen Variation wäre sehr '
interessant (vgl. Hartert’s, Nov. Zool. 1900, p. 531 ff.)1)
78. Asio capensis (Smith).
21. &? 6. IV. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Iris braun, Schnabel u. Füsse schwarz].
47. 15. IV. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Iris hellbraun, Schnabel schwarz, Krallen schwärzlich, Füsse
braun].
79. Glaucidium perlatum (Vieill.).
4. © 21. III. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Iris hellgelb, Schnabel und Füsse schmutziggelb].
78. 5 4. V. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Iris hellgelb, Schnabel schmutziggelb, Krallen braun, gegen
die Spitze schwärzlich, Füsse gelb].
173. @ 2. VIII. 1895, Amanze Inyama.
[165. ©? 30 .VII. 1895, Gway-River. An das Albany Museum
abgegeben].
[Haltung: aufrecht; Vorkommen: vereinzelt].
80. Glaucidium capense (Smith).
179. O2 5. VIII 1895, Kululu’s Dorf.
[Iris hellgelb, Schnabel grünlichgelb, Wachshaut grünlich-
grau, Füsse und Krallen schmutziggrünlichgrau.]
205. $ 23. VIII. 1895, Wacha, Land der tausend Vleys.
[Iris hellgelb, Schnabel wachsgelb, an der Basis dunkel-
graulich, Krallen hellbraun, an der Spitze schwarz, Füsse grau,
Wachshaut dunkelgraulich.]
[200. $ 20. VIII. 1895, Belumbeti (= Bolongeti) an das
Albany Museum abgegeben.]
1) Vergl. Reichenow Vögel Afrikas I. S. 676.
Über Vögel aus Südafrika. 229
81. Pisorhina leucotis (Temm.)
38. Q 10. IV. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Iris hellgelb, Schnabel graulich gegen die Spitze hin, Krallen
‚graubraun, Füsse gelblichgrau].
82. Bubo capensis Smith.
58. @ 25. IV. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Iris gelb, Schnabel und Füsse schwarz, Mageninhalt:: Heu-
schrecken.]
80. @ 4. V. 1895, Pienaarsriverbridge.
89. @ 8. V. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Mageninhalt: Insektenteile und einige Sandkörner)].
184. $ 7. VIII. 1895, Mkoza’s Dorf.
[Mageninhalt: Heuschrecken und Käfer (Longicornia)].
186. @ 8. VIII. 1895, Tenguani.
[Mageninhalt: Insektenteile, Maushaare und Knochen.]
83. Bubo lacteus (Temm.).
174. @ 175. $ 3 VIII. 1895, Amanze Inyama.
[Iris dunkelbraun, Schnabel wachsgelb, Wachshaut hellgrau,
Krallen hellgrau, gegen die Spitze dunkler, Füsse hellgrau.]
84. Falco biarmicus Temm.
164. $ jun. 31. 7. 95, Susumbe-River.
[Iris dunkelbraun, Schnabel an der Spitze dunkelgrau, am
Grunde wachsgelb, Krallen und Füsse hellgelb, Wachshaut und
Augenring hellgelb.]
85. Cerchneis dickinsoni (Scl.).
Ibis 1864, p. 305, t. 8.
215. d 25. Ill. 95, Serua, Land der tausend Vleys.
[Iris dunkelbraun, Füsse, Wachshaut und Augenring sattgelb,
Schnabel schwarz, gegen die Wurzel gelb. Mageninhalt: Taran-
teln und Scolopender.]
86. Cerchneis rupicola (Daud.).
42. © 11. 4. 95, Pienaarsriverbridge.
[Iris Farbe des Oberkopfes, Schnabel schmutziggelb, gegen
die Spitze schwarz, Krallen schwarz, Füsse rötlichgelb.]
230 C. E. Hellmayr:
88. 5 8. V. 95, Pienaarsriverbridge.
[Iris graubraun, Schnabel dunkelblauschwarz, gegen die
Wurzel hellgelb, Wachshaut dunkelgelb, Krallen schwarz, Füsse:
dunkelgelb. Mageninhalt: Heuschrecken].
111. © 16. 5. 95, Pienaarsriverbridge. |
[Iris dunkelbraun, Schnabel blauschwarz, gegen die Wurzel|
hellgelb, Wachshaut gelb, Krallen schwarz, Füsse gelb].
227. 2 21. 12. 95, Ligombwe.
[Iris dunkelbraun, Schnabel grau, gegen die Spitze dunkel,,
Krallen schwarz, Füsse hellgelb. Augenlid und Wachshaut hell--
elb].
N 87. Cerchneis rupicoloides (Smith.)
41. & 11. 4. 95, Pienaarsriverbridge.
[Iris gelb, Schnabel schmutziggelb, gegen die Spitze schwarz, ,
Krallen schwarz, Füsse schmutziggelb.]
[87. 9 8. 5. 95, Pienaarsriverbridge, an das Albany Museum ı
abgegeben.
Die nackten Teile sind verzeichnet:
Iris blaugrau, Schnabel bläulichschwarz, gegen die Wurzel!
hin ockergelb, Wachshaut dunkelgelb, Krallen schwarz, Füsse ı
gelb. Mageninhalt: Heuschrecken. ]
88. Elanus caeruleus (Dest.)
37. @ 9. 4. 95, Pienaarsriverbridge.
[Iris carmin, Schnabel schwarz, Wachshaut rötlichgelb,
Krallen schwarz, Füsse dunkelgelb. ]
46. © 15. 4. 95, Pienaarsriverbridge.
[Füsse hellgelb, sonst wie bei 37].
52. & 17. 4. 95, Pienaarsriverbridge.
[Wie bei 46].
61. & 28. 4. 95, Pienaarsriverbridge.
[Füsse orangegelb, Wachshaut orange, übrige Teile wie bei 37.]
101. & 11. V. 95, Pienaarsriverbridge.
[Iris carmin, Schnabel schwarz, Wachshaut dunkelgelb mit
einem Stich ins Orange, Krallen schwarz, Füsse dunkelgelb, ins
orangefarbige ziehend].
89. Milvus aegyptius (Gm.).
218. © 11. 9. 95, /Tamasetse (= Tammasetja), Land der
tausend Vleys.
Über Vögel aus Südafrika. 231
[Iris indischrot, Schnabel sattgelb, Krallen schwarz, Füsse
'sattgelb gleich der Wachshaut.]
| 219. & 13. 9. 95, Daka, Land der tausend Vleys.
| [Wie bei Nr. 218. Mageninhalt: Heuschrecken. Häufig im
Seengebiete.]
90. Haliaetus vocifer (Daud.)
102. $ 13. V. 95, Pienaarsriverbridge.
[Iris vandykbraun, Schnabel schwarz mit blaugrünlichen
Schimmer, Wachshaut sattgelb, Krallen grauschwarz, Füsse
schmutzigweiss mit einem Stich ins Grauliche. Mageninhalt:
Fische (Barben)].
112. © 16. V. 95, Pienaarsriverbridge.
[Wie bei No. 102].
[Nur paarweise am Flusse beobachtet, sehr scheu].
91. Aquila rapax (Temm),.
161. & juv. 27. VII. 95, Farm Montesvalley bei Buluwayo.
[Iris vandykbraun, Schnabel schwarz, am Grunde heller,
Wachshaut hellgelb, Krallen schwarz, Füsse hellgelb. Magen-
inhalt: 1 Chamaeleon und 1 Vogel].
92. Nisaetus spilogaster (Bp.)
106. @ 13. V. 95. Pienaarsriverbridge.
[Iris dunkelocker, Schnabel blauschwarz, Wachshaut hell-
gelb mit einem Stich ins Grünliche, Krallen schwarz, Füsse hell-
gelb mit grünlichem Tone).
93. Buieo jakal (Daud).
Ein jüngerer Vogel ohne näheren Fundort.
94° Ciraötus cinereus pectoralis Smith.
81. © 6. V. 95, Pienaarsriverbridge.
[Iris dunkelschwefelgelb, Schnabel schwarz, gegen die
Wurzel dunkeltaubengrau mit etwas bläulichem Tone, Wachshaut
bläulichgrün, Krallen schwarz, Füsse schmutzigweiss. Magen-
inhalt: Schlangen. ]
Von C. cinereus cinereus gewiss nur subspecifisch trennbar.
232 C. E. Hellmayr:
95. Melierax gabar (Daud).
105. @ 13. V. 95, Pienaarsriverbridge.
[Iris carmin, Schnabel schwarz, Wachshaut ziegelrot mit!
einem Stich ins Orange, Krallen schwarz, Füsse ziegelrot, stark:
ins Carminfarbige ziehend. Mageninhalt: 1 Maus].
[51. & 16. IV. 95, Pienaarsriverbridge, ans Albany Museum!
abgegeben].
[Iris hellocker, Schnabel und Krallen schwarz, Füsse ziegel--
zinnoberrot, Wachshaut orangerot].
185. g juv. 8. VIII. 95, Tenguani-River.
[Iris hellgelb, Schnabel schwarz, an der Basis ziegelrot,,
Krallen schwarz, Füsse ziegelrot, Wachshaut ebenso].
201. $ juv. 23. VII. 95, Wacha, Land der tausend Vleys..
[Iris hellgelb, Schnabel schwarz, gegen die Basis orange,
Krallen schwarz, Füsse und Wachshaut orange].
96. Melierax mechowi Cab.
190. $ juv. 9. VIII. 95. Tenguani-River.
[Iris hellgelb, Schnabel schwarz, am Grunde bläulich,
Wachshaut schmutzigziegelrot, Krallen schwarz, Füsse ziegelrot.
Mageninhalt: Knochen und Schuppen].
187. 5 ad. 8. VIII. 95, Tenguani River.
[Iris dunkelbraun, Schnabel und Krallen schwarz, ersterer
am Grunde zinnoberrot, Füsse zinnober, Wachshaut zinnoberrot.]
[189. 5 9. VIII. 95, Tenguani, wurde ans Albany Museum
abgegeben].
No. 187 ist ein alter Vogel mit schiefergrauer Oberseite,
hat die Oberschwanzdecken weiss mit schiefergrauer Quer-
bänderung und die Armschwingen auf der Aussenfahne einfarbig
grau, gehört also zu M. mechowi.. Wohl der südlichste, bisher
bekannt gewordene Fundort.
97. Astur polyzonoides (Smith).
92. & 9. V. 95, Pienaarsriverbridge.
[Iris hellcarmin, Schnabel schwarz, Wachshaut dunkelgelb,
Krallen schwarz, Füsse dunkelgelb mit einem Stich ins Orange.
Mageninhalt: Maus und Heuschrecken].
93. @ 9. V. 95, Pienaarsriverbridge.
|Iris carmin, übrige Teile wie bei No. 92. Mageninhalt:
Maus, 1 Frosch, 1 kleine Eidechse und Heuschrecken].
Über Vögel aus Südafrika. 238
| 195. $ 19. VIII. 95, Nata-River bei Sabanini.
Ä [Iris carmin, Schnabel schwarz, an der Basis hellocker,
Krallen schwarz, Füsse und Wachshaut hellocker. Mageninhalt:
Heuschrecken].
71. juv. © 30. IV. 95, Pienaarsriverbridge.
[Iris gelb, Schnabel schwarz, Wachshaut orangegelb, Krallen
schwarz, Füsse orange. Mageninhalt: Heuschrecken und 1 Eidechse].
60. 2 28. IV. 95, Pienaarsriverbridge.
[Iris orangegelb, Schnabel schwarz, an der Wurzel orange,
Krallen schwarz, Füsse orange. Mageninhalt : Heuschrecken].
70. & 30. IV. 95, Pienaarsriverbridge.
[Iris gelb, Schnabel schwarz, an der Wurzel orange, Krallen
schwarz, Füsse orange].
98. Accipiter ovampensis Gurney.
Ibiss1815,.p. 367, t. 6.
55. © juv. 25. IV. 95, Pienaarsriverbridge.
[Iris graulichgelb, Schnabel schwarz, an der Wurzel orange,
Krallen schwarz, Füsse orange, nackte Hautstellen gelb. Magen-
inhalt: Vogelreste].
107. 5 juv. 15. V. 95, Pienaarsriverbridge.
[Iris hellbraun, Schnabel schwarz, Wachshaut ziegelrot,
Krallen schwarz, Füsse sehr hell ziegelrot, nackte Hautstellen
gelb. Mageninhalt: kleiner Vogel].
Es ist vielleicht nicht uninteressant, über diese noch wenig
bekannte Art einiges mitzuteilen. Beschrieben wurde dieselbe
vom River Okavango, Ovampo Land, vom Elephants Vley, Da-
maraland.
Meine beiden Vögel unterscheiden sich von einer Serie von
10 Stück des Astur polyzonoides sofort durch die ausserordentlich
lange Mittelzehe, (6,8 cm) und durch die Färbung der Schäfte
der Schwanzfedern. Letztere sind nämlich abwechselnd graubraun
und schwarzbraun gebändert (auf der Oberseite sind fünf dunkle
und vier hellere Bänder wahrzunehmen) und die Schäfte der
helleren Querbänder erscheinen weiss im Gegensatze zu den
schwarzbraun gefärbten in den dunklen Feldern. Bei polyzonosdes
sind die Schäfte einfarbig dunkelbraun oder die Teile in den
helleren Bändern erscheinen nur ein wenig heller braun. Überdies
sei erwähnt, dass die Bänderung bei polyzonosdes weniger breit
und die Differenz in der Färbung zwischen den dunklen und
Journ, f, Orn. L. Jahrg. April 1902, 16
|
234 | C. E. Hellmayr:
hellen Teilen bei weitem nicht so auffallend ist, als bei ovamper--
sis. Ein weiterer sehr guter Charakter für letztere Art ist die»
Zeichnung der Schwanzdecken, welche alle in der Mitte ihrer’
Länge einen grossen weissen Fleck besitzen, der auf der Aussen-
fahne bis an den Rand reicht, auf der Innenfahne dagegen bloss
die Hälfte oder zwei Drittel der Breite einnimmt. Bei polyzono-
ides sind die Schwanzdecken einfarbig, wie der Rücken, nur an
der Basis zeigt sich hie und da ein undeutlicher, weisser Fleck.
Endlich sind die zwei vorliegenden Stücke auch wesentlich grösser
als polyzonoides, was auch Gurney in der Ursprungsbeschreibung
hervorhebt.
Ich lasse die Beschreibung derselben nunmehr folgen:
55, als „Q“ bezeichnet, ist offenbar ein noch nicht völlig
erwachsener Vogel, wie der Vergleich mit ungefähr ebenso alten
Stücken des A. polyzonoides lehrt.
Oberseite ziemlich dunkelbraun, auf dem Unterrücken kommen
einzelne, dunkelgraue Federn zum Vorschein, den Übergang zum
Alterskleid anzeigend, die Federn des Oberkopfes sind breit weiss
gesäumt, diese hellen Ränder schwach rostfarbig überwaschen.
Oberschwanzdecken wie der Rücken gefärbt, in der Mitte mit
einem breiten, weissen Fleck. Flügel braun wie der Rücken; die
kleineren Flügeldecken mit schmalen, blass rostfarbigen Rändern,
die grossen Deckfedern mit breiteren, weisslichen Säumen an der .
Spitze, solche finden sich auch an den Enden der Hand- und
deutlicher an denen der Armschwingen. Innerste Armschwingen
grösstenteils weiss, längs der Aussenfahne dunkelbraun eingefasst
und von einigen, ebensolchen, über die ganze Breite der Federn
reichenden Querbändern geteilt. Innenfahnen aller Schwingen mit
einer Reihe dunkelbrauner Querbänder und im basalen Teile weiss
gefärbt, wovon dann die Bänderung natürlich viel stärker sich
abhebt. Schwanzfedern wie der Rücken gefärbt und von fünf
breiten, schwarzbraunen Querbändern unterbrochen, in denen die
Schäfte weiss gefärbt erscheinen. Unterseite der Schwanzfedern
hellgraulichweiss. Kopfseiten weisslich, dunkel gestrichelt. Ganze
Unterseite weiss und mit Ausnahme der einfarbigen Unterschwanz-
decken mit dichter, nicht sehr: breiter, dunkelbrauner Quer-
bänderung bedeckt, die ebenso deutlich auf der Unterseite des
Flügels hervortritt.
a. im. 240, c. 180 mm.
Über Vögel aus Südafrika. 235
| 107. „g“ ist im Allgemeinen ebenso gefärbt, scheint aber
etwas jünger zu sein, da die rostfarbigen Ränder auf den kleineren
Flügeldecken stärker entwickelt sind. Auch sind die Halsseiten
und die Vorderbrust deutlich rostfarbig überwaschen und einzelne
Federn der Unterseite zeigen ebensolche Spitzenflecken, Charak-
tere, die alle auf das jüngere Alter des Vogels hinweisen.
a. im. 220, c. 165 mm.
99. Polyboroides typicus Smith.
„Legotsuane‘‘ Sesuto-Dialekt.
73. 2 adult. 1. 5. 95, Pienaarsriverbridge.
[Iris sehr dunkel, Schnabel schwarz, Wachshaut hellrosa,
Krallen schwarz, Füsse schmutziggelb, mit einem Stich ins Orange,
Zehen schmutziggelb, Augenring gelblichweiss. Mageninhalt:
1 Maus und 1 Frosch.]
18. © juv. 5. 4. 95, Pienaarsriverbridge.
[Iris dunkelocker, Schnabel und Krallen schwarz, Füsse
gelb. Mageninhalt: Maus und Frosch.]
[(ad. 73) „Nur den einen in der Gegend beobachtet.“]
100. Herodias garzetta (L.).
253. @ 13. VI. 96, Zwartkops bei Port Elizabeth.
[Iris hellgelb.]
101. Herodias lucidus (Rafın.).
231. © 5. I. 96, Nata-River.
[Iris hellgelb, Schnabel und Tarsus ockergelb, Krallen grau,
Füsse ockergelbgrau. Mageninhalt: Frösche. |
102. Ardea rufwentris Sund.
30. © 7. IV. 95, Pienaarsriverbridge.
[Iris grellgelb, Schnabel schmutziggraugelb, gegen die Spitze
schwärzlich, Krallen bräunlich, Füsse gelb. Mageninhalt: Heu-
schrecken].
31. g 7. IV. 95, Pienaarsriverbridge.
[Wie No. 30. Mageninhalt: Heuschrecken und Odonaten-
larven. ]
[Häufig in kleineren und grösseren Gesellschaften. ]
16*
236 C. E. Hellmayr:
103. Butorides atricapilla (Afzel.)
59. d 25. IV. 95, Pienaarsriverbridge.
[Iris gelb, Schnabel schwarz, Unterschnabel gelb, Krallen:
braun, Füsse graubraun, an der Rückseite gelb, nackte Haut in.
der Augengegend grünlichgelb. Mageninhalt: Heuschrecken].
72. @ 1. V. 95, Pienaarsriverbridge.
[Iris hellgelb, Schnabel schwarzbraun, unten gelb, Krallen
dunkelbraun, Füsse an der Rückseite schmutzigockergelb, vorne
dunkelbraun].
[53. $ 18. IV. 95, Pienaarsriverbridge; kam ans Albany
Museum.]
104. Scopus umbretta Gm.
13. © 4. IV. 95, Pienaarsriverbridge.
[Iris wie die Farbe des Rückens, nur etwas dunkler, Schnabel
und Füsse schwarz. Mageninhalt: Heuschrecken.] |
[Wird von den Eingeborenen „Machanöka“ (das „ch“ wie
sch, das „ö“ wie u gesprochen) genannt. Häufig, Haltung fast
wagerecht, mit eingezogenem Kopfe. Oftmals mit Schmarotzern
(Mallophagen)].
105. Phalacrocorax africanus (Gm.)
29. & 7. IV. 1895, Pienaarsriverbridge.
(Iris schön carmin, Schnabel rötlichocker und mit bräun- .
lichen Streifen, Krallen braun, Füsse schwarz, nackte Hautstellen
am Kopfe fleischrot. Mageninhalt: 3 Barben und Heuschrecken.]
Nicht allzuselten.
Ferner ein jüngerer Vogel ohne Zettel.
106. Phalacrocorax capensis (Sparrm.).
263. © juv. 14. VI. 96, Zwartkops.
264. $ ad. 14. VI. 96, Zwartkops.
[Iris hellgelb].
107. Thalassornis leuconota (Smith).
27. 28. 5 2 7. IV. 95, Pienaarsriverbridge.
[Iris von der Farbe des Oberkopfes, Schnabel schwarz mit
lichtocker Flecken gegen die Wurzel, Füsse dunkelgrünlichgrau,
Krallen fast schwarz. Mageninhalt: Gras, Samen.|
[Nicht sehr häufig.]
Über Vögel aus Südafrika. 237
108. Nettapus auritus (Bodd.).
196. (@) 19. VIII. 95, Nata-River bei Sabanini.
[Iris dunkelbraun, Schnabel dunkelocker, Oberkiefer bräun-
‚lich, Füsse schwarz].
109. Francolinus natalensis Smith.
116. @ 19. V. 95, Pienaarsriverbridge.
[Iris dunkelbraun, Schnabel schmutzigrot, gegen die Wurzel
bräunlichgelbgrün, Krallen rotbraun, Füsse rot, gegen die Zehen
ins Braune ziehend. Mageninhalt: Samen und Larven].
110. Frrancolinus cogui (Smith).
64. © juv. 29. IV. 95, Pienaarsriverbridge.
[Iris hellbraun, Schnabel sehr dunkelbraun, fast schwarz,
Füsse und Krallen braun. Mageninhalt: Samenkörner].
111. Hoplopterus speciosus (Wag!.)
103. ©, 104. $ 13. V. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Iris dunkelcarmin, innen mit einem Stich ins Braune, Schnabel
und Füsse schwarz. Mageninhalt:Sandkörner, Schneckenschalen ete.].
112. Stephanibyx coronatus (Bodd.)
35. 36. 3 9. IV. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Iris gelb, Schnabel rot, an der Spitze schwarz, Krallen
schwarz, Füsse rot. Mageninhalt: Termiten und Sandkörner].
113. Charadrius hiaticula (L.)
20. © 5. IV. 1895, Pienaarsriverbridge.
[Iris dunkelocker, Schnabel dunkelocker, gegen die Spitze
schwarz, Krallen schwarz, Füsse dunkelocker].
254. 5? 13. VI. 1896, Zwartkops.
260. @ 14. VI. 1896, Zwartkops.
261. & 14. VI. 1896, Zwartkops.
114. Oedicnemus capensis Licht.
142. $ 13. VII. 1895, Gwanda.
[Iris gelb, Schnabel hellocker, die Spitze schwarz, Krallen
schwarz, Füsse vorn schwarz, hinten ocker. Mageninhalt: Knochen
und Insekten].
Ausserdem noch ein Exemplar ohne Etikette.
238
Der Vogelzug in Mecklenburg.
Von GC, Wüstnei.
Über den Vogelzug in Mecklenburg sind in den Schriften
der einheimischen Ornithologen gelegentlich der Besprechung der
hiesigen Fauna manche Beobachtungen veröffentlicht worden, diese
sind aber so zerstreut, dass ein richtiges Bild über die Gesamt-
heit der Zugverhältnisse, namentlich für den auswärtigen Orni-
thologen, nicht gewonnen werden kann. Es muss ferner zuge-
geben werden, dass die Nachbarprovinzen in dieser Beziehung
besser beobachtet sind und daher auf der Küstenstrecke zwischen
Pommern und Schleswig-Holstein gewissermassen noch eine Lücke
auszufüllen ist. Da im Osten für die preussische Küste in der
Vogelwarte Rossitten als Beobachtungsstation ein guter Abschluss
gewonnen ist, und die Insel Helgoland den Westen beherrscht, so
dürfte Alles, was sich auf den Zug in den Küstenländern der
Ostsee bezieht, von besonderer Wichtigkeit sein, um die Zug-
phänomene in diesem nördlichen Gebiete mehr und mehr aufzu-
klären. Eine auffallende Erscheinung an unserer Küste, nämlich
dass ein Teil des Frühjahrszuges daselbst sich nicht in der ge-
wohnten Richtung von Südwest nach Nordost bewegt, sondern fast
eine entgegengesetzte Richtung von Nordosten nach Südwesten
einschlägt, hat es mir wünschenswert erscheinen lassen, das We-
nige, was über die hiesigen Zugverhältnisse bekannt ist, zusam-
menzustellen. Es kann ja auch nur durch Aneinanderfügung der
Beobachtungen aus den benachbarten Ländern ein richtiges Ge-
samtbild des Vogelzuges nach und nach gewonnen werden. Ein
einzelner Beobachter kann jahraus, jahrein aus dem Gesamtver-
lauf des Vogelzuges nur verschwindend wenige Daten sammeln
und das nur in einem sehr beschränkten Gebiet, wenn man nicht,
z. B. wie Gätke auf Helgoland, auf eine besonders günstige Po-
sition gestellt war. Ich möchte hier nur ein Beispiel aus dem
Kranichzuge anführen. Nur um eine Zahl zu nennen, nehme ich
an, es gingen während einer Zugperiode, die etwa 20 Tage dauern
mag, durch eine Zugfront von einer deutschen Meile Breite, etwa
40 Kranichzüge, gewiss schon eine erkleckliche Zahl, dann ist
meiner Ansicht nach die Wahrscheinlichkeit für einen in dieser
Zugfront stationierten Beobachter, auch nur einen dieser Züge zu
Gesicht zu bekommen, eine äusserst geringe, wenn man bedenkt,
Der Vogelzug in Mecklenburg. 239
‚dass durchschnittlich auf den Tag nur 2 Züge entfallen, und die
Wahrscheinlichkeit, im Verlauf von 24 Stunden zufällig in den
Gesichtsbereich oder die Gehörsweite dieser Züge zu kommen,
ist selbst, wenn man viel unterwegs ist, eine sehr geringe, da
man noch in Betracht ziehen muss, dass man von den betreffenden
Zügen nichts wahrnimmt, wenn dieselben mehr als !/, km. seit-
wärts von dem zufälligen Standpunkte des Beobachters vorüber-
ziehen und der Beobachter doch nur einen Teil des Tages im
Freien zubringen kann. Nun mögen ja an einzelnen Tagen die
Züge sich häufen, aber selbst wenn an einem Tage 10 Züge
durchpassieren, ist es immer noch ein Zufall, einen dieser Züge
zu sehen. Wenn ich trotzdem fast in jeder Zugperiode 1 bis 3
solcher Kranichszüge zu Gesicht bekomme, so glaube ich mit
Bestimmtheit annehmen zu können, dass mehr als 40 Kranichzüge
über eine Meile Zugfront hinwegziehen. Hierbei ist noch zu
bemerken, dass Kraniche sich durch ihre Grösse und namentlich
durch ihr weitvernehmbares Geschrei vor allen anderen Vögeln,
mit Ausnahme vielleicht der wilden Gänse, bemerklich zu machen
wissen. Weit weniger noch wird man von dem geräuschlos vor
sich gehenden Zuge anderer Vögel, namentlich der kleinen, die in
hoher Luft oder von Busch zu Busch ziehen, wahrnehmen können.
Die meisten Länder haben gewisse Punkte, an denen der
Vogelzug ein besonders intensiver ist, wo noch am leichtesten Zug-
daten gesammelt werden können. Dies sind einzelne besonders
begünstigte Sammel- und Raststationen, auf denen das Ankommen,
Verweilen und Weiterziehen der Vogelscharen noch am leichtesten
zu beobachten ist. Wenn man diese Stellen während der Zug-
zeit häufiger besucht und die eigenen Beobachtungen ergänzt
werden können durch zuverlässige praktische Beobachter und
Jäger, die vermöge ihrer Beschäftigung Tag für Tag ihren Auf-
enthalt an solchen Orten haben, so ist dies eine wesentliche
Unterstützung und Hülfe. Solche zur Beobachtung geeignete
Orte sind flache Stellen an der Seeküste oder in deren Buchten
und die hier angrenzenden Wiesen, auf denen während der Zug-
zeit oft ein reiches Vogelleben sich entfaltet, da hier viele der
durchziehenden Vögel Aufenthalt nehmen. Auch die Sammelplätze
der einheimischen Zugvögel bieten oft Stoff zu Beobachtungen.
Was nun die kleinen Singvögel anbelangt, so wird dem
Beobachter das Schauspiel grösserer wandernder Scharen, mit
Ausnahme von Drosseln und Staren, in unseren Breiten nur selten
240 C. Wüstnei:
geboten. Es kann sich hier in den meisten Fällen nur darum
handeln, in einem Gebiete die Zeiten der Ankunft im Frühjahr
und des Abzuges im Herbst zu ermitteln. Was die genaue Er-
mittelung dieser Zeitpunkte betrifft, so ist es jedenfalls bei Weitem
leichter, die Ankunftszeiten richtig festzustellen als den Abzug.
Der Vogel, der in seiner Heimat, also in seinem Brutrevier wieder
eintrifft, denkt in den meisten Fällen sogleich daran, Vorkehrungen
zu seinem Brutgeschäft zu treffen, er lockt und ruft sein Weibchen
und lässt seine Lieder erschallen, mit einem Worte, er giebt seine
Anwesenheit in seiner Umgebung sofort kund, und auch der
Beobachter, der seine zurückkehrenden Lieblinge erwartet, ist mit
Auge und Ohr sofort geschärft, sich von ihrem Eintreffen zu
überzeugen. Anders im Herbst vor ihrem Wegzuge, die Lieder
sind längst verstummt, die meisten Brutpaare mit ihren Jungen
haben schon die Niststätte lange vorher verlassen und streichen
umher, bis sie geräuschlos und unbemerkt von dannen ziehen.
Hier kann der Beobachter niemals wissen, ob der letzte Vogel,
den er gesehen oder gehört hat, auch wirklich der letzte ist.
Erschwert werden diese Beobachtungen noch dadurch, dass auch
Vögel derselben Art von Norden durchwandern und es meist
überhaupt nicht möglich ist, die fremden Durchzügler von den
Eingebornen zu unterscheiden, wennnicht Rasseneigentümlichkeiten
vorhanden sind, die eine Unterscheidung erleichtern.
Zug nach der geographischen Lage. Nach einem Blick
auf die Karte zu schliessen, ist nicht zu erwarten, dass Mecklen-
burg in dem Zuge grosser Heerstrassen liegt, wie etwa die
Schleswig-Jütische Halbinsel, die eine direkte Verbindung zwischen
dem Süden und dem skandinavischen Norden herstellt, oder auch
nicht wie die Nachbarprovinz Pommern, welche durch die nach
Norden weit vorgeschobene Insel Rügen einen bequemen Über-
gang nach dem südlichen Schweden bildet. Beide Nachbarpro-
vinzen haben daher einen starken Strom nordischer Wanderer
durchzuleiten, welche teils westlich, teils östlich an unserem
Lande vorbeipassieren müssen.
Aber trotzdem hat Mecklenburg während der Zugzeiten ein
reiches Vogelleben aufzuweisen, da viele der auf Rügen und dem
Darsser Ort eintreffenden Vögel auf südwestlichem Wege unser
Land durchziehen, auch wohl die nach Südwest verlaufende Küste
verfolgen. Vor allen Dingen sind es aber die Wanderer der
Strand- und Wasservögel aus dem nördlichen Russland, Lappland
Der Vogelzug in Mecklenburg. 241
‚und Finnland, welche die Ostseeküste entlang ziehen, oder alsHerbst-
und Wintergäste die Küstengewässer und Buchten der Ostsee
und auch die vielen Landseen beleben, wenigstens so lange hier
noch nicht die Gewässer mit Eis bedeckt sind. Ferner kommen
auch über die dänischen Inseln nordische Wanderer an unsere
Küste, verfolgen entweder ihren Weg weiter durchs Inland nach
Südwesten oder sie vermischen sich mit den übrigen Wintergästen.
Ausser diesen nordischen Vögeln sieht man zu gewissen Jahres-
zeiten und auch in den Herbstmonaten Vogelscharen direkt nach
Norden ziehen, dies sind Inlandsvögel, welche der Ostsee zustreben.
Aus dem Vorstehenden erhellt, dass Mecklenburg eine ge-
wisse Compliziertheit des Vogelzuges aufweist, welche eben durch
die geographische Lage und durch den Verlauf der Ostseeküste
bedingt ist. Man braucht nicht gerade ein Anhänger der Zug-
strassentheorie zu sein, denn unzweifelhaft zieht die grosse Masse
der Vögel, soweit sie nicht an Meere und Flussläufe gebunden
ist, gleichmässig über das ganze Land hin, aber ebenso unzweifel-
haft ist durch Beobachtungen nachgewiesen, dass die Strandvögel,
welche also auch am Strande ihren Unterhalt zu suchen haben,
hier zum bei Weitem überwiegenden Theil der Ostseeküste folgen,
und nur ein geringer Teil verfliegt sich ins Innere des Landes,
um an den grösseren Landseen zu rasten und dann nach Südwest
weiter zu ziehen. Ich habe diesem Teil des Vogelzuges meine be-
sondere Aufmerksamkeit gewidmet, wozu ich hier am Schweriner
See und der nahe gelegenen Ostseeküste die beste Gelegenheit
habe; die Wechselbeziehungen zwischen den Küstengewässern und
den Landseen sind bei einzelnen Arten vorhanden, bei den
meisten aber durchaus nicht. Man sollte erwarten, dass die
Wismarsche Bucht, von der nach einer Unterbrechung von 12 km.
der Schweriner See gleichsam die Fortsetzung bildet und auch
durch einen Wasserlauf mit vielen Rohrteichen in Verbindung
steht, als Einfallsthor in das Binnenland für die Wasser- und
Strandvögel benutzt werden würde, aber dies ist nur bei wenigen
Arten der Fall, eher kommt dies noch bei dem weiter von der
Küste entfernten grossen Müritzsee vor, welcher in der von
Rügen und dem Darss nach Südwesten verlaufenden Zugstrasse
liest. Nördlich von Wismar gelangt der grosse Strom der Strandvögel
aus Nordost über die Halbinsel Wustrow nach dem langen Werder
und der Nordküste von Poel, streift diese und setzt von hier über die
Wismarsche Bucht nach dem Tarnewitzer Ort, der Nordwestecke
242 C. Wüstnei:
des Wohlenberger Wieks über. Hier versammeln sich auf den‘
flachen Sandbänken, die weit ins Meer hinauslaufen und bei süd-
lichen Winden frei von Wasser werden, oft grosse Scharen von.
allerhand Strand- und Schwimmvögeln. Von hier geht der Haupt-
zug weiter nach Westen an der Küste entlang. Der Zug folgt
also dem Gesamtverlauf der Küste, ohne die Binnengewässer
wahrzunehmen. Flache, wenig in das Land einschneidende Buchten
werden nicht in der geraden Linie, der Sehne, überflogen, sondern
die Vogelscharen der Strandvögel fliegen parallei der Küste,
etwa 50 bis 200 m von derselben entfernt. |
Ich habe an den Tagen, an welchen auf Poel ein starker
Zug herrschte und viele Strandvögel sich längere Zeit aufhielten,
wiederholt den nördlichen Teil des Schweriner Sees besucht,
welcher auf seiner östlichen Seite flache, rohrfreie und einsame
Ufer hat, die den Strandvögeln sehr passenden Aufenthalt gewähren
können. Ich habe hier in den meisten Fällen gar kein Strand-
geflügel gesehen oder nur einige wenige Vögel aus der Gattung
Totanus, Actitis und einmal eine kleine Schar von Tringa minuta.
Tringa alpina ist mir, obgleich dieselbe vor 50 Jahren am
Schweriner See brütete, also günstige Lebensbedingungen haben
muss, überhaupt noch nicht zu Gesicht gekommen, während ich
sie nördlich von hier auf Poel während der Zugzeit immer in
kleinen und grossen Scharen angetroffen habe. Es ist dies wohl
ein sicheres Zeichen, dass diese Vögel hier der Küste folgen. Am
Müritzsee ist jedoch Tringa alpina während der Zugzeit öfter
beobachtet, auch am Goldleger See wurden in den Herbstmonaten
öfter Alpenstrandläufer erlegt, die mir vorgelegen haben. Auch
noch weiter nach Süden sind Strandläufer beobachtet, z. B. am
Eisleber Salzsee, am Rhein, in Bayern und den Schweizer Seen,
doch nirgends in so grosser Anzahl wie an der Ost- und Nord-
seeküste. Ein Teil dieser Vögel zieht also auch durchs Binnen-
land, während die grosse Masse den Küsten folgt.
Die Warnow, unser grösste Fluss, welcher das Land von
Südwesten nach Nordosten durchfliesst und bei Warnemünde in
die Ostsee austritt, ist nicht von solcher Bedeutung, dass er
irgend welchen Einfluss auf die Zugverhältnisse ausüben kann,
nur das seeartige Becken vor seiner Mündung, der sogenannte
Breitling, versammelt in der Zugzeit eine grosse Zahl von Wasser-
seflügel. Zu erwähnen ist ferner noch die Elbe, die Mecklenburg
an seiner südwestlichsten Ecke auf zwei ganz kurze Strecken
Der Vogelzug in Mecklenburg. 243
berührt, welche eine Rolle bei dem Entenzuge spielt. Es scheint,
' dass hier die Pfeifente und Löffelente, die Knäckente und die
Spiessente sich während des Zuges häufiger finden als im übrigen
Mecklenburg. Dies mag darauf zurückzuführen sein, dass diese
Enten, die auf dem Zuge die Westküste von Schleswig-Holstein
in grossen Scharen besuchen, dann teilweise von der Elbmündung
aus einen Weg ins Inland finden.
Richtung des Zuges. Abgesehen von den Wanderungen
der Strandvögel, welche wie schon oben bemerkt, zum grossen Teil
der Küste folgen, ist die allgemeine Richtung des Vogelzuges
hier wie im mittleren und westlichen Deutschland während des
Herbstzuges eine von Nordost nach Südwest verlaufende und
während des Frühjahrszuges eine in entgegengesetzter Richtung
sehende, wenigstens soweit dies aus den wandernden Vogel-
scharen, namentlich der grösseren Vögel wie Kraniche und wilden
Gänse, zu entnehmen ist. Auch Entenscharen, die nach Zufrieren
der Seen gezwungen wurden, weiter zu ziehen, sahen wir diese
Richtung einschlagen, ferner auch die langsam in losem Verbande
über die Felder dahin ziehenden Lerchen. Dieser im Herbst
südwestlich und im Frühjahr nordöstlich gehende Zug wird jedoch
nicht von allen Vogelscharen genau inne gehalten, oft ist die
Richtung im Herbst eine mehr westliche, zuweilen auch eine mehr
südliche, und im Frühjahr beobachtet man im entgegengesetzten
Sinne Abweichungen. Ausser solchen geringen Abweichungen
von der allgemeinen Zugrichtung giebt es hier auch noch während
beider Zugperioden grössere Abweichungen, welche selbst in die
ganz entgegengesetzte Richtung umschlagen und teilweise noch
der Erklärung harren, auf die ich später noch ausführlich zurück-
kommen werde.
Wie schon erwähnt, sieht man auch gegen den Herbst Vögel
direct nach Norden ziehen, oder hört während des Nachtzuges
deren Stimmen nach dieser Richtung hin verhallen. Dies sind
Sumpfvögel, namentlich grosse Brachvögel (Numenius arquatus),
die in grösseren Scharen Dreieckszüge bilden und aus den südlich
und südwestlich gelegenen Brutrevieren kommen und der Ostsee-
küste zustreben, um hier mit ihren nordischen Verwandten zu-
sammen einen längeren Aufenthalt zu nehmen, bevor sie sich in
südliche Gegenden begeben. Die nordischen Brachvögel sieht
man schon um dieselbe Zeit an der Küste entlang in kleinen
Trupps von Nordosten her anrücken, welche dann namentlich
244 6. Wüstnei:
auf der Insel Poel und Umgebung sich einige Wochen auf-.
halten, wo sie eifrig gejagt werden. Ferner sieht man im Juni,
wenn der allgemeine Zug beendet ist, öfter Scharen von Grau--
gänsen direct nach Norden auf die Ostsee zusteuern, ebenfalls:
in der bekannten Winkelform geordnet. Auch hier ist die Erklärung:
nicht schwer, es sind einheimische Graugänse, die von den Seen
des Binnenlandes kommen, um auf der Ostsee ihre Mauser durch--
zumachen, was thatsächlich sehr viele Graugänse thun, da sie:
im Sommer vielfach im flugunfähigen Zustande auf der Ostsee’
gefangen und erlegt werden, auch von mir grössere Scharen
dort beobachtet wurden.
Eine bis um einen rechten Winkel abweichende Zugrichtung
beim Kranichzuge beobachtete ich am 17. October 1897. An
diesem Tage nachmittags um 4!/, Uhr hörte ich an der West-
küste des nördlichen Teils vom Schweriner See Kranichgeschrei
und sah dann auch bald einen starken Kranichzug, es mögen
70 bis 100 Vögel gewesen sein, welcher direct aus Nordwesten
kam und seinen Weg in gerader Linie nach Südosten über den
See hin fortsetzte. Dieser Kranichzug war nicht etwa vorher
in kreisender Bewegung gewesen, wie die Kraniche es oft machen,
wenn sie anscheinend unschlüssig über die Richtung sind, nein
sie kamen schon, soweit zu sehen war, im wohlgeordneten Dreiecks-
zuge und verfolgten ihren Weg in unverrückt gerader Linie nach
Südosten über den See. Da diese Stelle nur etwa 15 km von
der Ostsee entfernt ist, so kann man wohl nicht annehmen, dass
diese Schar vorher die allgemeine, nach Südwesten gehende Zug-
richtung befolgt hatte und dann plötzlich in eine südöstliche
umgewendet war, sondern es werden Kraniche sein, die diese
Richtung schon längere Zeit vorher inne gehabt haben und dem-
gemäss die jütisch-schleswigsche Halbinsel aus dem scandi-
navischen Norden als Zugstrasse benutzt haben werden, während
die meisten hier durchziehenden Kraniche aus dem Nordosten
kommen. In diesem Falle ist jedoch schwer eine Erklärung da-
für zu finden, weshalb diese Vögel, nachdem sie die cimbrische
Halbinsel überflogen hatten, auf dem Continent nicht auch eine
südwestliche, sondern eine südöstliche Richtung einschlugen.
Da der Zug schon ziemlich niedrig ging, so schienen die Vögel
die Absicht zu haben, sich auf den einsamen Gefilden am jenseitigen
östlichen Ufer des SchwerinerSee niederzulassen,um dortfür dieNacht
zu rasten, wie es an dieser Stelle die Kranichscharen vielfach thun.
Der Vogelzug in Mecklenburg. 245
Ich komme jetzt zu der auffallendsten Erscheinung, welche
mir in den letzten Jahren bei der Beobachtung des Vogelzuges
‚an unserer Ostseeküste und zwar wiederholt vorgekommen ist.
‚Hier habe ich während des Frühjahrszuges in den Monaten April
und Mai auf der Nordostküste der Insel Poel mehrfach die Ge-
‚legenheit gehabt, festzustellen, dass der Frühjahrszug verschiedener
Vögel nicht die allgemeine Richtung aus Südwest nach Nordost
innehält, sondern wunderbarer Weise in entgegengesetzter
Richtung von Nordost nach Südwest oder nach Westen entlang
stattfindet. Schon vor einigen Jahren beobachtete ich Mitte Mai,
dass Scharen von Kampfläufern in eiligem Fluge nach Südwesten
wanderten, auch im nächsten Jahre wiederholte sich diese Er-
scheinung. Ich habe damals dieser Beobachtung keinen grossen
Wert beigelegt, weil ich bei der Richtung ihres Fluges nicht an
ein Zugphänomen, sondern an ein planloses Hin- und Herfliegen
dachte. Später jedoch, im Frühjahr 1900, bin ich zu der Einsicht
sekommen, dass es wirklich wandernde Scharen waren. Am 22.
April beobachtete ich bald nach einander zwei Storchzüge, von
denen der eine wohl 60 bis 70 Stück, der andere etwa 11 Stück
enthielt; auch diese Züge kamen an der Küste entlang aus Nordost
und bewegten sich in der Richtung Südwest weiter. Als ich
meinem Begleiter, einem alten Strandjäger, der sich nach dem
Fischfang hauptsächlich von der Jagd auf Seevögel ernährt und
jeden Vogel mustert, meine Verwunderung äusserte, bemerkte er,
dass alle Störche im Frühjahre stets in derselben Weise ziehen,
sie kommen alle aus Nordost über die Halbinsel Wustrow und
ziehen dann über Poel und die Wismarsche Bucht nach Südwesten
ins Binnenland weiter. In diesem Jahre (1900) sei der Zug ein
besonders-starker, denn seit dem 4. April, also seit 18 Tagen,
habe er wohl an hundert solcher Züge beobachtet, die Tag für
Tag dort durchgezogen seien, aber stets von Nordost nach Süd-
west, auch halten diese Züge ziemlich genau dieselbe Strasse inne
und zwar über das Dorf Gollwitz hinweg. Auf meinen Vorhalt,
dass anderswo der Wegzug des Storches nach dem Süden dieselbe
Richtung einschlüge wie hier im Frühjahr, wurde mir geantwortet,
dass im Herbst oder vielmehr im August auf Poel überhaupt
keine wandernden Storchzüge gesehen würden. Ich habe diese
Sache weiter verfolgt, im folgenden Jahre (1901) war der Zug
nicht so stark, es sind etwa 24 Züge, ebenfalls alle aus Nordost
kommend, beobachtet worden, davon der erste in den letzten
642 C. Wüstnei:
Tagen des März, der letzte am 15. Mai. Ferner habe ich per--
sönlich beim Leuchtturm in Warnemünde etwa 50 km östlich von!
dieser Stelle Erkundigungen eingezogen, auch hier sind Storch--
züge, wenn auch nur vereinzelt, beobachtet worden, ebenfalls anı
der Küste entlang, aus Nordost kommend, wie mir sogleich, ohne:
diese Frage zu stellen, erklärt wurde.
Die bereits oben erwähnten Kampfläufer, die während des;
Frühjahrszuges im Mai Poel in grosser Masse berühren, kommen.
ebenfalls alle aus Nordost oder Ost und ziehen nach Westen oder
Südwesten weiter. Der betreffende Fischer will auch noch andere
Vögel, namentlich Lerchen, ausdieser Richtung haben kommen sehen.
Es handelt sich hier also nicht um einzelne Zugerschei-
nungen, sondern um einen Zug in grösserem Masse, der sich all-
jährlich mit grosser Regelmässigkeit abspielt und wohl die
Bezeichnung einer Küstenwanderung verdient. Selbstverständlich
sind die vielen auf Poel beobachteten Storchzüge nicht die ein-
zigen, sondern wahrscheinlich nur ein kleiner Teil der wirklich
durchziehenden Züge, da von einem Beobachter immer nur ein
Teil gesehen werden kann. Unwillkürlich drängt sich bei dieser
Beobachtung die Frage auf: Wo liegen die Winterquartiere dieser
aus Nordosten kommenden Schareu und auf welchem Wege be-
werkstelligen dieselben ihren Rückzug in die Brutheimat? Wenn
es nun auch müssig ist, durch Vermutungen und Hypothesen
das Fehlende ergänzen zu wollen, so steht doch soviel fest, dass
alle diese Vögel nicht auf längerem direktem Wege aus nord-
östlichen Ländern kommen können, weil es dort eben keine
passenden Winterquartiere giebt, und auch dieselben Störche, die
soeben aus Nordosten in ihrer Heimat eintrafen, im vorigen
Herbst auf südwestlichem Wege in die Winterquartiere gewandert
sind. Nun ist ja bekannt, dass viele Vögel für den Hin- und
Rückweg verschiedene Strassen ziehen, aber dies giebt immerhin
noch keine Erklärung dafür, dass gewisse Vögel in einem und
demselben Lande für den Frühjahrs- und Herbstzug dieselbe
Richtung nach Südwest einschlagen. Die Störche z. B., die beim
Fortzuge nach Südwesten ziehen, können wohl nicht anders als
das Mittelländische Meer im westlichen Teile überschreiten, um
nach Afrika zu gelangen, während sie wohl unmöglich bei der
hier beobachteten Zugrichtung aus dem Westen von Afrika ihre
Rückreise wieder antreten können. Sie müssen also wohl während
des Winters langsam quer durch Afrika von Westen nach Osten
Der Vogelzug in Mecklenburg. 247
wandern, um dann aus dem östlichen Afrika die Rückreise über
Kleinasien und das schwarze Meer anzutreten, bis sie durch
‚Südrussland an die Ostseeküste gelangen. Sodann werden sie
derselben solange folgen, bis die Nähe ihrer Brutheimat sie ver-
‚anlasst, seitwärts abzubiegen. Auffallend hierbei ist allerdings,
dass diese Vögel auf dem Frühjahrszuge, wo sie es eilig haben,
einen so grossen Umweg machen. Beobachtungen über der-
artige Storchzüge in den übrigen Ostseeprovinzen würden von
grossem Interesse sein und diese auffallenden Erscheinungen
aufklären helfen, wobei noch zu beachten bleibt, dass auch noch
andere Vögel, wie Kampfläufer und Lerchen, auch Bussarde, die-
selbe Richtung einschlagen. Ich wollte hier ferner noch bemerken,
dass im Frühjahr 1901, der Termin ist mir nicht bekannt, in der
Nähe von Schwerin grössere Storchzüge beobachtet sind, die aus
Südosten kamen und nach Nordwesten weiter wanderten. Auch
diese Züge deuten darauf hin, dass die Störche aus dem Osten
von Afrika ihre Rückwanderung antreten.
Wenn nun auch sichere Beobachtungen darüber vorliegen,
dass beim Fortzuge, also in den letzten Tagen des Augusts, die
Störche in grossen Scharen südwestlich wandern, so war mir
bisher aus sicheren Beobachtungen etwas Bestimmtes über die
Richtung des Frühjahrszuges hier in Mecklenburg nicht bekannt,
ich konnte auch in der Litteratur Aufzeichnungen hierüber nicht
finden, bis ich in den letzten Jahren diese auffallende Erscheinung
sah. Man sieht auch im Frühjahre wandernde Storchscharen;
aber bei ihnen ist es in den meisten Fällen nicht leicht die Zug-
richtung festzustellen, weil dieselben nicht in einer geraden
Linie wandern, sondern grosse kreisende Bewegungen beschreiben,
aus denen.die genaue Richtung schwer zu entnehmen ist. Trotz
der Häufigkeit des Vogels ist meist über die Ankunft weiter
nichts zu ermitteln, als dass er plötzlich auf seinem Nest sitzt
und sich dort sofort heimisch und vertraut zeigt. Nur in ganz
seltenen Fällen ist gesehen worden, wie der Storch aus einer
sehr hohen Luftschicht sich in einer Spirallinie auf sein Nest herab-
lässt, ohne dass man vorher hat feststellen können, aus welcher
Richtung die Ankunft erfolgte, so wurde noch am 7. IV. 1901
gesehen, wie das hier in Schwerin nistende Paar aus einer Schar
von 20 Stück sich ablöste und sein Nest bezog.
Es sind mir nach diesen Wahrnehmungen noch weitere Er-
scheinungen in dem Zuge der Störche aufgefallen, welche bisher
ee
z48 C. Wüstnei:
noch nicht eine genügende Erklärung gefunden haben. Während |
der Herbstzug sowohl in Nord- wie auch in Süddeutschland
ziemlich gleichmässig einsetzt, der Abzug erfolgt überall in der
Zeit vom 23. bis 28. August, treten im Frühjahr bei den Ankunfts- \
zeiten so grosse Zeitunterschiede auf, dass diese nicht durch die
geringe Entfernung zwischen Mittel- und Norddeutschland, auch
nicht durch klimatische Unterschiede erklärt werden können.
In Süd- und Mitteldeutschland, kommen die Störche schon Ende
Februar oder Anfang März zurück, während hier in Mecklen-
burg die erste Hälfte des April diejenige Zeit ist, in welcher sich
der Storch bei uns einstellt, nur ausnahmsweise lässt sich bei
gelindem Wetter einer oder der andere in den letzten Tagen des
März sehen. Es fällt also hier in Norddeutschland die durch-
schnittliche Ankunftszeit um 4 bis 5 Wochen später, dieser Zeit-
unterschied kann nicht durch die Dauer des Weiterzugs von
Süddeutschland bis hier und auch nicht durch klimatische Ein-
flüsse erklärt werden. Da nun wohl nicht anzunehmen ist, dass
die Störche in Süd- und Mitteldeutschland bei ihrer Rückkehr
aus den Winterquartieren den grossen Umweg über die Ostsee
machen werden, sondern mehr auf direkt südlichem Wege zurück-
kehren mögen, so möchten die oben erwähnten grossen Zeitunter-
schiede eher durch verschiedene Zugstrassen erklärt werden können,
sodass die südlichen Störche auf kürzerem Wege bei weitem
früher in ihrer Brutheimat eintreffen. Vielleicht mögen auch -
ähnliche Verhältnisse bei anderen Zugvögeln vorliegen, z. B. beim
Kuckuck, der hier in der ersten Woche des Mai eintrifft, während
derselbe sich in Süddeutschland schon einige Wochen früher
hören lässt. Ich wiederhole hier nochmal, dass es sich bei den
Störchen nicht um einzelne Zugerscheinungen handelt, sondern
um eine sich alljährlich wiederholende Thatsache, dass auf Poel
den ganzen April hindurch die Züge fast Tag für Tag in grosser
Zahl immer genau aus derselben nordöstlichen Richtung eintreffen
und nach Südwesten zu ins Binnenland weiter wandern. Man
würde vielleicht über den Frühjahrszug des Storches interessante
Aufklärungen erhalten können, wenn einmal die von Middendorff
besprochenen Linien gleicher Ankunftszeiten, die sogenannten Ise-
pipthesen, für das mittlere Europa festgelegt würden. Aus diesen
Linien, namentlich aus den sprungweisen Absätzen derselben,
würde sich vielleicht ergeben, bis zu welcher nördlichen Breite
die Störche direkt aus südlicher Richtung sich einstellen, und
Der Vogelzug in Mecklenburg. 249
wieweit die Zone Norddeutschlands reicht, welche von Osten her
ihren Zuzug erhält.
Ich kann nicht umhin, bei Besprechung der Richtung des
Vogelzuges der Gätkeschen Beobachtungen zu gedenken. Wie
erklärt es sich, dass die ungeheuren Scharen wandernder Vögel,
die im Herbste von Osten nach Westen über Helgoland dahin-
ziehen, die also auch auf diesen Zuge Schleswig-Holstein, Mecklen-
burg und die übrigen Ostseeländer berühren müssen, hier so
wenig bemerkt werden? Es sind z. B. in Pommern und auch
auf Poel im October wandernde Krähen bemerkt, die zuerst in
kleinen Gesellschaften von etwa 6 Stück, nach und nach etwas mehr
bis zu 100 Stück, der Küste entlang hintereinander herziehen,
aber wo bleiben die Myriaden, die über Helgoland dahinziehen.
Ein Gleiches gilt auch für die Goldhähnchen, von denen einzelne,
auch an unserem Bastorfer Leuchtturm in dunklen October- und
Novembernächten gefangen wurden. Es ist einmal auch Phyllo-
pneuste superciliosa angeflogen, auch vereinzelte asiatische Drosseln
haben sich hier in Dohnen gefangen, aber was bedeutet dies
gegen die grosse Masse in Helgoland. Auch von Schleswig-
Holstein, welches diese gewaltigen Massen quer überfliegen müssen,
ist nicht bekannt, dass viel von dem Helgoländer Zuge bemerkt
wird. Wollte man anführen, der Zug ginge in einer solche Höhe
über die Länder hinweg, dass nichts bemerkt werden könnte, so
würde wiederum die Frage schwer zu beantworten sein, weshalb
die Vögel gerade über Helgoland sich in niedrigen Regionen
bewegen und vielfach dort auch längeren Aufenthalt nehmen.
Sollte Ruhe und Erholung nach einer langen Reise über das
Meer die Ursache sein, so würde diese Ursache ebenso gut für
die Küsten der Ostsee zutreffend sein.
Sammel- und Raststationen. Behufs Erforschung des
Vogelzuges ist es von grosser Wichtigkeit in seinem Beobach-
tungsgebiet die Sammelstationen der von uns fortziehenden Brut-
vögel sowie auch die Raststationen der durchziehenden Vögel
zu kennen. An diesen Plätzen entfaltet sich zeitweise ein reiches
Vogelleben und hier vereinigen sich auch die einheimischen Brut-
vögel mit den aus Norden durchziehenden Vögel gleicher Art.
Wie bekannt, haben die weissen Störche gewisse Plätze, auf
denen sie sich vor der Abreise nach Süden zu versammeln pflegen.
Derartige Plätze bieten die einige Meilen südlich von Schwerin
gelegenen Lewitzwiesen, hier versammeln sich dieselben in grosser
Journ. f. Orn. L. Jahrg. April 1%2, 17
250 C. Wüstnei:
Masse, in der Mitte des August wurden schon viele Hunderte
gezählt und diese Zahl vergrösserte sich bis zur Abreise noch
täglich. Auch im Übrigen bieten diese Wiesen Interesse für den
Vogelzug, gegen den Winter sammeln sich die Saatgänse in
zahllosen Scharen, auch nordische Enten, ferner stellen sich all-
winterlich mehrere Seeadler ein, die diese ergiebigen Jagdgründe
auszunutzen wissen.
Die bereits oben erwähnte Einbruchsstrasse von der Ostsee
über die Wismarsche Bucht und den Schweriner See findet durch
das aus dem südlichen Teil des Sees sich fortsetzende Störthal
ihren weiteren Verlauf nach den Lewitzwiesen und dem Elbe-
thal. Gewisse Arten von nordischen Enten und Saatgänse halten
sich hier in grosser Zahl auf. Aber auch nordische Raubvögel,
welche im Herbst und in den ersten Wintermonaten zuerst an
der Ostseeküste erscheinen, trifft man später auf dem Schweriner
See und den Lewitzwiesen an, namentlich Seeadler, die hier dem
Wassergeflügel nachstellen. Ferner ist der Zwergfalke, Hypotrior-
chis aesalon, auf der Strecke von Poel über den Schweriner See
bis nach Gralow hin verhältnismässig häufig erlegt und beobachtet
worden, ich selbst sah ihn mehrfach über den Schweriner See
an den Rohrwaldungen entlang von Norden nach Süden streichen.
Auf grösseren Gewässern versammelt sich das fortziehende
Wassergeflügel oft in grossen Scharen, was man hier auf dem
Schweriner See beobachten kann. Sierna hirundo und Hydroche-
lidon nigra kamen in den letzten Tagen des August und der
ersten Woche des Septembers an gewissen Stellen des Sees in
grosser Zahl zusammen, welche Scharen sich durch ein sehr
lärmendes Wesen auszeichnen, bis dieselben plötzlich verschwun-
den sind. Ebenso macht es Larus ridibundus, deren Scharen
bis Ende Oktober verweilen, auch bleibt eine ziemliche Anzahl
davon zurück, solange es offenes Wasser giebt. Das Wasserhuhn,
Fulica aira, sammelt sich schon Ende September ebenfalls in
grossen Scharen zu Tausenden, ohne dass diese sich beeilen, die
Reise nach dem Süden anzutreten. Es wird überall als Zugvogel
angeführt, aber hier halten diese Scharen sich auf, bis die Seen
zufrieren, und noch im Januar sieht man bei offenem Wasser
Unmassen dieser Vögel, und selbst in strengen Wintern bleiben
immer kleinere Gesellschaften hier. Der grosse Haubentaucher,
Podiceps cristatus, der sonst eben nicht sehr gesellig ist, sammelt
sich vor dem Fortzuge ebenfalls in grösseren Scharen, so be-
Der Vogelzug in Mecklenburg. 251
‚merkte ich noch am 5. Okt. 1900 auf dem südlichen Teil des
‚Schweriner Sees in der Nähe der Insel Kaninchenwerder Scharen,
die ich auf 400 bis 500 Stück veranschlagen konnte, bis diese
‚dann bald verschwanden. Es sind alljährlich meist dieselben
Stellen des Sees, wo diese Versammlungen stattfinden. Einzelne
dieser Taucher findet man noch später und selbst in den Winter-
monaten, aber dies sind Junge aus verspäteten Bruten, die im
Oktober noch nicht reisefähig sind und die dann in strengen
Wintern umkommen müssen. Ich bemerkte einmal noch Anfang
Oktober junge Vögel in der Färbung des Dunenkleides.
Die Sägerarten, Mergus, schlagen sich ebenfalls zu grösseren
Vereinen zusammen, wenn auch nicht in dem Masse, wie Podiceps
und Fulica, da sie als Brutvögel nicht so häufig sind. Anfang
Oktober sieht man auf dem Schweriner See Mergus serrator oft
in Gesellschaften, einmal am 4. Oct. 1900 sogar eine von ca. 100
Stück. Da die nordischen Säger hier so früh noch nicht erscheinen,
so muss man annehmen, dass es ebenfalls hiesige Brutvögel sind.
Von Mergus merganser sieht man auf dem Pinnower See zu
derselben Zeit ebenfalls grössere Gesellschaften, die aus den
dortigen Brutrevieren stammen. Einmal sah ich sogar eine Schar
von 100 Stück, aber erst im Januar, dies mögen vielleicht
nordische Vögel gewesen sein.
Als Raststationen für wandernde Strandvögel kommen an
unserer Küste solche Stellen in Betracht, welche flache sandige
Uferstrecken haben, die zeitweise frei von Wasser und nicht
durch starken Wellenschlag beunruhigt sind. Vor allen Dingen
sind hier zu nennen der lange Werder bei Poel und der Tarne-
witzer Ort an der Westecke des Wohlenberger Wieks, auf diesen
beiden Stellen ist während der Zugzeit fast immer ein bunt
bewegtes Leben, denn nicht allein die Strand-, sondern auch
allerhand Wasservögel halten sich hier mit Vorliebe auf. Dies
wissen die Jäger, die an diesen Stellen oft reiche Beute machen.
Für solche Vögel, die sich auf Strandwiesen aufhalten, bieten
die weitläufigen Wiesen des Fischlandes beim Kirchdorf Wustrow
zwischen der Ostsee und dem Ribnitzer Binnensee beliebte Ver-
sammlungs- und Rastplätze.
Wie schon bemerkt, werden der Schweriner See und eben-
so die übrigen im westlichen Mecklenburg gelegenen Seen, obgleich
der Ostküste so nahe, von dem Zuge der Seestrandsvögel wenig
oder garnicht berührt. Anders ist dies jedoch bei unserem
17*
252 C. Wüstnei:
grössten Landsee, dem im Südosten von Mecklenburg Schwerin
belegenen Müritzsee. Auch hier rasten derartige Vögel während
der Zugzeit. So sind der Alpen- und der Zwergstrandläufer
oft nicht selten und auch in kleineren Trupps vertreten, ferner
auch der sonst als hartnäckiger Küstenvogel bekannte Regen-
brachvogel, auch einzelne Austernfischer zeigen sich daselbst,
um an den einsamen Uferstrecken zu rasten. Diese Vögel mögen
von Rügen oder dem Dars direct auf südwestlichem Wege dorthin
gelangen, um dann ihren weiteren Weg durch das Binnenland zu
nehmen. Andere Rastplätze auf ihrem weiteren Wege dürften
die Eisleber Seen, der Rhein und die Schweizer Seen abgeben.
Eine frühere Zusammenstellung der von Just am Eisleber See
beobachteten Vögel führt alle diese Vögel, auf zum Teil als nicht
selten vorkommend. Sollte nicht das Verschwinden der Eisleber
Seen einen ungünstigen Einfluss auf den Zug der Wasser- und
Strandvögel ausüben oder wenigstens diesen Zug nach einer
anderen Richtung ablenken? Auch andere Seen im östlichen
Mecklenburg werden von Seestrandvögeln besucht, so ist Zringa
alpina am Goldberger See während des Herbstzuges öfter erlegt
worden.
Stare und Schwalben versammelm sich vor ihrem Fortzuge
in sehr grossen Scharen, die Stare an den rohrbewachsenen
Ufern der Landseen, die Schwalben gern auf den in der Nähe
der Ostsee gelegenen Feldern. So bemerkte ich schon im
August auf der Halbinsel Wustrow grosse Gesellschaften, und
in der ersten Hälfte des Septembers war der lange Werder bei
Poel ganz mit Schwalben von allen drei Arten zu vielen
Tausenden bedeckt. Auch während des Frühjahrszuges werden
die Küstenstrecken vor der Weiterwanderung über das Meer als
Raststationen benutzt, so wurden am 1. Mai d. J. (1901) in allen
Gärten und überall im Gebüsch auf der Insel Poel kleine Vögel
verschiedener Art in grosser Anzahl beobachtet, die Tags darauf
alle verschwunden waren. Soweit die Ermittelungen als sicher
angesehen werden konnten, waren es hauptsächlich Trauerflieger-
fänger, Muscicapa luctuosa, und Gartenrotschwänze, Ruticilla
phoenicura. Es waren jedoch noch andere Arten dabei, die aber
nicht sicher festgestellt werden konnten.
Zugvögel, Wanderer, Irrgäste: Die hiesigen Zugvögel
sind entweder solche Arten, welche hier brüten und den Winter
in wärmeren Ländern zubringen, oder es sind nordische Arten,
N
{
\
i
Der Vogelzug in Mecklenburg. 253
‚die regelmässig im Herbst und Winter sich hier einfinden, um
in unseren Breiten längeren Aufenthalt zu nehmen oder ebenfalls
noch weiter nach Süden zu wandern. Selbstverständlich passieren
auch solche nordische Arten auf dem Zuge unser Land, welche
auch bei uns brüten und daher meist nicht von unseren Vögeln
gleicher Art zu unterscheiden sind.
Ausser diesen Vögeln, die regelmässig alle Jahre ihren Zug
nach dem Süden antreten, giebt es noch Wandervögel, oft aus
sehr entlegenen Ländern, welche nicht regelmässig alle Jahre
unser Land besuchen. Da sind zunächst diejenigen Vögel, welche
von Zeit zu Zeit in unregelmässigen Perioden, dann aber oft in
grosser Zahl bei uns erscheinen, wie Tannenhäher, Seidenschwänze,
Hakengimpel, Steppenweihen, Steppenhühner. Diese Vögel kommen
meist aus nordöstlichen oder östlichen Ländern, oft aus weiter
Entfernung und in einzelnen Jahren in grosser Anzahl zu uns.
Was diese Vögel zur Auswanderung zwingt, ob Nahrungsmangel
oder irgend eine andere Ursache, ist noch nicht aufgeklärt.
Ein grosser Teil dieser Auswanderer scheint nicht wieder in die
_ ursprüngliche Heimat zurückzukehren, sie scheinen aber auch
nicht in den westlichen Ländern eine bleibende Stätte zu finden,
sondern dem ihnen ungewohnten Klima oder einer nicht passenden
Nahrung zu erliegen.
Ferner kommen noch einzelne seltene Vögel meist aus süd-
östlichen oder südlichen Ländern zu uns, welche man als Irrgäste
oder verirrte Wanderer bezeichnen kann, dies sind z. B. die
südeuropäischen Geier, Kragen- und Zwergtrappen, Rennvogel,
Girlitz, Sichler, einige der südöstlichen Reiherarten und andere.
Alle diese Erscheinungen kann man aber als grosse Ausnahmen
betrachten, die durch irgend welche Umstände sich in nördliche
Gegenden verirrt haben. Schliesslich sind noch solche Vögel zu
erwähnen, welche durch Stürme meist aus nordwestlichen Gegenden
zu uns verschlagen worden sind, wie der Basstölpel, der kleine
_Sturmvogel und einige Raubmöven. (Schluss folgt.)
RR In
254
Deutsche Ornithologische Gesellschaft.
Bericht über die Januarsitzung.
Verhandelt Berlin, Montag den 5. Januar 1902, Abends
8 Uhr im Architekten-Vereinshause, Wilhelmstr. 92 11. |
Anwesend die Herren Reichenow, Deditius, Grunack,
Jacobi, Haase, Gottschlag, Matschie und Heck. |
Von auswärtigen Mitgliedern Herr Bünger (Potsdam).
Als Gäste die Herren: Höpfner, Lusche aus Berlin und
C. Falz-Fein (Cherson). |
Vorsitzender: Herr Reichenow. Schriftführer: Herr
Matschie.
Herr Reichenow legt eine Anzahl von neu eingegangenen
Schriften vor und bespricht dieselben.
Herr Heck setzt alsdaun seine in der letzten Sitzung des
Jahres 1901 angefangenen Mitteilungen über seine Beobach-
tungen in Taurien fort.
Herr Matschie macht in der Besprechung dieses Vortrages
auf die Wichtigkeit genauer Untersuchungen der Zugvögel von
Südrussland, namentlich der dort gefangenen Sprosser und Nach-
tigallen aufmerksam, weil nur durch sichere Bestimmung der dort
durchziehenden Vögel genaue Schlüsse auf die Richtung des
Vogelzuges möglich seien.
Herr Reichenow bezweifelt das Brutvorkommen von Ca- .
dris in Südrussland und glaubt, dass das Fehlen von Tetrao
tetrix kein endgiltiges zu sein brauche, da das Birkhuhn als
Zigeunervogel häufig seine Wohnorte wechsle.
Die Herren Reichenow und Matschie machen einige
Bemerkungen über Zugrephühner.
Herr Reichenow spricht über Muscicapa riisi Hartl. und
begründet auf diesen eigentümlichen Fliegenfänger die neue
Gattung Oreomyias.
Derselbe legt zum Schluss einige Vögel von Nauru vor.
Der Sammler Herr L. Kaiser auf Nauru, hat dazu folgende
Bemerkungen geschickt:
+ Fregata ariel (J. Gd.)
l. Augen: schwarzbraun, Schnabel und Füsse: blaugrau,
Schnabelspitze weisslichgrau. Länge: 71 cm, Fl./Schw. 41cm.
(Geschlecht anscheinend männlich. — 2. Entspricht in Färbung
Bericht über die Januarsitzung. 255
‚ und Kleid genau der No. 1. Länge: 78 cm, Spannweite 1,82 m,
Fl./Schw. —2 cm, Gewicht 11/, Pfd. (engl.), Geschlecht unbestimmt.
- — 3. Lebte einige Monate in Gefangenschaft. Soll beim Einfangen
ein helleres, braunes Federkleid getragen haben. Augen, Schnabel
und Füsse ähnlich wie bei No. 1 und 2 gefärbt. Nackte Haut
am Halse zur Zeit des Einfangens angeblich blutrot. Länge
72 cm, Spannweite 1,78 m, Fl./Schw. +1 cm, Gewicht 11/, Pfd.
(engl.), Geschlecht unbestimmt.
Die Fregattvögel brüten hier nicht. Sie treffen ab und zu
einzeln oder auch in kleineren Gesellschaften ein und werden —
durch gezähmte Vögel angelockt — von den Eingeborenen mittelst
Wurfschlingen im Fluge gefangen. Sie dienen Jahre lang zu
Gespielen der Eingeborenen und werden hauptsächlich mit flie-
genden Fischen gefüttert. Der Sendung ist eine Wurfschlinge
beigefügt. Die Schnur wird durch den Ring am kleinen Finger
der linken Hand befestigt, die Wurfkugel mit der Rechten im
Kreise vertikal geschwungen und mit fast unfehlbarer Sicherheit
oft 100 Fuss hoch und darüber zum Fange geschleudert.
Sterna media Horst.
4. Von den Eingeborenen „Manuje“ genannt. Fliegt einzeln,
aber sehr selten, hier zu. Augen schwarzblau, Schnabel gelblich
braun, Füsse braun. Länge 49 cm, Spannweite 95 cm, Fl./Schw.
—-5 cm, Gewicht !/, Pfd. (engl.), Geschlecht unbestimmt.
+Sula piscator (L.)
5. Von engl. Seeleuten „Booby“, von deutschen „Döskopp“
genannt. Fliegt ab und zu einzeln hier zu und lässt sich leicht
mit der Hand gefangen nehmen.
Augen hellbraun, Schnabel fleischfarbig, Füsse grau. Länge
66 cm, Spannweite 1,45 m, Fl./Schw. 44 cm. Gewicht 1 Pfd. 9
Unzen (engl.), Geschlecht anscheinend männlich.
+@ygis microrhyncha Saund.
6. Jung. In Gefangenschaft aufgebracht. Augen schwarz,
Schnabel und Füsse dunkelblau. Länge 34 cm, Spannweite 63
em, Fl./Schw. +4 cm. Geschlecht unbestimmt.
"Anous stolidus (L.)
7. Augen und Schnabel schwarz, Füsse dunkelbraun. Länge
41 cm, Spannweite 66!/, cm, Fl./Schw. 0, Gewicht 6 engl. Unzen,
&eschlecht weiblich.
256 Bericht über die Januarsitzung.
-Anous leucocapillus J. Gd.
8. Augen und Schnabel schwarz, Füsse gelblich braun, Länge
36 cm, Spannweite 661/, cm, Gewicht 31/, Unzen (engl.), Geschlecht
unbestimmt. |
Die Tölpel brüten hier (namentlich No. 7 und 8) in grösserer
Anzahl (kolonienweise).
} Arenaria interpres (L.)
9a. Von Eingeborenen „Tigitiba“ genannt. Augen dunkel-
braun, Schnabel dunkelgrau, Füsse gelblich. Länge 24 cm,
Spannweite 48 cm, Fl./Schw. —1/, em, Gewicht !/, Pfd. (engl.),
Geschlecht weiblich. — 9b. Länge 22 cm, Spannweite 40 cm,
Fl./Schw. —+1!/, em, Gewicht !/, Pfd. (engl.),Geschlecht unbestimmt.
+-Totanus incanus (Gm.)
9e. Bezeichnung der Eingeb. „Kirir“. Augen schwarz, Schnabel
dunkelgrau, Füsse oliven, Länge 28cm, Spannweite 51 cm, Fl./Schw.
—-1 cm, Gewicht 1/, Pfd. (engl.), Geschlecht unbestimmt.
—-Oharadrius fulvus Gm.
9d. Bezeichnung der Eingeb. „Wui“. Augen braun, Schnabel
dunkelgrau, Füsse grau, Länge 30 cm, Spannweite 54 cm, Fl./Schw.
—-11/, em, Gewicht !/, Pfd. (engl.), Geschlecht weiblich.
Numenius veriegatus (Scop.)
9e. Bezeichnung der Eingeb. „Kiwoi“ (Kiwoi, d. i. „Komm mit“,
ist der Ruf dieses Vogels, vor dem die Eingeborenen eine aber-
gläubische Scheu haben, da er die Seelen der Leute mit diesem
Rufe abrufen soll). Augen braun, Schnabel dunkelgrau, unten
an der Wurzel fleischfarbig, Füsse schiefergrau, Länge 45 cm,
Spannweite 80 cm, Fl./Schw. 0, Gewicht !/, Pfd. (engl.), Geschlecht
männlich.
(Es giebt noch eine, der No. 9e. ähnliche Strandschnepfe
mit geradem Schnabel, der ich nicht habhaft werden konnte).
Die Schnepfen kommen und gehen. Gewöhnlich halten sie
sich einige Wochen hier auf. Niemand will sie hier brüten ge-
sehen haben.
7-Puffinus obscurus (Gm.)
10. Von englischen Seeleuten „Muttonbird‘ genannt. Nistet
in tiefen Felsenlöchern und Spalten. Augen schwarz, Schnabel
Bericht über die Märzsitzung. 257
' dunkelgrau, Füsse aussen dunkelgrau, innen fleischfarbig. Länge
32 cm, Spannweite 60 cm, Fl./Schw. +1 cm, Gewicht 61/, Unzen
_(engl.), Geschlecht unbestimmt.
Tatare rehsii Finsch.
11. Augen schwarz, Schnabel dunkelgrau, unten fleischfarbig,
Füsse schiefergrau. Länge 16 cm, Spannweite 22 cm, Fl./Schw.
4 cm, Gewicht ?/,;, Unze (engl.), Geschlecht unbestimmt. —
Nisten hier und sollen in den benachbarten Inselgruppen nicht
vorkommen. Erinnert in seinem Gesange an den Kanarien-
vogel. Lässt seine schönen Weisen gern in der Nacht —
namentlich gegen den Morgen hin ertönen. Gilt auch als
Insektenvertilger. Matschie.
Bericht über die Märzsitzung.
Verhandelt Berlin, Montag, den 3. März 1902 im Biblio-
thekzimmer des Architekten-Vereinshauses, Wilhelmstr. 92 II.
Anwesend die Herren Schalow, Reichenow, Grunack,
von Treskow, Heinroth, Paeske, Haase, Matschie, Heck,
Neumann, von Lucanus, Deditius, Jacobi, Gottschlag.
Als Gäste die Herren Kothe, Wagner (Berlin) und Amts-
richter Spener (Woldenburg).
Vorsitzender: Herr Schalow. Schriftf.: Herr Matschie.
Nachdem der Bericht über die Januarsitzung verlesen und
angenommen war, (an Stelle der Februarsitzung war ein Vortrag
des Herrn Dr. Heinroth über seine Reise nach den Bismarck-
inseln getreten), teilte der Vorsitzende mit, dass ein früher
sehr thätiges Mitglied, Herr Baumeister Sachse (Altenkirchen),
gestorben ist.
Herr Reichenow gab alsdann eine kurze Übersicht über
die in den letzten Wochen erschienenen ornithologischen Schriften.
Auch die Herren Schalow und Matschie legten einige Arbeiten
vor und besprachen sie.
Herr von Lucanus hielt einen Vortrag über Schutzfärbung,
der ausführlich mitgeteilt werden wird.
An der Besprechung dieser bedeutsamen Ausführungen be-
teiligen sich die Herren Schalow, Reichenow, Heinroth und
Neumann.
Herr Reichenow legte einige neue Arten vor:
258 Bericht über die Märzsitzung.
Campephaga ignea. Sehr ähnlich der ©. phoenicea, aber
das Rot der kleinen und mitteleren Flügeldecken viel heller,
feuerrot. Fl. 94—100 mm. Das Weibchen gleicht dem von (C..
phoenicea. Njangabo (Emin). — Pomatorhynchus australis;
congener. Dem P. australis ussheri sehr ähnlich, aber die»
Körperseiten und Unterschwanzdecken fahlgraubräunlich verwa--
schen. Niassagebiet. Diesem sehr ähnlich ist der Pomatorhynchus
von Unterguinea, Kamerun bis Loango, der nicht der P. australis;
ussheri ist. Die Oberseite ist etwas dunkler als bei P. a. congener
und zieht mehr ins Rotbräunliche. Der Vortragende unterscheidet ;
diese Form vorläufig als P. a. frater. — Lanius humeralis congi-
cus. Von L. humeralis durch die Färbung der äussersten Schwanz-
federn unterschieden, bei denen in der Regel nur die Spitze in
10—20 mm Breite und die Aussenfahne oder deren Saum weiss
sind, während die Innenfahne zum grössten Teil schwarz ist.
Angola bis zum Seengebiet. — Der von Böhm als Lanius schalowi
beschriebene Würger aus Afrika ist von L. excubitorius aus dem
Nordosten durch graue, nicht weisse, Oberschwanzdecken und
längere Flügel ‚unterschieden. Leider kann der Name nicht be-
stehen bleiben, weil L. schalowi bereits Synonym von L. cepha-
lomelas Bp. ist. Herr Reichenow schlägt dafür den Namen
L. böhmi vor.
Von Herrn Freiherrn v. Erlanger liegt die Beschreibung
eines neuen Spechtes vor. Dendropicus hemprichi albicans. Dem .
D. hemprichi sehr ähnlich, aber kleiner und oberseits viel weisser;
die weissen Querbinden sind viel breiter. Fl. 76—80 mm. Djuba.
Herr Heinroth teilt mit, dass er beim $ des Centropus
ateralbus stets nur einen und zwar den rechten Hoden entwickelt
gefunden habe.
Herr Schalow sprach zum Schlusse über die Sonderung
des Nordpolargebietes als selbstständige zoologische Region.
Die Besprechung dieses Vortrages wurde wegen vorge-
rückter Zeit auf die nächste Sitzung verschoben. Matschie.
Dem Herausgeber zugesandte Schriften.
American Ornithology fore the home and school. publ. by Ch. K.
Reed. Worcester, Mass. Vol. II. No. 1 Jan. 1902.
The Annals of Scottish Natural History. A Quarterly Magazine.
Edinburgh. No. 41. 1902.
Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 259
| Aquila. Zeitschrift für Ornithologie. Heft 3—4 1901.
The Auk. A Quarterly Journal of Ornithology. Vol. XVII.
Nos1. 1902.
Bulletin de la Societe Philomathique de Paris, 19. ser. Tome
II. No. III et IV. 1900-1901. Paris 1901.
Bulletin of the British Ornithologists’ Club. No. LXXXIV—
LXXXVI Dec. 1901—Febr. 1902.
The Ibis. A Quarterly Journal of Ornithology. (8.) Il. 1902.
Heft 1.
Ornithologisches Jahrbuch. Organ für das palaearktische Faunen-
gebiet. Herausgegeben von Victor Ritter von Tschusi zu
Schmidhoffen. XlII. Jahrg. 1902. Heft 1u.2.
Ornithologische Monatsschrift des deutschen Vereins zum Schutze
der Vogelweit XXVI. No. 1—4. 1902.
Der Ornithologische Beobachter. Wochenschrift für Vogellieb-
haber und Vogelschutz. Herausgegeben von C. Daut. Bern.
Jahre 1. Heft 4 u. 5.
Records of the Australian Museum. Vol. IV. No. 5. Sydney 1902.
Yearbook of the United States Department of Agriculture 1900.
Washington 1901.
O. Bangs, On a collection of birds from the Liukiu Islands.
(Abdruck aus: Bull. Mus. Comp. Zool. Harvard College
XXXVI No. 8).
A. Bonomi, Il quinto Congresso Zoologico internazionale di
Berlino e l’escursione dei congressisti sul mar del nord.
(Abdruck aus: Atti Acc. Sc. Lett. Arti d. Agiati in Rovereto
Ser. III. Vol. VII. Fasc. IIT-IV. Anno 1901).
A. Boucard, Les oiseaux utiles et nuisibles.. (Abdruck aus:
Ornis XI. 1901).
R. Burckhardt, Das Problem des antarktischen Schöpfungs-
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S. A. Buturlin, Synoptische Tabelle der Jagdvögel des Russischen
Reichs. St. Petersburg 1901. (In russischer Sprache).
S. A. Buturlin, Die Wild-Gänse des Russischen Reiches mit
Beschreibung neuer Formen. Tula. (In russischer Sprache).
St. Chernel von Chernelhäza, Über Nisten der Wachholder-
drosselin Ungarn. Vögel mit difformen Schnäbeln. (Abdruck
aus: Aquila VIII. 1901).
St. Chernel v. Chernelhäza, Vom Schutze der Thiere, ins-
besondere vom Schutze der nützlichen Vögel. Herausgegeben
vom Landes-Thierschutzverein). ' Köszeg.
260 Dem Herausgeber zugesandte Schriften.
L.
K.
F.
Döderlein, Über die Beziehungen nahe verwandter „Tier-
formen‘‘ zu einander. (Abdruck aus: Zeitschr. f. Morph. u.
Anthrop. Bd. IV. Heft II. S. 394—442).
Eckstein, Aus dem Vogelleben. (Abdruck aus: Deutsche
Jägerzeitung. Bd. 38. No. VI). |
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. Finsch, Über eine neue Art Haarvogel aus Central-Borneo.
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. Finsch, Zur Catalogisirung der Ornithologischen Abtheilung.
VIII. Certhiidae. (Abdruck aus: Notes Leyden Mus. XXI.
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Een =
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April 1899).
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(Abdruck aus: Boll. Mus. Zool. Anat. Torino XVI. No 414.
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H. Schalow, Über geographische Verbreitung der afrikanischen
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B.Shitkow und S. Buturlin, In Nord-Russland. Anthropologie,
| Ethnographie etc. des Gouv. Archangel, der Insel Kolgujew
| u. Nowajasemlja. Moskau 1901. [In russischer Sprache].
P. L. Sclater, On two recently discovered Additions to the genus
Calliste. (Abdruck aus: The Ibis October 1901).
G. E. Shelley, On a Collection of Birds from Nyasaland.
(Abdruck aus: The Ibis October 1901).
P.M. Silloway, Summer Birds of Flathead Lake. [Bull. Univ.
Montana. Bull. No. 3 Biol. Ser. No. 1. Montana 1901.]
L. Stejneger, The generie name Coccystes untenable. (Abdruck
aus: Biol. Soc. Washington XV. March 1902. 8. 37).
J. Thienemann, Über das Aufwachsen und den Federwechsel
der Märzente (Anas boscas). (Abdruck aus: Deutsche Jäger-
zeitung Bd. 38 No. 16 u. 17).
V. v. Tschusi-Schmidhoffen, Der schlankschnäblige Tannen-
heher in Österreich im Herbste 1900. (Abdruck aus: Schwalbe
Neue Folge II. 1901).
V. v. Tschusi-Schmidhoffen, Ornithologische Notizen. Otis
tetrax im Marchfelde brütend. Aberration von Corvus corone.
(Abdruck aus: Orn. Jahrb. XIII. Heft 1 u. 2. 1902).
V. v. Tschusi-Schmidhoffen, Über paläarktische Formen.
(Abdruck aus: Orn. Jahrb. XII. Heft 1 u. 2. 1902).
H. F. Witherby, Bird Hunting on the White Nile. A Natura-
lists Experiences in the Soudan. London 1902.
Im Verlage von J. Neumann in Neudamm ist erschienen und|
durch alle Buchhandlungen zu beziehen:
Qie Kennzeichen
Vögel Qeutschlands.
Schlüssel zum Bestimmen,
deutsche und wissenschaftliche Benennungen, geographische
Verbreitung, Brut- und Zugzeiten der deutschen Vögel
von
Prof. Dr. Ant. Reichenow.
Mit’ erläuternden Abbildungen.
Preis geheftet 3 Mark, geschmackvoll gebunden 4 Mark.
Das Buch ist in erster Linie für weitere, nicht fachmännische ı
Kreise bestimmt. In gemeinverständlicher Darstellung und unter Beigabe ı
erläuternder Abbildungen enthält es Anleitungen zum Bestimmen der
Familien und Arten, führt den allgemein gebräuchlichen deutschen Namen.
jeder Art und daneben den wissenschaftlichen, ferner auch die wichtigeren, ,
örtlich gebräuchlichen Bezeichnungen auf, lehrt die allgemeine Verbreitung
der einzelnen Arten und deren besonderes Vorkommen in Deutschland
kennen und giebt die Brut- und Zugzeiten an. Da das Buch aber auf’
streng wissenschaftlicher Grundlage gearbeitet ist, auch die erst in neuerer
Zeit von den Ornithologen unterschiedenen Abarten berücksichtigt, in der
Wahl der wissenschaftlichen Namen genau den herrschenden Regeln für
die Benennung der Tiere folgt und somit zum ersten Male eine den
wissenschaftlichen Anforderungen der Gegenwart entsprechende Übersicht
der deutschen Vögel liefert, so wird es auch für den Ornithologen von
Fach ein nützliches Handbuch sein.
Druck von Otto Dornblüth in Bernburg,
JOURNAL
ORNITHOLOGIE.
Fünfzigster Jahrgang.
No. 3. Juli 1902.
Der Vogelzug in Mecklenburg.
Von C. Wüstnei.
(Schluss.)
Specielle Zugverhältnisse: Nach den dargelegten Er-
wägungen (vergl. vorher S. 238 u. 253) sollen nachfolgende auf
Mecklenburg bezügliche Beobachtungen und Zugdaten für die
hiesigen Zug- und Wandervögel geliefert werden, derartige
Zusammenstellungen haben immerhin einiges Interesse beim Ver-
gleiche mit anderen Ländern und Provinzen.
1. Raubvögel. Milvus regalis: kehrt zurück im März,
zuerst beobachtet am 5. III; 11. III; am 17. III; überall auf den
Feldern einzeln. Verlässt uns im October nach Zander in grossen
Scharen, von mir sind jedoch solche Scharen nicht beobachtet.
Milvus ater: Ähnlich wie beim vorigen, zuerst gesehen am 6. III,
am 12. III. mehrfach auf dem Zuge. Cerchneis tinnunculus:
März bis October. Einzelne, sowohl $ wie @, wurden auch in den
Monaten December, Januar und Februar beobachtet und erlegt.
Erythropus vespertinus: Am 23. IX. 1901 3 juv. bei Sternberg
erlegt. Hypotriorchis aesalon: Vom September bis April in allen
Monaten erlegt und beobachtet, die meisten im September, alte
Vögel jedoch selten. Falco subbuteo: April bis October, noch
am 20. X. ein Ex. erlegt. Falco peregrinus das ganze Jahr
hindurch, am 10. III. 1900 war das Paar im Buchholze bei
Schwerin beim Horst eingetroffen. Pandion haliaetos April bis
October, erlegt z. B. schon am 11. IV. 1900 und noch 30. X. 1901.
Aquila naevia: April bis October. A. clanga @ am 26. V. 1898,
d am 28. 8. 1898 im südöstlichen Mecklenburg erlegt. A. fulva
Journ, f, Orn. L. Jahrg. Juli 1902, 18
266 C. Wüstnei:
früher Brutvogel, in letzter Zeit einzelne Gäste, wahrscheinlich ı
aus dem Norden, Erlegungsdaten sind 10. XI. 1899 (fulva) 15.1..
1879 (chrysaetos) 30. I. 1856 (chrysaetos). Haliaetos albieilla::
Nicht seltener Wintergast aus dem Norden vom October bis;
März. Einzelne Brutpaare. Pernis apivorus April bis September, ,
am 30. VIII 1901 etwa 10 Bussarde nach Südwesten ziehend,,
dürften des frühen Termins wegen Wespenbussarde gewesen sein.,
Archibuteo lagopus October bis April, zuerst am 9. X. auf Poel.
beobachtet, einmal bei Malchin als Brutvogel festgestellt. Buteo
vulgaris: Zugvogel, doch in allen Wintermonaten häufig anzu-
treffen, die Form B. albidus im Sommer und Winter nicht selten.
Am 14. II. in Menge auf dem Zuge beobachtet, am 17. IL.
überall auf den Feldern, am 2. IV. 1901 25 Stück von Lübke
bei Schwerin von Nordosten nach Südwesten ziehend beobachtet.
Circus aeruginosus: März bis October. CO. cyanmeus: März
bis November, einzelne ebenfalls in den Wintermonaten darunter
auch alte d. C. pallidus: In einzelnen Jahren recht häufig aus
dem Osten kommend, aber fast nur Vögel im Jugendkleid, alte
Vögel sind Ausnahmen, der Zug beginnt im August. Zander erhielt
sie 1841. Im August 1858 wurden sie mehrfach erlegt, einzelne
auch 1859. 1862 wiederum mehrfach im September und October
erlegt, darunter einige alte Vögel. Anfang der neunziger Jahre
wurde ein altes $ bei Bützow erlegt. 1897 war sie im östlichen
Deutschland häufig, in Mecklenburg jedoch nicht bemerkt, dagegen
1901 sehr zahlreich, es wurden eine ganze Anzahl zum Ausstopfen
aus allen Teilen Mecklenburgs eingeliefert, davon 23 Ex. in der
2. Hälfte des August, je 2 im September und October und
1 Ex. nach Ende November an der Grenze im Lauenburgischen,
alles Vögel im Jugendkleide. Nyctea nivea, Surnia nisoria und
Nyctale tengmalmi kommen höchst einzeln oder ausnahmsweise
in den Wintermonaten zu uns. Brachyotus palustris: Einzelne
Paare brüten, als Durchzugsvogel nicht selten, zuweilen in
grösseren Trupps. Herbstzug im September und October, Früh-
jahrszug im März und April, auch in den Wintermonaten
mehrfach erlegt, z. B. am 20. I. 1900. Im September 1901
während des Zuges der Steppenweihe war auch diese Eule häufig.
2) Spaltschnäbler. Caprimulgus europaeus Ende April
bis September. Oypselus apus Ankunft in den ersten Tagen des
Mai, Abzug im August. Hirundo rustica: Mitte April bis Mitte
October. A. urbica: Ende April bis Ende September. A. rivaria:
Der Vogelzug in Mecklenburg. 267
‚Ende April bis Ende September. Anfang September 1901 bedeckten
alle drei Arten den langen Werder bei Poel in ungeheuren
‚Scharen.
3) Sitzfüssler: Cuculus canorus: Kommt in der ersten
Woche des Mai, zuweilen schon in den letzten Tagen des April.
Zieht im August und September. Merops apiaster: April 1898
wurde ein Ex. bei Malchin erlegt. Coracias garrula: Ende April
bis August, ein Ex. auf dem Zuge wurde am 15. VIII. 1900
erlegt.
4) Krähenartige Vögel. Oriolus galbula: Anfang Mai
bis August. Sturnus vulgaris: Ende Februar bis October. Pastor
roseus: 1836 und 1875 einzelne in Mecklenburg beobachtet. Corvus
cornixz: In Mecklenburg überwiegt die Nebelkrähe schon als Brut-
vogel. Wie an der preussischen und pommerschen Küste, findet
auch an unserer Küste während des Monats October ein Krähen-
zug von Osten nach Westen statt, im Anfang des Monats in
kleinen Vereinen von 6 bis 10 Stück, in der Mitte des Monats
vom 11. bis 15. October dagegen grössere Gesellschaften bis über
100 Stück, die sich später wieder abschwächen. Von diesen
Gesellschaften wurden an einzelnen Tagen 2 bis 3 Züge von
einem Beobachter bemerkt. Die Anzahl der hier durchziehenden
Krähen steht also in keinem Verhältnisse zu den Unmassen,
welche über Helgoland dahinziehen. Corvus frugilegus: Die
Saatkrähe überwintert oft in grosser Anzahl. Garrulus glando-
rius: Im Winter öfter in grösseren Gesellschaften beobachtet,
wohl nordische Gäste. Nucifraga caryocatactes: In neuerer Zeit
sind Tannenhäherzüge beobachtet in den Jahren 1885, 1887,
1888, 1893, 1899 und 1900, in letzteren Jahren besonders massen-
haft. Soweit die Beobachtungen reichen, bestanden diese Züge
alle aus Schlankschnäbeln. Im Herbst 1900 begann der Zug
Mitte August, war am stärksten im October und November,
und einzelne gab es noch im December und Januar. Im darauf-
folgenden Frühjahr gab es nur wenige, es soll aber das Brüten
eines Paares bei Neustrelitz beobachtet sein, auch wurde ein Ex.
bei Rostock erlegt.
5) Klettervögel. Die Spechte sind hier Strichvögel.
Iynz torquilla: zweite Hälfte des April bis Ende August. Upupa
epops: Wie der vorige, zuerst beobachtet am 15. IV.
6) Fänger. Lanius excubitor: Als Brutvogel selten, im
Herbst und Winter jedoch nicht selten, darunter auch die Form
18*
268 C. Wüstnei:
major, letztere z. B. am 17. X. und 20. XI. 1900 erlegt. Lanius
minor und collurio: Mai bis September. Lanius rufus: Früher
Brutvogel, ist in den letzten Jahren in Mecklenburg nicht mehr
beobachtet. Muscicapa grisola: Mai bis August und September.
Muscicapa luctuosa: kommt Ende April und Anfang Mai, bleibt
bis August und September. In den ersten Tagen des Mai sieht
man ihn hier am häufigsten, dürften nordische Durchzügler sein,
so auch am I. V. 1901 in grosser Anzahl in den Gärten auf Poel,
die in den nächsten Tagen verschwunden waren. Muscicapa
albicollis: Präparandenlehrer Schröder will ihn einmal im Früh-
jahr 1901 bei Neukloster beobachtet haben, sonst noch nicht in
Mecklenburg beobachtet. Bombycilla garrula: November bis März,
auch in den Wintermonaten, doch nicht alle Jahre. _Accentor
modularis: März bis October, einzelne überwintern. Oinclus
aquaticus: Nur vereinzelt in den Wintermonaten und dann aus-
schliesslich die Form melanogaster. Die Meisen und Goldhähnchen
sind Strichvögel, da aber Parus caudatus und Begulus cristatus
im Herbst und Winter gar zuviel häufiger sind als im Sommer,
so müssen viele nordische und nordöstliche Vögel hier durch-
ziehen. Letzteres im October verschiedener Jahre beim Bastorfer
Leuchtturm öfter angeflogen.
7) Sänger. Phyllopneuste rufa: Anfang April bis Mitte
October. Phyliopneuste trochilus: Mitte April bis September, am
12. September beim Bastorfer Leuchtturm angeflogen. Phyllo-
pneuste sibilatrix: Mai bis September. Pyllopneuste superciliosa:
Am 7. IX. 1885 einmal beim Bastorfer Leuchtturm angeflogen.
Hypolais salicaria: Anfang Mai bis Ende August. Acrocephalus
Zurdoides: Aufang Mai bis August. Acrocephalus arundınacea
und palustris: wie der vorige. Calamoherpe phragmitis: Anfang
Mai bis September. Calamoherpe aquatica: Wie der vorige.
Locustella naevia: Anfang Mai bis Anfang September. Sylvia
atricapila: Ende April bis Ende September oder Anfang
October. Sylvia hortensis: Anfang Mai bis Ende September.
Sylvia cinerea: Ende April bis Anfang September. Sylvia curruca:
Mitte April bis Anfang September. Sylvia nisoria: Anfang Mai
bis Ende August. Merula vulgaris: März bis October, viele
bleiben im Winter hier. Merula torguata: Auf dem Herbstzuge
fast alljährlich in geringer Anzahl von September bis Anfang
November. In den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts
wurden in den Lewitzwaldungen an einem Morgen fast 200 Stück
Der Vogelzug in Mecklenburg. 269
in Dohnen gefangen (v. Preen). Auf dem Frühjahrszuge wird
sie nur selten bemerkt, nach Zander im März, nach Clodius im
April und einmal noch am 25. V. 1892 bei Parchim beobachtet.
Turdus musicus: März oder Anfang April bis Ende October. Der
Krammetsvogelfang liefert sie im October in grösster Menge.
Turdus iliacus: Frühjahrszug Ende März bis Ende April. Herbst-
zug October bis Anfang November. Sie zieht in grossen Scharen
und fängt sich etwas später als die Singdrossel. Turdus visci-
vorus: Nach Zander bleibt sie im Winter mitunter hier. Turdus
pilaris: Im October kommt sie in grossen Scharen aus dem
Norden, kleinere Gesellschaften bleiben im Winter hier und im
April bis Mitte Mai erfolgt der Durchzug nach Norden. Stellen-
weise auch Brutvogel in Mecklenburg. Turdus atrigularis: Nach
Zander bei Wismar und Penzlin gefangen, 1857 von Struck in
Ludwigslust gesehen. Ein Ex. befindet sich im Warenschen
Museum. Turdus sibirieus: Einmal im Herbst 1884 im Jvendorfer
Revier bei Doberan gefangen. Das Ex., welches Clodius besitzt,
trägt das Jugendkleid. Luscinia minor: Ankunft 20. bis 26.
April, Abzug August und September. Luscinia philomela: Wie
die vorige. Cyanecula leucocyanea und suecica: Im Süden an der
Elbe und Elde ist das weisssternige und im Norden an der
Warnow das braunsternige Blaukehlchen Brutvogel. April bis
September. Dandalus rubecula: Mitte März bis October und
November, einzelne überwintern. Ruticilla tithys: Anfang April
bis October, von Clodius einmal am 4. I. ein überwinterndes g
angetroffen. Zuticilla phoenicura: Mitte April bis September.
Sazicola oenanthe: Mitte April bis Ende September. Pratincola
rubetra: Anfang Mai bis August und September. Pratincola
rubicola: ein $ Anfang März 1891 bei Sternberg erlegt, jeden-
falls auf dem Zuge befindlich. Einmal im Juli 1863 ein Brut-
pärchen bei Kösterbeck in der Nähe von Rostock erlegt. Mota-
cilla alba: Anfang März bis October, einzelne überwintern aus-
nahmsweise. Budytes flavus: Ende April bis Sept. die Form
borealis am 20. V. 93 von Olodius beobachtet. Anthus arboreus:
April bis Sept. Anthus pratensis: März April bis Sept. November,
auf dem Zuge in Flügen von 10 bis 50 Stück. Anthus rupestris:
Auf dem Zuge einige Male meist an der Küste beobachtet und
erlegt, so am 20. I. 69 3 Stück auf Poel, dort auch noch mehr-
fach beobachtet, ferner im Sept. und December 1886 bei Warne-
münde, ferner am 4. XI. 56 am Sternberger See und sogar im
270 C. Wüstnei:
Sommer 87 ein Pärchen am steilen Ufer bei Warnemünde, welches
dort gebrütet haben mag. Agrodroma campestris: Ende April bis
August. Alauda arvensis: Ende Februarund Anfang März bis October-
November. Schon am 9. X. 1900 bemerkte ich grössere Gesellschaften
in losem Verbande langsam nach Südwesten ziehend. Im Frühjahr
an der Küste auch aus Nordosten kommend. Laullula arborea: Ende
Februar bis October. Galerida ceristata: Auch im Winter auf den
Landstrassen. Phileremos alpestris: Im December und Januar einige
Male bei Rostock und auch von mir bei Schwerin 2 Ex. beobachtet.
8. Dickschnäbler. Mikaria europaea: Bleibt teilweise
im Winter hier. Emberiza hortulana: Mai bis Ende August.
Schoenicola schoeniclus: März bis October. Plectrophanes nivalıs:
In strengen Wintern von November bis Anfang März in einzelnen
Jahren zahlreich, so z. B. 1891/92 und 1894/95. Plectrophanes
lapponicus: 2 Ex. stehen im Waren’schen Museum, in früherer
Zeit bei Tessin erlegt. Fring:lla coelebs: Die meisten ziehen fort,
viele Männchen bleiben hier, doch auch einige Weibchen. Die
Hauptmasse kehrt im März und Anfang April zurück, die Weibchen
gewöhnlich 14 Tage später als die Männchen. Fringilla monti-
fringilla: Von October bis März und April oft in grossen Scharen
hier, kommt auch in die Dörfer und Stadtgärten. Cannabina
flavirostris: In manchen Jahren vom October bis Mitte April in
Menge auf Feldern. Linaria alnorum: Von Ende October bis
März oft in Menge. Chrysomitris spinus: Vom October bis zum -:
März dort, wo es Erlensamen giebt, in grossen Scharen und Gesell-
schaften, es sind wohl nordische Vögel, da der Zeisig als Brut-
vogel in Mecklenburg nur ganz ausnahmsweise vorkommt. sSerinus
hortulanus: Nur erst einmal in Meckl. von Clodius beobachtet
und zwar am 24. V. 1890. Coccothraustes vulgaris: Vom März
bis November, doch bleiben auch manche hier. Pyrrhula vulgaris:
Vom November bis Ende April trifft man hier die nordische Form
mujor, von Ende März ab bis in den Sommer auch die südliche
Form europaea, die wenigen hiesigen Brutvögel scheinen nach
Clodius zu europaea zu gehören. Corythus enucleator: Wird nur
in einzelnen Jahren bemerkt, so 1832 in Unmenge, ferner im
October bis December 1890 im nordöstlichen Mecklenburg.
Loxia curvirostra: In letzter Zeit waren 1885, 1888 und 1894
Haupteinwanderungsjahre, 1892 und 1897 weniger zahlreich, die
Scharen kommen gewöhnlich Anfang Juli und treiben sich dann
den Winter hindurch in den Fichtenrevieren umher, woselbst auch
Der Vogelzug in Mecklenburg. 271
, einige Paare brüten mögen. Loxia pityopsitiacus: Seltener als
_ der vorige, nach Zander mitunter in der Wooster Heide sehr häufig.
| 9. Tauben. Columba palumbus: Ende Februar, März bis
October, November. Columba oenas: Ende Februar und März bis
_ September, October. Oolumba turtur: April bis September.
10. Scharrvögel. Tetrao bonasia: Nicht heimisch, jedoch
1856 bei Dobbertin und am 20. X. 1875 bei Güstrow erlegt.
Coturnix dactylisonans: Mai bis Ende September, so z. B. am
23. IX. 1900 ein Stück in der Stadt Schwerin angeflogen.
Syrrhaptes paradoxus: Im Jahre 1863 als eine grössere Einwan-
derung in Europa stattfand, in Mecklenburg nur ein Stück auf
Poel erlegt, 1888 dagegen recht häufig.
11. Stelzvögel. Otis terax: Irrgast aus dem Süden oder
Südosten, etwa ein halbes Dutzend Mal in Mecklenburg erlegt,
davon eins aus einer Gesellschaft von 4 Stück am 18. XII 77,
ein Stück am 3. X. 97 und ein Stück Anfang Februar 1898,
soweit ermittelt werden kann, lauter Weibchen. Otis macqueeni:
1 Ex. 1847. Cursorius europaeus: ein Ex. am 10. X. 1892.
Oedicnemus crepitans April bis October, Mitte April und Ende
‚Sept. noch erlegt. Charadrius squatarola: Auf dem Herbstzuge,
August bis October, häufig an der Küste, auf dem Frühjahrszuge
im April selten, im Binnenlande nur ausnahmsweise. Churadrius
plwvialis: August bis November zahlreich in Scharen auf Brach-
äckern, auf dem Frühjahrszuge im April seltener, nach Zander
dann vielleicht zahlreicher an der Küste. Ich sah sie auch an
den Ufern der Landseen, wo sie nach Art der kleinen Regenpfeifer
in das Wasser hineintrippelten. Eudromias morinellus: In einzelnen
Jahren ist er höchst selten auf dem Herbstzuge bemerkt, ich er-
hielt ihn im October 1899 vom langen Werder bei Poel. Aegia-
Iites hiaticula: April bis Anfang October an der Seeküste, auf
dem Frühjahrszuge im April ist er auch am Schweriner See er-
legt. Aegialites minor: April bis Ende September. Vanellus
cristatus: Anfang und Mitte März bis Mitte October, im Herbst
streift er in Scharen umher. Sirepsilas interpres: Schon im August
eine kleine Gesellschaft an der Küste beobachtet. Aaematopus
ostralegus: März bis September, auf dem Zuge auch zuweilen an
den Landseen, namentlich am Müritzsee. Grus cinerea: Früh-
jahrszug 15. März bis 12. April, Herbstzug 6. bis 23. October,
einzelne Züge noch bis zum 30. October. Über die Richtung
des Kranichzuges siehe die Einleitung.
272 6. Wüstnei:
12. Reiherartige Vögel. Ciconia alba: Der Zug des
weissen Storches ist bereits ausführlicher in der Einleitung be-
sprochen. Ciconia nigra: Ankunft- und Abzugszeiten etwa wie
beim weissen Storche. Platalea leucorodia: Am 28. V. 1874 wurden
7 Stück auf Poel beobachtet und einer davon erlegt, ferner hat
sich ebendaselbst im Frühjahr 1877 u. 79 je ein solcher Vogel
gezeigt. Falcinellus igneus: Im August 1837 und 42 bei
Rostock und Warnemünde erlegt. Ardea cinerea: April bis
October, einzelne überwintern. Ardea egretta: Im Herbst 1853
1 Ex. bei Schwerin erlegt, auch soll er sich vor ca. 20 Jahren
auf Poel zwischen anderen Reihern gezeigt haben. Arden
ralloides: Im Frühjahr 1844 bei Doberan und am 5. VII. 1863
bei Schwerin erlegt. Nycticorax griseus: Mehrfach Verirrte
erlegt in den Monaten April bis September. Ardetta minuta:
Mai bis October. Botaurus stellaris: März bis November, einzelne
auch im Winter. ZBallus aquaticus: April bis October, auch in
den Wintermonaten mehrfach beobachtet. Crex pratensis: April
bis October. Gallinula porzana: Mai bis September. Gallinula
minuta: Einige Male im März und April erlegt. Gallinula chlo-
ropus: März bis October, auch in den Wintermonaten selbst bei
strenger Kälte öfter bemerkt. Fulica atra: Bei offenem Wasser
das ganze Jahr hindurch, sonst im März Zurückkunft.
13. Schnepfenvögel. Numenius arquatus: Frühjahrszug
im April, Herbstzug im August bis Ende September sowohl an
der Ostsee wie auch an den Landseen, an der Küste jedoch
weit häufiger. Die im Lande brütenden ziehen im August an
die Küste und vereinigen sich mit den nordischen. Numenius
phaeopus: August und September an der Küste, jedoch seltener
als der grosse, auf dem Frühjahrszuge im April seltner. Im
Binnenlande nur am Müritzsee öfter beobachtet. Limosa lappo-
nica: August bis October an der Küste häufig, im Frühjahr je-
doch nur ausnahmsweise. Limosa aegocephala: Auf dem Früh-
jahrszuge Ende April und Anfang Mai am Schweriner See
beobachtet und erlegt, sie ist zu dieser Zeit auf den Lewitzwiesen
jedoch schon beim Brutgeschäfte. Im October auf Poel beobachtet.
Scolopax rusticola: Frühjahrszug Mitte März bis Anfang April.
Herbstzug im October, einzelne überwintern. Gallinago scolopa-
cea: Kommt Ende März und Anfang April, geht im October.
Gallinago major: August bis October, einzelne Paare brüten.
Grallinago gallinula: Frühjahrszug im April, Herbstzug im October.
Der Vogelzug in Mecklenburg. 273
Totanus fuscus: Herbstzug im August und September einzeln
und in kleinen Gesellschaften, an der Küste regelmässig alle Jahre,
im Binnenland selten. Auf dem Frühjahrszuge z. B. am 9. V.
1900 erlegt, ferner noch am 26. Juni 1900 ein ausgefärbtes recht
dunkles Ex., hier eine grosse Seltenheit. Vielleicht war dieser
Vogel schon ein Herbstzügler. Totanus calidris: Ende März und
Anfang April bis September. Totanus glottis: Zieht meist einzeln im
August bis October an der Küste regelmässig, an den Landseen sehr
selten. Totanus ochropus: August und September sowohl am
Seestrande wie an Binnengewässern. Totanus glareola: Früh-
Jahrszug im April, Herbstzug im August-September, auch an der
Seeküste. Actitis hypoleucos: Zweite Hälfte des April und von
Ende Juli bis Anfang September, an den Ufern der Seen, Flüsse,
auch an den Küstengewässern. Machetes pugnax: Der Frühjahrs-
zug erfolgt in der letzten Hälfte des April und der ersten Hälfte
des Mai, an der Küste in grosser Zahl und zwar in Gesellschaften
von 15 bis 30 Stück. Alle diese Züge kommen, wie bereits in
der Einleitung erwähnt, aus Nordosten und gehen nach Südwesten
oder Westen weiter, verfolgen also eine der allgemeinen Früh-
jahrsrichtung entgegengesetzte Richtung. Der Herbstzug kommt
merkwürdiger Weise ebenfalls aus derselben nordöstlichen
Richtung, ist aber lange nicht so stark als der Fühjahrszug.
Tringa maritima: Kommt in den Wintermonaten hin und wieder
an steinigen Stellen der Ostseeküste vor, meist einzeln, doch auch
5 Stück zusammen beobachtet. Das früheste Datum ist der 2.
November und das späteste des Erlegens der 3. März. Tringa
cinerea: Auf dem Herbstzuge August bis October nicht selten an
der Küste, im Frühjahr seltener, doch noch Anfang Juni in kleinen
Gesellschaften bemerkt. Tringa alpina: Der häufigste Strandläufer
auf dem Zuge, auch brütend nicht selten an der Küste, früher
auch im Binnenlande. Die hiesigen Brutvögel gehören soweit
sicheres Material vorliegt, nach den Untersuchungen von Prof.
Reichenow zur Form Tr. schinzii, auf dem Zuge auch die echte
alpina zahlreich. Auf dem Herbstzuge von Anfang August bis
Ende October oft in grossen Scharen an der Küste. Schon in den
ersten Tagen des August beobachtete ich grosse Scharen, die alle aus
alten Vögeln im Sommerkleid bestanden, während die Jungen erst
im September ziehen. Der Zug folgt zum grössten Teil dem Verlauf
der Küste, an dem nahe gelegenen Schweriner See sind von mir
keine wandernden Alpenstrandläufer beobachtet, jedoch soll er an
274 C. Wüstnei:
dem im östlichen Mecklenburg belegenen grossen Müritzsee auf
dem Herbstzuge nicht selten sein, sodass ein Teil wohl von
Rügen oder dem Dars nach Südwesten zu wandern scheint.
Tringa subarquata: Kommt ebenfalls schon in der ersten Hälfte
des August an unsere Küste, dann im Alterskleide und zieht
bis Mitte October, im Sept. und Oct. im Jugendkleide. Auf dem
Frühjahrszuge selten. Tringa temminkiü: Einige Male erlegt,
doch selten, auch sind die Zugzeiten bisher nicht festgelegt
worden. Einmal auch ein Pärchen im Juli bei Warnemünde
erlegt. Tringa minuta: Nach Tr. alpina ist er der häufigste
Strandläufer auf dem Zuge von Ende August bis October, oft in
grösseren Gesellschaften. Einmal auch eine Schar am Schweriner
See beobachtet, am Müritzsee zeigt er sich öfter. Limicola pla-
tyrhyncha: Ist öfter beobachtet und erlegt, sowohl an der Küste
wie auch im Binnenlande, meist im August. Caldris arenaria:
Auf dem Herbstzuge regelmässig an der Küste, meist einzeln
im August und September. Himantopus rufipes: Früher auf
Poel und am Strande bei Doberan erlegt, dort einmal auch eine
Schar von 8 bis 10 Stück. Recurvirostra avocetta: Früher auf
Poel Brutvogel, ist er in der letzten Zeit nur bin und wieder
auf dem Frühjahrszuge daselbst beobachtet. Einmal von mir
auch im Juli bei Warnemünde beobachtet. Phalaropus hyper-
boreus: Einige Male in den Monaten August bis November auf
Poel und Umgebung erlegt, vom Präparator Knuth wurde am
21. IX. 1901 ein kleiner Schnepfenvogel auf dem Schweriner
See schwimmend angetroffen, welcher nur dieser Vogel sein
konnte. Phalaropus fulicarius: Nur einmal im October 1856
auf der Insel Lieps bei Wismar erlegt.
14. Entenartige Vögel. Bernicla torgquata: Vom October
bis Ende Mai an unserer Küste sehr häufig, meist in Scharen
oder grossen Gesellschaften. Kurz vor dem Wegzuge im Mai
versammeln sie sich auf offener See in sehr grossen Scharen.
Bernicla leucopsis: Nur sehr selten auf Poel, am 1. IV. 1899 dort
eine Schar von 17 Stück, später ist sie noch einmal auf dem
Frühjahrs- und Herbstzuge dort beobachtet. Früher auch einige
Male im Binnenlande bei Bützow und Goldberg erlegt worden.
Bernicla ruficollis: Einmal am 6. V. 1879 bei Poel erlegt. Anser
cinereus: Vom Ende Februar und Anfang Mai bis October. Im
August bis October versammelt sie sich in grossen Scharen an
der Ostseeküste und an den grösseren Landseen, bald nach Mitte
Der Vogelzug in Mecklenburg. 275
October verlassen uns diese Gänse und ziehen südwestlich ab.
Anser segetum: Sobald die Graugänse im October sich zur Abreise
rüsten, stellen sich die Saatgänse an der Küste ein, die im
- November und December nach Südwesten ziehen und wohl zum
Teil im Binnenlande auf Wiesen und Feldern überwintern, aber
_ sich auch den ganzen Winter in Scharen auf der Ostsee aufhalten.
Am 10. 11. und 12. November sind Hauptzugtage. Zumeist trifft
man hier die Form arvensis. Anser albifrons: Selten vom August
ab, namentlich in letzter Zeit kaum noch erlegt, früher nach den
Aussagen der Pöler weniger selten. Im Museum zu Waren
befindet sich ein sehr kleines Ex., wohl A. minutus. Cygnus olor:
Auf mehreren Seen Brutvogel, im Herbst und Winter an der
Küste nicht selten, meist Gäste aus dem Norden. Üygnus musi-
cus: Im Spätherbst und Winter an der Seeküste häufiger als der
vorige, oft in grossen Gesellschaften, wird auch im Binnenlande
dann nicht selten erlegt. Der Zwergschwan, ©. bewickii, auf Rügen
erlegt, dürfte auch an unserer Küste vorkommen. Tadorna
cornuta: Die alten Vögel verlassen die Brutplätze auf Poel gleich
nach der Brut, die Jungen erst später im October und November.
Im Februar treffen sie bereits wieder bei ihren Brutplätzen ein.
Casarca rutila: Im Juli 1898 wurden 2 Ex. aus einer Schar
von 9 Stück bei Neubrandenburg erlegt, sonst bisher noch nicht
bemerkt. Spatula clypeata: Im Herbst und Frühjahr an der
Seeküste nicht selten, doch nicht in grösseren Scharen, auch
auf der Elbe beim Zuge. Anas boschas: Eine nicht unbedeutende
Anzahl überwintert an offenen Stellen, die sich den ganzen Winter
meist paarweise zusammenhalten. Geht im Herbst auch scharen-
weise auf die Ostsee und überwintert auch dort. Anas acuia:
Als Brutyogel selten, kommt sie auf dem Zuge im Herbst und
Frühjahr an der Küste in Scharen vor, im Binnenlande wird
sie selten bemerkt. Anas strepera: Im westlichen Mecklenburg
ist sie auf dem Herbstzuge nur sehr vereinzelt erlegt. Anas
querquedula: Nur Sommervogel, über die Zugverhältnisse liegen
Beobachtungen nicht vor. Anas crecca: Im Herbst und Früh-
jahr in grösseren Gesellschaften an der Seeküste, in kleineren
Flügen auch auf Binnengewässern, meist im September und März.
Anas penelope: Ebenfalls an der Küste in Scharen, auf Landseen
in kleinen Gesellschaften, Ende September und October. Fuligula
rufina: Brutvogel aufdem Krakower See, ferner ist sie imWinter ein-
mal bei Grevismühlen und einmal bei Warnemünde erlegt worden,
276 C. Wüstnei:
Fuligula ferina: Diese auf vielen Landseen häufige Brutente, |
verlässt uns im October und kehrt meist erst Ende März zurück,
einmal beobachtete ich schon am 10. März 1900 eine Schar von
40 Stück auf dem hiesigen Burgsee, die aus lauter Männchen
bestand, überhaupt bin ich darüber nicht im Klaren, ob der
Zug dieser Ente nach dem Süden geht oder nur auf die Ostsee,
da dort den ganzen Winter hindurch Tafelenten sich aufhalten,
im Anfang März Tausende Fuligula maria: Von Ende October
bis Anfang April in grossen Scharen auf der Ostsee, auf den
Landseen jedoch selten. Fuligula cristata: Von Ende August
und September zuerst in kleineren Gesellschaften, später im No-
vember und den Wintermonaten zu vielen Tausenden auf Land-
seen, namentlich auf dem Schweriner See, auch auf der Ostsee.
Auf dem grossen Müritzsee merkwürdiger Weise nur selten auf
dem Zuge. Bleibt bis Ende April. Auf dem Krakower und
Schweriner See Brutvogel. COlangula glaucion: An der Seeküste
und den grösseren Landseen ebenfalls ein sehr häufiger Zug- und
Wintervogel, oft zu grösseren Scharen vereint, vom October bis
Anfang April. Sie ist in Mecklenburg-Strelitz Brutvogel. Harelda
glaeialis: Nur an der Seeküste in grossen Scharen vom October
bis zum Mai. Oedemia nigra: Im Herbst und Winter an der
Ostseeküste nicht selten, einige verweilen bis zum April, auch
sind einzelne Verirrte auf Landseen erlegt worden. Oedemia
fusca: Ebenfalls im Winter von Ende October ab an der Küste
nicht selten, einmal am 4. November 1900 auf dem Schweriner
See 3 Ex. beobachtet, die sich dort längere Zeit aufhielten.
Einzelne noch spät im Frühjahr, so erhielt ich noch am 23. \V.
1896 ein Ex. von Poel. Somateria mollissima: Auf der Ostsee
in einzelnen Wintern nicht selten, jedoch nur im Jugendkleid,
die meisten im December. Mergus merganser: Brutvogel, im
Winter und in den Zugzeiten an der Küste und auf Landseen in
kleineren Gesellschaften bis zu 100 Stück. Mergus serrator :
Wie der vorige. Mergus albellus: Vom December bis März an
der Küste und auf Landseen in kleinen Gesellschaften bis zu 30
Stück. Mergus analarius: Ein Männchen Ende Februar 1865 bei
Poel erlegt.
15. Tauchervögel. DUria troie: Früher zur Winterszeit
öfter bei Poel, in letzter Zeit dort nicht mehr beobachtet. Uria
hringvia: Ein Ex. am 19. Vl. 1884 bei Poel erlegt. Uria grylle:
December bis Ende März auf der Ostsee nicht selten, auch in
Der Vogelzug in Mecklenburg. 277
' den Sommermonaten einige Male bei Poel im Jugendkleid
gefangen. Alca torda: In den Wintermonaten an der Ostsee
nicht selten, einzelne sind auch ins Binnenland verirrt. Mormon
‚ fratercula: Vor Jahren einmal am Seestrande bei Doberan gefangen.
Colymbus glacialis: Ein Ex. in den fünfziger Jahren bei Rostock
erlegt, ein zweites bei starkem Nordostwinde am 1. V. 1859 am
Tarnewitzer Ort. Colymbus arcticus: In den Wintermonaten hin
und wieder an der Ostseeküste, auch schon am 24. X. erlegt.
Colymbus septentrionalis: Auf der Ostsee von Anfang November
bis Ende März nicht selten, verirrte Vögel auch im Binnenlande.
Podiceps cristatus: Von Ende März bis Mitte October, vereinzelt
bleibt er im Winter hier und wird auch noch öfter um Weih-
nachten auf der Ostsee gefangen. Podiceps rubricollis: Als Brut-
vogel vom April bis October selten, auf dem Herbst- und Früh-
jahrszuge und selbst in allen Wintermonaten wird er auf der
Ostsee nicht selten gefangen. Podiceps cornutus: Wird ebenso
wie der vorige auf dem Zuge und auch in den Wintermonaten
auf der Ostsee nicht selten gefangen. Vögel im Sommerkleid
sind nur erst zweimal in Mecklenburg erlegt. Podiceps nigricollis:
Als Brutvogel sehr selten, als Zugvogel auf Landseen und auf
der Ostsee, wird ebenfalls auch in den Wintermonaten gefangen.
Podiceps minor: Mitte März bis Ende October, einzelne über-
wintern. Carbo cormoranus, verlässt uns im Winter, doch sind
die Zugdaten noch nicht ermittelt. Sula bassana: Im vorigen
Jahrhundert sind einige Ex. nach starken Nordweststürmen meist
in den Herbst- und Wintermonaten hierher verschlagen und erlegt.
Thalassidroma pelagica: Wie der vorige, die meisten Vögel sind
in der Nähe der Ostsee erlegt und daher wohl von dieser aus
in unser Land gelangt.
16. Mövenartige Vögel. Die 4 Lesiris-Arten sind alle
vereinzelt an der Küste und im Binnenlande, meistens in den
Herbstmonaten, einzelne auch im Frühjahr vorgekommen. Larus
marinus: Im Herbst und Winter häufig, im Sommer einzeln auf
der Ostsee in allen Kleidern. Zarus fuscus: Wie die vorige,
doch seltener. Larus argentatus: Wie die Mantelmöve, im
Frühjahre 1901 zuerst von mir nistend für Mecklenburg nachge-
wiesen. Larus canus: An der Ostseeküste nistend, im Herbst
und Winter in zahlreichen Scharen auch im Binnenlande. Larus
glaucus: In früheren Jahren wurden einige Ex. in den Winter-
monaten an der Ostseeküste erlegt, und zwar im Jugendkleide.
278 C. Wüstnei:
Rissa tridactyla: Im Winter an der Küste und auf Landseen,
doch nicht häufig, Xema ridibundum: April bis October, doch
bleiben bei offenem Wasser während des Winters viele hier.
Xema minutum: Sehr selten auf dem Herbst- und Frühjahrszuge
beobachtet, ein Ex. am 20. XII. 1899 bei Poel erlegt. Siterna
caspia: Wurde bei Poel während des Frühjahrs zuerst Ende
April zweimal beobachtet und zwar in den Jahren 1899 und 1900.
Sterna cantiaca: Hat sich nur einmal nach Mecklenburg verirrt.
Sterna hirundo: Vom Ende April oder Anfang Mai bis Anfang
September. sSierna macrura: Wie die vorige. Sterna minuta:
Mai bis August. Biydrochelidon nigra: Mai bis August.
Einige Beobachtungen aus dem Jahre 1901.
Von ©. Wüstnei.
Falco candicans. Jagdfalke. Am 23. Januar 1901 bei
strenger Kälte bemerkte ich einen grossen Falken fliegend über
dem Schweriner See, welcher durch seine glänzend weisse Unter-
seite und ebensolche Unterflügel auffiel. Wenn ich den Vogel
auch nicht sicher erkannt habe, so konnte ich aus der ganzen
Erscheinung nur auf den nordischen Jagdfalken schliessen.
Haliaetus albieillae. Seeadler. Ein Seeadlerpärchen wurde
in den ersten Tagen des März 1901 bei Tesmannsdorf, etwa 25
km. nordöstlich von Wismar am Wustrower Salzhaff erlest.
Beide Vögel trugen das Alterskleid mit weissem Schwanz, hell
sefärbtem Kopf und hellgelbem Schnabel und gehörten ohne Frage
zusammen. Das g hatte eine Länge von 0,86 m, eine Breite von
2,23 m, Flügel 0,63 m, Schwanz 0,30 m, letzterer 1 cm länger
als die zusammengelegten Flügel. Die betreffenden Masse des
© waren L. = 0,91; Br. = 2,50; Fl. = 0,65; Schw. = 0,31 m.
Schwanz 2 cm länger als die Flügel. Meine Befürchtung, dass
dieses Paar mit dem in der Rostocker Heide immer noch horsten-
den Seeadlerpaare identisch sein könnte, traf glücklicherweise
nicht zu, da dasselbe nach eingezogener Erkundigung sich im
März beim Horste einfand und auch Junge aufgebracht hat, die
ihm leider genommen wurden. Wahrscheinlich hatte das erlegte
Paar die Absicht, sich an unserer Küste ein Heim zu gründen.
Unter den erlegten Vögeln im Jugendkleid befand sich ein am
Einige Beobachtungen aus dem Jahre 1901. 279
7. X. d. J. bei Rehna geschossenes recht starkes 9, welches ein
dunkles mit Rostbraun übergossenes Gefieder hatte. Es hatte
' eine Länge von 0,94 m; Br. = 2,36; Fl. = 0,70 und Schwanz = 0,35.
Bubo mazimus, Uhu. Am 4. XI. 01 wurde in der Gegend
_ von Waren ein männlicher Uhu geschossen, welcher, wie ich
fürchte, zu dem im Specker Forst bei Waren in den letzten
Jahren immer noch brütenden Paare gehören mochte. Da mir
zur Zeit ein zweites in Mecklenburg brütendes Paar nicht be-
kannt ist, so dürfte hierdurch das Schicksal des Uhus als
mecklenburgischer Brutvogel besiegelt sein, falls der erlegte
Vogel nicht ein diesjähriges Junges aus dem genannten Horste
gewesen ist. Die Masse des erlegten Vogels waren L. = 0,60 m;
Br. = 1,60 m; Fl. = 0,46 m; Schwanz = 0,25 m. Der weisse
Fleck am Kinn war sehr gross, im Übrigen die Färbung ziemlich
dunkel, namentlich die Oberseite.
Otus vulgaris, Waldohreule. In der letzten Hälfte des
November wurde in der Gegend um Ludwigslust eine Waldohr-
eule erlegt, welche wegen ihrer blassen Färbung und hübschen
Zeichnung auffie. Die Unterseite dieser Eule hatte eine fast
weisse Grundfärbung mit einigen schwach rostgelblichen Schat-
tierungen, während die Längsfleckenzeichnung sehr dunkel und
ausgeprägt erschien. Die Oberseite nebst Oberflügel war ziemlich
hell aschgrau mit dunkler Marmorierung und Bänderung, so
dass diese Zeichnung also mehr der Schleiereule glich. Die Kopf-
zeichnung erhielt durch die markanten schwarzen Einfassungen
ein besonders ausdruckvolles Gepräge.
Corvus cornix, Nebelkrähe. Im Schelfwerdergehölz bei
Schwerin wurde im Juli ein junger Vogel geschossen, welcher
auf den Flügeln ein weisses Schild hatte, das durch die an den
Wurzelhälften weissen Schwungfedern gebildet wurde. Das Weiss
erstreckte sich bei einigen Federn auch auf die Aussenfahne,
ebenso waren auch die Schwanzfedern an der Wurzel etwas weiss.
Merkwürdiger Weise war auch im vorigen Jahre eine ähnliche
Varietät daselbst erlegt worden.
Regulus ignicapillus, Feuerköpfiges Goldhähnchen.
Dieses Goldhähnchen wurde auch in diesem Frühjahre im Buch-
holze bei Schwerin nistend gefunden, ferner wurde ein junger
280 6. Wüstnei:
Vogel am 8. VII. hier in der Stadt ergriffen, welcher durch das
geöffnete Fenster in ein Zimmer geflogen kam.
Luscinia philomela, Sprosser. Am 12. VI. hatte ich Gelegen-
heit den Sprosser in einem Gebüsch am Sternberger See im
mittleren Mecklenburg singen zu hören und zwar in Gegenwart
des Dr. Steinohrt, eines tüchtigen Vogel- und Nachtigalkenners.
Da gleichzeitig auf einer anderen Stelle Luscinia minor schlug,
so kam die Verschiedenheit des Gesanges namentlich die volleren
und tieferen Töne des Sprossers voll zur Geltung. Früher ist
der Sprosser in jener Gegend bereits beobachtet worden.
Motacilla alba, Weisse Bachstelze. Eine Bachstelze
überwinterte an offenen Stellen der hiesigen Gewässer in der
Nähe der Stadt trotz des strengen Winters und überstand den-
selben recht gut, da ich sie fast täglich beobachten konnte.
Pyrrhula vulgaris, Dompfaff. Brütet schon seit 2 Jahren
in einem Garten der Stadt Schwerin, auch beobachtete ich ein
zusammengehöriges Pärchen am 8. VII. in hiesiger Umgegend.
Das Museum in Waren erhielt ein Nest mit Gelege aus der
Gegend von Wittenburg.
Haematopus ostralegus, Austernfischer. Im Frühjahr 1901
war der Austernfischer auf dem langen Werder bei Poel und
dem gegenüberliegenden Kieler Ort, einem umfangreichen Dünen-
gebiet, nicht nur häufiger Brutvogel, sondern, was bemerkens- .
wert ist, die meisten Nester, die ich gesehen habe, enthielten
Gelege von 4 Eiern, während früher fast immer 3 oder auch 2
Stück gefunden wurden. Einige Nester befanden sich auf dem
losen Seesand, dieselben hatten dann keine Ausfütterung, sondern
waren mit haselnussgrossen Steinen ringförmig und zwar regel-
mässig ausgelegt. Leider sind später die meisten Nester ausge-
nommen worden.
Limosa aegocephala, Schwarzschw. Uferschnepfe. Auch
in diesem Frühjahre besuchte ich die Lewitzwiesen, hauptsächlich
aus dem Grunde, um den Beweis des Brütens dieser Schnepfe
durch Aufsuchen ihrer Nester und Eier zu erbringen. Ich traf
die Paare wiederum an den mir bekannten Stellen, konnte aber
leider zu den in den nassen Wiesen befindlichen Nestern nicht
gelangen, hatte aber die Freude, am 23. Mai auf einer Wiese,
wo mehrere Paare mit ängstlichem Geschrei umherflogen, von
3 Eiern die Schalen zu finden, die entweder verschleppt und
Einige Beobachtungen aus dem Jahre 1901. 281
ausgefressen waren, oder aus denen die Jungen bereits ausge-
krochen waren. Die Eier gehören unzweifelhaft diesem Vogel
an, sie hatten dieselbe dunkelolivengrüne Farbe mit verwaschenen
dunklen Flecken wie die von der Nordseeküste bezogenen und
auch dieselbe Grösse, bei einem Ei waren die genauen Masse
noch festzustellen, es war wesentlich grösser wie ein Kibitzei und
mass 56:38 mm. Mit diesen Eiern ist es mir also gelungen,
den sicheren Nachweis ihres Brütens für Mecklenburg zu erbringen.
In der Bützower Gegend kann neuerdings das Brüten dieser
Schnepfe ebenfalls vermutet werden, da am 2. Juli d. J. ein
Vogel dort erlegt wurde, der mir vorgelegen hat.
Machetes pugnax, Kampfläufer. Der Kampfläufer, der in
den letzten Decennien namentlich im Binnenlande recht selten
gewesen war, hatte sich in diesem Frühjahr zahlreicher wie
sonst eingefunden. Ich traf ihn häufig auf den Lewitzwiesen
und den Eldewiesen bei Dömitz. Ferner hat er sich wieder
auf dem langen Werder bei Poel und dem Kieler Ort daselbst,
auf jeder der beiden Stellen in mehreren Paaren als Brutvogel
angefunden, wo er seit vielen Jahren nicht mehr vorhanden war.
Studiosus Lübke fand ihn brütend am Breitling zwischen Rostock
und Warnemünde.
Anser cinereus, Graugans. Am 22. April d. J. konnte ich
zwei Nester untersuchen, dieselben befanden sich auf einer kleinen
Insel auf trockenem Boden und waren aus trockenen Pflanzen
und Schilfstengeln erbaut, die Mulde mit Moos und Dunen
ausgelegt. Der Bau hatte etwa 70 cm Durchmesser bei 20 cm
Höhe, die Mulde 45 cm Durchmesser. In einem Nest lagen 6
Eier, ®/, bebrütet, im andern Nest befander sich 4 Eier, aus denen
die Jungen gerade auskrochen, das eine war bereits trocken.
Das Weibchen flog kurz vorher ab und stellte sich flügellahm,
gerade wie die Märzente es macht, wenn sie mit ihren Jungen
überrascht wird. Da die Jungen erst nach vierwöchentlichem
Brüten auskriechen, und in der zweiten Hälfte des März der See
noch zugefroren war, so musste das Paar noch bei vollständigem
Winterwetter das Brutgeschäft begonnen haben. Im August und
September versammelten sich auf dem nördlichen Teil des Schwe-
riner Sees Scharen zu Hunderten.
Oygnus olor, Höckerschwan. Studiosus Lübke fand ein
Nest des wilden Schwans am Breitling zwischen Rostock und
Warnemünde. Auf dem Sternberger See, welchen ich am 12. Juni
Journ, f. Orn. L, Jahrg. Juli 1902, 19
282 GC. Wüstnei:
besuchte, befanden sich 4 Paare. Zwei Paare hatten bereits 4
bezw. 5 Junge. Ein drittes Nest, welches ich in Gemeinschaft
mit Dr. Steinohrt besuchte, enthielt 2 Eier und ausserdem einen
Stein etwa von der Grösse der Eier. Wahrscheinlich sind dem
Paare einige Eier genommen worden und dafür der Stein hinein-
gelegt. Das Nest befand sich in einem lichten Binsenbestande
über freiem Wasser und war schon von Weitem zu sehen. Das
Weibchen flog kurz vorher ab, das Männchen kam aus der Ferne
herbeigeflogen und schwamm in einiger Entfernung von dem
Boote mit gesträubtem Gefieder umher, indem es den Hals auf
den Rücken legte, was ich bei zahmen Schwänen unter gleichen
Umständen nicht bemerkt habe. Das Nest war aus den Binsen
der Umgebung gebaut und hatte nur wenig Ausfütterung.
Anas acuta, Spiessente. Am 2. Mai d. J. wurde auf dem
langen Werder bei Poel ein Nest mit 7 frischen Eiern gefunden,
von denen ich 4 erhielt. Das Nest befand sich frei auf der
kurzgrasigen Weide in der Vertiefung eines trockenen 'Seegras-
haufens und war mit einigen wenigen Dunen ausgelegt. Das
brütende Weibchen war in seiner hellen Färbung von dem trocke-
nen, von der Sonne gebleichtem Seegras garnicht zu unterscheiden.
Die Eier waren blass graugrünlich mit wenig Glanz und massen
57:39; 56:39; 56:38 und 55:39 mm. Auch Lübke fand ein
Nest dieser Ente auf den Wiesen bei Warnemünde, ebenfalls frei
auf der Wiese angelegt. Im Binnenlande ist die Spiessente
äusserst selten.
Mergus merganser, Gänsesäger. Hatte in diesem Jahre
eine recht zahlreiche Nachkommenschaft. Anfang Mai wurde auf
einer Insel in der Höhlung einer morschen Weide ein Nest mit
18 Eiern gefunden, als das Maximum, welches mir bisher vorge-
kommen ist. Ich selbst sah am 9. Juni zwei Züge mit den
Weibchen und je 12 und 14 kleinen Jungen, an demselben Tage
auch bereits schon einige flugbare Junge, während Mergus ser-
rator noch unbebrütete Eier hatte.
Lestris parasitica, Schmarotzer Raubmöve. Mitte Ja-
nuar wurde ein Ex. im ausgefärbtem Kleide aus der Gegend von
Kritzkow zum Ausstopfen eingeliefert. L. = 0,58; Br. = 1,09;
Fl. = 0,23 und Schwanz = 0,22 m.
Larus argentatus, Silbermöve. Über das Nisten der Silber-
möve an der deutschen Ostseeküste in den letzten Decennien
habe ich etwas Sicheres nicht ermitteln können, nach einer Mitteilung
| Einige Beobachtungen aus dem Jahre 1901. 283
des Herrn Koske Stettin wurde sie im Jahre 1839 in einem Paare
nistend in Pommern beobachtet und ein noch nicht flügges Junge
auf dem Buge am 10. August erlegt. Ich bin in der glücklichen
- Lage, sie in diesem Frühjahre zuerst brütend an unserer Küste
sicher feststellen zu können. Zwar sollen nach Aussage der Pöler
Fischer in früherer Zeit auf dem langen Werder Möveneier von
der Grösse der Gänseeier gefunden sein, ohne dass ermittelt
werden konnte, welcher Art diese Eier angehört haben. Diese
Funde datieren aber schon seit Generationen zurück, da seit der
Zeit, dass wissenschaftlich gesammelt wird, von derartigen Funden
nichts bekannt geworden ist, und Belege an Eiern und Nestvögeln
nicht vorhanden sind. Mein Sammler auf Poel hat sie auf dem
langen Werder in einem Paare am 2. Mai beim Nest angetroffen.
Das Nest, eine Vertiefung wie bei L. canus, aber grösser, war
mit Seegras und trockenen Halmen ausgelegt und befand sich
auf der kurzgrasigen Wiese, wo etwas später die Sturmmöven in
grösserer Anzahl nisten, doch waren einige Paare ebenfalls schon
beim Nistgeschäft. Ein Ei aus dem betreffenden Neste, welches
ich mir einige Tage später in frischem unausgeblasenen Zustande
vom Nistorte mitnehmen konnte, war ziemlich gross, 73 :53 mm,
dunkeloliven-braungrün mit kleinen rundlichen schwarzbraunen
Öberflecken und einigen grauen Unterflecken. Die Färbung war
wesentlich dunkler wie die von mir auf Sylt gefundenen Eier.
Es ist dies das einzigste bisher in Mecklenburg gesammelte Ei,
auch wohl das einzigste überhaupt von der Ostseeküste. Das-
selbe Paar muss auf einer anderen Stelle noch Junge aufgebracht
haben, es wurde später mit den soeben flugbar gewordenen
Jungen auf dem langen Werder angetroffen, aber leider ein Vogel
_ von dem Elternpaare, welches aus Besorgnis für die Jungen, fort-
während nach dem Schützen stiess, geschossen. Nach diesem
Missgeschick wird wohl schwerlich im nächsten Frühjahre auf
Nachfolge zu hoffen sein.
19*
284
Otis tetrax, Die Zwergtrappe, ein urdeutscher Brutvogel.
Von H. Kunz.
Veranlassung zu nachstehendem Aufsatze ist die Bemerkung
in „Brehms Tierleben‘“, dass man bis zum Jahre 1870 die Zwerg-
trappe nicht zu den deutschen Brutvögeln rechnen durfte, da sie
‘ein erst eingewanderter Vogel sei. Wie wenig unsere bedeu-
tendsten Ornithologen den Aufenthalt, das Betragen, Nisten u. s.
w. dieses Vogels aus eigenen Beobachtungen gekannt haben, be-
weisen die Beschreibungen in ihren Werken.
Altmeister Christian Ludwig Brehm sagt in seinem
Werke „Handbuch der Naturgeschichte aller Vögel Deutschlands
1831“ von diesem Vogel: er kommt zuweilen aus den dürren und
freien Gegenden Ungarns und der Türkei nach Deutschland,
einzeln oder in kleinen Gesellschaften, fliegt ohne Anlauf auf,
setzt sich aber bald wieder nieder, ist wenig scheu, frisst Säme-
reien, zarte Blätter, Insekten und Würmer und legt 3 glänzend
grüne Eier.
Altmeister Johann Friedrich Naumann giebt in seiner
„Naturgeschichte der Vögel Deutschlands 1834“ eine schon bessere
und in mancher Beziehung ziemlich zutreffende Beschreibung,
sagt aber in einer Schlussbemerkung: leider war mir nicht ver-
gönnt, diesen Vogel selbst im Freien zu beobachten oder gar
selbst einen erlegen zu können. Was ich daher in Vorliegendem
geben konnte, sind bloss Erfahrungen Anderer, in soweit sie mir
durch eingezogene mündliche und briefliche Nachrichten sich
bestätigt haben. Ausführliches zu geben überschritte die Grenzen
der Möglichkeit, deshalb muss ich bitten, einstweilen mit dem
Obigen fürlieb zu nehmen. Er sagt auch, in Deutschland ist
diese Trappenart niemals nistend angetroffen worden.
Pfarrer W. Thienemann in Gangloffsömmern war der Erste,
der eine im Ganzen zutreffende Beschreibung dieses Vogels ge-
geben hat. Er hat die Lebensweise und das Vorkommen so
vortrefflich geschildert, dass dem nichts hinzuzufügen ist und
decken sich meine fünfzigjährigen Beobachtungen fast vollständig
mit den seinigen. Ich verweise hierdurch auf die Beschreibung
in „Brehms Tierleben“, die ein ganz ausserordentlich treues Bild
giebt und vom Herrn Pfarrer herrührt. Nur sind meine Beob-
achtungen bez. des Nistens und die Beschreibung des Nestes sehr
abweichend.
Otis tetrax, die Zwergtrappe, ein urdeutscher Brutvogel. 285
Das Nest, wenn man den Ort, wohin die Zwergtrappe ihre
Eier legt, so nennen will, denn sie scharrt weder, noch benutzt
sie eine Vertiefung im Acker, ist so schwer zu finden, dass Herr
. Pfarrer Thienemann erst am 10. Juni 1875 ein Gelege von
4 Eiern erhielt. Man suche nur eine 50 bis 60 Morgen grosse
Klee u. Esparsette- oder Haferbreite ab, man wird in den meisten
Fällen nichts finden, da diese Vögel, wenn sie noch nicht brüten,
sich gar nicht beim Neste aufhalten, wenn sie aber brüten, wie
alle Trappen so fest sitzen, dass sie nur bei allernächster An-
näherung auffliegen. Ist es mir doch passiert, dass, nachdem mein
Schwager und ich eine grosse Kleebreite vergeblich abgesucht
hatten und ich, um näher zu gehen, eine andere Richtung nahm,
plötzlich unmittelbar vor meinen Füssen aus dichtem, üppigsten
Klee eine Otis tarda aufflog und mir mit den Flügeln den Hut
vom Kopfe schlug, und dass ich ins Nest trat, wobei ich leider
ein eben ausgebrütetes Junge tötete. So fest liegen brütende
Trappen, sowohl die grosse als auch die Zwergtrappe.
Was die Beschreibung des Nestes betrifft, so beschreibt es
Herr Pf. Thienemann als ein ziemlich kunstreiches, dem ist jedoch
nicht so, denn weder die Trappenarten noch Oedicnemus (Dr. E.
Rey) bauen Nester, noch benutzen sie eine Vertiefung oder
scharren ein flaches Loch, sie legen ihre Eier frei in den Klee
oder Hafer u. s. w., niemals ins Wintergetreide, da die hohen
Ähren das Auffliegen hindern würden. Fand ich doch eine brütende
Trappe frei auf einem Felde, wo eben die Saubohnen, Vicia faba,
aufgegangen waren. Wohl aber führen die Alten ihre Jungen in
das schützende hohe Getreide. Pf. Th. beschreibt das Nest als
napfförmig mit einem erhöhten Rande zur Abhaltung der Luft.
Der Vorgang ist einfach folgender: Die Zwergtrappe legt in dichten,
üppigen Klee oder Hafer ihre Eier ohne alle Unterlage auf den
Klee u. s. w., wenn der Vogel brütet, so drückt die Last desselben
den Klee nieder und es bildet sich eine napfförmige Vertiefung,
die absterbenden Halme faulen und mit den ebenfalls absterbenden
Unkräutern werden sie als Auspolsterung angesehen.
Da Manchem die Beschreibung des Betragens, Vorkommens
u. s. w. der Zwergtrappe, wie sie nach den trefflichen Beobach-
tungen des Pf. Thienemann in „Brehms Tierleben‘“ geschildert ist,
unbekannt sein dürfte, so möchte ich in Nachstehendem darauf
zurückkommen, wenn ich auch in Manchem auderer Ansicht
sein muss.
286 H. Kunz:
Die Zwergtrappe ist kein eingewanderter Vogel und sein
Vorkommen ein viel verbreiteteres, als man in neuerer Zeit an-
genommen hat. Bereits Herr Pfarrer A. J. Jäckel in Windheim
berichtet über sein Vorkommen in Bayern aus verschiedenen
Gegenden, bei München 1827, und zu verschiedenen Jahreszeiten.
In Norddeutschland ist er von den östlichen Ausläufern des Harzes
unter dem 52. Breitegrade bis nach Schlesien überall zu finden.
Freilich wird man in diesen Gegenden in den meisten Fällen,
wenn man Auskunft über die Zwergtrappe verlangt, die Antwort
erhalten: giebts bei uns nicht! Denn in diesen Gegenden
geht unser Vogel unter dem Namen „Brachvogel“.
Hier drängt sich die Frage auf, woher kommt es, dass unser
Vogel von den Landbewohneın als „Brachvogel‘ bezeichnet wird?
Vielleicht ist der Grund in Folgendem zu suchen. In früheren
Zeiten war auf den Gütern die Drei-Felder-Wirtschaft üblich, d.
h. 2 Teile der Felder wurden bewirtschaftet und der 3. Teil blieb,
um sich zu erholen, als „Brache“ liegen und auf diesen Brach-
feldern hielten sich die Zwergtrappen vorzugsweise auf. Daher
wohl die Benennung Brachvogel. Unwillkürlich fragt man aber
auch, wie kommt es, dass erst in neuester Zeit das Vorkommen
der Zwergtrappe in Norddeutschland bestätigt worden ist? Wer
in die Gegenden kommt, wo dieser Vogel vorkommt, wird es
natürlich finden, dass ein Ornitholog nicht dahin reist, wo er
voraussichtlich ausser Rephühnern, Lerchen und, wenn er Glück
hat, eine Otis tarda zu sehen bekommt; höchstens kann er vielleicht
noch erfahren, dass es auf den entlegenen Feldern auch Brach-
vögel gebe, was einem Ornithologen wohl nur ein mitleidiges
Lächeln entlocken wird, da auf hochgelegen Getreidefeldern wohl
schwerlich ein Numenius anzutreffen ist.
Ging es mir doch selbst so! Als ich vor ca. 50 Jahren
meinen Schwager, Oec. Rat Koch in Neumark, nördlich von Weimar
besuchte, teilte er mir mit, dass auf seinen Feldern Brachvögel
wären, was ich ziemlich ungläubig aufnahm. Am nächsten Tage
machten wir einen Besuch beim Pfarrer in Wippach-Edelhausen,
der mir mitteilte, dass er eine ziemlich alte Eiersammlung habe.
Als er sie brachte, fiel mir sofort ein Ei von Otis tetrax auf; auf
mein Befragen sagte er mir, dass dies das Ei vom Brachvogel sei,
der gar nicht selten wäre, dort brüte, aber sehr scheu sei. Daraufhin
habe ich bei meinem Schwager meine Beobachtungen angefangen
und seit jener Zeit fortgesetzt, doch ist es mir erst im vorigen
Otis tetrax, die Zwergtrappe, ein urdeutscher Brutvogel. 287
Jahre gelungen, ein vollständiges Gelege von 4 Eiern zu erhalten,
das beim Kleemähen, wo der brütende Vogel erst kurz vor der
Sense aufflog, gefunden wurde.
| Ich will hier bemerken, dass das normale Gelege stets aus
4 Eiern besteht, die der Umgebung so täuschend angepasst sind,
, dass sogar die rötlichen Blüten des Kopfklees auf den Eiern als
Schönes, mattes, olivenrot markiert sind. Die frischen, unaus-
geblasenen Eier sind von einer Schönheit und einem Glanze,
der lebhaft an die Eier der Töinamus-Arten erinnert. Auf den
Feldern meines Schwagers brüten regelmässig 2 Paare, denn es
werden im Herbste stets kleine Heerden von 11—12 Stücken
beobachtet, 4 Alte u. 7—8 Junge. Diese Gegend ist von grosser
Ausdehnung und überall kommt die Zwergtrappe, als Brachvogel
bezeichnet, als Brutvogel vor. Das von mir durchforschte Gebiet
fängt ca. 15 km. nördlich von Weimar an und erstreckt sich in
jener Gegend von Neumark nach Vogelsbarge, Sömmerda, Eckarts-
berge u. s. w. Pf. Thienemann hat ihn zwischen den Städten
Weissensee, Kölleda, Erfurt, Langensalza, Greussen brütend an-
getroffen ; auch in der Querfurter Gegend, sowie bei Lützen, Taucha,
Wurzen (Dr. E. Rey), ist sein Vorkommen constatiert. Voriges
Jahr wurde sogar auf WiederitzScher Flur, 11/, Stunde nördlich
von Leipzig, in einem Kleefelde ein Nest mit 4 Eiern gefunden.
Dass unser Vogel so wenig bekannt ist, liegt in seinem scheuen
Verhalten. Sehr richtig beschreibt Pf. Th. sein Betragen: er ist
so scheu, dass er schon auf 3—400 Schritt Entfernung auf- und
davon fliegt und dieses Davonfliegen geht so geräuschlos vor sich,
dass man, wenn man es nicht ganz zufällig bemerkt, sich wundert,
keine Zwergtrappe bemerkt zu haben; sie streicht ganz niedrig
in gerader Linie ab und verschwindet hinter der nächsten Boden-
erhebung und dann heisst es wenden, nach Hause gehen, denn
für diesen Tag wäre Warten vergebliche Mühe.
Ganz anders verhält sich der Vogel in der Nähe des brütenden
Weibchens, wo er gerade aufgerichtet Wache zu stehen scheint.
Er fliegt dann auf und umkreist den Ort in weitem Bogen und
verhält sich so, wie ihn Thienemann schildert. Sein Flug ist
dann zitternd und schwirrend, dem der Wildente so ähnlich, dass
der Unkundige ihn als eine Anas boschas ansieht, Kopf und Hals
nach vorn, die Ständer nach hinten gerade ausgestreckt, schwirrt
der Vogel mit schnellem Flügelschlage durch die Luft und bringt
dabei nicht nur die sonst verdeckten weissen Seitenteile zu
2883 H. Kunz:
wirkungsvoller Geltung, sondern auch ein Getön hervor, was
nach Th. dem Geklingel eines in der Ferne dahinfahrenden
Schlittens nicht unähnlich ist. Ich selbst habe eine genaue Be-
zeichnung der Töne nicht ausfindig machen können, sagt doch
Döbel: er fliegt sehr schnell und pfeift dabei.
Im „Zoologischen Garten“ 16. Jahrgang, 1875 sagt Pf. Thie-
nemann nach einem poetischen Ergusse: Ich bin zu diesen De-
ductionen geleitet worden durch meinen Schützling, dieZwergtrappe
(Otis teirax), über deren Einwanderung in Nord-Deutschland, ja
überhaupt in Deutschland, ich im 11. Hefte des vorigen Jahrganges
pag. 418 berichtet habe. Dieser Vogel hat Tausende von Jahren
dazu gebraucht, um bis zu uns zu kommen. Die heisse Sonne
Afrikas, Asiens, das milde Klima Spaniens, Italiens, Südfrankreichs
fesselten ihn lange Zeit. Erst mussten unsere Thüringischen
Wälder gelichtet, die schroffen Höhen im Laufe der Jahrhunderte
geniedrigt und geglättet, die Seen ausgetrocknet, das Klima ge-
mildert, die wüsten, unfruchtbaren Abhänge mit grüner Luzerne
und saftiger Esparsette besät und gewiss noch andere Dinge
vollendet werden, ehe er einziehen konnte. Als aber die Bedin-
gungen erfüllt und die Hindernisse beseitigt waren, da kam er,
da liess er sich bei uns nieder, da baute er sein Nest, legte seine
Eier und brütete seine Jungen aus. Und so ist es gekommen,
dass wir Ornithologen der Neuzeit Beobachtungen machen konnten,
welche unsere Altvordern im vorigen Jahrhundert nicht machen
konnten, u. S. w.
Leider steht diesem schönen Herzensergusse die exacte
Forschung und die ältere Litteratur entgegen. In dem gediegenen
Vortrage, den bei der Feier des 50jähr. Bestehens der deutschen
Örnithologischen Ges. im Oktober 1900 in Leipzig Herr Geh.
Hofrat Prof. Dr. Blasius über die Fundobjecte in den diluvialen
Ablagerungen in den Rübelander Höhlen hielt, betonte er, dass
aus dem Vorkommen der Knochen des Schneehuhns, Rackelhuhns
und der Trappe auf eine Steppenfauna Nord-Deutschlands zu
schliessen sei. Wenn nun in jenen fernen Zeiten bereits die
grosse Trappe häufig vorkam, so kommt man zu der Vermutung,
dass auch die Zwergtrappe bereits vorhanden war. Denn nach
meinen Beobachtungen ist da, wo Otis tarda vorkommt, in vielen
Fällen Otis tetrax nicht weit.
Degland schreibt in seiner Ornithologie Europeenne, Paris
1849: Man findet ihn in Frankreich in den Ebenen von Billay,
Otis tetrax, die Zwergtrappe, ein urdeutscher Brutvogel. 289
Montreuil, Doug, in den Gegenden der Champagne und von Troyes
und Niort und er nistet dort überall. Vor 60, 70 Jahren bezog
man die Eier von O. Zetrax in beliebiger Menge von den Pariser
Naturalienhändlern und es verträgt sich das Vorkommen in Nord-
Frankreich nicht mit einer späteren Einwanderung in Deutschland,
da unser Vogel ein östlicher ist.
Heinrich Wilhelm Döbel schreibt in seinem Werke „Neu
eröffnete Jäger Practica oder der wohlgeübte und erfahrene Jäger“,
4 Tle., Leipzig, 1854. Von den Brachvögeln, deren sind 3 Arten.
Davon beschreibt er eine: Es ist ein grosser Vogel, hat lange
Füsse und ziemlich langen, spitzen Schnabel. Die Farbe an
den Federn ist meist so schön bunt, wie bei der Trappe,
unter dem Leibe weisser. Er fliegt sehr schnell und pfeift
dabei. Nistet gewöhnlich in Haferfeldern und brütet in 16 Tagen
3—4 Junge aus. Sie bleiben bis in den späten Herbst und sind
dann, wie die Wachteln, unversehens weg. Stimmt alles auf die
Zwergtrappe.
Jacob Theodor Klein’s, Secretär der Stadt Danzig, der könig.
Societät in London und der Bologn. Akademie der Wissenschaften
Mitglieds: Vorbereitung zu einer vollständigen Vogelhistorie,
Leipzig und Lübeck 1760.
I. Ackertrappe oder Trappgans, lat. Trappa, Trappus, Anser
Trappa, Otis u. s. w.
ll. Trieltrappe, Griel- oder kleine Trappe, lat. Tarda Nana
Sie wird auch sonst genannt Stella avis, Aldrow., Anater cam-
pestris, Canne petiere oder Tetrax, im jetzigen französisch:
Outarde cannepetiere.
Im Jahre 1737 hatte ich ein Weiblein, welches an Schönheit
der Farben das Weibchen der Ackertrappe und im Fleische und
Geschmacke eine Birkhenne übertraf. Sie war eben bereit, hier
zu legen, wie sie war geschossen worden, welche Eier sehr
schmackhaft sind.
Der bekannte Thüringer Ornithologe J. M. Bechstein sagt
in seiner „Gemeinnützigen Naturgeschichte Deutschlands in allen
drei Reichen‘ 1805. Er ist listig und scheu, wenn er irgend
Gefahr vermutet, so fliegt er 2—300 Schritt nahe an der Erde
hin und läuft dann so schnell, dass kein Mensch im Stande ist,
ihn einzuholen. In Deutschland ist er nicht selten, in den übrigen
Teilen von Europa aber eine grosse Seltenheit. Er wandert im
Herbst und zwar in unzähligen Scharen u. s. w. Die Henne
290 E. Christoleit:
legt 3--5 schön glänzende grüne Eier und sind von vorzüglichem
Geschmacke.
In Vorliegendem habe ich versucht, teils den Beweis zu
liefern, dass O&is teirax nicht ein erst in der Neuzeit einge-
wanderter, sondern ein uralter, längst beschriebener und bekannter
Vogel ist, teils aber auch manches in seinem Betragen, seiner
Nistweise u. s. w. nach meinen fünfzigjährigen Beobachtungen
richtig zu stellen, und es möchte fast scheinen, dass unser Vogel
nicht ein neu entdeckter, sondern ein von den neueren Orni-
thologen zu beobachten vergessener ist.
Gefiederte Wintergäste
im Hafen von Memel im Winter 1900/1901.
Von E. Christoleit.
Allherbstlich, wenn die niedriger gehende Sonne auf die
ersten Stoppelfelder herabblickt und die schwanken weissen Sonnen-
fäden leise dahinzuziehen beginnen durch die stille blaue Luft,
wenn im grünen Hag die ersten Blätter sich färben, die Eber-
eschenbeeren sich röten und der Ruf des Eichelhähers wieder
häufiger erschallt, wenn am Seestrande die „Saison“ zu Ende
geht, die Badegäste in hellen Haufen ihren Grossstädten zuziehen
und der während des Sommers schmerzlich vermisste stille Frieden
der Natur sich wieder herabsenkt auch auf unsere Meeresküsten,
dann 'ergiesst sich aus dem letzten Zufluchtsorte, den die Mensch-
heit mit ihrer Kultur dem unverfälschten und ungeschwächten
Naturleben auf unserem Erdballe einstweilen noch hat lassen
müssen, aus den Nordpolargegenden, ein gewaltiges Heer erobernd
über die südlicher gelegenen Länderstrecken unserer Erde. In
wolkenartigen Massen, in stattlichen Scharen, in kleinen Trupps,
ja auch ganz zerstreut und einzeln, ohne Kommando und doch
wie von einem Willen geleitet, nie im Irrtum über die Marsch-
route und nie in Unklarheit über das Ziel zieht es heran, das
Banner ungebrochenen fröhlichen Naturlebens wenigstens vorüber-
gehen: wieder weithin aufzupflanzen auf der verödeten Erde;
weder Meeresarme und Ströme noch Wälder und Sümpfe, weder
natürliche noch künstliche Hindernisse hemmen sein Vordringen,
und bis in die entferntesten und entlegensten Gegenden erschallt
sein heller fröhlicher Kampf- und Siegesruf; die Arbeiterfrau im
Gefiederte Wintergäste bei Memel. 291
ärmlichen Dachstübchen der verräucherten Industriestadt, die in
‚stiller Mitternachtsstunde am Bett ihres kranken Kindes sitzt,
lauscht den ungewohnten Klängen vielleicht zu gleicher Zeit mit
_ dem einsamen Forstmanne, der vom nächtlichen Patrouillengang
heimkehrend sein Waldrevier durchschreitet, und dem Ohre des
Lokomotivführers auf dem keuchend und schnaubend dahinrasenden
Dampfwagen vermag sie das Getöse seiner Maschine ebensowenig
ganz zu entziehen wie das Donnern der Brandung dem Lotsen auf
dem festen Turme an öder Meeresküste. Weithin über die Grenzen
unseres Vaterlandes, unseres Erdteils, ja der gemässigten Zone über-
haupt tragen die nimmermüden stählernen Schwingen die rastlosen
Wanderer, über die unermesslichen Meeresweiten des stillen Ozeans,
über die eisumstarrten Alpengipfel und Felsenwüsten Centralasiens,
über das Mittelmeer und die Sahara bis hin zu dem felsigen
Strande Neuseelands, den palmenumsäumten Küsten Ceylons und
den Steppensümpfen Südafrikas, und der Weichrückenwürger am
Kap der guten Hoffnung kennt und imitiert den Ruf des grossen
Brachvogels ebenso gut wie der Star im Berliner Tiergarten.
Und überall, wo der Mensch mit seiner Qual noch ein Plätzchen
für sie übrig liess, geeignet ihnen auch vielleicht nur für wenige
Tage oder Stunden Ruhe und Zehrung zu bieten, da machen sie
Halt und lassen sich nieder, da beginnen sie harmlos und unge-
zwungen ihr fröhliches Leben und Treiben in alter Weise, wie
es schon ihre Vorfahren vor Jahrhunderten thaten, als sie noch
Alleinherrscher waren in ihrem Gebiete und der Herr der Schöpfung
sie noch nicht zu verdrängen strebte, weil die Erde gross genug
war für beide. An Flüssen und Seen, an Teichen und Sümpfen,
vor allem aber am Meeresstrande beginnt jetzt ihre „Saison“,
nicht minder belebt und „frequent‘‘ als die vorhergegangene; und
wo kurz vorher die modernste Überkultur der Grossstadtmensch-
heit unserer Tage sich concentrierte und die unumschränkteste
Herrschaft ausübte, wo neben harmloser und reiner Fröhlichkeit
menschliche Eitelkeit und Ausgelassenheit, wenn nicht noch Schlim-
meres, die üppigsten Blüten trieb, da herrscht jetzt die volle
Harmonie ungetrübten Naturlebens, unverdorben, wie sie aus der
Hand des Schöpfers hervorging. Statt all der hochmodernen
„Damen“ und „Herren“, die mit ganz derselben inneren Halt-
losigkeit und Zerfahrenheit, die sie ins Bad mitbrachten, es auch
wiederum verlassen haben und nun wieder „unter den Linden‘
promenieren, bewegt sich jetzt am Strande das bunte Gewimmel
292 E. Christoleit:
der allezeit zufriedenen und harmlos fröhlichen Regenpfeifer,
Wasser-, Ufer- und Strandläufer, und in den Wellen tummeln
sich nunmehr die Scharen der Tauchenten, Seetaucher und Säger
wie über ihnen das ruhelose Volk der Seeschwalben und Möven.
Wahrlich, es ist kein unbedeutender Vorgang, der sich so Jahr
um Jahr mitten unter uns abspielt, ein gewaltiger Eroberungszug
unter dem Banner der Natur, frei und offen unter unseren Augen
sich vollziehend und doch von vielen unbemerkt, kraftvoll und
unaufhaltsam und doch friedlich und niemandem zu Leide, ein
lautredender Protest der alten Natur- und Schöpfungsordnung
gegen alle Verwüstung und Verödung, die die Kultur über die
Erde gebracht hat, immer wieder ihr greifbar vor Augen stellend,
was sie vernichtet und für immer verloren hat.
Aber die Kultur hört diesen Protest und beantwortet ihn
auf ihre Weise; sie sieht die anrückenden Heere und tritt ihnen
entgegen. Auch wo nicht gerade anglikanische Roheit mit vieler
Mühe und grossen Kosten elektrisches Licht aufpflanzt und Systeme
von Drähten zieht zu keinem andern Zwecke als zur Massen-
vernichtung der durch die finstere Nacht ihres Weges ziehenden
Wanderer,!) thun elektrisches Licht und Drähte doch auch in
dieser Beziehung ihre Schuldigkeit im Dienste der Kultur; auf
der Plattform der New-Yorker Freiheitsstatue liegen oft scheffel-,
um andere Leuchttürme nicht selten allmorgendlich dutzendweise
die Körper der getöteten und verwundeten Zugvögel, und wohl
keine Telegraphen- und Telephonleitung, die nicht alljährlich
ihre Opfer forderte; und zu diesen stehenden Truppen treten die
Freischaren, deren massenhaftes Aufgebot „alljährlich den Strand
überflutet, jede Düne, jede Wiese, jeden Busch unsicher macht
und unzählige Mordwaffen aller Art auf jeden unbekannten Vogel
— und sie sind ihnen fast alle unbekannt — richtet‘“,2) teilweise
1) So nach einem leider nicht aufbewahrten und daher jetzt unkon-
trollierbaren, jedenfalls aber einen durchaus glaubwürdigen Eindruck
machenden Zeitungsbericht vor 8—10 Jahren.
2) G. Clodius, Ein Ausflug nach der Insel Poel, Orn. Mon. 1899
S. 299. — Selbstverständlich soll damit keineswegs jede Jagd auf
die ziehenden Sumpf- oder gar Schwimmvögel als unberechtigt hingestellt
werden, in welcher Beziehung ich vielmehr nur den hier durchaus besonnen
die richtige Mittellinie ziehenden Worten Flörickes zustimmen kann: „Ich
kann es dem an der Meeresküste wohnenden Fischer oder Jäger, welcher
fast ausschliesslich auf die einförmige Fischnahrung angewiesen ist und
in manchen Gegenden das ganze Jahr hindurch beinahe kein anderes
Gefiederte Wintergäste bei Memel. 293
- auch in umfassend und grossartig angelegten Fanganstalten Hunderte
und Tausende von ihnen überlistet und vernichtet. Alle Trieb-
‚ federn, über die sie verfügt, alle Motive, die in der ihr ergebenen
Menschheit lebendig sind, Ehrgeiz wie Gewinnsucht, Mordlust und
Zerstörungswut wie gedankenlose Modenarrheit macht die Kultur
mobil zum Vernichtungskampfe gegen die eingedrungenen Gegner,
deren blosses Erscheinen und Dasein ja immer wieder ihren Thron
_ wankend machen will, jedem nicht ganz oberflächlich gearteten
Menschen immer wieder die Frage nach ihrem ethischen Werte
und demzufolge nach dem Umfange der Berechtigung ihrer gegen-
wärtigen Gestalt nahelegen muss;!) und — sie siegt! Vollzählig
Fleisch zu sehen bekommt, nicht verdenken, wenn er im Herbst darauf
bedacht ist, das ermüdende Einerlei seines Küchenzettels durch die Strand-
vögel zu verbessern, und sich da auch einmal aus den grossen Strand-
läuferschwärmen, welche ihm der vogelreiche Norden zusendet, ein treffliches
Sonntagsgericht zusammenschiesst ..... Wenn im Binnenlande ein
schiesswütiger Jäger zwischen die dort nur selten und vereinzelt erschei-
nenden Schwärme dieses harmlosen Vogels hineinfeuert, so ist dies als
Aasjägerei und zweckloser Vogelmord voll und ganz zu verdammen, aber
an der Küste liegen die Verhältnisse eben wesentlich anders. Hier
(allerdings lange nicht überall!) dient das Fleisch der Strandläufer nicht
blosser Leckerei, sondern ist ein der Bevölkerung fast unentbehrliches
Nahrungsmittel, und deshalb muss der weidmännische Betrieb der Jagd
auf die für die Küche verwertbaren Strandvögel während der Herbst-
monate den Jagdberechtigten gestattet werden.“ Damit sind aber
weder die Prätensionen des von jedem weidgerechten Jäger womöglich
noch tiefer als von dem Schreiber dieser Zeilen verachteten Sportschiesser-
tums noch die unbegrenzten Mordprivilegien einer gewissen Art von Pseu-
doornithologie gedeckt, deren unverantwortlicher Leichtsinn in der voll-
ständig nutzlosen Vernichtung zahlreicher Vogelleben in der That nicht
scharf genug getadelt werden kann. „Aus einem Fluge von vierzehn
Tringa subarcuata“, heisst es in einem solchen Berichte, „erlege ich
zwei Stück; ich schiesse jetzt nur noch der Identificierung wegen auf diese
wenig scheuen, zuweilen sogar zutraulichen Vögel.“ Also selbst auf die
zutraulichen, infogle des grösstenteils weissen Bürzels fliegend schon auf
mehr als Schrotschussweite unverkennbaren bogenschnäbligen Strandläufer
wird, nachdem man bereits so viele erlegt hat als die eigene Sammlung
nur irgend aufnehmen und der Naturalienhändler nur irgend abkaufen will,
gleichwohl noch „zur Identificierung‘‘ lustig weitergeknallt, sobald ein
neuer noch nicht „identificierter‘‘ Schwarm von ihnen sich zeigt; wie wird
es da erst den scheueren und nicht ganz so leicht zu unterscheidenden
Wasserläufern, Seeschwalben oder gar Tauchenten u. s. w. gegangen sein!
— Es lebe die Wissenschaft!
1) Wobei freilich am letzten Ende doch natürlich noch sehr viel
wichtigere Momente in Betracht kommen als das hier berührte.
294 E. Christoleit:
in stattlichen Geschwadern, fröhlich, arglos und menschenver-
trauend ziehen alljährlich die Kinder des Nordens bei uns ein;
wenige Wochen des Aufenthalts in unserem Vaterlande — und
in zersprengten Häuflein, unstet und flüchtig, in unausgesetzter
Angst um sein Leben vor jedem nahenden Menschen teilweise
schon auf Hunderte von Metern in grösster Hast und Bestürzung
entfliehend flüchtet, was noch übrig blieb, über seine Grenzen
unkultivierteren und darum weniger gefahrvollen und gastlicheren
Ländern zu.) „Herr Mensch, ich mag nicht bei dir sein“ diesen
Satz haben auch dem einfältigsten und harmlosesten der nordischen
Fremdlinge seine Reiseerlebnisse in unserm lieben Deutschland
mit unvertilgbarer Deutlichkeit ins Bewusstsein eingeprägt, auch
wenn nicht zerschmetterte Glieder und offene Wunden ihn täglich
schmerzhaft daran erinnern; sie ziehen davon, verödet liegt der
Strand und verlassen die Gewässer, und zufrieden mit den Er-
gebnissen des diesjährigen Vogelzuges packt der Sportsmann
seine Schrotspritze ein und dampft heimwärts, um im Stammlokal
des Klubs die wohlverdienten Lorbeeren seiner Thaten einzu-
ernten. Nur verhältnismässig geringe Reste des grossen Heeres
sind es, die auch inmitten der allgemeinen Niederlage Stand-
haftigkeit genug besitzen, um den Sieg der Kultur nicht zu einem
vollständiger werden zu lassen, die es auf sich nehmen, ihr für
die ganze Dauer des Aufenthaltes in der Fremde mitten in ihrem
unbestrittensten Herrschaftsgebiete Trotz zu bieten, auch dann
nicht zagend, wenn als ihr Bundesgenosse noch der Winter, dessen
1) Ich habe in Rossitten zu Beginn der Zugzeit die als die
scheuesten aller Strandvögel (von den Brachvögeln etwa abgesehen) gelten-
den hellen und dunklen Wasserläufer (7. glottis und fuscus) wieder-
holt ungedeckt (allerdings unter Vermeidung unnötiger Bewegungen) bis
auf 40 Schritte und zum Teil noch näher angehen können und einmal
sogar einen aus beiden Arten nebst einigen Bruchwasserläufern (7. glareola)
zusammengesetzten kleinen Flug gefunden, der, schliesslich aufgescheucht,
nur etwa 60 Schritte weiter flog und sich unmittelbar darauf wieder
eben so nahe kommen liess. Und damit vergleiche man ihr Verhalten
am Ende der Zugzeit, wo man, wenn man sie nicht zufällig einmal vor
das Glas bekommt, meist nur an der Stimme das Vorhandensein der
bereits ausser Bereich des nicht gerade besonders scharfen menschlichen
Auges aufgehenden Vögel feststellen kann. Dass man im Binnenlande
solche Vertrautheit bei diesen Arten wohl schwerlich jemals wird beobachten
können, ist sehr natürlich, da die dort erscheinenden Exemplare doch
eben immer schon ein Stück Reise im „Herzen Europas“ mit all seinen
Erfahrungen hinter sich haben!
Gefiederte Wintergäste bei Memel. 295
' Nahen sie aus ihrer nordischer Heimat vertrieb, auch an unseren
Küsten mit all seiner Macht gegen sie heranrückt, die so ans flüch-
tigen Durchzüglern zu dauernden Wintergästen werden. Nicht
leicht ist es, dem vereinigten Angriffe beider Feinde zu wiederstehen,
und noch mancher von ihnen, der aus dem Herbstfeldzuge un-
_ versehrt hervorging, bezahlt jetzt seinen Wagemut mit dem Leben;
aber mit doppelter Sympathie folgt ihnen darum auch der Blick des
still und ohne Mordwerkzeug beobachtenden Naturfreundes, dem
es zuteil wurde, ihr Thun und Treiben an winterlicher Meeresküste
belauschen zu dürfen, und der gern wenigstens einen schwachen
Abglanz der empfangenen Freude Gleichgesinnten übermitteln
möchte, denen das Geschick solche Gunst bisher versagt hat, —
Und so komm denn, lieber Leser, der du in deiner wohlin-
dustrialisierten, -kanalisierten und -regulierten Binnenlandsheimat
vielleicht zufrieden sein musst, an besonders günstigen Tagen
des Jahres einmal einer alten lahmen Stockente zu begegnen,
die unfähig, sich am Abend ihres Lebens noch zur Auswanderung
zu entschliessen, als melancholischer Rest besserer Zeiten & la
Philemon und Baucis im „Faust“ an einigen Abzugsgräben und
Eisenbahnausschachtungen ein einsames Dasein führt, bis auch
sie dereinst (2vosra: 7uwag or’ &v —) sich am Drahte der neuer-
bauten elektrischen Bahn oder sonst einer elektrischen Anlage
den Kopf einrennt und im Schnappsacke eines fahrenden Ritters
der Landstrasse ihr ruhmloses Ende findet, und folge mir im
Geiste nach dem Hafen der alten ‚‚See- und Handelsstadt‘‘ hoch
im Norden meiner Heimat Ostpreussen und des Reiches über-
haupt. Noch ist die Sonne nicht aufgegangen, und über den
Strassen der Stadt liegt die wohlthuende Stille des heiteren
schneefreien Wintermorgens; ein leichter Dunst lagert über den
Häusern und umspinnt die Masten und Raaen der zahlreichen
Segelschiffe, die in der Dangemündung ihr Winterlager bezogen
haben; vorbei an ihnen geht es in schnellem Schritt durch mehrere
Strassen, und bald sind wir ihrer drückenden Enge entronnen
und stehen am Ufer des Memeler Tiefs, der Mündung des
Kurischen Haffs in die Ostsee, zugleich dem Hafen der Stadt
Memel. Gerade hier ist, viereckig ins Land einspringend, der
eigentliche „Winterhafen“ angelegt, und in hier im verhältnis-
mässig engen Raume fast unnatürlich erscheinender Grösse
liegen die ungefügen dunklen Kolosse der grossen Seedampfer
in träger Ruhe da; weiter gehts den Bohlensteg am Rande des
296 E. Christoleit:
Tiefs entlang am Anlegeplatze der kleinen Dampfer vorbei —
von wo ab wir uns gefallen lassen müssen, dass als überaus an-
mutige Zierden der Landschaft die Galgen eines recht unnützen
(einstweilen übrigens auch verkrachten) elektrischen Bahnunter-
nehmens uns auf einige Zeit den Weg weisen, — durch das
Fischerdorf Bommelsvitte; hinter dem isolierten hochragenden
Gebäude der ehemaligen Navigationsschule verlassen wir die
Galgen und treten aufatmend ins völlig Freie hinaus. Rechts
von uns haben wir jetzt einen nicht allzubreiten Wiesenstreifen,
dahinter rötlichgraues Erlengehölz, und über ihm erheben sich,
schräg geneigt im Kampfe mit dem scharfen Seewinde, aber stolz
und ungebrochen die malerischen alten Föhrenwipfel der Memeler
Plantage; weiter vorwärts ragt aus düstergrünen Kiefernkronen
der buntgefelderte runde Leuchturm auf. Nach links aber
schweift der Blick über das schmale, fast flussähnliche Tief mit
seinen Baggern und Fahrzeugen aller Art, seinen Bojen und
anderen Seezeichen ungehindert hin zum freundlichen Ufer der
Nehrung; schon etwas zurückliegend grüsst, von jetzt freilich
kahlem Laubholze angenehm umrahmt, der zierliche braune Holz-
bau des Etablissements Sandkrug herüber; uns gerade gegen-
über liegt vom Ufer etwas zurücktretend das Fischerdörfchen
Süderspitze, auf der Vorderseite umgeben von Feld und Anger,
auf der hinteren von dichten Kiefernschonungen und überragt
von dem runden, nur mit einzelnen Grashalmen spärlich besetzten
gelben Dünenrücken, dem letzten, im Grunde doch schon sehr
herabgekommenen Ausläufer der gewaltigen, gegenwärtig ja wohl
schon fast weltbekannten Dünen der Kurischen Nehrung. Über
den unmittelbar am Uferrande hinlaufenden Steindamm führt
uns unser Weg weiter, und bald ist die Nordermole erreicht;
wenige Minuten nicht allzu gemächlichen Marsches auf ihrem
breiten Steinrücken, und wir übersteigen die nicht viel über,
meterbreite, nicht ganz mannshohe Mittelmauer, die sich von
der Stelle ab, wo jene frei ins Meer hinaustritt, das sich seiner-
seits auf der rechten Seite an ihr entlang in einer kleinen Ein-
buchtung ins Land hineinzieht, auf ihr erhebt, und stehen nach
kurzer Zeit am Ziele, am Fusse des kleinen grauweissen Molen-
leuchtturms, der am Ende der Mole, gegen die hier besonders
heftige Gewalt des Meeres wohl umschanzt, emporragt. Zu unsern
Füssen plätschern die Wellen leise zwischen gewaltigen Stein-
blöcken und Stücken fest zusammengebackenen Mauerwerks, die
Gefiederte Wintergäste bei Memel. 297
in dichten Haufen aufgetürmt auf beiden Seiten die Mole um-
geben; wohl anders klingt’s, wenn an Sturmestagen das empörte
‘Meer die ganze Wucht seiner Wogenmassen in zornigem Anprall
zum Kampfe heranführt gegen diese einzigen Schutzwehren des
schmalen Steinstreifens, der uns noch mit dem Lande verbindet.
Weit hinter uns sind die Häuser der Stadt zu einer ununter-
scheidbaren Masse zusammengesunken, über der sich wie ein
Wahrzeichen dicht nebeneinander die drei Türme Memels erheben,
links!) der spitze der katholischen, in der Mitte der hohe schlanke
der lutherischen St. Johannis- und rechts der durch die entgegen-
gesetzten Eigenschaften ausgezeichnete der reformierten Kirche.
In unmittelbarem Anschlusse rechts daneben, noch etwas weiter
zurückliegend steigen hinter den Masten der im Tief lagernden
Schiffe die rauchenden Schornsteine des an seinem Ufer gelegenen
Fabrikdorfes Schmelz auf; links zieht sich hinter dem breiten
sandigen Küstenstreifen, auf dem in langer Reihe einzeln hinge-
streut die kleinen Gehöfte des Fischerdorfes Melneraggen sich
zeigen, der dunkle Saum der Plantage am Horizonte entlang, um
dann auf den hohen Uferabhängen des Seebades Försterei als
schwarzgrüne Hochwaldmasse unmittelbar an den Strand heran-
zutreten, die Aussicht nach links begrenzend. Nach rechts aber
kann der Blick über der jenseit des Tiefs parallel der diesseitigen
ins Meer hinausragenden Südermole ungehindert den Verlauf des
flachen Nehrungsstrandes und der allmählich ansteigenden Dünen
dahinter verfolgen, bis er fern am Horizonte, Försterei gerade
gegenüber, auf dem düsteren Kiefernwalde von Schwarzort haften
bleibt, hinter dem dann nur noch dem besonders scharfen Auge
in dämmernder Ferne einzelne weisse Kuppen des immer höher
sich erhebenden Dünenzuges zwischen Schwarzort und Nidden
in ungewissen Umrissen erscheinen. Zwischen diesen beiden
Grenzpunkten aber dehnt sich auf der anderen Seite der Stadt
gegenüber, in scharfgezogenen Halbkreise gegen den bläulichen
Himmelsraum sich abgrenzend, von der eben aus dem Nebeldunste
des Morgenhimmels emporgestiegenen Sonne noch mit bald
schwindendem rötlichem Scheine überhaucht, der unermessliche
heute fast farblose, stille und klare Spiegel der offenen See, ein
1) Diese und die folgenden Angaben gelten natürlich nur, wenn man
sich, wie es hier vorausgesetzt ist, dem Gesamtbilde der Stadt zuge-
wandt hat, sind also den vorher gebrauchten gerade entgegengesetzt.
Journ. f, Orn. L, Jahrg. Juli 1902, 20
298 E. Christoleit:
Bild der Unendlichkeit. Das ist der Schauplatz, auf dem vor-
zugsweise das winterliche Vogelleben des Memeler Hafens dem
Beobachter nahezutreten pflegt, der Hintergrund und Rahmen
auch für die kleine Zahl von Vogelbildern, die aus der Fülle
dieses Lebens nunmehr an dem geistigen Auge des Lesers vor-
überziehen mögen.
1. Steinwälzer (Strepsilas interpres).
Ein Dank der unermüdlichen Thätigkeit schiesswütiger
Badegäste und wissenschaftlicher wie unwissenschaftlicher Eier-
sammler an unseren Küsten gegenwärtig fast verschollener
deutscher Strandvogel, gehört der Steinwälzer in unserem Öst-
preussen auch auf dem Zuge geradezu zu den Seltenheiten, so
dass ich es lediglich einem glücklichen Zufall zu verdanken habe,
dass ich während der kurzen Zeit meines Aufenthaltes in Memel
auch ihn einmal zu Gesicht bekam, und zwar wider alle Gewohn-
heit dieses sonst ziemlich regelmässigen Zugvogels fast mitten
im Winter am 10. Dezember, auf der beschriebenen Nordermole
des Memeler Hafens. Ein ziemlich heftiger Weststurm hatte
seit dem vorhergehenden Tage die See aufgewühlt, und donnernd
schlugen die schweren Sturzwellen gegen die Wand der Mole
und überschwemmten deren ganze Krone einschliesslich der er-
wähnten Mittelmauer mit reichlicher Salzflut, so dass ich recht
überrascht war, als ich gerade auf der am meisten ausgesetzten
Südwestseite der Mole einen dunklen Vogel einhertrippeln sah,
den ich anfangs fast für einen Star gehalten hätte, beim Näher-
kommen aber als Steinwälzer erkannte, der hier einsam mitten
unter den stossweise sich über ihn ergiessenden Wassermassen,
die ihn mitunter fast fortzuschwemmen drohten, in den auf der
Mole entstandenen Lachen, in die die Flut wohl auch mancherlei
kleines Seegetier verschlagen haben mochte, nach Nahrung
suchte und sich auch durch mein Hinzutreten kaum stören liess.
Schon bei einer flüchtigen Betrachtung dieses sonst einiger-
massen isoliert dastehenden sehr beachtenswerten Vertreters der
Regenpfeiferfamilie empfängt man den Eindruck eines Mittel-
gliedes zwischen den Aegialiten und dem Austernfischer, und wenn
allerdings das in lebhaftem Rostrot, Tiefschwarz und Reinweiss
prangende Hochzeitsgefieder die Anklänge an beide genannten
Vogeltypen sehr zurücktreten lässt zu Gunsten entschiedener
Gefiederte Wintergäste bei Memel. 299
Eigenart und Originalität, so ist anderseits das so viel schmuck-
losere (wohl erste) Winterkleid, welches das in Rede stehende
Exemplar trug, besonders geeignet, namentlich die Ähnlichkeit
mit dem Austernfischer ans Licht zu stellen. Zwar der kurze
schwarze Schnabel erinnert zunächst viel mehr an die Aegialiten,
hat aber doch auch in der Form schon etwas Abweichendes,
Derbes, und die Farbenverteilung vollends erscheint, da in diesem
Kleide die hellen Zeichnungen auf Kopf und Hals (mit Ausnahme
des rein weissen Kehlflecks) sowie die rostigen der Oberseite
sehr zurücktreten und daher Kopf, Hals, Rücken und Flügel
fast gleichmässig braunschwarz, alle anderen Teile aber weiss er-
scheinen, mit der des Austernfischers fast ganz übereinstimmend,
während andrerseits auch die ganze Gestalt und Haltung, der
zwar ziemlich kurze, aber doch einigermassen bewegliche Hals,
der gedrungene Körperbau und die verhältnismässig recht
niedrigen orangeroten Ständer, ohne die Verwandtschaft mit den
Aegialiten zu verleugnen, doch entschieden mehr auf jenen hin-
weisen. Nicht anders verhält es sich mit den Bewegungen; zwar
kann der Gang, gewöhnlich fast ganz austernfischerartig in zwar
kurzen, aber doch wohlgemessenen etwas trippelnden Schrittchen
mit nur geringem Anklänge an die so charakteristische unbe-
weglich steife Körperhaltung der Aegialiten erfolgend, auch leicht
zu ziemlich schnellem Laufen gesteigert werden, aber auch dies
ist weit entfernt von dem ruckweisen, rollenden Dahinschnurren
des Halsband- oder Flussregenpfeifers, hinter dem es auch an
Schnelligkeit stets zurückbleiben dürfte; der Flug vollends ist,
wenn auch kräftig, sehr schnell und auch scharfer Wendungen
fähig, doch himmelweit verschieden von dem so gewandten und
wechselvollen, fast schwalbenähnlichen der Aegialiten und nähert
sich gleichfalls dem des Austernfischers, mit dem auch das Flug-
bild eine gewisse Verwandtschaft zeigt. So trieb der anziehende
Vogel auf der Mole still und ruhig sein Wesen, unbekümmert
um die Menschenmenge, die sich eines in der Nähe auf den
Grund geratenen (später wieder flott gemachten) Schleppdampfers
wegen noch nicht hundert Schritte entfernt am Seestrande an-
gesammelt hatte, wie um den einzigen Vertreter der Species
Homo sapiens, der sich wenige Meter von ihm einsam auf der
Mauer thronend seinetwegen geduldig von Wasserstaub und
Spritzwellen durchnässen liess, flog mit bemerkenswerter Leichtig-
keit und Sicherheit, die er freilich sowohl mit dem Austernfischer
20*
800 E. Christoleit:
wie mit den Aegialiten, wenigstens dem Flussregenpfeifer!) teilt,
bald auf die Mauer, bald von dieser wieder auf die rechte oder’
linke Seite der Mole und schliesslich an den Seestrand hinab,
wo er mit unverminderter Zutraulichkeit namentlich das ange-
spülte Seegras nach Nahrung durchsuchte, dabei recht wenig.
aegialitenartig nicht nur Seegrasbüschel, sondern auch grössere
Eisstückchen mit auffallend kräftigen Schnabelbewegungen zur
Seite schleudernd, wenn er unter ihnen Beute vermutete — eine
Gewohnheit, die ihm ja auch zu seinem deutschen Namen ver-
- holfen hat —, zeitweise aber auch still ins Seegras gedrückt,
der Ruhe sich hingab. Schliesslich machte die beginnende
Dämmerung der Beobachtung des ungewöhnlichen Wintergastes,
der noch immer nicht geneigt schien, die (später wieder aufge-
suchte) Mole zu verlassen, ein Ende; in den nächsten Tagen war
er nicht mehr anzutreffen. Dass es sich hierbei um ein infolge
von Krankheit oder Verwundung auf dem Zuge zurückge-
bliebenes Exemplar handelte, ist mir nach dem Aussehen und
Betragen des Vogels wenig wahrscheinlich; freilich war das Wetter
bis dahin auch ziemlich milde gewesen.
2. Schmalschnäbliger Wassertreter (Phalaropus hyperboreus).
Mit diesem ausserhalb der spezifisch ornithologischen Kreise
noch immer sehr wenig bekannten ebenso seltsamen wie wunder-
lieblichen nordischen Schnepfenvogel einmal zusammenzutreffen
war, seitdem Flörickes Berichte dies für mich wenigstens in den
Bereich des Möglichen gerückt hatten, schon lange ein Lieblings-
wunsch von mir gewesen, wie alle solche Träume in einem Winkel
des Herzens um so standhafter festgehalten, je eifriger der Verstand
bemüht war ihn zu unterdrücken; und als nun nach langem Auf-
enthalte im Binnenlande auch einmal eine Hafenstadt mein Wohn-
ort geworden war, da war es unvermeidlich, dass der Traum als-
bald festere Formen annahm und in unbewachten Momenten gar
mancher Blick aus bewaffnetem und unbewaffnetem Auge nach
dem fremden Meeresvogel auf die Suche ging. Indessen Woche
um Woche der Zugzeit verstrich, ohne dass der kahle Memeler
Seestrand mir etwas Anderes geboten hätte als wenige Flussufer-
1) Diesen habe ich auf dem Kaibahnhof in Königsberg sogar auf den
nicht einmal ganz wagerechten platten Dächern der Güterschuppen sich
sehr geschickt bewegen sehen; vom Austernfischer ist es ja bekannt,
dass er es auf Uferfelsen ebenso macht.
Gefiederte Wintergäste bei Memel. 301
läufer,!) Aegialiten, Austernfischer und ab und zu einmal einen
verirrten Alpenstrandläufer, und als auch ein Ausflug nach dem
Ornithologeneldorado Rossitten, so viel des Interessanten er sonst
bot, in dieser Beziehung erfolglos geblieben war, da wurde Pha-
laropus hyperboreus schliesslich denn doch still und ohne Aufsehen
zu den übrigen begrabenen Hoffnungen gelegt. Darüber kam denn
der Winter ins Land und mit ihm seine Gäste; die ersten See-
taucher schaukelten sich auf den Wellen des Tiefs, Tauchenten
zeigten sich zahlreicher, und über den Schwimmvögeln, denen
zuliebe nunmehr die in den freien Stunden unternommenen Spa-
ziergänge fast ausnahmslos den Hafen zum Ziel hatten, waren die
Sumpfvögel, deren Zugzeit ja längst vorüber war, ganz und gar
vergessen. So war ich auch am Nachmittage des 4. Dezember
wieder hinausgewandert nach der Nordermole. Es war ein trüber,
unfreundlicher Tag; auf der öden dunkelgrauen, ziemlich stark
erregten Flut zeigte sich hier und dort ein Nordseetaucher im
Jugendkleide, und etwas näher der Mole schwammen ein paar
melancholische junge Eisentchen; sonst nichts Lebendes. Das war
wirklich nicht allzuviel, und schon überlegte ich, ob ich nicht
wieder umkehren sollte, als ich rechts von der Mole in der eingangs
erwähnten Einbuchtung dicht vor oder eigentlich unter mir über
dem Wasser etwas fiattern sehe. Von der so ausserordentlich
eigenartigen, neben den gewohnten Tauchern, Enten und Möven
ganz winzig sich ausnehmenden Erscheinung förmlich verwirrt,
weiss ich in den ersten Augenblicken garnicht, was ich aus ihr
machen soll, und erst genauere Betrachtung kann mich überzeugen,
dass ich nicht etwa einen eifrig kopfnickend umherlaufenden
Schneeammer, sondern thatsächlich einenschmalschnäbligen Wasser-
treter im Winterkleide vor mir habe, mit schwarzem Schnäbelchen,
weissem Vorder- und dunklen, daher auf den ersten Blick fast
wie gehäubt aussehendem Hinterkopfe, gelbbräunlichem Halse,
zart aschblaugrauer übriger Oberseite mit dunkleren Schwingen
1) Diesen zierlichen Allerweltsvogel habe ich auf dem Zuge sowohl
1900 bei Memel wie auch 1899 auf der kurischen Nehrung zwischen
Sarkau und Nidden wiederholt einzeln am Seestrande angetroffen, den
Flussregenpfeifer aber, zum Teil mit seinem schöneren und grösseren Ver-
wandten, dem Halsbandregenpfeifer, vereinigt, an denselben Orten sehr
zahlreich und bei Memel wenigstens die ganze Zugzeit über bis Mitte
Oktober, so dass ich zumal hinsichtlich des letzteren die gegenteiligen
Angaben Flörickes nicht recht begreife.
302 E. Christoleit:
und einer weissen Flügelbinde und reinweisser Unterseite, der
sich kaum zehn Schritte vor mir auf das Wasser niedergelassen
hat und völlig unbekümmert um meine Anwesenheit seiner Nahrung
nachgeht. Und nun waren Wetter, Nordseetaucher und Eisentchen
vergessen und vergessen auch der Fischerjunge, der keine zwanzig
Schritte davon, die Taschen voll sorgfältig gesammelter Steine,
an der Mauer lehnte, nur durch die Ungewissheit, wie ich mich
dazu stellen würde, einstweilen noch davon abgehalten, mit diesen
Wurfgeschossen gegen alles nur irgend erreichbare lebende Gevögel
vorzugehen, !) und wie gebannt an jeder seiner Bewegungen
hängend liess ich den seltenen Gast aus dem Norden, der hier eine
nahrungsreiche Stelle gefunden zu haben schien, mit gewöhnlicher
Zutraulichkeit vor meinen Augen sein munteres Spiel treiben.
Wer den Wassertreter nur auf dem ruhigen Spiegel kleiner Land-
seen, Teiche und Tümpel beobachtet hat, mag von ihm nichts
weiter bemerken als dass er beim Schwimmen sehr wenig tief im
Wasser liegt; wer ihn, wie es mir hier zuteil wurde, zum ersten
Male inmitten bewegter Meereswellen zu sehen bekommt, der wird
zunächst überhaupt im Zweifel sein, wie er die hurtigen Bewe-
gungen des dicht vor seinen Augen auf der schäumenden Flut
tanzenden wunderbaren Vögelchens deuten soll, ob er es hier
wirklich mit einem Schwimmen zu thun habe oder ob es nicht
vielmehr von einer unerklärlichen Kraft zwischen Luft und Wasser
schwebend erhalten und dazu noch halb laufend vom Winde über
die Wasserfläche geweht werde wie ein Segelschlitten über glattes
Eis — ein Gefühl, wie es ähnlich wohl den Beobachter ergreifen
mag, der zum ersten Male die halb kletternden, halb fliegenden
Bewegungen des Alpenmauerläufers oder die halb schwebenden,
halb über den Wasserspiegel laufenden der Sturmschwalben aus
t) Es scheint in der That ein vom jüngsten Fischerknaben bis zum
Universitätsprofessor giltiges „Naturgesetz“ zu sein, dass Fischer und
Fischereiinteressenten die allerrücksichtslosesten und fanatischsten Vogel-
feinde sind, die es giebt. — Der erwähnte Knabe nahm sich übrigens
schliesslich wirklich auch den Wassertreter zum Ziel seiner sehr ge-
schickten Steinwürfe, mit denen er bei dessen wahrhaft rührender Harm-
losigkeit, die ihn selbst hierauf nicht achten liess, ohne mein Einschreiten
wahrscheinlich zuletzt Erfolg gehabt hätte. Solcher Gesinnung allein mit
„Belehrung“, also Verbreitung grösserer Kenntnis der Vögel, entgegen-
wirken zu wollen, ist, wie ich nicht ablassen möchte hervorzuheben, das
Aussichtsloseste was es geben kann.
Gefiederte Wintergäste bei Memel. 303
' eigener Anschauung kennen lernt. In der That liegt der ganze
Körper des kleinen Schwimmers ausserhalb des Wassers, das nur
die untersten Bauchfedern berühren, und wie er darin schon den
Gesetzen der Schwere entnommen zu sein scheint, so nicht minder
in der wunderbaren Schnelligkeit und der noch erstaunlicheren
Behendigkeit, mit der er, nicht wie andere schwimmende Vögel
meist mit beiden Füssen zugleich, sondern durchaus regelmässig
abwechselnd abstossend und so thatsächlich mehr laufend als schwim-
mend über den Wasserspiegel dahineilt, fortwährend sehr lebhaft
mit dem auf ausgestrecktem Halse meist hoch getragenen Köpf-
chen nickend und mit einer im ersten Augenblicke fast unnatürlich
anmutenden, mehr als quecksilbernen Beweglichkeit und ruhelosen
Hast bald hierhin, bald dorthin sich wendend, bald hier, bald
dort etwas vom Wasser aufnehmend, nicht selten auch Kopf und
Hals in dasselbe eintauchend, ohne dabei das rastlose Vorwärts-
eilen auch nur einen Augenblick zu unterbrechen. Weder der
Luft noch dem Wasser recht angehörig, scheint er von beiden
Elementen als willenloser Spielball in unaufhörlichem unberechen-
barem Wirbel dahingeführt zu werden, und erst wenn man genauer
zusieht, wenn man bemerkt, wie geschickt er im letzten Augenblicke
den Stein vermeidet, gegen den ihn die heranrollende Woge
unfehlbar schleudern zu müssen schien, wie er fast mit gleicher
Schnelligkeit gegen Wind und Wellenschlag wie mit ihnen vorwärts
kommt, wie es ihm völlig gleichgiltig ist, ob er die Welle quer,
schräg oder längs durcheilt, wie er bei aller Lebhaftigkeit und
Hast seiner Bewegungen in Sturm und Brandung doch nicht ein
einziges Mal die Herrschaft über sie verliert und selbst auf der
äussersten Spitze des zusammenbrechenden Wellenkammes, wo es
scheint, als müsste die vereinigte Gewalt beider Elemente den
kleinen Körper End’ über End’ umschlagen lassen wie ein Boot,
kaum einmal nötig hat die ruhig angelegt getragenen Flügel zu
lüften, dann beginnt man zu ahnen, welch eine Fülle energischer
zielbewusster Kraftanstrengung in den so seltsam und regellos
erscheinenden Bewegungen dieses zarten Geschöpfchens zum Aus-
druck kommt, einer Kraft, die sie zugleich trotz ihrer Regellosigkeit
und Hast niemals der Anmut bar erscheinen, sondern diese viel-
mehr in hohem Masse an den Tag legen lässt; ich müsste längst
Gesagtes wiederholen, wollte ich den unbeschreiblich lieblichen
Eindruck zu schildern versuchen, den dies Vögelchen gerade inmitten
einer solchen rauhen und düstern Umgebung gewährt, Erst wer
304 E. Christoleit:
es so gesehen, vermag seinen deutschen Namen zu verstehen, denn
es ist wirklich ein „Wassertreten‘“ mehr als ein Schwimmen, freilich
mit solcher Leichtigkeit und Grazie ausgeführt, dass man sich
immer wieder, so sehr man auch zunächst vor einem so hyper-
bolisch erscheinenden Vergleiche zurückschrecken möchte, an die
anmutigen Reigen der bekannten bleiglänzenden Drehkäferchen
unserer Gewässer erinnert fühlt. Und dann geht das Tierchen
vom gaukelnden Tanze auf der Wasserfläche zu dem in der Luft
über; ohne erkennbare Veranlassung erhebt es sich leicht und |
geschickt von den Wellen und in gewandtem Schwebefluge in der
Luft stehend, steigend und fallend bietet es dem Winde die Stirn,
jetzt wie spielend die verschiedensten Zickzackwendungen und
Schwenkungen ausführend, jetzt sich plötzlich vor den Wind
legend und sich von ihm blitzschnell einige dreissig bis vierzig
Meter forttragen lassend, um dann wieder Halt zu machen, nun
langsam zum Wasserspiegel hinabsinkend, als wollte es sich auf
ihm niederlassen, im letzten Augenblicke aber wieder aufsteigend
und so eintagsfliegenartig in anmutigen, hüpfenden Bogen noch
mehrmals auf und nieder gaukelnd, bis es sich wirklich auf das
Wasser herablässt, um nach wenigen Augenblicken eiligen „Wasser-
tretens‘“ — auch nur kurze Zeit ruhig auf dem Wasser zu liegen
scheint ihm unmöglich zu sein — sich wieder zu erheben und
das alte Spiel von Neuem zu beginnen. Dabei tritt die Strand-
läuferähnlichkeit unverkennbar hervor, wiewohl die Flügel im
Verhältnis zum Körper grösser, namentlich breiter, weniger stark
ausgeschnitten sind und dadurch sowohl der Flug selbst etwas
Abweichendes erhält als auch insbesondere das Flugbild entschieden
noch mehr an eine Bekassine erinnert; Flörickes Vergleich mit
der Sumpfschnepfe (Gallinago gallinula), die ich im Freileben
noch nicht kenne, dürfte daher sehr treffend sein; dabei wird der
Hals eingezogen und der ziemlich kurze Schnabel etwas gesenkt.
Nur einmal und ganz vorübergehend ging das rastlose Tierchen
auch an das Land und lief hier strandläuferartig einige Schritte,
um sich dann sofort wieder ins Wasser zu begeben. Was für
Stoffe es eigentlich sind, die es fortwährend von der Oberfläche
des Meeres aufnimmt, blieb mir ungewiss wie übrigens, wie es
scheint, manchem anderen Beobachter auch; mehrfach schienen
es auch grössere Bissen zu sein, und jedenfalls fand der kleine
Wintergast trotz der vorgerückten Jahreszeit an dieser Stelle
wenigsten einen sehr reich gedeckten Tisch, dem er denn auch,
Gefiederte Wintergäste bei Memel. 305
stets vollauf beschäftigt und ohne ein einziges Mal auszuruhen
für den Rest des Tages treu blieb. Rasch ging der kurze De-
zembernachmittag zu Ende; längst war die Dämmerung herein-
gebrochen und auf der Kuppel des Leuchtturms über den Wipfeln
der Plantage die rötliche Flamme erglommen; ein heftiges Schnee-
gestöber trieb mir die Flocken ins Gesicht, und kaum konnte ich
noch die Umrisse des nach wie vor unermüdlich über die dunkle
Flut dahineilenden Vögelchens erkennen, da riss ich mich endlich
los, um, vor den Augen noch immer das liebliche Bild des lang-
erhofften, nunmehr schon so lange aufgegebenen und endlich doch
gefundenen nordischen Fremdlings, durch das Dunkel des Winter-
abends den einsamen Heimweg anzutreten. Ob ich ihn wohl je
in meinem Leben zum zweiten Male sehen werde? —
3. Zwergmöve (KXema minutum).
Dieser zu den schönsten Zierden der Vogelwelt meiner ost-
preussischen Heimat gehörenden kleinsten unserer Mövenarten,
die man nach den meisten Angaben eher für einen ziemlich
weichlichen Zugvogel hätte halten mögen, als Wintergast im
nördlichsten Seehafen des deutschen Reiches zu begegnen, wird
gewiss manchen Leser überraschen, sicherlich aber keinen mehr
als seinerzeit, am 19. Januar 1901, den Schreiber dieser Zeilen,
der anfangs längere Zeit lieber den wildesten Vermutungen Raum
geben als sich überzeugen lassen mochte, dass er es wirklich mit
dieser im vorhergehenden Sommer auf dem Kurischen Haffe
durchaus vergeblich gesuchten Art zu thun hatte!) Freilich
mussten die Zweifel schliesslich doch endgiltig verstummen, als sich
eine Woche später sogar vier Stück zeigten und von da ab Xema
minutum bis zum 9. Februar in einer Stärke von bis 7 Stück, von
denen jedoch nur eines das ausgefärbte, alle anderen das mittlere
Winterkleid trugen, ständig im Hafen zu sehen war, während
nach dieser Zeit, in der der Frost stärker einzusetzen begann,
sich nur noch am 26. Februar, nachdem wieder Tauwetter ein-
getreten war, eine einzige, später aber wieder mein Erwarten
keine mehr blicken liess. Irgendwelche Vermutungen darüber,
wo diese Exemplare den Rest des doch garnicht so besonders
1) Später habe ich freilich Gelegenheit gehabt, mich zu überzeugen,
dass die Zwergmöve schon mehrfach in deutschen Ostseehäfen als Winter-
gast beobachtet worden ist.
306 E. Christoleit:
milden Winters zugebracht haben und ob sie wirklich vom Ostufer
des Kurischen Haffs oder nicht vielleicht sehr viel weiter nördlich
herstammten, aufzustellen bin ich ausser Stande; jedenfalls wird
es unter diesen Umständen ausreichend gerechtfertigt sein, wenn
ich auch von ihrem Leben und Treiben im Memeler Hafen an
dieser Stelle ein Bild zu entwerfen versuche, um so mehr als sie
in dieser Umgebung zu meiner Überraschung Eigenschaften und
Fähigkeiten an den Tag legten, zu deren voller Entfaltung ihnen
ihr Sommerleben auf ihren ruhigen bequemen Seen und Strom-
mündungen wohl nur ausnahmsweise ausreichende Gelegenheit
giebt und durch sie noch wesentlich anziehender erschienen als
sie es nach allgemeinem Urteil ohnehin schon sind.
Nach Gestalt und Farbe wie nach Betragen und Wesen kenn-
zeichnet sich die Zwergmöve als eine ebenso liebenswürdige und
anmutige wie scharf charakterisierte Erscheinung unter dem bei
aller Übereinstimmung seiner Glieder doch keineswegs formen-
armen Mövengeschlechte. Dem Gesamteindrucke ihrer Formen
wie ihrer Bewegungen nach muss sie in gewissem Umfange als
Übergangsglied von diesem zu den Seeschwalben bezeichnet werden;
ein Unkundiger würde sie zweifellos eher als Seeschwalbe denn
als Möve ansprechen. Der Rumpf ist vielleicht etwas gedrungener
gebaut als bei anderen Möven, und der sonst normal gebildete
Hals wird im Fluge auffallend eingezogen, ohne dass dies aber
der Zierlichkeit ihrer Gestalt Eintrag thut, die andrerseits in dem
im Fluge stets wagerecht getragenen wohlgeformten Mövenkopfe
mit dem feinen dunkeln Schnabel in ganz besonderem Masse zum
Ausdruck kommt und aufs Vorteilhafteste unterstützt wird von
der bei aller Einfachheit sehr wirkungsvollen und markanten
Färbung: von dem gleich der ganzen Unterseite rein weissen
Schwanze hebt sich das Schwarz der Endbinde eben so scharf
und sauber ab wie von der zart aschblaugrauen, auf dem Hinter-
kopfe, namentlich hinter dem Auge etwas verdunkelten übrigen
Oberseite die charakteristische Flügelzeichnung, ein breiter schwärz-
licher Streifen, der den ganzen Flügelrand einnimmt und dann
vom Buge mitten über die Oberflügeldecken bis zur Schulter zieht.t)
1) Da, wie schon angegeben, fast alle Exemplare das mittlere Winter-
kleid trugen, ist vorzugsweise dieses berücksichtigt; übrigens möchte es
mir fast zweifelhaft erscheinen, ob das ausgefärbte Kleid mit seinem
gleichmässig weissen Schwanze und den ebenso gleichmässig die Farbe
des Rückens tragenden, auf der Unterseite aber sehr eigentümlich dunkel
Gefiederte - Wintergäste bei Memel. 307
Ganz besonders entscheidend für die Erscheinung der fliegenden
wie der schwimmenden Zwergmöve ist aber der Schnitt der
Flügel, und hierin weicht sie in gewisser Hinsicht von Seeschwalben
und Möven zugleich ab, indem der Armschwingenteil kürzer als
bei beiden erscheint, während der Handschwingenteil zwar sehr
lang und schmal, aber doch nicht so spitz ist wie bei den ersteren.
Diesem Flügelbau entspricht der Flug. Wohl schwebt auch die
Zwergmöve sehr gewandt und sicher im Winde und wohl vermag
auch sie mit geschickter, jedem Wechsel des Luftstromes sich
accommodierender Einstellung der Schwingen und reichlicher Zu-
hilfenahme des Schwanzes jenen Segelflug auszuführen, wie er
für die Möven in gewissem Gegensatze zu den Seeschwalben so
charakteristisch ist, aber ihre gewöhnliche Flugweise hat ent-
schieden mehr von diesen als von jenen; mit unter Möven im
Allgemeinen doch nicht üblicher Schnelligkeit und noch grösserer
Gewandtheit eilt der zierlich gebaute Vogel dahin in raschen
lebhaften Flügelschlägen, deren fast taktmässige Aufeinanderfolge
sehr an die Gattung Sierna, deren infolge des kürzeren Unterarms
noch über diese hinausgehende kurze kraftvolle Bestimmtheit
aber mitunter fast an Turteltaubenflug erinnern würde, wenn nicht
beides wiederum sehr angenehm gemildert erschien durch eine
stets gleichbleibende Weichheit und Eleganz, die fast an die
schwarze Seeschwalbe (Hydrochelidon nigra) gemahnt, dabei stets
bereit zu den kühnsten und schärfsten Wendungen, zu dem
wechselvollsten Schwenken, Steigen und Fallen, Flattern und
Schweben, zu den plötzlichsten und unvermutetsten Übergange
von der einen Art des Fluges zur anderen und in allen diesen so
mannigfaltigen Bewegungen dennoch stets wie mühelos die vollste
selbstgewisseste Sicherheit und auf Grund solcher „vollendeten
Kraft‘ auch die vollendetste Anmut bewahrend. Der gewöhnliche
Jagdflug führt sie meist in sehr geringer Höhe (etwa 2—3 Meter)
über dem Wasser die Brandungslinie entlang, und sie streicht dann
meist, oft mit fledermausartiger Regelmässigkeit, ein bestimmtes
schwarzgrau gefärbten Flügeln gegen jenes zweifellos viel markantere
einen Fortschritt bedeutet, selbst wenn, wie es in dem (mir aus eigener
Anschauung allerdings noch nicht bekannten) Hochzeitskleide der Fall ist,
ein dunkel braunschwarzer Kopf hinzukommt. Wenigstens bei einem
Exemplare zeigte sich übrigens schon im mittleren Kleide eine entschie-
dene Andeutung des im Hochzeitskleide so viel stärkeren rosenrötlichen
Hauches auf der Brust.
308 E. Christoleit:
Revier ab, indem sie, am Ende desselben angekommen, sich
entweder plötzlich vor den Wind legt und mit weit ausgebreiteten
Schwingen einen einzigen gewaltigen Bogen beschreibend sich in
wenigen Sekunden die ganze Strecke dahintragen lässt, zu der
sie vorher in angespanntem Ringen gegen den Andrang des
Windes und in eifriger Nahrungssuche vielleicht mehr als eine
Minute brauchte, oder wie in neckischem Spiele dem Winde auch
weiterhin die Stirn bietend stossweise förmlich rückwärts fliegt,
bald sich scheinbar widerstandslos vom Luftstrome fortführen
lassend, bald mit wenigen Flügelschlägen auf kurze Zeit seiner
Macht widerstehend, um unter eifrigen Hin- und Herwenden des
zierlichen Kopfes auch auf dem Rückwege noch auszuspähen, ob
sich irgendwo eine Beute ihrem Stosse darbietet. Auch bei
diesem macht sich ihre scharf ausgeprägte Eigenart sehr ent-
schieden geltend; die gewöhnliche bei aller thatsächlichen Ge-
wandtheit doch zunächst fast etwas umständlich anmutende Weise
auch unserer kleineren und flinkeren Mövenarten, sich, womöglich
in mehreren Schwenkungen, auf das Wasser herabzulassen, un-
mittelbar über diesem mit einem Rucke den Körper in eine völlig
wagerechte Lage zu bringen und dann erst mit vorgestrecktem
Schnabel weit nach dem schwimmenden Bissen herabzulangen,
bemerkt man bei ihr am seltensten und wenn doch, so jedenfalls
in so zierlicher Ausführung, dass man sie kaum wiedererkennt;
sondern entweder — und das ist namentlich bei hohem Seegange
das Häufigere — stösst sie seeschwalbengleich mit halb angelegten
Flügeln wie der Pfeil von der Sehne herab, oft bis zum halben
Leibe (doch, so viel ich gesehen habe, im Gegensatze zu den
Seeschwalben niemals ganz) unter Wasser tauchend, oder sie
wirft sich, wenn ihr die Sache weniger Eile zu haben scheint,
geradezu auf den Wasserspiegel, ergreift, während sie einen
Augenblick in völlig schwimmender Stellung verharrt, leicht und
ungezwungen das Object ihres Stosses und erhebt sich sofort
wieder gewandt und mühelos in die Luft, wobei es freilich, wie
bei anderen Möven auch, öfters dazu kommt, dass sie ihm noch
ein wenig halb schwebend, halb schwimmend oder über das Wasser
laufend nachsetzen muss, was sie dann mit gewöhnlicher Grazie
‚ausführt. Ist aber das Beutestück etwas grösser, so verschluckt
sie es stets schwimmend, und daher sieht man sie nicht selten in
dieser Stellung. Dann nimmt sich die elegante Fliegerin ganz anders
aus als im Fluge, aber kaum weniger charakteristisch und reizvoll.
Gefiederte Wintergäste bei Memel. 309
Wie alle Möven und Seeschwalben liegt sie nur leicht auf dem
Wasser; dabei wird der Kopf erhoben, so dass der keineswegs
dicke Hals jetzt zur Geltung kommt, wobei eine gewisse Lach-
mövenähnlichkeit (namentlich mit jungen Exemplaren), nur un-
endlich verfeinert, unverkennbar hervortritt, die langen Schwingen
aber werden ganz besonders hoch getragen, und ihre Zeichnung
erscheint jetzt noch schärfer und prägnanter als am fliegenden
Vogel, indem nun der breite schwarze Streifen auf dem Oberflügel
von dem die Handschwingen bedeckenden durch einen scharf
abgesetzten hellgrauen, den die Armschwingen bilden, getrennt
erscheint. Doch ist viel ausruhen ihre Sache nicht, und sie er-
hebt sich daher gewöhnlich sehr bald wieder vom Wasserspiegel,
es sei denn, dass sie einmal badet, wobei dann freilich die gra-
ziöse Lebhaftigkeit dieses temparamentvollen Geschöpfes auch sehr
entschieden zum Ausdrucke kommt. Nur selten habe ich sie
fortrudern sehen; doch scheint sie auch in dieser Beziehung nicht
ganz ungewandt zu sein. Vollkommen ihre körperlichen Vorzüge
zu würdigen aber vermag erst, wer sie, wie es mir während ihres
Anfenthaltes im Hafen mehrfach zuteilwurde, bei heftigem Sturme
in der Brandung sah; das Epitheton „sturmesmunter‘ scheint in
solchen Augenblicken dieser Bewohnerin stiller, ruhiger Binnen-
gewässer fast in höherem Masse zu zukommen als den anderen
Arten die von Jugend auf mit dem wilden Meere vertraut sind.
Wo die schäumenden Wogen am höchsten rollen und mit dumpfem
Donnern anı wuchtigsten gegen die Steinmassen der Molen schlagen,
wo der weisse Schaum, von der ungeheueren Heftigkeit des An-
pralls zum Teil zu raketenartigen Wirbeln zusammengepresst,
fast haushoch emporspritzt, da scheint sie dann am liebsten zu
verweilen; da entfaltet sie auf dem düsteren Hintergrunde in
ungezähmter Wildheit tobender Elementarkräfte als ein freund-
licher Gruss des Lebens eine Ausdauer, Gewandtheit und Anmut,
die jeden einigermassen Empfänglichen zur Bewunderung hin-
reissen muss. Als freue sie sich dieses die ganze Schärfe ihrer
Sinne und die ganze Kraft ihrer Muskeln in Anspruch nehmenden
Kampfes, scheint sie dann der feindlichen Flut noch näher zu
rücken als sonst, noch kecker unmittelbar unter der Kante des
zusammenstürzenden Wellenberges hinzustreifen, noch stürmischer
sich mitten hineinzustürzen in die brodelnde Schaumesmasse der
niederbrechenden Woge, von der sie rettungslos verschlungen
werden zu müssen scheint und über der sie doch im nächsten
310 E. Christoleit:
Augenblicke, mit einer kurzen vibrierenden Bewegung sich den
Wasserstaub von den Schwingen schüttelnd, leicht und anmutig
wie iınmer wie triumphierend wieder emporschwebt, ein rechtes
Bild der Überlegenheit zielbewusster Gewandtheit über die blind
wütende rohe Kraft, und das alles im scharf daherbrausenden
Sturme, der allein schon ihre Kraft und Geschicklichkeit vollauf
in Anspruch zu nehmen scheint. Wahrhaft erstaunlich aber ist
die Sicherheit, mit der sie auch unter solchen Umständen ihrer
Gewohnheit treu bleibt, ihre Beute schwimmend zu verzehren;
hier entwickelt sie ähnlich wie der schmalschnäblige Wassertreter,
an den sie in solcher Situation thatsächlich auch äusserlich er-
innert,!) eine fast körperlos erscheinende Gewandtheit und Leich-
tigkeit der Bewegungen. An den Stellen der schwersten Brandung,
die auch die seefesten Eisenten und selbst der Seetaucher sorg-
fältig meiden, weil auch sie fürchten müssen, hier von der Gewalt
der Wogen erfasst und gegen die Uferwand geschleudert zu werden,
sieht man dann dieses in solcher Umgebung so winzig und zart
erscheinende Geschöpf sich mit der grössten Ruhe auf das
Wasser niederlassen, weil es sicher ist, durch seine Fluggewandt-
heit sich jeden Augenblick dem unmittelbarem Machtbereich des
feindlichen Elementes wieder entziehen zu können; und so lässt
es denn öfters die Wellen förmlich Fangball mit sich spielen, von
dem höchsten Gipfel der einen sich leicht und fast unmerklich
erhebend, um im Winde schwebend und schwimmend auf die
nächste herabzusinken, und so in fast mühelos erscheinender Be-
herrschung beider Elemente den höchsten Liebreiz seines Wesens
entfaltend. Welchen Objecten die Jagd der Zwergmöven im
Memeler Hafen vorzugsweise galt, habe ich nicht bemerken können,
möchte aber annehmen, dass Fische dabei wenig oder auch gar-
nicht in Betracht kamen; mehrmals schienen sie Streifen Seetang
vom Wasser aufzunehmen, vielleicht an ihm sitzender Tierchen
halber; einmal sah ich auch wie eine einen so grossen Bissen
erbeutete, dass sie ihn nur mit Mühe verschlucken konnte, aber
auch dies schien kein Fisch zu sein, wenigstens kein lebend ge-
fangener; jedenfalls litten sie, so lange ich sie beobachten konnte
wider mein Erwarten offenbar nicht den geringsten Mangel. Über
die „geistigen Eigenschaften“ dieses körperlich so begabten Vogels
war natürlich in den wenigen Tagen und unter wesentlich gleich-
1) Selbstverständlich nur, wenn er das Winterkleid trägt.
Gefiederte Wintergäste bei Memel. 31l
bleibenden Verhältnissen wenig mehr festzustellen als was schon
in dem Bisherigen zum Ausdrucke kommt, das Bild eines in
jeder Beziehung liebenswürdigen, stets heiteren, munteren und
lebendigen Geschöpfes, das die meisten Vorzüge des Mövencha-
rakters besitzt ohne seine unangenehmen Seiten. Die Gemeinschaft
untereinander war, wie bei Möven meistens, keine allzu feste;
doch schienen sich immerhin die vorhandenen Exemplare immer
wieder zusammenzufinden, und es kam doch auch, namentlich bei
dem beschriebenen regelmässigen Hin- und Herstreichen, öfters
vor, dass sich zwei oder drei von ihnen längere Zeit ganz nahe
bei einander hielten. Streitigkeiten habe ich auch in solchen
Fällen trotz ihrer Lebhaftigkeit unter ihnen nie bemerkt, und
ebenso schieren sie mit anderen Arten grundsätzlich Frieden zu
halten, auch wenn, wie es zuweilen geschah, eine von jenen und
eine Zwergmöve auf denselben Gegenstand stiessen; es schien
dann das „Prioritätsrecht“ auch von der dadurch Benachteiligten
neidlos anerkannt zu werden. Bemerkenswert aber war ihre
andauernde harmlose Zutraulichkeit, vermöge deren man sie sich
bei einiger Vorsicht immer wieder selbst bis auf 20 Schritte
vorübertliegen lassen konnte; auch Steinwürfe, mit denen sie von
einem würdigen Vertreter der so überaus tierfreundlichen Memeler!)
Fischerjugend so lange verfolgt wurden, bis ich einschritt, schienen
ihren Gleichmut nicht allzusehr zu erschüttern. Schwimmend
liessen sie sich indessen doch zwar auch auf Schrotschussweite,
aber nicht gern viel näher ankommen und trugen in solchen
Fällen gern die in unmittelbarer Nähe des Ufers erbeutete Nahrung
einige 50—60 Schritte von ihm fort, um sie dort in aller Ruhe
und Behaglichkeit zu verzehren; im Ganzen zeigten die harmlosen
Wintergäste jedenfalls deutlich genug, dass sie die civilisierte
Grossstadtmenschheit unserer Tage mit ihrem von jeder „Senti-
mentalität‘ freien „gesunden Egoismus“ noch keineswegs genügend
kennen und würdigen gelernt hatten. Hoffen wir das ihnen dies
Los auch weiterhin erspart geblieben ist und dass sie im nächsten
Jahre mit all der Munterkeit und sorglosen Fröhlichkeit, mit der
sie bei stürmischen Wintertagen am öden Meeresstrande den
einsamen Beobachter erfreut haben, auch ungestört haben ihr
frohes Sommerleben führen, ihre Nester bauen und ihre Jungen
aufziehen können im entlegenen Schilfdickicht des heimatlichen
1) Eigentlich Bommelsvitter und Melneragger.
312 E. Christoleit:
Gewässers, wo in stiller Flut gelbe Iris sich spiegeln und breit-
blättrige Seerosen und Mummeln, vom leichten Morgenwinde
bewegt, leise sich schaukeln.
4. Lachmöwe (Xema ridibundum).
Neben der kleinen zarten Zwergmöwe auch unsere zweite
Süsswassermöwe, ihre so erheblich grössere und kräftigere
Schwester Xema ridibundum als Wintergast im Memeler Hafen
anzutreffen konnte natürlich von vornherein sehr viel weniger
überraschen; auch sie gehörte an jenen Sturmestagen, an denen
die sonst vorherrschenden Enten, Säger und Taucher mehr oder
weniger zu verschwinden und das Feld den ihrerseits dann zahl-
reicher sich einstellenden „Seefliegern“ zu überlassen pflegten,
zu den charakteristischen Vogelgestalten des Hafens. Schon in
den Sommermonaten hatten, bis Ende Oktober ausdauernd,
namentlich diesjährige Junge in oft nicht unbeträchtlicher An-
zahl wie das übrige Haff so auch das Tief belebt; seit Anfang
November zeigten sich nur noch die dauernden Wintergäste, im
Gegensatze zur Zwergmöwe durchweg alte ausgefärbte Exemplare,
die, während sich bei stillem, wenn auch kaltem Wetter nur
verhältnismässig selten einmal eine blicken liess, bei Westwind
und hohem Seegange bis Ende Februar stets auf dem Platze
waren, trotz ihrer geringen Anzahl, die ein halbes Dutzend nie
überstieg, unter dem leichtbeschwingten Möwenvolke stets eine °
bemerkenswerte Stellung einnehmend.
Wer die Lachmöwe bisher nur im Sommerkleide an dem
heimatlichen Haffe, See oder Teiche oder auch auf dem Früh-
jahrszuge auf überschwemmten Wiesen beobachtet hat, dem er-
geht es, wenn er ihr zum ersten Male im Wintergefieder am
Seestrande begegnet, nicht anders als etwa demjenigen, dem ein
junges Mädchen, das er noch vor wenigen Monaten mit fliegenden
Locken und kurzem Kleidchen umhertollen sah, nunmehr als
züchtige Jungfrau in glattem Haar und langem Gewande sittsam
und ehrbar entgegentritt: er zweifelt zunächst an der Identität.
Nichts mehr von dem frischen, kecken, übermütigen Mohrenkopfe,
dessen lebensfrohe, rastlos bewegliche Schwärme die Gegend
weithin beleben, der unablässig mit den Gefährten zu spielen, zu
necken und zu zanken hat und dessen Schreilust und -fähigkeit
so gut wie die Gefrässigkeit des Spatzen ein Stück von der
Ewigkeit ist; das Schwarzbraun des Kopfes ist ersetzt durch ein
Gefiederte Wintergäste bei Memel. 313
‚ gleichmässiges Weiss, das reine Aschblau des Rückens und der
Flügel durch ein noch indifferenteres helles Bläulichgrau, und
‚ der so abweichende und charakteristische graulichweisse Flügelrand,
vor dem die schwarzen Schwingenspitzen ganz zurücktreten, ver-
vollständigt das gleichmässig zarte, fast unscheinbar zu nennende
Farbenbild, mit dem Gestalt und Betragen des so auffallend
veränderten Vogels in vollkommenem Einklange stehen. Mit der
Zwergmöwe, die doch im Sommerkleide auf etwas weitere
Entfernungen sogar mit ihr verwechselt werden kann, besteht
jetzt nicht die geringste Ähnlichkeit; kleinköpfiger und langhalsiger
als andere Möwen sich ausnehmend, zeigt die ganze Erscheinung
ein gewisses fast taubenhaft zu nennendes Ebenmass und eine
Harmonie der Formen, wie sie die so viel markantere Sommer-
färbung doch keineswegs im vollen Masse hervortreten zu lassen
geeignet ist, und ebenso liegt in ihren Bewegungen und ihrem
ganzen Wesen, so wenig es irgend welche Besonderheiten auf-
weist, eine eigentümliche Art von anspruchsloser Eleganz und
ruhiger Vornehmheit, von der sie am Brutplatze in der That
nichts ahnen lässt. Nicht immer zieht sie wie gewöhnlich mit
leichten gleichmässigen Flügelschlägen ruhig dahin oder schwebt
auch längere Strecken; sie vermag ebensogut zu segeln und zu
schwenken, zu rütteln und zu stossen, wie wir es von jeder
Möwe gewohnt sind und wie sie es zur Erlangung der kärglichen
Nahrung in harter Winterszeit wohl noch notwendiger braucht
als im Sommer, aber auf allen diesen Bewegungen ruht
unzerstörbar und niemals auch nur für einen Augenblick weichend
jener Hauch gleichmässig schlichter Anmut, der uns die Lach-
möwe im winterlichen Exil oft fast anziehender erscheinen lassen
möchte als den das Hochzeitskleid tragenden Sommervogel in
ungehemmter Lebenslust. Gerade beim Stossen tritt dies besonders
deutlich hervor; so leicht und sicher es, wo es notthut, auch tief
eintauchend, stets geschieht, so bleibt es doch frei von jeder
abrupten Hast, wie sie die Seeschwalben und, wenngleich in
anderer Art, nicht selten auch die Sturmmöwe dabei an den Tag
legen. Auch Sturm und heftige Brandung, dem Binnenlandsvogel
doch mehr oder weniger ungewohnt, vermögen diesen Flug-
charakter nicht im Mindesten zu alterieren; als steife sie sich
darauf, dem Drange der Elemente nicht den geringsten Einfluss
auf ihre Bewegungen zu verstatten, tragen „diese in solchem
Falle beinahe noch mehr den Stempel ruhiger, sicherer, selbst-
Journ, f. Orn, L. Jahrg. Juli 1902, 21
314 E. Christoleit:
gewisser Leichtigkeit; nur pflegt sie sich dann nicht gern auf
das Wasser niederzulassen, als fürchte sie dadurch zu allzu
heftigen Bewegungen gezwungen zu werden, so leicht und ele-
sant sie sonst das Niederlassen wie das Auffliegen ausführt.
Bei ruhigerer See aber ruht sie oft und gern wie auf dem stillen
Spiegel des heimatlichen Landsees auch auf dem des unendlichen
Meeres, wie andere Möwen den Kopf senkrecht erhoben und die
Schwingen hoch über dem Schwanze gekreuzt, oder badet unter
lebhaftem Flügelschlagen und Plätschern, unbekümmert darum,
ob das Thermometer vielleicht mehr als 10° R. unter Null zeigt,
auch hier anmutig wie immer, wenn sie auch gerade beim
Schwimmen die Lieblichkeit der Zwergmöwe lange nicht erreicht;
seltener setzt sie sich auch auf eine schwimmende Eisscholle
und lässt sich mit ihr, still und einsam auf ihrem Platze ver-
harrend, wie man es im Sommer bei ihr nie bemerkt, weit in die
See hinaustreiben. Denn gerade in dieser Beziehung bringt der
Winter im Wesen unseres Vogels die grösste und einschneidendste
Veränderung hervor, die freilich mit allen anderen ganz auf derselben
Linie liegt: nie habe ich von den Wintergästen im Memeler Hafen
auch nur zwei zusammenhalten sehen und nie habe ich einen
Laut von ihnen gehört. Wohl führen sie gleiche Bestrebungen
und Interessen sowohl mit Artgenossen wie mit Angehörigen
anderer Arten oft in unmittelbare Nähe zusammen, und wo an
geeigneten Tagen der Streifen treibender Schollen und schwimmen-
den Eisgerölls am Ausgange des Tiefs von der entgegenschlagen-
den Brandung der See besonders gründlich durcheinander ge-
worfen wurde und manches bis dahin verborgene Geniessbare
an die Oberfläche treten liess, fanden sich unter dem flatternden
Möwenschwarme, der wie eine weisse wehende Wolke darüber
lag, nicht selten alle vorhandenen Exemplare zusammen, ohne
die unmittelbare Nähe auch der grösseren Arten irgendwie zu
scheuen; aber ihr ganzes Verhalten zeigte doch, dass jede voll-
kommen ihren eigenen Weg ging und nach niemandes Gesell-
schaft Verlangen trug, freilich auch niemals sich, auch gegen
die schwächeren Zwergmöwen nicht, irgendwelche Feindseligkeit
zu Schulden kommen liess; gleichmässig stille, abgeschlossene
Ruhe war auch dann, im Gewühl der anderen, ihrem Wesen
aufgeprägt, und am wohlsten schienen sie sich doch zu fühlen,
wenn die Verhältnisse sich geändert hatten und eine jede wieder
in ruhiger Zurückgezogenheit einsam und lautlos ihre Bahn ziehen
Gefiederte Wintergäste bei Memel. 815
konnte.) War die Zwergmöve auch im kampfes- und entbeh-
rungsvollen Winterquartiere ganz Munterkeit und harmlose Lebens-
freude, so gewährte ihre — man möchte sagen — ältere Schwester,
im Sommer ihr wesentlich gleichgeartet erscheinend, hier in
eigentümlicher Abweichung vielmehr ein Bild schlicht vornehmer,
ruhiger Zurückhaltung, ein Gegensatz, der die Beobachtung beider
Arten nebeneinander ganz besonders anziehend machte; hat es
doch überhaupt schon einen eigenen Reiz, unsere beiden Süss-
wassermöven im Winterkleide am Seestrande dicht nebeneinander
über der Brandung sich tummeln zu sehen, während nicht weit
davon junge und alte Silbermöven sich unter den Schwarm der
Sturmmöven mischen ?2) und hoch darüber die mächtigen Gestalten
der Königin der Möven, der Mantelmöve, die gewaltigen Schwingen
weit ausgebreitet, in stolzer Ruhe im Winde schweben.
5. Eisente (Harelda glacialis).
Und nun zu dir, Harelda glacialıs, harmloses, munteres,
possierliches, unverdrossenes Eisentchen! Hast du auch weder
besondere Schönheit, noch irgendwelche Seltenheit zu deiner
Empfehlung aufzuweisen, da du vielmehr als Wintervogel am
baltischen Strande von Memel bis Hadersleben häufig wie Brom-
beeren und wohlfeil wie Sperlinge und jedenfalls einem nicht
unbeträchtlichem Teile der Leser dieser Blätter noch viel be-
kannter bist als dem, der dies schreibt — wie eine Perfidie und
himmelschreiende Undankbarkeit möchte es mir dennoch er-
scheinen, wenn ich dir nicht auch eine Stelle vergönnte unter
der Deputation des vielbedrängten Meeresgeflügels, die in diesen
Spalten wieder einmal den aussichtslosen Versuch wagen will, um
stilles Beileid und freundliches Gedenken, ja womöglich sogar
noch um so etwas wie hilfsbereite Sympathie und thatkräftiges
Mitleid zu bitten, da doch derlei Sentimentalität von den hochge-
bietenden Beherrschern der Vogelschutzbewegung schon längst
ein für alle Mal ausser Kurs gesetzt ist. Und ist es denn nicht
gerade deine Häufigkeit, die dich dem einsamen ornithologischen
1) Dagegen waren die Jungen im Herbste im Hafen wie anderswo
recht gesellig.
2) Von der im August und September im Jugend- wie im Alten-
kleide so häufigen Heringsmöve habe ich seit Oktober den ganzen Winter
über in der Umgegend von Memel nicht ein einziges Exemplar zu Ge-
sicht bekommen.
212
316 E. Christoleit:
Spaziergänger am Seestrande allmählich sozusagen zum täglichen
Brot werden lässt, zur schwerlich jemals besonders lebhaften,
aber dafür auch nie versagenden und versiegenden Freude zu
allen Tageszeiten, in Sturm und Stille, Wolken und Sonnenschein,
Frost und Tauwetter fünf Monate des Jahres hindurch? So trüb
auch der Himmel und so tot und öde die düstere Wasserfläche,
ein paar Eisentchen waren doch stets zu finden, und wenn nicht
sogleich, so doch im Laufe der Zeit, oft wie herbeigezaubert
ganz heimlich und unvermutet auftauchend, wo ihre Anwesenheit
ausgeschlossen erschienen war; und wenn zu andern Zeiten das
Auge sich sattgesehen hatte an dem Gewimmel so viel stattlicherer,
farbenschönerer, lebhafterer, gewandterer Vogelgestalten, dann
kehrte es gern wieder zurück zu den unscheinbaren braunen
Entchen in Taschenformat, die unverändert harmlos und still-
vergnügt ihr Wesen trieben, unbekümmert um Anerkennung oder
Geringschätzung wie um alle anderen nicht unumgänglich not-
wendigen Dinge dieser Welt. Kamen die andern mehr als vor-
übergehende Gäste, die das Galakleid tragen, sich möglichst von
der liebenswürdigen und interessanten Seite zeigen, besonders
geehrt und gewürdigt sein wollen und nach einem oder einigen
Tagen wieder von dannen ziehen, so warst du, Harelda glacialis,
im Memeler Hafen der Logierbesuch auf längere Zeit, mit dem
man allmählich zum Hauskleide Leibes und der Seele zurückkehrt,
ihn kennen lernt im ruhigen Gange des täglichen Lebens mit
allen seinen Mängeln und Schwächen, aber auch seinen tieferen
Vorzügen, und mit dem man daher, so überhaupt etwas an ihm
ist, in viel engere und unmittelbarere Gemeinschaft tritt als
mit jenen.
Leben und Treiben der Eisente im Winterquartier zerfallen
sehr merklich in zwei zeitlich allerdings sehr ungleiche Teile, in
denen der originelle Vogel dem Beobachter in sehr verschiedenem
Lichte erscheint, die Zeit des eigentlichen Winteraufenthalts und
die Periode des erwachenden Frühlings; es ist, was den äusseren
Eindruck betrifft, nicht allzuviel, was ihr in beiden gemeinsam
ist. Eines allerdings legt ihr ganzes Wesen und Gebaren immer
und überall an den Tag, eine ausgeprägte Verschiedenheit von
den übrigen Tauchenten; mir ist es unbegreiflich, wie die heutige
sonst doch oft wirklich mehr als nötig gattungs- und artzer-
splitternde Ornithologie sie (wenigstens teilweise) noch mit zur,
Gattung Fuligula rechnen kann. Unter den wohlgebildeten den
Gefiederte Wintergäste bei Memel. 317
Kern der Tauchentengruppe ausmachenden Gestalten der Arten
_ dieser Gattung nimmt sich die Eisente im Jugendkleide, die für
_ die erste der genannten Perioden bezeichnend ist, schon der
Form nach recht abweichend aus; denn diese trägt, ohne irgend
etwas direct Auffallendes zu bieten, doch ein Gepräge, für das
sich in der Schriftsprache keine rechte Bezeichnung findet, das
man aber in Ostpreussen „kuckelbacksch“ und anderswo etwas
hochdeutscher verhutzelt nennen würde, und dazu passt ebenso
die fast gleichmässig trüb graubraune, am schwimmenden Vogel,
da die schmutzigweisse Bauchmitte fast ganz unter Wasser bleibt,
nur durch einen ziemlich scharf abgegrenzten weissen Wangen-
fleck gezeichnet erscheinende Färbung wie in gewissem Masse
auch das Betragen, das in allen seinen Einzelzügen vornehmlich
bezeichnet wird durch eine sonderbare Mischung von Munterkeit,
ja Keckheit einer- und einer eigentümlichen steifen Unbeholfenheit
andererseits und durch solchen Contrast von vornherein notwendig
und oft geradezu unwiderstehlich den Humor wachruft; zweifellos
ist die Eisente der Komiker unter den Wasservögeln, ebenso
unfreiwillig und unbewusst wie unverdrossen und darum von um
so grösserer Wirkung. Schon beim Schwimmen tritt dies deutlich
genug hervor; das kugelrunde zusammengeduckte Entlein scheint
es gewöhnlich ganz besonders eilig zu haben, wie es auch that-
sächlich, wenn es will, sehr schnell vorwärts kommt, gestattet
sich dabei aber abgesehen von den unsichtbaren rudernden Füssen
nicht die geringste Bewegung, ausser dass es öfters recht unter-
nehmend mit den Flügelspitzen ruckt, was mit der sonstigen
gedrückten Steifheit seiner Haltung wiederum sehr erheiternd
contrastiert. Vollendsaber das Untertauchen erinnert stark an die
aufregende Begebenheit „wie der Mops ins Wasser springt und
dabei sein Leben riskiert‘‘; es scheint jedesmal das Resultat eines
heroischen Entschlusses zu sein. Mit einer Ehrfurcht gebietenden
Geberde wird, sobald dieser endgiltig gefasst ist, der kurze dicke
Hals mühsam so hoch wie möglich aufgereckt, und plötzlich fährt
dann das entschlossene Entchen wie ein Heftelmacher in die
Höhe und versinkt nach diesem Saltomortale mit rücksichtsloser
Energie und vor Anstrengung!) weit geöffneten Flügeln, nachdem
1) Ob freilich nur vor Anstrengung? In einigen Fällen hat Flöricke
das Rudern mit den Flügeln unter Wasser sicher festgestellt, und ich
möchte beinahe vermuten, dass es die Regel ist. Dass es nicht in der
Art der Tauchenten liegt, da es vielmehr sonst nur den Alken, Lummen
318 E. Christoleit:
einen Augenblick das spitze Schwänzchen senkrecht auf zum
Himmel ragte, plumpend in die aufspritzende Flut. Namentlich
bei starkem Wellenschlage erscheint diese unbeugsame Ent-
schlossenheit und Energie des Wollens mit dem schwachen Können
in solchem Zwiespalte, dass man sich kaum der Befürchtung er-
wehrt, das hochherzige Entlein werde auch einmal mit dem Schwanze
voran oder wenigstens in Querlage in den Schlund hinabtauchen,
und einigermassen erleichtert aufatmet, wenn sich dieser wieder
einmal in normaler Weise über ihm geschlossen hat. Erscheint
es dann wieder auf der Oberfläche des Wassers, so ist alle Auf-
regung vorüber und seine Haltung wieder ganz eben so steif,
regungslos und unbekümmert wie zuvor; ja nicht einmal das lässt
sich feststellen, ob der soeben an den Tag gelegte kühne Wagemut
wenigstens von dem gewünschten Erfolge gekrönt worden ist,
denn fast ausnahmslos verschluckt es die gefundenen Muscheln,
die bekanntlich vorwiegend seine Nahrung ausmachen, bereits im
Wasser und zwar ohne jede Vorbereitung in natürlicher Grösse
und Gestalt. Wohl bekomms, sagen wir und fühlen uns zu der
Ansicht gedrängt, dass der Magen einer Eisente im Allgemeinen
von etwas anderer Beschaffenheit sein muss als der menschliche,
selbst wenn wir nicht gerade den andauernd und consequent
ruinierten des modernen „gebildeten‘‘ Grossstadtmenschen zum
Massstabe nehmen. In der That ein hartes Brot im wörtlichen
wie im übertragenen Sinne, und wenn wir mit Recht die armen
Stubenvögel bedauern, welche die gedankenlose Roheit verflossener
„Vogelliebhaber“ zwang, sich jeden Bissen erst durch ein Turn-
kunststück zu verdienen — unser Eisentchen hats von der Natur
nicht viel anders bestimmt bekommen und ist dabei doch munter
und guter Dinge. Denselben Ausdruck possierlicher Unbeholfenheit
und Steifheit trägt sein ganzes übriges Gebaren im Wasser ein-
schliesslich sogar des — dabei von ihm recht gern, bisweilen auch
bei — 12—15° R. in der Abenddämmerung vorgenommenen —
Badens und Putzens, bei dem andere Wasservögel gewöhnlich so
besonders anmutig und gewandt erscheinen; so dass ich nicht im
Mindesten erst aunt war, als eines einmal bei dem hartnäckigen
und Pinguinen zukommt, ist richtig, beweist aber schliesslich nichts da-
gegen, wenn doch die Eisente auch in so vielen anderen Beziehungen
eine singuläre Stellung einnimmt. Jedenfalls lüftet sie beim Untertauchen
die Flügel viel stärker als jede andere mir bekannte Tauchente.
Gefiederte Wintergäste bei Memel. 319
Versuche, sich schwimmend mit dem Schnabel im Bauchgefieder
zu nesteln, schliesslich seiner ganzen Länge nach auf den Rücken
fiel. Und doch ist diese Unbeholfenheit im Ganzen genommen
eigentlich mehr scheinbar als wirklich, mehr im Ausdrucke der
Bewegungen als in diesen selbst gelegen. Das Tauchen geschieht
auch bei der jungen Eisente trotz aller Possierlichkeit fast eben
so rasch wie bei jeder anderen Tauchente und führt den Vogel
zwar selten mehr als einige (zuweilen aber doch bis etwa zwanzig)
Meter horizontal unter dem Wasserspiegel fort, aber wohl öfters
bedeutende Strecken senkrecht unter ihn hinab, da er nicht selten
bis 50 Sekunden unter Wasser bleibt;t!) namentlich aber ist
seine Widerstandskraft gegen Sturm geeignet, seine körperlichen
Fähigkeiten in ein besseres Licht zu stellen, als man zunächst
annehmen möchte. Auch bei dem höchsten Seegange, wenn auch
der mittlere Säger, der seefesteste seiner Gattung, schon längst
die See geräumt hat und selbst Nordsee- und Polartaucher es
mitunter vorziehen, fliegend, um den stärksten Aufruhr am Ein-
gange des Tiefs, wo das ausfliessende Haff und die brandende
See aufeinanderstossen, zu vermeiden, den stilleren Hafen aufzu-
suchen, bleiben die Eisentenscharen oft noch draussen, dicht
jenseit der eigentlichen Brandungslinie, lassen sich in unverändertem
Gleichmute von den daherstürmenden Wogen in unaufhörlichem
Wechsel hoch auf den schaumgekrönten Kamm emporheben und
tief in das dunkle Wellenthal hinunterziehen und tauchen, ob auch
etwas mühevoller, tapfer wie sonst hinab in das so wild bewegte
Element, um ihre kärgliche Nahrung vom Grunde heraufzuholen.
An solchen Tagen gelingt es ihnen auch, ohne Anlauf vom Wasser
aufzufliegen, indem sie während der Aufwärtsbewegung zur rechten
Zeit die Schwingen gebrauchen; sonst haben sie meist einen solchen
nötig wie freilich die anderen Tauchenten und sogar die Säger
ja auch. Sind sie einmal in die Höhe gekommen, so geht der
Flug in schnellen Schlägen recht rasch, wenn auch sehr wenig
1) Wenn A. Brehm angiebt, dass sie bis 2 Minuten unter Wasser
bleiben und sich währenddessen bis 100 Meter weit entfernen könne, so
denkt er jedenfalls an geflügelte oder sonstwie bedrängte Exemplare;
beim einfachen Tauchen nach Nahrung dürften die angegebenen Masse
die äusserste Grenze bezeichnen, was mir auch dadurch noch wahrschein-
lieber gemacht wird, dass ich sie gerade etwa 50 Sekunden sehr oft, aber
eben nie länger tauchen sah; offenbar ist hiermit die Grenze erreicht,
die ohne Not nicht überschritten wird.
320 E. Christoleit:
gewandt vorwärts, wobei die kurzen, aber spitzen Flügel namentlich
auf grössere Entfernungen dem Flugbilde etwas sehr Charakte-
ristisches verleihen, während sich das Einfallen, das gewöhnlich
nicht lange auf sich warten lässt, allerdings in nichts weniger als
imponierender Weise vollzieht; als fürchte es sich selbst davor
und suche es deswegen noch so lange wie möglich hinauszu-
schieben, beschreibt das Entchen vorher mit wie hilfesuchend weit
ausgestreckten Füssen einen Halbkreis und lässt sich schliesslich,
als verzweifelte es daran, durch eigene Geschicklichkeit die Sache
zu einem guten Ende zu bringen, mit angezogenen Flügeln wie
ein Stück Holz im vollsten Sinne des Wortes in das Wasser
hineinfallen, so dass man ihm ein gewisses Mitgefühl und eine
Genugthuung, wenn die schwierige Prozedur wieder einmal glücklich
vorüber ist, nicht versagen kann. Grössere Gesellschaften fliegen
übrigens nach Art der Verwandten gern in schrägen Reihen,
ohne diese Ordnung doch streng einzuhalten, so namentlich, wenn
sie, wie es ihre Gewohnheit ist, morgens von der See in das
Tief oder die Nähe des Strandes und nachmittags von hier wieder
auf die hohe See hinausstreichen, wo sie — oft gewiss nicht eben
sanft gebettet — die Nacht zubringen; auf dem Lande habe ich
noch niemals eine gesehen, obwohl sie sich den Tag über meist
näher am Strande halten als die meisten anderen Arten, wobei
die geringe Scheu vor Menschen, die ihnen eigen ist, gewiss auch
mit massgebend ist. Überhaupt bildet in geistiger Hinsicht eine
gleichmässig stille Gelassenheit und Harmlosigkeit den bezeich-
nendsten Zug in dem bei aller Schmucklosigkeit und verhältnis-
mässig geringen Begabung doch sympathischen Wesen unseres
Eisentchens, durch das man sich unwillkürlich an jene heute
allerdings wohl gleich mancher Vogelart im Aussterben begriffene
Species unschuldiger Menschenseelen erinnert fühlt, die trotz
mancher traurigen Erfahrung sich nie ausreichend vor der Bosheit
und Feindseligkeit anderer hüten lernen, weil sie selbst unfähig
sind, solche gegen andere zu hegen. Still, unscheinbar und heimlich,
so heimlich und unmerklich im Kommen, Weilen und Gehen wie
es einem stets auf freier Wasserfläche lebenden Schwimmvogel
nur möglich ist, treibt ein jedes sein Wesen und freut sich seines
Daseins, ohne einen anderen Wunsch, wie es scheint, als mit
aller Welt in Frieden zu leben, und in allen Lagen dieselbe un-
bekümmerte Harm- und Sorglosigkeit an den Tag legend, die
keine Eventualität trauriger wie freudiger Art jemals zu erschüttern
Gefiederte Wintergäste bei Memel. 321
'im Stande zu sein scheint;!) und dieser Grundzug ihres Wesens
bestimmt ihr Verhalten sowohl zu ihren gefiederten Genossen wie
‘zu den Menschen. Untereinander sind sie recht gesellig, obwohl
‚sie unter gewöhnlichen Verhältnissen nicht gern grosse Massen
bilden; aber von dem engen, treuen Zusammenhalten, wie man
es etwa bei den grossen Regenpfeifern, Brachvögeln, Strandläufern
und anderen Sumpfvögeln sieht, ist ihre Geselligkeit doch sehr
verschieden; so recht nach modern individualistischem Prinzip scheint
sie von vornherein nur unter der Bedingung jederzeitiger Kün-
digung eingegangen, und es nötigt einem zuweilen ein stilles
Lächeln ab, wenn man sieht, wie sich auch von ganz kleinen,
etwa aus 3—5 Stück bestehenden Gesellschaften oft ganz ohne
jede Veranlassung eins oder das andere trennt, um mit einem
gewissen nicht unbeträchtlichen Eigensinne, der ja — stille Wasser
sind tief! — auch unter Menschen oft genug ein Erbteil sonst
sehr sanftmütiger Charaktere zu sein pflegt, einer vielleicht recht
weit davon entfernten anderen Schar zuzustreben oder auch eine
Zeit lang einmal seine ganz eigenen Wege zu gehen, ohne dass
die übrigen Mitglieder der Gesellschaft von einer solchen, wenn
nicht bös-, so doch jedenfalls mutwilligen Verlassung, die ihnen
offenbar ganz in der Ordnung scheint, auch nur die geringste
Notiz nehmen; daher trifft man auch recht viele Eisentchen einzeln
an, die sich keineswegs beeilen, einen Anschluss zu suchen, bis
ihnen der Sinn wieder einmal anders steht. Auf die Gemeinschaft
mit anderen Seevögeln legen sie natürlich unter solchen Umständen
noch weniger Wert, obwohl sie sich, wenn es ihnen eben einmal
einfällt und die Gelegenheit günstig ist, bisweilen auch einzeln
oder in kleinen Trupps an einzelne grosse oder mittlere Säger
anschliessen; bei anderen Arten habe ich dies niemals beobachtet,
und namentlich die Schellente scheinen sie entschieden zu meiden.
Dieselbe ruhige Gleichgiltigkeit gegen die ganze Welt um sie
her aber, die sie zu so unzuverlässigen Genossen macht, lässt sie
auch die Anwesenheit des Herrn der Schöpfung, wenn er sich
nicht in gar zu feindseliger Weise bemerklich macht, mit unver-
ändertem Gleichmute ertragen ; die Zutraulichkeit und Sorglosigkeit,
1) Auf diese geht offenbar auch die von Flöricke so betonte, mir
selbst übrigens niemals aufgefallene Neugierde der Eisente zurück, indem
jedenfalls auch andere Arten sich auffällige Erscheinungen gern aus der
Nähe ansehen würden, durch ihr Misstrauen aber davon abgehalten werden,
was bei der Eisente eben nicht der Fall ist.
322 E. Christoleit:
die sie ihm gegenüber an den Tag zu legen pflegen, würde manı
wirklich rührend nennen können, wenn man nicht so oft die:
Erfahrung gemacht hätte, dass etwas anders organisierte Menschen
von ihr gänzlich ungerührt bleiben; aber auch die bereits mehr--
fach gekennzeichnete vielfältige Verfolgung, die sie von Seiten)
dieser Menschenklasse zu erleiden hatten, war nicht im Stande:
sie erheblich und nachhaltig scheuer zu machen, wobei freilich
wie gewöhnlich Alte doch etwas vorsichtiger als Junge undl
grössere Scharen scheuer als Einzelne waren; bei einzelnen Jungen
war es aber namentlich anfangs nicht Ausnahme, sondern Regel, ,
dass sie ganz ruhig und unbekümmert am Fusse der Mole zwischen .
den Steinen ihrer Nahrung nachgingen, während man oben darauf:
stand. Bei solchen Gelegenheiten vernahm man daun auch noch
am ehesten ihre Stimme, die, an sich schon nicht allzu oft zu
hören, gewöhnlich wohl im Brausen des Meeres untergehen mag,
beachtenswerterweise nicht wie bei fast allen anderen Tauchenten!)
knarrende, sondern denen der Schwimmenten, insbesondere der
Stockente ähnliche, wenn auch kürzere gedämpfte Laute wie „kuck“
oder „wak“, öfters auch verlängert, in verkürzter Form rasch
aneinandergereiht (dies namentlich im Fluge, wo sie wie „ack ack
ack“ oder „äck äck äck“ klingen) oder zu mehrsilbigen Rufen
zusammengezogen und jedenfalls in ihrer oft fast melancholisch
anmutenden Einfachheit und Anspruchslosigkeit ganz zu dem Wesen
und Gebaren dieses Vogels passend, das — dem, der es nicht
aus eigener Anschauung kennen gelernt und liebgewonnen hat,
vielleicht schon zu ausführlich — bisher zu schildern versucht wurde.
Anders wird es im Frühjahr, von Ende Februar ab. Wenn
die Winterstürme verübergebraust sind und die lebenerweckende
Sonne wieder höher steigt, milde Frühlingslüfte über das Tief
wehen, auf dessen dunkler spiegelglatter Flut wie auf der kaum
viel bewegteren See glänzendweisse Eisschollen, zerbrochene Reste
der Fesseln, in die des Winters Strenge die Gewässer schlug, im
hellen Sonnenscheine langsam hinabgleiten, dann ist, noch bevor
heller Lerchenlaut in den Wolken oder der schwatzende Star
auf dem Baumwipfel im Abendscheine ihn ansagte, der Frühling
eingezogen auch in das Herz unseres Eisentchens, und wenn er
ja überall, so weit seine Macht reicht, neues fröhliches, jubelndes
1) Mit Ausnahme der Kragenente (Harelda histrionica), die auch
hierin ihre nahe Verwandtschaft mit der Eisente, mit der sie entschieden
in dieselbe Gattung gehört, bekundet.
Gefiederte Wintergäste bei Memel. 323
‚Leben schafft — hier grenzt die Wandlung, die er bringt, doch
an das Wunderbare. Kaum möchte man es glauben, wenn man
einen der alten Erpel im neuen bunten Prachtkleide, die, bisher
' immer nur einzeln zu sehen, jetzt weitaus dominierend auf den
Plan treten,!) vor sich sieht, dass er zu derselben Vogelart ge-
hört; wie viel stattlicher, freier, eleganter ist Gestalt und Haltung,
wieviel schmucker der schwarz und orangerote Schnabel, der
dicht befiederte weisse Kopf und Hals mit dem grossen schwarz-
braunen Seitenfleck, das reiche lange Schultergefieder, auf dem
frischgefallener Schnee zu liegen scheint und das sich so schön
abhebt von der kräftig und gleichmässig schwarzbraunen Rücken-
mitte einer- und den ähnlich gefärbten Flügeln andrerseits, die
scharf abgegrenzte weisse Unterseite mit dem umfangreichen
dunkelbraunen Brustschilde und der feine lange dunkle Spitz-
schwanz, der, mehr als halbkörperlang ausgezogen, der ganzen
Gestalt einen ebenso originellen wie eleganten Abschlussgiebt! Gewiss
liegt in dieser eigenartigen Farbengebung auch etwas Bizarres,
man möchte fast sagen Unorganisches?), dem gegenüber das
Kleid vieler anderer Tauchenten sowie der Säger doch entschieden
harmonischer, gewählter und vornehmer erscheint und um dessent-
willen Harelda glacialis wohl mit grösserem Rechte als die zwar
sehr bunt, aber durchaus harmonisch und distinguiert gefärbte
und gezeichnete Eniconetta stelleri®) den Namen Scheckente trüge;
dessenungeachtet bleibt das alte Eisentenmännchen im Pracht-
kleide eine interessante Erscheinung und eine Zierde der
Meeresflut, für deren einförmige Erhabenheit intimere Farben-
reize vielleicht gerade weniger geeignet wären. Aber auch die
alten Weibchen erscheinen jetzt in ihrem mit erheblich mehr
1) So sicher wie es ohne die Erlegung von Exemplaren geschehen
kann, glaube ich bemerkt zu haben, dass die Jungen und sehr wahr-
scheinlich auch ein Teil der Alten erst um den Anfang des Februar
die Mauser durchmachten, die ihnen das Prachtkleid brachte, während
andrerseits alte Erpel und Enten im vollständig fertigen Prachtkleide
schon seit Anfang Dezember, als die Eisenten überhaupt zahlreicher sich
im Hafen einzustellen begannen, zu bemerken waren.
2) Auch dies wiederum nur mit der Kragenente zu vergleichen.
3) Von dieser eben so prachtvollen wie seltenen ostasiatischen Art
befindet sich übrigens, wie bei dieser Gelegenheit bemerkt werden mag,
ein bei Pillau erbeutetes Pärchen im Prachtkleide im ostpreussischen
Provinzialmuseum in Königsberg i. Pr., so dass sie also als Irrgast auch
der ostpreussischen und nicht, wie Flöricke angiebt, nur der west-
preussischen Ornis angehört.
324 E. Christoleit:
reinem Weiss geschmückten, wenn auch auf der Oberseite über--
wiegend dunklen Kleide zahlreicher als bisher und bilden, auch)
unter sich nach dem Alter noch ziemlich verschieden gezeichnet,
wenn sie auch mit dem Erpel niemals zu vergleichen sind, doch\
einen gewissen Übergang, in dem wir den Typus der A den.
ihr zu Grunde liegenden Schöpfungsgedanken vom düsteren
Jugendkleide, das ihn kaum ahnen lässt, stufenweise verfolgen.
können bis zu seiner vollkommen reinen und adäquaten Aus-
prägung im Prachtkleide des alten Männchens. Doch nicht nur
an der äusseren Erscheinung, auch an Wesen und Charakter
unseres Vogels beweist König Lenz seine Macht, der ja nur das
Menschenherz sich entziehen zu können das traurige Vorrecht
hat. Nur noch wenige Wochen, und es gilt ja daheim in der
stillen nordischen Tundra mit der auserlesenen Gefährtin das
Sommerheim zu gründen; wie sollte nicht schon jetzt sein Sinnen
und Trachten diese Richtung nehmen, schon jetzt im gefahrvollen
Winterquartier an fremder Küste die Zeit des Wählens und
Werbens beginnen mit ihren Freuden und Leiden, ihrer Liebe
und ihrem Kampf, ihrem Gewinnen und Verlieren, Siegen und
Unterliegen, und wie sollte diese Zeit nicht fähig sein auch
unserem stillen ruhigen Eisentchen eine Lebhaftigkeit und Ge-
wandtheit, ja Anmut zu verleihen, die ihm sonst fehlt.!) Wie
streichen jetzt die munteren Vögel so rasch durch die Luft,
fröhlich sich bald auf die eine, bald auf die andere Seite werfend
und selbst Schwenkungen ausführend, wie sausen sie bald hier,
bald dort auf das Wasser hernieder, nicht in der ängstlichen
Weise wie sonst, sondern in übermütiger Lust mit ungehemmter
Geschwindigkeit, so dass sie oft einem flachgeworfenen Steine
gleich mehrmals hüpfend von seinem Spiegel abprallen, ehe sie
endgiltig einfallen, wie suchen die werbenden Männchen ihre Aus-
erwählten umschwimmend mit hocherhobenem Halse, halb aus-
gebreiteten Flügeln und steil aufgerichteten, wie die einer gereizten
Gabelschwanzraupe züngelnden und vibrierenden Schwanzspitzen
ihre ganze Schönheit zu entfalten, wie energisch wird bald gegen
diesen, bald gegen jenen der von allen Seiten andrängenden
Nebenbuhler Front gemacht, wie ritterlich stürmen die Gereizten
auf einander ein, bis schliesslich ein allgemeines wildes Jagen
1) In den Bewegungen, namentlich im Tauchen, zeigen sich freilich
die Alten auch im Herbste schon wesentlich gewandter als die bei der
vorhergehenden Beschreibung vorzugsweise berücksichtigten Jungen.
Gefiederte Wintergäste bei Memel. 325
‚beginnt, in dem die ganze Schar blitzschnell bald unter,- bald
wieder auftauchend in den tollsten und unvermutetsten Kreuz-
und Querzügen dahinschiessend sich durch das Wasser wälzt, so
‚dass es fast aussieht, als seien in der so ruhigen Flut plötzlich
Wirbel und Stromschnellen entstanden, wie herrscht jetzt auf
der ganzen Wasserfläche unter den Scharen und einzelnen
Pärchen!) ein unterbrochenes Kommen und Gehen, Auffliegen
und Einfallen, Andringen und Abwehren, Trennung und Ver-
einigung in buntem Wechsel, so unendlich verschieden von dem
‚stillen, ruhigen, einförmigen Gebaren den Winter über! Und
doch haben wir den wichtigsten und durchgreifendsten Unter-
schied jener beiden Perioden im Leben unseres Vogels noch
garnicht erwähnt. „Wenn die Enten singen, dann wirds Frühling,“
sagt der Nehrungsbewohner; nun, diese „singende Ente,“ die
ihm alljährlich das Nahen des Lenzes verkündet so gut wie dem
Landmanne seine Lerche und dem Forstmanne seine Drossel, ist
keine andere als unser Eisentchen, dem fast allein unter den
Bewohnern der Meeresflut der Schöpfer das schöne Vorrecht
gab, auch mit einstimmen zu dürfen in den „allgemeinen Jubel-
ruf der Wesen‘ zum Preise seines uralten und doch ewig neuen
Frühlingswunders. Freilich auf das sonnige Saatfeld, in den
grünen Wald oder auch nur an das stille Binnengewässer, wo
die hellen fröhlichen Lenzeslaute der Wasser- und Uferläufer,
der Kiebitze, Flussregenpfeifer und Brachvögel erschallen, würde
sein Frühlingslied schlecht passen; es ist eben ein „Meeresgesang,“
„wie ihn ein Vogel erlernt, der Stürmen und Wellentosen lauscht,“
sagt A. Brehm, wie er einem Vogel eigen sein muss, dessen
Heimat die See und dessen Laut bestimmt ist, ihrem Klange
sich einzufügen und ihren Wesensgehalt unserem Empfinden ver-
deutlichen und offenbaren zu helfen, würde ich lieber sagen,
dieser kräftige weittönende rauh metallische Ruf voll so viel
herber Ursprünglichkeit in Klang und Ausdruck, „aa-h — a-u
lik,‘‘ eine lange, am Ende stark absinkende Vorsilbe und ein
energisch betonter Anapäst,?) den unser bisher so schweigsames
1) Übrigens scheint bei der Eisente abweichend von den übrigen Enten wie
denSägern beim paarweisenFluge eben so oft derErpel wie dieEnte voranzufliegen.
2) Nur diese Form habe ich gehört, niemals die viel längere ge-
wöhnlich angegebene; wohl aber kommt es vor, dass der Anapäst nicht
vollendet, sondern statt dessen seine zweite Silbe besonders lang und
rauh ausgezogen wird, also wie „a-aaah“ klingend.
326 E. Christoleit:
Eisentchen jetzt unaufhörlich erschallen lässt als Liebes- und
Kampfruf in der schwimmenden Schar, als Begrüssungsruf an
vorüberfliegende Artgenossen, als Ermunterungsruf beim Erheben.
oder inmitten des dahinstreichenden Schwarmes, ja auch wenn
es einmal einsam seine Bahn verfolgt, und der daher um diese
Zeit in vielstimmigem Chore überall, fern und nah ertönt, im Tief
und auf der See. Originell wie der ganze Vogel — nach Be-
schreibungen jedenfalls schlechterdings unvorstellbar — erscheinen
auch diese Laute, mögen sie nun bei Windstille fast verhallend
von fern herüberklingen über den glatten Spiegel oder mit dem
Brausen und Tosen der Brandung sich mischen zu harmonischem
Einklange; aber am stärksten ist jedenfalls ihre Wirkung, wenn,
zumal am frühen Morgen, grössere Scharen sich in lebhafter
Erregung zusammengefunden haben und nun aus zahlreichen
Kehlen tiefer und höher, stärker und schwächer allenthalben
derselbe Ruf erklingt; dann vereinigen sich die stürmischen
rollenden Anapäste von allen Seiten zu brausenden hin- und
herwogenden, ab- und anschwellenden Klangmassen, als griffe
Gott Ägir mächtiger in seine Meeresharfe und mische in den
uralten Wellensang jetzt eine neue kühnere Weise; es ist der
Geist des Nordmeers, der zu uns spricht, nicht minder als aus dem
stolzen Getön des edlen Singschwans, aus den Frühlingsklängen
der kleinen bescheidenen Eisente, die, jetzt die heimischen Ge-
stade der Ostsee erfüllend, nach kurzer Zeit als Heroldsruf des
heranziehenden Frühlings wiederhallen werden von den Küsten
des Nordens, bis auch dort König Lenz den grimmen Winter
endgiltig überwunden hat, und unter seinen Getreuen auch unser
Eisentchen nach langer Verbannung wieder einziehen kann in
die alte Heimat.
6. Kleiner Säger (Mergus albellus).
Ein nordischer Wintergast in strengsten Sinne, der bei uns
in Deutschland nirgends brütet und daher auch nirgends mehr
ausgerottet werden kann, möge dieser eben so schöne wie seltene
kleine Schwimmvogel den Beschluss der kurzen Reihe von Vogel-
bildern machen, die ich den Lesern dieser Blätter vorzulegen
mir erlaubt habe, obwohl ich ihn leider etwas genauer nur im
weiblichen Geschlechte kennen gelernt habe, das bei ihm wie ja
bei den Vögeln überhaupt mit sehr wenigen Ausnahmen durch-
aus nicht das schönere, bei den Schwimmvögeln aber allerdings,
Gefiederte Wintergäste bei Memel. 327
wie man beinahe annehmen möchte, das entschieden menschen-
freundlichere und zutraulichere ist; wenigstens war es während
meines Aufenthaltes in Memel geradezu auffallend, wie von
sämtlichen Tauchenten- (höchstens in gewissem Umfange mit
Ausnahme der Eisente) und Sägerarten, die als Wintergäste in
der Umgebung der Stadt sich aufhielten, die Weibchen in oft
‚garnicht geringer Anzahl und wenigstens anfangs, so lange sie
noch keine schlimmen Erfahrungen mit allerlei „Jägern,“ ins-
besondere der mehrerwähnten tierfreundlichen Fischerjugend
gemacht hatten, meist ziemlich weitgehender Sorglosigkeit und
Zutraulichkeit den Hafen belebten, während die Männchen fast
stets auf der See blieben und sich nur selten im Hafen sehen
liessen, dann aber sich jedenfalls viel vorsichtiger und miss-
trauischer zeigten.!) So sah ich denn auch vom kleinen Säger
nur einmal, am 2. Januar auf der Nordermole, eins der schönen
glänzend weissen, nur mit wenigen schwarzen Zeichnungen ge-
schmückten Männchen stürmischen, fast schwirrenden Fluges
herüberziehen, während Weibchen den ganzen Januar und Februar
über im Hafen anzutreffen waren, allerdings durchaus nicht
immer, fast nur bei Frost und auch stets nur einzeln; offenbar
war trotz einiger ziemlich strenger Frosttage der Winter im
Ganzen doch nicht streng genug, um diesen wetterharten Vogel
in grösserer Anzahl seine stille nordische Heimat mit der
gefahrvollen Fremde vertauschen zu lassen.
Wenn der Sägertypus zweifellos als ein in besonderer
Richtung ausgebildeter, wesentlich veredelter und körperlich
wie geistig leistungsfähiger gemachter Tauchententypus angesehen
werden muss, so ist der kleine Säger zur Veranschaulichung
dieses Satzes wesentlich geeigneter als die anderen beiden
europäischen Arten, da er nach Gestalt und Betragen den Tauch-
enten entschieden näher steht als diese, ohne deshalb die grössere
Gewandtheit, Leichtigkeit und Eleganz der Formen wie der Be-
wegungen, die eben die Sägergattung kennzeichnet, irgendwie
zu verleugnen. Ist es auch ein vergebliches Bemühen, nach
auch noch so gut ausgestopften Museumsexemplaren auch nur
noch annähernd den Eindruck reconstruieren zu wollen, den das
1) Dass unsere Tauchenten und Säger sich auf dem Herbstzuge
und in den Winterquartieren meist nach Geschlechtern und oft auch
nach Altersstufen getrennt halten, ist ja im Übrigen eine schon oft
beobachtete und hervorgehobene Thatsache.
328 E. Christoleit:
Männchen im Freileben bieten muss, so ist jedenfalls auch das
so viel schlichtere Weibchen, das mir ein wenig genauer zu
beobachten vergönnt war, schon eine sehr anziehende und interes-
sante Erscheinung. Von den ziemlich zahlreichen deutschen
Namen, die diese Art neben ihrem gewöhnlichen noch führt,
wird sich jedem, der sie lebend sah, sofort die (offenbar nur
dem Weibchen geltende) Bezeichnung „Wieselentchen“ als die
allerbezeichnendste aufdrängen und ihn mit wahrer Hochachtung
erfüllen vor dem scharfen Blicke und der Aufgeschlossenheit für
die Eindrücke der Natur, die unseren Vätern, von denen solche.
Namen stammen, eigen gewesen sein muss; nicht nur die auf
der Oberseite tief und satt, fast sammetartig rotbraune, auf der
Unterseite scharf abgegrenzt rein weisse Farbe des Kopfes und
Halses, der einzige Schmuck des sonst sehr einfach, oben vor-
wiegend dunkelgrau, unten weiss gefärbten Vogels, sondern seine
Erscheinung und sein Wesen überhaupt rufen immer wieder die
Erinnerung an jenes graziöse Geschöpfchen wach. Die ganze
Gestalt erscheint schlanker als bei den Tauchenten, und wenn
er auch beim ruhigen Schwimmen den Hals tauchentenartig
ziemlich stark einzieht, so lässt es eben die Lebhaftigkeit und
Munterkeit seines Wesens zu solchem bei ihm nicht allzu oft
kommen, sondern gewöhnlich durchfurcht er leicht und gewandt
den Wasserspiegel mit ziemlich hoch getragenem Kopfe und jenen so
charakteristischen und ausdrucksvollen lebhaften Bewegungen des
Kopfes und Halses, die an sich ja dem ganzen Sägergeschlechte zu-
kommen, bei ihm aber doch ganz besonders gefällig und anmutig er-
scheinen. Völlig zur Entfaltung aber kommt die Munterkeit und
Beweglichkeit seines Wesens erst, wenner, wie sein Gegenstück unter
den Raubtieren auf der Mäusejagd, aufder Fischjagd begriffenist, wenn
er dann mit einer selbst seine beiden Gattungsverwandten an Eleganz
noch übertreffenden, erheblich weniger springenden Bewegung min-
destens eben so blitzschnell und leicht in der Flut verschwindet wie
jenes in das Mäuseloch schlüpft, nach kurzer Zeit an einer ganz
anderen Stelle urplötzlich leicht undgewandt mit ganz besonders glatt
angelegtem Gefieder und erhobenem Kopfe wieder auf dem Wasser-
spiegel erscheint und nach kurzem, weniger durch besondere Nötigung
als durch seine Lebhaftigkeit veranlassten Hin- und Herschwimmen
abermals untertaucht, um das Spiel zu wiederholen; nur in einem
Punkte unterscheidet sich seine Jagd von der des Wiesels; während
dieses naturgemäss sehr oft verschwindet und wieder zum Vor-.
Gefiederte Wintergäste bei Memel. 3239
‚schein kommt, bevor es eine Beute macht, taucht der Säger
selten anders auf als mit einem oft garnicht so kleinen Fischlein
im Schnabel, das dann sofort mit einigen Schnabelbewegungen —
‚meist rascher und weniger sorgfältig als beim grossen und
mittleren Säger — mundgerecht gemacht und verschluckt wird;
offenbar fängt er die Fische, denen er in der Geschwindigkeit
unter Wasser wesentlich überlegen sein muss, mit spielender
Leichtigkeit, weshalb er auch gewöhnlich nur kurze Zeit unter
Wasser bleibt; es gehört, wo genügend Fische vorhanden sind,
zu den Ausnahmen, wenn eine solche Jagd in der Flut länger
als eine Viertelminute dauert. Namentlich geht das Wieselentchen
seiner Beute gern zwischen schwimmenden Eisschollen und Eis-
geröll nach, eine Gewohnheit, die natürlich an seine Gewandtheit
ganz besonders hohe Anforderungen stellt und es vor seinen
Gattungsverwandten wesentlich auszeichnet; dagegen steht es
diesen an „Seefestigkeit“ sehr erheblich nach; Sturm und Wogen-
drang meidet es durchaus, und sobald Luft und Wasser auch
nur einigermassen unruhig zu werden anfingen, sah ich mich im
Hafen nach ihm vergeblich um, während es andrerseits strenge
Kälte, so lange nur das Wasser offen bleibt, nicht im Geringsten
anficht; an stillen heiteren Frosttagen war es geradezu der
Charaktervogel des Hafens, die flinkste, munterste und liebens-
würdigste unter den Vogelgestalten, die dann noch ihrer Nahrung
nachgingen in dem eisigen Elemente. Solche abweichenden Ge-
wohnheiten und Neigungen sowie andrerseits seine verhältnis-
mässige Seltenheit bringen es mit sich, dass es oft einsam für
sich sein Wesen treibt, wie ich es denn aus diesem Grunde im
Vereine mit Artgenossen, den es sonst sehr gern aufsucht und
recht treu-festhält, niemals gesehen habe. Wo es aber Gelegen-
heit dazu hat, ist es doch ziemlich zuthunlich und schliesst sich
nicht nur grossen oder mittleren Sägern, namentlich einzelnen
oder ganz kleinen Gesellschaften, recht gern an, wiewohl es da-
bei im Fluge, der zwar dem dieser seiner Gattungsverwandten
ähnlich, aber doch auch wesentlich lebhafter, rascher und auch
gewandter ist, oft in dieselbe Verlegenheit kommt wie eine Dohle
unter Krähen, sondern versucht es mitunter auch, sich zu
einzelnen Eisenten zu gesellen, was freilich niemals rechten Er-
folg hat, da diese, wie wir gesehen haben, etwas unbeholfenen
Wesen, die ohnehin lieber „für sich“ sind, sich in der Gesell-
schaft des ihnen so sehr überlegenen Vetters entschieden etwas
Journ, £, Orn, L, Jahrg. Juli 1902, 22
380 E. Christoleit:
unbehaglich und beklommen zu fühlen scheinen, so dass dass
ganze Verhältnis stets „kühl bis ans Herz hinan“ bleibt. Da-:
gegen habe ich von seiner allbekannten, so viel wärmeren!
Zuneigung zu der Schellente zufällig niemals etwas wahrgenommen, ,
da um die Zeit, als diese Art sich im Hafen zahlreicher einzu-:
stellen begann, Meryus albellus bereits seine Rückreise nach.
dem Norden angetreten hatte. Allzu auffallend kann übrigens;
dem, der beide Arten im Freileben kennt, ihre Vorliebe für'
einander nicht erscheinen; steht doch wenigstens im weiblichen
Geschlechte die Schellente dem kleinen Säger so nahe, dass man
bisweilen in Versuchung gerät sie als Übergangsglied von den
Tauchenten zu den Sägern aufzufassen, noch weniger eigentlich
nach Gestalt und Farbe, obwohl auch in dieser Beziehung die
Ähnlichkeit nicht ganz mangelt, als im Betragen, hinsichtlich
dessen z. B. die den anderen Tauchenten fast ganz fehlenden,
wenn auch die des Sägers an Zierlichkeit lange nicht erreichenden
Kopf- und Halsbewegungen beim Schwimmen, das gleichfalls er-
heblich elegantere Untertauchen, die Wahl der speciellen Aufent-
haltsorte und ähnliche Eigentümlichkeiten, die am letzten Ende
offenbar alle darauf zurückgehen, dass die Schellente von allen
Tauchenten am meisten auf Fischnahrung angewiesen und für
sie ausgerüstet ist, einen hohen Grad der Annäherung begründen,
was sich freilich bei dem dickköpfigen und überhaupt wesentlich
gedrungener gebauten, wenngleich einer gewissen Zierlichkeit
auch keineswegs entbehrenden Männchen von Clangula glaucion
sehr viel weniger bemerklich macht. Auch in angenehmer Ge-
sellschaft, also in diesem Falle in der seiner beiden Gattungs-
verwandten, bewahrt aber der kleine Säger immer eine gewisse
Zurückhaltung und Selbständigkeit, die namentlich dann hervor-
tritt, wenn es gilt, einer sich nahenden Gefahr, also natürlich
vor allem dem Herrn der Schöpfung gegenüber die rechte Ent-
fernung zu finden; denn sonderbarerweise zeigte sich das kleine
kecke Wieselentchen doch von Anfang an und überall wesentlich
scheuer und vorsichtiger als jene, die, sonst bekanntlich in diesen
beiden Eigenschaften auch sehr Erhebliches leistend, hier im
Hafen anfangs sehr geneigt waren, der ganzen Menschheit mit
Vertrauen entgegenzukommen, und so erst durch verschiedentliche
traurige Erfahrungen lernen mussten, was ihr kleiner stets kühl
zurückhaltender, nie sich unnütz echauffierender, aber auch nie
seine Sicherheit ausser Acht lassender Verwandter von vornherein
Gefiederte Wintergäste bei Memel. 331
—4
‚zu seinem Heile beherzigte, dass um einzelner „Sentimentaler“
willen, die in ihrem Naturinteresse keinen zureichenden Grund
© finden können, andere Rohre als die des Krimstechers auf die
N Vertreter der gefiederten Welt zu richten, der alte Satz „Herr
Mensch, ich mag nicht bei dir sein“ doch nicht aufhört für
"jeden nordischen Wintergast im weiland Lande der Dichter und
\ Denker die weitaus brauchbarste Maxime zu bilden — mit
‚welcher für Vögel wie für Vogelfreunde gleich wichtigen Er-
‚ kenntnis der Schreiber dieser Zeilen von den Lesern einstweilen
‚Abschied nimmt. —
Die Vogelwelt und die Tertiärzeit.
Von W. Schuster.
A. Ornithologische Zeugen aus der einstigen Tertiärzeit.
Unter den ständigen Arten der heutigen deutschen Vogelwelt
finden sich nach meinem Ermessen wenigstens drei ornithologische
Zeugen aus der längst vergangenen Tertiärzeit, drei Vertreter der
einstigen tropischen — oder doch tropisch gearteten — Vogelwelt
Deutschlands: Der Eisvogel, der Pirol und die Blaurake. Das
bis in die Tertiärzeit zurückgehende Alter dieser drei Vogelarten
ergiebt sich äusserlich aus dem so überaus schönen, keinem anderen
Vertreter der heutigen ständigen Vogelwelt Deutschlands eigenen
hellen Farbenbunt des Gefieders, aus der Intensität eben
dieser Farbentöne und aus der geschlossenen Zusammenge-
hörigkeit in der Anordnung derselben, wodurch ja gerade
auch die Farben um so leuchtender und auffälliger hervortreten.
Das hohe Alter des Eisvogel-Geschlechtes ist direkt bewiesen,
indem Fragmente dieser Vogelart in dem unter dem Diluvial-
geschiebe liegenden Tertiärgestein sich gefunden haben (siehe
„O. M.“ Jahrg. 1900); die Ahnentafel der Goldamsel und der
Blaurake ist noch nicht durch geologische Funde bis auf den der
Tertiärzeit angehörigen Stammvater zurückgeführt bezw. die ter-
tiäre Stammvaterschaft glaubwürdig dargethan und bezeugt, doch
ist der in Hinsicht dieser beiden Vogelarten aus den massgebenden
Farbenverhältnissen gezogene Schluss um so leichter hinzunehmen
22*
382 W. Schuster:
als beide Arten heute noch eher dem tropischen als dem palä-]
arktischen Klimatenkreis angehörig genannt werden können.
In der Tertiärzeit, auf welche die Diluvial-, hernach die:f
Alluvialzeit folgte — die Fortsetzung dieser ist unsere heutige:
Zeitperiode —, herrschte, wenn nicht ein tropisches, so doch einı
wärmeres, vielleicht viel wärmeres Klima als heute (Beweis hier--
für sind u. a. die Palmen, die in jener Epoche in der Schweiz,,
die Riesen-Nadelbäume, die auf Island gestanden haben). Bedingt!
war die Wärme jedenfalls dadurch, dass die Erde in einer:
wärmeren Partie des Weltraums — also näher der Sonne —-
sich bewegte bezw. eine Erdhälfte (in unserem Fall also die:
nördliche) zeitweilig länger von der Sonne beschienen wurde,,
wenn anders nicht die grössere Wärme aus dem Erdinnern kam..,
Wie in jener Zeit gewiss tropische Vierfüssler in Deutschland.
hausten — gefunden wurden bisher die Reste von dem Löwen, ,
der Hyäne, dem Flusspferd, dem Nashorn (mit zwei Hörnern auf!
der Nasenscheidewand und einem Wollpelz), dem Mammut, der‘
Saiga-Antilope, dem Riesendamhirsch, dem Wildpferd u. a. —,
so waren auch die Vogelrassen tropisch geartet, also — was hier
speziell in Betracht kommt — hübscher, prächtiger, farbenbunter:
eben tropisch gefärbt. Und dies letztere nach meiner — N. B.
durchaus persönlichen — Ansicht nicht, weil sie in wärmeren
Klimaten sich aufhielten, sondern weil sie der Sonne, der Licht-
quelle, näher waren; denn die Wärme giebt das Leben, das Ge-
deihen, die Kraftsumme zur Bildung des Lebensstoffes, die Kraft-
summe zum Wachsen der Lebenszellchen; das Licht aber —
Wärme und Licht bedingen und ergänzen sich natürlich — giebt
die Farben; noch heute haben die Vögel, die zwar in höheren,
kälteren Bergregionen sich aufhalten, aber der Sonne näher sind,
schönere, hellere — zumal mehr rote — Farben als die unter
denselben Breiten und in denselben Territorien lebenden Familien-
und Gattungsgenossen der Thäler: Unsere gemeinen Raben und
Dohlen erscheinen als Alpenkrähen und Steindohlen mit rotem
Schnabel und roten bezw. gelben Füssen; die Alpenbraunelle hat
jene hübsche Rosafärbung, die dem Heckenbraunellchen gänzlich
abgeht; gegen die alpinen, mit dem herrlichen, so sehr hervor-
stechenden Rot gezierten Mauerläufer halten Baumläufer und
Kleiber keinen Vergleich aus; die Kreuzschnäbel, die wandernden
Zigeuner der höchsten Gebirgslagen, sind viel intensiver rot
gefärbt als unsere Finken und Kernbeisser; die Alpenschwalbe
Die Vogelwelt und die Tertiärzeit. 333
(H. rufula) hat ganz herrlich rostrote Backen und Bauchseiten;
die echten Felsenvögel Stein- und Blaudrossel sind an Farben-
schönheit weit den Sing-, Wachholder- und Misteldrosseln über-
liegen und die im Hochgebirg hausende Ringdrossel ist doch
eigentlich nichts anderes als die düster gefärbte Schwarzamsel
der Thäler, nur dass sie noch auf der Brust den belebenden
weissen Halbmondring trägt.t) Überhaupt sind, auch bei geringeren
Höhenunterschieden, die Farbentöne bei Bergvögeln immer stärker
und wirkungsvoller aufgetragen als bei Thalvögeln derselben
Art: So bei den Harzfinken gegenüber denen aus der goldenen
Au, bei den Schwarzplatteln des Wiener Waldes gegenüber denen
der Donauebene. Auch die heutigen Tropenvögel haben die bunten,
intensiven Farben, weil sie der Sonne näher sind als die mehr
nördlichen, während diese, je weiter sie nach Norden vorschreiten
und je mehr sie sich also von der Sonne entfernen, schwächere
Farben aufweisen (wie überhaupt die ganze Natur), bis die nörd-
lichsten, entferntesten (Schneehühner, Möven, Gänse, Schwäne)
in dem neutralen Weiss — demselben Weiss, das auch Säugetiere,
Bären, Füchse, Wiesel u. a. tragen — erscheinen: Hier ent-
wickelt der Kosmos in seiner Gesamtheit keine, einen mehr
oder minder grossen Teil des „Lichtes“ — d. i. die Vereinigung
aller Farben — absorbierende Pigmentstoffe und mithin — schlech-
terdings! — auch keine Farben mehr. Ich mache darauf auf-
merksam, dass auch, vom Pol aus gegen Süden vorgegangen, neben
schwärzlichen (bezw. schwach schwärzlichen, also grauen) Zeich-
nungen die rote Farbe die erste ist, welche wieder auftritt; Belege
hierfür sind u. a.: Die rötlichen Füsse und Schnäbel der Wasser-
vögel, das zarte Rosa der Rosenmöve, der rötlichbraune oder
rosenrote Anflug im Gefieder der Schneeammern und Schnee-
lerchen, das Rostrot der nordischen Drosseln (rosthalsige und
rostflügelige Drossel, rotbrüstige Wanderdrossel, Spottdrossel), an
dessen Stelle unsere Drosseln gelbe oder graue Farbentöne haben,
das rote Köpfchen des nördlichen Leinzeisigs gegenüber dem
srüngelben des Erlenzeisigs, die brennend rote Farbe des Kar-
mingimpels, des Bewohners der obersten Schweden und Russland,
gegenüber dem weniger wirksamen Blutrot des gemeinen Gimpels,
das im Vergleich zu unseren deutschen Finken für den nordischen
1) Das reichere, schönere Kolorit wird bei 7. torguatus erzielt
durch den Kontrast zwischen Schwarz und Weiss; Weiss ist aber ein
Farbenergebnis der Lichtforne — „keine Regel ohne Ausnahme,“
334 W. Schuster:
Vogel überaus charakteristische Rot des Bergfinken, der rostrote'
Fleck des schwedischen Blaukehlchens, wo das unsere nur einen.
weissen Fleck hat.!) Je näher der Sonne, dem Licht, um so stärker‘
fallen die Lichtstrahlen — die an Stärke wie fast alle auf der’
Erde wirkenden Naturkräfte mit dem Quadrate der Entfernung;
ab- und zunehmen — ein, und um so intensiver und gesättigter'
können und werden sie wieder ausgestrahlt und zurückgeworfen. ,
Auf die Tertiärzeit folgt die Diluvialzeit. In ihr wechseln
längere, durch starke Gletscherbildungen gekennzeichnete Eis-
perioden, in welchen indes die Temperatur nicht sehr viel, vielleicht
4—10° (nach E. Brückner nur 3—4°) niedriger gewesen zu sein
braucht als unsere heutige, mit gemässigten Zwischenperioden,
den Interglazialzeiten, die etwa das Klima von heute hatten.
Durch diese gesamte Diluvialzeit haben sich die drei genannten
Vogelarten aus der Tertiärzeit hinübergerettet in unsere Zeit.
Wo und -- soweit es erklärbar erscheint — wie?
Die Gletschergeschiebe, die vom skandinavischen Hochgebirg
ausgingen, erstreckten sich in Deutschland bis an den Nordabfall
1) Das Wolf’sche Blaukehlchen, welches auf der Brust ein einfaches,
gleichmässig blaues Feld aufweist, wird der Betrachtung füglich nicht
unterstellt, da es unser gewöhnliches Blaukehlehen im Alter ist. Übrigens
ist diese Thatsache eine Erläuterung zu der Frage, ob bei freilebenden
Vögeln die Farbe im Alter erblasse (nachlasse) bezw. das Gefieder hellere
Töne oder mehr Weiss zeige. Dies scheint mir nur bei solchen Vögeln
der Fall zu sein, die ein ganz hohes Alter — das Greisenalter — er-
reicht haben; dieses Glück wird nur einigen wenigen Arten zu Teil, bei-
spielsweise den Adlern, von denen etliche Arten (Kaiseradler, Habichts-
adler, Zwergadler) im hohen Alter viel mehr helle und weisse Farben im
Gefieder haben als in mittleren und jüngeren Lebensaltern. — Nicht
glaube ich, um allem möglichst gerecht zu werden, unerwähnt lassen zu
dürfen, dass doch auch gerade z. B. der skandinavische Dreizehenspecht
einen gelben Kopfstreifen aufweist, wo unsere Spechte z. T. rote Färbung
haben. Die Frage nach der Verteilung der Vogelfarben ist ein sehr
interessantes Kapitel, das aber noch recht eigentlich in den Kinderschuhen
steckt und daher auch noch eine reiche Ausbeute verspricht. Denn dass
die Sonnenstrahlen je nach ihrem Stärkemass, dem Lichtmenge- und
Lichtkraftverhältnis, in den verschiedenen Weltteilen verschiedene Farben
und Farbennüancen auch bei den „Befiederten der Lüfte‘ erwirken, ist eben
so sicher und gewiss wie andere als recht und richtig erkannten Sätze
der Lichttheorien, beispielsweise diejenige, dass die ultraviolette Farbe,
welche vom menschlichen Auge nicht mehr, vom Vogelauge vielleicht noch,
ganz sicher aber von der photographischen Platte gesehen wird, ein
Bestandteil des Sonnenlichtes ist.
Die Vogelwelt und die Tertiärzeit. 335
‘der Karpathen, das Riesen- und Erzgebirge, den Thüringer Wald,
' den Harz, das rheinisch-westfälische Schiefergebirge, nach meiner
Ansicht — ich muss hier die Ranke’sche Grenzbestimmung etwas
erweitern — sogar bis an den Nordrand des hessischen Vogels-
berges, denn den grossen erratischen Block gegenüber dem
Herzberg (Kr. Alsfeld) anı Nordrand der hessischen Berge erachte
ich als mit den nordischen Gletschern gekommen. Die Gletscher,
die von den Alpen ihren Ausgang nahmen, griffen über Süd-
deutschland bis nach Mitteldeutschland vor. Zwischen. beiden
Gletscher-Grenzlinien blieb ein Stück Boden auch in den Eis-
perioden dauernd eisfrei.
Hier hat sich der Wasserspecht, der tropische Vogel der
Tertiärzeit, auf deutschem Boden erhalten. Es war ihm dies
möglich dank der glücklichen Einrichtung der Natur, die ihm
bei seinen spechtartigen Anlagen Art, Beruf und Wesen eines
Wasservogels gab, wie er ja noch heute ein solcher ist. Wie
heute, so froren auch damals die reissenden Waldbächlein und
die Quellen selbst bei grosser Kälte in Mitteldeutschland nicht
zu; auch damals sammelten sich wie heute die überwinternden
Vögel (selbst solche wie Schwarzamseln und Stare) an den offenen
Quellen und Bächen. Diese boten dem Königsfischer hinreichende
Nahrung, um sich durch die kalte Zeit zu schlagen. Selbst wenn
die Natur ringsum erstarrt lag, konnte er aus den immer Nahrung
spendenden Gewässern seinen Mittagstisch bestellen. Solange
ein Vogel Nahrung hat, kann er sich durchhelfen; erst wenn
er ermattet ist, erfriert er. Auf dem eisfreien Strich Mittel-
deutschlands hat sich der Eisvogel akklimatisiert; dieser Strich
bildet den Ausgangspunkt für sein heutiges Verbreitungsgebiet.
Allem Anschein nach ist der Eisvogel der einzige singvogel-
artige Wasservogel, der sich innerhalb der heutigen deutschen
Gebietsteile aus der Tertiärzeit erhalten hat.!) Warum er gerade
als der einzige, wage ich nicht zu erklären. Hat vielleicht die
Tertiärzeit nur eine solche Vogelart gehabt? —
1) Singschwan und Ente, Schneehuhn und Birkhuhn waren in der
Diluvialzeit häufig, wie sich aus den Speiseresten und Grabbeigaben der
diluvialen und neolithischen Höhlenbewohner ergiebt; ebenso auch wohl
Gimpel und Dohle.e Auch vom Haushuhn fand Prof. Rütimeyer in der
Renntierstation am westlichen Ende des Genfer Sees (am Mont Saleve)
eine Anzahl von Knochen, „die von mehr als einem Individuum von
kleiner Statur zu stammen scheinen.“
336 W. Schuster:
Mit dem eisfreien Landstreifen in Deutschland hing sicher
das eisfreie Gebiet Frankreichs zusammen, welches, da auf den
gallischen Länderstrich nur wenig aus Nord, Ost und Süd-West
die nordischen, Alpen- und Pyrenäengletscher übergriffen, */,, vom
heutigen Frankreich betrug, während von den 54000 qkm Deutsch-
lands nicht 20000 eisfrei blieben. ‚Ein mittelfranzösisches Inlandeis
fehlte‘‘ (Penk). Hier in Frankreich, vielleicht noch auf deutschem
Boden, hat sich die Goldamsel (neben anderen tropischen Vögeln,
die aber keine ständischen Vertreter der deutschen Vogelwelt
sind) durchgeschlagen; von hier aus, wo sie noch heute (wie in
Italien, das mit Frankreich zusammenhing) hinsichtlich der Indi-
viduenzahl am stärksten auftritt, hat sie sich auch wieder im
grossen Massstab verbreitet, sodass sie heute in ganz Deutschland,
in Schweden und Finnland ständiger Brutvogel ist. Aber ganz und
gar akklimatisiert hat sie sich ebensowenig wie die Blaurake
bezw. alle ausgesprochenen Zugvögel.
Die Vergletscherung nahm in Europa von Westen nach
Östen ab. Hier beschränken sich nach Penk die Gletscherspuren
auf die höchsten Punkte der Transsylvanischen Alpen an der
Grenze von Siebenbürgen gegen Rumänien und an der Grenze‘
von Rumelien und Makedonien auf den Rilo Dagh. Es haben
wohl nur auf den höchsten Gipfeln der Balkanhalbinsel grössere
Gletscher gelegen, das übrige Land war eisfrei, besonders die
Tiefebene am schwarzen Meer, die einen Teil der grossen
russischen Ebene bildet. Hier und auf dem grossen Länder-
gebiet, welches heute das Mittelmeer darstellt, hat sich die
Blaurake (neben vielen anderen tropischen Vögeln) durch’s Leben
geholfen; von hier aus — in Südrussland, Griechenland, (Spanien)
ist sie am häufigsten — hat sie sich verbreitet nördlich bis nach
Schweden, in das westliche Sibirien und südlich bis zum Senegal
in Afrika. Von der Balkanheimat aus ging sie auch nach Deutsch-
land vor und ward hier, zum Teil nur sporadisch, ansässig etwa
bis zur Elbgrenze. Ich glaube, dass die Blaurake seit Anbeginn
der Diluvialzeit nie in Westdeutschland als gewöhnlicher ständiger
Brutvogel verbreitet oder heimisch gewesen ist (abgesehen natür-
lich von diesem oder jenem verschlagenen bezw. weiter gewanderten
Pärchen, das in Westdeutschland brütete); denn sie hätte sich in
Westdeutschland ebenso gut erhalten können wie der, fast
gleich grosse Bruthöhlen beanspruchende und gleich grosse Ein-
samkeit verlangende Wiedehopf, der z.B. im südöstlichen Schwarz-
Die Vogelwelt und die Tertiärzeit. 337
waldrecht häufigist!). Andererseits ist doch wohl nicht anzunehmen
dass in Ostdeutschland mehr alte und hohle, Nistgelegenheit
'bietende Bäume stehen geblieben wären als im Westen Deutsch-,
lands, da doch gerade die ostelbischen Junker in ihren Wald-
sütern eine sehr umsichtige — besser gesagt: „rationelle“ —
Forstwirtschaft betreiben lassen. Die Mandelkrähe wird auch
jetzt nie in Westdeutschland heimisch werden, solange sie wegen
ihrer bunten Farben, die dem westdeutschen Laien etwas gänz-
lich Fremdes sind, auffällt: Jede von den zahlreich aus dem Osten
zu uns herüberschwärmenden Mandelkrähen erscheint dem Schützen,
der sie zuerst sieht, als ein sehr begehrenswertes Beuteobjekt
— — sapienti sat!
Tropisch geartete Vögel, die nicht durchaus in Deutschland
heimisch sind, kommen hier eigentlich kaum in Betracht; wohl
vielleicht aber die farbenbunten Kreuzschnäbel (und Karmin-
simpel). Inbezug des Alters dieser Vögel wage ich kein Urteil
auszusprechen, weise nur darauf hin, dass es ihnen immerhin
schon hätte möglich sein können, sich dem Klima anzupassen
seradeso wie die Eisvögel?), zumal es ihnen an der lebenerhal-
tenden Nahrung — den Kreuzschnäbeln an Nadelholzsamen, den
Karmingimpeln an Beeren — nie fehlen konnte.
Von den allem Anschein nach tropisch gearteten Vögeln,
die in Frankreich und den „Mittelmeerländern“ einerseits, den
Balkan- und „Mittelmeeriändern“ andererseits die Diluvialzeit
überstanden haben, sind deutsche Rand- oder nach Deutschland
hinschweifende Vögel die Blaudrossel, die Steinamsel, welche die
charakteristisch rote Farbe des Wasserspechts und der Mandel-
krähe aufweist, (das Schwarzkehlchen?) und der Immenvogel,
der Flamingo, (der Ibis, der Pelikan?) u. a.
1) Und mit der Häufigkeit ist er auch weniger scheu geworden:
Ein lustiger „Huppup“ wich auf der Strasse von Bonndorf nach Thiengen
unserem Postgefährt erst aus, als die Pferde bis auf doppelte Mannes-
länge ihm nahegekommen waren, flog auf einen der nächsten niedrigen
Chausseebäume und kehrte, als wir vorbei waren, sogleich wieder zu den
von ihm bearbeiteten Pferdeexkrementen auf der Landstrasse zurück.
2) Ein Beweis für die Anpassungsfähigkeit des Eisvogels ist u. a.
die von H. Schacht mitgeteilte Thatsache, dass im Laufe des Winters
1900/01 ein Eisvogel auf einem Futterplatz in der Nähe des Burggrabens
in Detmold erschien und ausgelegte Fleischstückchen verzehrte, sogar
Fleisch von den Knochen zu lösen versuchte!
338 W. Schuster:
B. Ornithologische Anzeichen
einer wiederkehrenden ‚„Tertiärzeit.“
Einer wärmeren Epoche auf der nördlichen Erdhälfte ent-
spricht nach den neueren Forschungen eine kältere auf der
südlichen Halbkugel.
In der Gegenwart hat die nördliche Hemisphäre 6 Tage
länger die Sonne über sich als die südliche. „Sie erhält dadurch
von der Sonne mehr Wärme zugeführt.“ Diese 6 Tage können
und werden sich noch einmal auf 36 Tage erhöhen. Erst in 10500
Jahren hat sich das jetzige Verhältnis zu Gunsten der südlichen
Erdhälfte wieder umgeändert.!)
Es giebt vor allem zwei ornithologische Anzeichen, die mit
Deutlichkeit darauf hinweisen, dass wir eineren wärmeren Epoche,
einer neuen „Tertiärzeit,“ entgegen gegangen sind und entgegen
gehen.
Erstens: Das in immer grösserem Massstab — hinsichtlich
der Arten- wie der Individuenzahl — um sich greifende Über-
wintern derjenigen Vögel, die eigentlich Zugvögel sind; sehr
bezeichnend ist hierbei zugleich die Thatsache, dass die Winter-
quartiere eben dieser zu Standvögel geworden Sänger und Luft-
räuber mit den Jahren immer weiter in höher gelegene Breiten
vorgeschoben werden. Die leitenden, Ausschlag gebenden Momente
sind also für’s Erste: Zunahme der in Deutschland überwinternden
Vogelarten und -Individuen und stufenweis weitergehendes Vor-
rücken der Grenzen des Überwinterungsgebietes nach nördlicheren
Breiten.
Dazu etliche Belege: In Mitteldeutschland, speziell in Hessen,
bleiben in jedem Winter, mag er rel. warm — und wir haben
ja eigentlich nur noch milde Winter — oder kälter sein, kleine
Trupps wie einzelne zerstreute Stare (die sehr gern an die aus-
1) Schon der hessische Chronist Winkelmann meint um das Jahr
1700 hinsichtlich der Wärmeverhältnisse und der Fruchtertragnis der
Felder: „Wenn aber heutiges Tages die vor 1600 mehr oder weniger
Jahren lebende alte Geschichtschreiber als Strabo/Taeitus/Seneca/Caesar/
Mela mit ihrem Anhang wieder von den Todten auferstehen/und mit
ihren Augen das innerste des Landes wol besichtigen solten/so würden
sie gewislich/ein ganz anders Land befinden/als sie zu ihrer Zeit dassel-
bige beschrieben/und würden entweder in Beschauung des Teutschlandes
über ihren ungleichen ertheilten Bericht schamroth werden/oder sich selber
über solche löbliche Verender- und Verbesserung nichtgenugsam verwundern,‘
Die Vogelwelt und die Tertiärzeit. 339
sehängten getrockneten Hollunderbeeren gehen); selbst in dem
kalten Winter 1894/95 blieb ein Starmatz in dem Vogelsberg-
Städtchen Lauterbach, wo er zumeist hungrig auf dem offen-
stehenden Pförtchen einer Speicherlucke lungerte. 1895 über-
winterten auch Stare in Hannover!), 1893/94 in Gera und Jena,
im Westerwald u. s. w. Herr Pastor Fr. Lindner in Osterwieck
a. H. weist (in dem „Grundstein zur Ornis des Fallsteingebietes“)
kurz auf das Überwintern der Stare im Thüringischen Länder-
kreis hin, ausführlicher Herr Ad. Walter: Orn. Mon. 1894; auf
S. 65 der „Ornith. Monatsschr.“ 1901 sprach ich von einer recht
stattlichen Schar von in Fulda überwinternden Staren, die hier
wie anderwärts am Vormittag der Nahrung auf den nicht be-
schneiten Wiesen nachgehen und gegen Abend auf den Kirch-
türmen thronen und singen. Selbst in Pommern traf ich im
Winter 1900/01 überwinternde Stare. Die Zahl der in fast jedem
hessischen Ort als Stand- (bezw. Strich)vögel verbleibenden Stare
beläuft sich in milden Wintern immer auf wenigstens 10 Stück.
— In dem zur Winterszeit recht rauhen Vogelsberg hält in der
kalten Jahreszeit an jedem Wasserlauf in jedem Dorf in der
Regel eine schwefelgelbe Bachstelze aus. Weisse Bachstelzen
bleiben nur in. geringer Zahl, doch überwinterte 1900/01 eine
solche in Greifswald am baltischen Meer, also unter dem 54°
1) Herr R. L. Woltereck bemerkt dazu (Orn. Mon. 1895): „Nach
allem, was über S/. vulgaris im Laufe d. letzten Winters von den ver-
schiedensten Seiten berichtet wurde, scheint sich bei ihm in der That
eine biologische Veränderung zu vollziehen, die wahrscheinlich mit den
relativ milden Wintern, besonders Winteranfängen (bis Dezember) des
letzten Jahrzehnts zusammenhängt. Sonst wüsste ich keine Erklärung
für diese interessante Erscheinung.“ Dem fügt Herr Dr. Karl R. Hennicke
weniger glücklich hinzu: „Ich bin eher geneigt, die Ursache in der er-
freulicherweise sich immer mehr verbreitenden sachgemässen Anlegung
und Besorgung von Futterplätzen zu suchen.“ Dass dies nicht der
Grund des Bleibens sein kann, ergiebt sich daraus, dass in den hessischen
Dörfern, wo die Stare überwintern, überhaupt keine oder nur wenige
Futterplätze angelegt werden, wie ja andererseits auch Futterplätze eigent-
lich nur dann erst auf dem Plan erscheinen, wenn die Not des Winters
da ist, im Januar und Februar, wo die Zugzeit längst vorüber ist.
Übrigens muss ich betonen, dass nicht —16° die niedrigste Kälte-
temperatur ist, bei der die Stare bleiben (s. neuen Naum, B. IV, S. 9);
bei Fulda blieben im Winter 1900/01 die Stare bei 18 Grad Kälte und
der, welcher 1894/95 im väterlichen Gehöft im Vogelsberg blieb, hielt
aus, trotzdem wir 28 Grad Kälte erreichten.
340 W. Sehuster :
nördl. Breite; besonders in den letzten Tagen des Dezember 1900
beobachtete ich sie häufig am Rykufer. — Hier „oben“ traf ich
zu derselben Zeit auch schon die sonst hie und da in Deutsch-
land überwinternde Heckenbraunelle (Fr. Lindner berichtet von
zahlreich in Mitteldeutschland über Winter bleibenden Braunellen)
als Standvogel an; sie hatte sich das dichte Gebüsch des Fried-
hofes zum Aufenthalt erkoren. — In Lipskaln in Livland (58°
nördl. Br.) beobachtete Oskar von Löwis am 24. Dezember 1878
3 männliche Buchfinken in Gesellschaft einiger verwandten Vögel,
„die den Winter hier zuzubringen pflegen. An einer stets gleich-
warmen Quelle, die auch im hohen Winter Mooswucherung und
sonstige niedrige Pflanzenbildung zulässt, suchten die drei nach
Futter und liessen fröhlich den Lockruf erschallen.“ Noch am
29. November 1878 wurden von livländischen Grenzbuschwächtern
einige Bekassinen beobachtet, die jedenfalls auch überwinterten
(am 6. November sah Oskar von Löwis noch eine Waldschnepfe.
„Zool. Gart.“ Jahrg. 1878). — Der Turmfalke überwintert im
Vogelsberg, in der Fuldaebene und Wetterau schon in immerhin
beträchtlicher Anzahl. — Am 13. Februar 1895 stiess ich im
nordöstlichen Vogelsberg auf einen zurückgebliebenen roten Milan,
der in einem niederen Waldschlag auf einem im Schnee liegenden
toten Raben fusste und ihn augenscheinlich rupfte; beim Fort-
fliegen nahm ihn die Königsweihe in den Fängen mit fort. Der
rote Milan ist als Standvogel keine gewöhnliche Erscheinung. —
Vom 22. bis zum 28. Februar 1901 beobachtete ich eine im ehe-
maligen Wallgraben Greifswalds überwinternde Mönchgras-
mücke. Dieses Tierchen, das ich öfters auf 2 m. Entfernung
vor mir hatte — sodass ich mich also keineswegs getäuscht haben
kann! — hielt sich in dem zumeist aus jungen Fichten bestehenden
Gebüsch des Wallgrabens auf und kam, besonders um die Mittags-
zeit, schnell und vorher immer etwas sichernd in einen Schnee-
beerenstrauch (Symphoricarpus racemosus, Pursh.) direkt seitlich
unter der Papenbrücke geflogen. Hier nahm die Grasmücke
eifrig mit dem Schnabel die Schneebeeren, vom Volk „Juden-
kirschen‘“ genannt, vom Strauch und schluckte eine nach der
anderen der reichlich über Erbsen grossen Erüchte mit sichtlicher
Anstrengung ganz hinunter. Mehr wie 3, 4 Früchte sah ich sie
in keinem Falle zu sich nehmen. Nach meinem Ermessen war
dieses Vögelchen nicht etwa aus der Gefangenschaft entwichen
und geblieben; dafür sprach sein immerhin scheues, ängstliches,
Die Vogelwelt und die Tertiärzeit. 341
ganz und gar natürliches Wesen — wenn es sich von der Brücke
aus beobachtet sah, schoss es fort — wie der gute, schmucke
Zustand des Gefieders, insbesondere des Schwanzes, ganz ab-
gesehen davon, dass sich ein der Gefangenschaft entflohenes
Mönchlein nicht hätte am Leben erhalten können. Es überwinterte.
Da wir in jenen Tagen schon die niedrigste Temperatur hinter
uns hatten (am 22. u. 23. Febr. morg. um 9 Uhr: —7° R., in
der Nacht wohl: —8° bis —10° R., am 24. Febr. Tauwetter, am
27. Febr.: -—2°; niedrigste Wintertemperatur (im Anfang Februar):
c. 15° Kälte), so ist füglich anzunehmen, dass die Grasmücke den
Winter glücklich überstanden hat. Jedenfalls haben den Vogel
das starke, dichte Gebüsch, die vielen Beeren und vor allem das
bis in den Januar überaus milde Klima in Greifswald gehalten.
— Wie Herr Kommilitone cand. med. Sehlbach in den betr.
Nrn. der „Ornith. Monatsschr.‘“ berichtet, überwinterte bei Bonn
in den Jahren 1899, 1900, 1901 das Schwarzkehlchen, ein süd-
liches und ebenso zartes Vögelchen wie die Grasmücke, das ich,
als es Junge fütterte, auf dem Bergrücken zwischen dem Orte
Deveny und der Ruine Alt-Theben an der Donau (Ungarn) ein-
gehend zu beobachten Gelegenheit hatte!). — Im Rhein- und
Mainthal bleiben in milden Wintern viele der leicht hinfälligen
Girlitze (siehe Friderich!) — Das Rotkehlchen überwintert schon
in verhältnismässig starker Anzahl in Deutschland; den letzten
Standvogel sah ich im verflossenen Winter (1901) im Friedhof
bei Greifswald. Die Anzahl der überwinternden Rotkehlchen
nimmt mit den Jahren zu. — Es ist wohl mit Sicherheit an-
zunehmen, dass alle die zu Winterszeiten erstarrt aufgefundenen
Schwalben (Rauch-, Haus- u. Uferschwalben) den Versuch gewagt
haben, zu-überwintern, dass sie sich, als die Kälte anbrach, aus Not
in einen Schlupfwinkel verkrochen und hier in einen starren Zustand
verfielen: Jene 72 erstarrt und die 300 in einer hohlen Linde
unverwest aufgefundenen Rauchschwalben, von denen Herr Pastor
Richter spricht („Orn. Mon.“ 1887 u.1891): die 3 Hausschwalben,
die Oberförster Langenbach in Lasphe aus einer gefällten, hohlen
Eiche zog. Er „brachte die Tiere zu dem Feuer, das die Holz-
hauer in der Nähe unterhielten, und sah nach etwa zehn Minuten
mit freudigem Erstaunen, dass die augenscheinlich toten Tiere
1) Mein Bruder Ludwig beobachtete den Vogel im Frühjahr 1901
auf dem Durchzug bei Fulda und im Sommer 1901 als Brutvogel bei Mainz.
342 W. Schuster:
in’s Leben zurückkehrten, die Augen öffneten und sich zu bewegen
anfıngen. Aber alle Versuche, die Schwalben zu grösserer Lebens-
fähigkeit zu bringen, waren vergeblich: sie blieben in agone, in
einem Zustand zwischen Leben und Tod.“ (,Allg. Forst- und
Jagdzeitung“ von 1863); die erstarrte Rauchschwalbe, die der
Forscher Karl Müller aus dem tiefen Mauerloche eines Zieh-
brunnens in der Burg Friedberg hervorholte „der Vogel, an die
Ofenwärme gebracht, erwachte, zuerst sich auf die Fiügelarme
stützend und endlich zum aufrechten Sitzen vorschreitend, allein
er starb schon nach einer Stunde.“ A. u. K. Müller „Tiere der
Heimat‘); die Hausschwalben, die Arbeiter bei Ibbenbüren (Osna-
brück) im November aus dem Ufer eines Mühlteichs gruben und
von denen Leutnant W. wieder 3 zum Leben brachte (A. u. K.
Müller, „Tiere der Heimat“); die 2 erstarrten Hausschwalben,
die im Dezember Stadtförster S. und Polizeisergeant St. in Arns-
berg aus dem hohlen Stamm einer gefällten Eiche holten — sie
kamen wieder zum Leben —, die Uferschwalben, welche die
Gebr. Pf. in Arnsberg im März und April aus dem Ruhrufer holten
und wieder aus dem Schlafe weckten (vergl. „Tiere der Heimat!“).
Ferner überwinterten Schwalben im Hampshire in England („Am
8. u. 9. Januar flogen drei Schwalben um die Gebäude von Christ-
church. Da ich in einer Entfernung von wenigen Fuss an ihnen
vorüberging, konnte ich leicht die Art feststellen und wahrnehmen,
dass es junge Vögel einer späten Brut waren, die durch die
Milde der Jahreszeit verlockt waren, ihren Aufenthalt hier zu
verlängern. Edward Hart.“ „The Field,“ 1891, No. 1936); am
17. Januar 1891 flogen Schwalben um die St. John’s Kirche in
London und liessen sich auf derselben nieder („Ich hielt dies für
eine Täuschung habe sie aber soeben selbst gesehen (3 U. 20
Nachmittags).“ Dazu bemerkt die Red. v. „Ihe Field“: „Die
beobachteten Vögel müssen nach unserer Meinung eher als Nach-
zügler aus dem verflossenen Sommer denn als frühzeitige Kinder
des kommenden Frühlings betrachtet werden; denn der milde
Winter begünstigte ihr Hierbleiben sehr, und der Frühlingszug
dieser Vögel hat noch nicht begonnen.“ Es kommt also das
Überwintern der Schwalben in England, — sogar im nördlichsten
Teile desselben — in milden Wintern vor); ein Rauchschwalbenpaar
überwinterte in einem grossen Kuhstall in Kruscezowitz in Böhmen
(11. Februar: „es befindet sich wohl und munter. Ihre Nachtruhe
halten die beiden Vögel auf dem Rücken einer schwarz-weissen
Die Vogelwelt und die Tertiärzeit. 343
Kuh und verlassen ihren Sitz selbst dann nicht, wenn sich selbe
' niederlegt oder aufsteht. Dieses Schwalbenpaar hatte im ver-
'flossenen Sommer in den Stallungen gebrütet.‘“ 20. Februar:
'Schwalben an Nahrungsmangel gestorben. v. Tschusi zu Schmid-
hoffen, „Orn. Mon.“ 1894); siehe auch „St. Hubertus“ 1898:
„Heimattreue Schwalben“ in Tondern. Von noch anderen im
Winter erstarrt aufgefundenen Schwalben berichten die Gebrüder
Müller und die ,„Orn. Mon.“ 1890. Nach dem Gesagten kann
man die cum grano salis richtigen Worte Gessner’s verstehen:
„Man hat etwan gsähen dass sich die Schwalmen in hole böum
verborge habend in einem Wald dess oberen Teutschen lands,
da man in einer abgehauwnen faulen eich vil Schwalmen gefunden
hat... Ich hab gfunden dz die Schwalmen den ganzen Winter
in jren nästeren verborgen ligend als todt: darumb vermein ich
nit dass sy hinweg fliegend.‘“ Diese wahren Worte Gessner’s
sollte man doch nicht in’s Lächerliche ziehen, wie es schon
geschehen ist! Auch im neuen Naumann ist das „Überwintern“
der Schwalben viel zu kurz und wegwerfend behandelt, was um
so weniger verzeihlich ist als schon vor Jahren in einem der
bedeutendsten ornithologischen Werke, in dem Buch: „Tiere der
Heimat,“ die merkwürdige Erscheinung näher besprochen wurde.
— Schon zu Naumanns Zeiten hielten „einzelne, und in gelinden
Wintern wohl kleine Gesellschaften“ von Feldlerchen im nördlichen
Deutschland aus; in den letzten Wintern (1897, 1898, 1899, 1900)
sah ich sie in dem Vogelsberg und 1901/02 bei Mainz. Es dürfte
garnicht ausgeschlossen sein, dass die — allem Anschein nach doch
so kräftige und wetterfeste — Feldlerche ebenso noch einmal im
Lauf der Zeiten ein Standvogel wird wie die Haubenlerche; dass sie
es noch nicht ist, hat darin seinen Grund, dass sie einmal mehr auf
Insektennahrung — weniger auf Gesäme — angewiesen ist als
die Haubenlerche, dann dass diese mehr ‚„Hausvogel‘“ geworden,
mehr mit dem Menschen vertraut ist und also eher — und zwar
immer — auf den offenen Strassen der Dörfer und Städte zu ihrem
Futter gelangen kann. Aber diemilden Winter der letzten Dezennien
haben auch die Felder freigelassen. — Bei Frischborn im Vogels-
berg und bei Giessen an der Lahn überwintern in jedem Jahr
Reiher; selbst einzelne Störche bleiben hie und da in Deutschland.
— Auch von überwinternden Wiesenpiepern wird gemeldet (Naum. u.
„Orn. Mon.‘ 1895, bei Gera) und über Winter gebliebenen Hausrot-
schwänzchen (,„Orn. Mon.‘ 1895, bei Jägerndorf, Troppau, Aslawan).
344 W. Schuster:
Ein Gegenstück zu dem bisher Ausgeführten bildet die That-
sache, dass nordische Vögel, beispielsweise die Seidenschwänze,
heuer lange nicht mehr so zahlreich zu uns kommen wie in
früheren Jahren. DBechstein schreibt gegen Ende des vorigen
Jahrhunderts von dem Seidenschwanz: „Sein Sommeraufenthalt
ist der Arktische Kreis. Von da kommt er im Winter heerden-
weise nach Deutschland, Russland, Frankreich, England ... . Sie
überwintern fast alle Jahre in Thüringen in den Vorbergen des
Thüringer Waldes. Fast alle Jahre durchstreifen sie Thüringen
und bleiben gern da, wenn sie Überfluss an Nahrungsmitteln
finden.“ In einem neueren Vogelwerk heisst es, dass „es oft
mehrere Jahre ansteht, bevor sich der Vogel [bei uns] wieder
zeigt.“ — Was den Flachsfink anbetrifft, so vergleiche man eine
Verbreitungsübersicht aus dem Jahre 1795 (Bechstein) und dem
Jahre 1876 (Friderich)! Der elementare Unterschied ergiebt
sich sofort.
Zum Zweiten ist beweisend für die oben aufgestellte Be-
hauptung, dass wir mit einem wärmeren Klima beglückt sind
und noch sein werden: Das Verlegen der Sommerquartiere —
also der Brutgebiete — südlicher Vögel nach Deutschland über-
haupt oder nach dem mittleren und nördlichen Deutschland. Wie
die heimischen Vögel sich immer mehr dem deutschen Winter
anpassen, so akklimatisieren sich in paralleler Erscheinung die
südlichen Vögel immer stärker den sommerlichen Regionen höher
gelegener Breitegrade. Und zwar rücken die südlichen und selbst
heimische Vögel nicht allein in horizontaler Linie gegen Norden
vor, sondern auch in vertikaler gegen die Berghöhen. Beides
weist. unwiderleglich auf das schon erfolgte Eintreten sowie das
gegenwärtige Andauern (bezw. in gesteigertem Masse Fortwirken)
wärmerer Klimaverhältnisse hin.
Den besten Beleg bildet der Girlitz. Naumann kannte ihn
noch nicht aus der Beobachtung in der freien Natur, da er sich
zu seiner Zeit noch nicht in Mitteldeutschland vorfand (wie Naum.
in einer Fussnote bemerkt). Heute findet er sich dort überall,
auch schon in Holland, nach Friderich selbst sogar auf Island.
In allen deutschen Rheinlanden ist er zahlreich und hat nach meiner
Beobachtung schon Haardt und Vorberge der Vogesen erstiegen.
Noch am 31. August (!) 1901 fand ich im Mombacher Forst bei
Mainz ein Nest (zweite Brut) mit ganz kleinen Jungen, die am
7. September bis auf das Nesthäkchen flügge waren. — Die Blau-
|
| Die Vogelwelt und die Tertiärzeit. 345
‚drossel ist von Südfrankreich an den Berghängen der Burgunder
Pforte hin und des deutschen Breisgaues nach den Vogesen vor-
gerückt; in den Berggeländen in Südwest-Deutschland und am
Bodensee zeigt sie sich öfters. — Dasselbe gilt von der Stein-
merle; sie ist ausser auf den Vogesen auch schon auf dem Harze,
dem Riesengebirg und den Sudeten angelangt. — Das Schwarz-
kehlehen hat auf seinem „chronischen“ Zuge nach Nordost an
vielen Stellen schon — wenn auch z. T. nur erst vorübergehend
— die Rhein- und Mainlinie überschritten. — Den Fettammer
„stösst“ man bei Herbst-Treibjagden häufig aus den ost-rheini-
schen Ackerfeldern „auf“; da man sein Nest noch nicht in den
betreffenden Gegenden Hessen-Nassaus und der Rheinprovinz
gefunden hat, denkt man an weit umherschweifende Exemplare,
doch brütet er, wie ich glaube, ganz gewiss in den Rheinbergen }).
Seibst im südlichen Schweden und Norwegen ist der Ortolan
schon zu Hause. — Wie der südländische Zaunammer ‚in den
Rheingegenden, in Hessen, Franken und Thüringen“ öfters ge-
sehen wird, so hat sich auch der dem wärmsten Europa ange-
hörende Zipammer in Deutschland angesiedelt. Er liebt die
Vorberge der Mittelgebirge und wählt stets die Sonnenseite der
Höhen zum Aufenthalt. ‚In Württemberg bei Mössingen am
Fusse des Rostberges, auch bei Kirchhain unter Teck, sowie an
einigen anderen Orten“ kommt er nach E. F. von Homeyer vor,
„gewöhnlich gesellschaftlich“; früher schon hat Friderich auf das
relativ häufige Vorkommen des Zipammers „in Schwaben“ auf-
merksam gemacht. — Auch der Grauammer geht vom Süden — in
der reich gesegneten Rheinebene des Elsass und in den Vogesen-
vorbergen sah ich ihn sehr häufig — nach Nordosten (Skandi-
navien, Nordrussland) vor. — Das Hausrotschwänzchen dringt
mit den Menschenwohnungen, vor allem solchen, welche feste
Dächer haben, nach dem nördlichen Skandinavien und Russland
vor. — Der Alpensegler, eigentlich ein Bewohner der mittel-
ländischen Inseln, doch auch z. B. auf dem hochgelegenen Berg-
turm in Graz oder dem schönen Wasserturm in Luzern — wo
im Hochsommer das laute Geschrei der Jungen die Aufmerk-
samkeit der lustwandelnd Vorübergehenden sichtlich auf sich
zieht — heimisch geworden, findet sich hie und da in den Tiroler
1) Übrigens darf man nicht alle von Marshall in seiner Schrift
„Deutschlands Vogelwelt im Wechsel der Zeit“ nahmhaft gemachten
Fundorte des Ortolans als konstante Brutstellen betrachten.
Journ. £, Orn. L, Jahrg. Juli 1902, 23
846 W. Schuster:
und bayrischen Kalkalpen, selbst in Thüringen und England
(Friderich). — Nach meinen Beobachtungen erscheint der Trauer-
fliegenfänger, an und für sich ein südlicher Vogel, in den letzten
Sommern in Mitteldeutschland häufiger als früher. Der kleine
Fliegenfänger, der wohl nicht umsonst „Feigenfresser“ heisst —
denn seine eigentliche Heimat sind die warmen Landstriche der
Balkanhalbinsel, Ungarn, die Walachei, Galizien — hat sich in
Westpreussen, Schlesien, Pommern, sogar auf dem verhältnis-
mässig kalten Rügen eingefunden. — Herr H. Schacht spricht
im Jahrg. 1891 der „Orn. Mon.“ von 6 bewohnten Nestern der
Haubenlerche auf einem Fabrikdach in Salzufflen und es sei dieser
Ort der Ausgangspunkt für das Lippe’sche Land, wo sie in die
bergigeren Striche vorrücke; eine ähnliche Beobachtung machte
ich im Vogelsberg: von allen Seiten gehen die Haubenlerchen in
einzelnen Pärchen langsam gegen das Centrum des Vogelberges
vor. — Die Zwergtrappe ist ganz und gar eine ausgesprochene
Bewohnerin der südlichen Länder; Pfarrer W. Thienemann hat
sie in einer fortlaufenden Reihe von Jahren zur Genüge in Thü-
ringen als Brutvogel beobachtet. — Die Wiege des Steppenhuhns
stand ursprünglich in den kirgisischen, tatarischen und mongo-
lischen Steppen unterhalb des 46. Breitegrades; wenn es in den
letzten Dezennien auf seinen Wanderungen (1863, 1888) in Nord-
deutschland, auf Borkum, Helgoland, in Jütland erschien und
brütete, so hatesseinen sommerlichen Aufenthaltsort um 7 —11 Breite-
grade, im Durchschnitt um 9 Grad — also um 1/, der Entfernung
von seinem Wohnort bis zum Nordpol —, diesem näher verlegt.
Einen Beweis für die Behauptung, dass die heimische Vogel-
fauna in den letzten Dezennien durch Südländer verstärkt worden
ist, liefern die vielen südlichen Vögel, die in dem ‚neuen Nau-
mann“ als solche, die das deutsche Bürgerrecht erworben haben,
aufgeführt, abgebildet und beschrieben sind.
Die Wander- und Fortbewegungserscheinungen in der Vogel-
welt, soweit sie lediglich nach Norden gerichtet sind, bitte ich
andere Federn vervollständigen zu wollen.!) —
Wenn man aus dem Aufgezeichneten ein Resultat gichen
wollte, so wäre es eben dies: Die ornithologischen Zeugen aus
1) Andere Vogelbewegungen wie die des Karmingimpels nach Westen
der Lasurmeise nach Südwesten oder das südwärts gerichtete Ausschwärmen
der Sumpfohreule, die 1868—74 Standvogel in der Wetterau wurde,
kommen hier nicht in Betracht.
Die Vogelwelt und die Tertiärzeit, 347
der einstigen Tertiärzeit müssen und wollen wir mit allem Fleiss
‚schützen und hegen; wir wollen in alle Wege nicht dulden,
dass sie weder in unserer Zeit noch, soweit wir es durch Belehrung
und Erziehung vermögen, in der unserer Nachkommen zum Aus-
sterben gebracht werden. Über die Erscheinungen der zweiten
Art wollen wir uns von ganzem Herzen freuen. —
Mit den im Allgemeinen wärmeren Temperaturverhält-
nissen ist es nicht gerade auch eo ipso gegeben, dass die erste
Zeit des sogenannten „Frühlings“ auch wärmer sei als bisher;
im Gegenteil scheint die Erde in dem Planetensystem in eine
Lage gekommen zu sein, wo ein Hinausschieben der kalten bezw.
nassen Jahreszeit-Periode bis in den Mai hinein immer mehr zur
Regel wird. Der April scheint noch fast zum Winter zu gehören
und unser heutiger Mai ist doch eigentlich nur höchstens in dem
letzten Drittel das, als was ihn unsere älteren Dichter preisen.
Es ist also — gemäss dieser regelrecht auftretenden, gewisser-
massen reaktionären Erscheinung — nicht mit den im Allgemeinen
günstigeren Kälteverhältnissen bedingt, dass alle unsere Singvögel
insgesamt (in toto) früher zu singen anfangen.
Eher schon wäre es möglich und ist es in der That auch
zu konstatieren, dass die Wintervögel, da die Temperatur nicht
so tief mehr im Winter zu fallen pflegt, sich wohler und munterer
fühlen und dass somit auch die härteren Standvögel in der
„kalien“ Jahreszeit singen oder zu singen anfangen.
Wintersänger xoz’ &oynv sind: Der Zaunkönig und die
Wasseramsel. Mag die Kälte im Januar aüch noch so stark sein
— beide singen. Gerade die „Wasseramsch‘“ hat mir mit ihrem
Gesang oft herzliche Freude gemacht, da ich noch als Schul-
knabe jeden Morgen einen einstündigen Weg durch ein wasser-
reiches Thal zurückzulegen hatte: oft sass sie singend auf den
Einfassungssteinen einer Brücke — wo ich sie auch mehrmals
mit Ihresgleichen ein mit Federsträuben und Gesang begleitetes,
erregtes Spiel rätselhafter Art ausführen sah, ob aus Eifersucht
oder aus „Liebe“, ist mir unklar —, oft flog sie singend durch
die ob der Kälte mit Nebeldampf erfüllte Luft.
Aber noch andere Vögel hörten wir mitten im kalten Winter
singen: die Haubenlerche und die Schwarzamsel, und zwar hörten
wir in jedem einzelnen Fall ein ganzes, volles Lied mit jeweils
abgesetzten Strophen. Ich hörte öfters — und auch mein Vater
mit besonderer Freude — die Haubenlerche leise ihr Lied singen,
23*
848 W. Schuster: Die Vogelwelt und die Tertiärzeit.
wenn sie über den festgetretenen Schnee auf den Strassen der
Städte (Lauterbach, Fulda) oft dicht vor den Füssen des langsam
vorwärtsschreitenden Passanten hertrippelte. Die Schwarzamsel
hörten wir (mein Bruder und ich), am Morgen des 6. Januar
1900 in der Frühe, als es noch dämmerig war, von einem Fichten-
bäumchen vor dem Forsthaus in Frischborn ihr abgebrochenes,
aber ziemlich lautes Lied ganz begeistert vortragen. Es war
seltsam schön, dieses Drossellied „mitten im kalten Winter, wohl
zu der halben Nacht“!
Auch am 18. Dezember 1898 hörte ein gewisser G. C. „im
schönen Walde der ehemals freien Reichsstadt Frankfurt a. M.
eine Drossel“ wie sie „hell und froh ihr melodienreiches Lied in
den dezemberlichen Sonntag hinein erschallen“ liess (St. Hu-
bertus 1898).
Meister Starmatz singt oft recht hübsch und wohlgemut am
winterlichen Tag; mein vogelkundiger Vater belauschte ihn am
6. Dezember 1896, als der liebe alte Freund auf dem Sprenkel-
holz vor dem Kasten sass und pfiff, ich hörte einem Stärlein am
12. Dezember 1901 längere Zeit zu, da er in einem Garten in
Giessen sein Lied vortrug.
Noch hörte ich zwar an einem klaren Wintertag einen
Dompfaff von einem beschneiten Ästchen aus seinen krackelnden
Gesang vortragen, doch kommt diese immerhin erhebliche Ge-
sangsleistung nicht weiter in Betracht, da schon die Zeit nahe
war, wo die ersten Buchfinken schlagen.
Berichtigung.
In meiner Arbeit „Kritische Bemerkungen über die Paridae
etc.“ J. für Orn. 1901, S. 171, Anmerkg. 1 schlug ich den Namen
Semiparus an Stelle des bereits 1884 von Selys in anderem Sinne
gebrauchten Sittiparus Oates 1889 (B. Brit. India v. 1, S. 171)
vor. Leider übersah ich damals, dass schon 1894 (Ibis S. 480)
Mr. Oates die Bezeichnung Pseudominla eingeführt hatte Nun-
mehr (Bull. Brit. Orn. Cl. März 1902) hat auch V. Bianchi ein
zweites unnützes Synonym, Proparoides für dieselbe Gattung ge-
schaffen. Selbstverständlich ist sowohl dieser als mein Name
gegenstandslos. Hellmayr, Wien.
349
Zur Versöhnung zweier toten Meister.
(Hartlaub-Petenyi).
Von O. Finsch.
„Lasst das Vergangene vergangen sein“
(Göthe: Faust).
Unter den vielfachen Ehrungen, die dem Andenken des
Bremer Altmeisters in Form von Nachrufen gewidmet wurden,
steht derjenige aus der Feder von. Dr. Moritz Lindeman in
der „Weser Zeitung‘ (vom 1. December 1900) unbestritten obenan.
Schon deshalb weil der Verfasser zu den wenigen gehört, die
Hartlaub aus jahrelangen persönlichen Verkehr kannten. Diese
„Original-Lebensschilderung‘‘ wird daher immer von hervor-
ragendem Werte bleiben, als eine lautere Quelle, die als solche
auch bereits wiederholt benutzt wurde.
Die umfangreichste Mitteilung: „Zur Erinnerung an Dr.
Gustav Hartlaub“ verdanken wir indes Dr. Paul Leverkühn
(Journ. f. Orn. 1901 S. 337—359), einem warmen Verehrer, der Hart-
laub allerdings nur einigemale persönlich als flüchtiger Besucher
kennen lernte, mit demselben aber an 15 Jahre (1887 bis 1900)
in brieflichem Verkehr stand. Und dieser letztere ist es gerade,
welcher dem Verfasser einen wesentlichen Teil zu seinen Mit-
teilungen lieferte, in Notizen und Auszügen, „die uns — wie
es in einer kürzlich erschienenen Besprechung?!) heisst — einen
tiefen Einblick in das Seelenleben des ausgezeichneten Mannes
gewähren.“ Vielen wird es dabei von besonderem Interessse sein,
die eigenartige Schreibweise Hartlaubs im vertraulichen Verkehr
kennen zu lernen, und schon dadurch gewinnt diese „Erinnerung“
reizvolle Neuheit. Da die meisten dieser Briefe aus den späteren
Lebensjahren datieren, geben sie zugleich Zeugnis von der
bewundernswerten Geistesfrische, die sich auch in Zitaten wieder-
spiegelt, in deren Benutzung Hartlaub ja von jeher Meister war.
Auch im übrigen bringt die „Erinnerung“ mancherlei Interessantes;
so Bemerkungen über Göthe und Göthelitteratur, die Hartlaub
so gründlich kannte, über seine Beziehungen zu Emin Pascha,
mit dem er bekanntlich so lange „intim freundschaftlich“ ver-
kehrte u. s. w.
Zum erstenmale hören wir auch einiges über eine Jugend-
reise, über welche Hartlaub selbst niemals etwas veröffentlichte,
1) „Ornithol. Monatsberichte“ 1902 (Februar) p. 31.
350 O0. Finsch:
Es ist. dies jene Reise nach Süd-Ungarn und Kroatien, die
Sammelzwecken halber 1839 vom Wiener Hofmuseum ausging
unter Leitung des Ichthyologen Jacob Heckel (in Begleitung der
beiden Söhne des Kustos Joseph Natterer) und der sich Hartlaub
anschliessen durfte. Aber nicht eigentlich als ‚Wiener Student“,
wie er in seinen Briefen an Dr. Leverkühn sagt, die ja auch
52 beziehentlich 61 Jahre nach dieser Reise geschrieben wurden.
Denn Hartlaub hatte bereits ein Jahr früher (1838) seinen
Doctor med. in Göttingen gemacht. Von Pest aus schloss sich
der Kustos des dortigen National-Museums, J. S. von Petenyi der
Reise an, und dieser ist es, der Hartlaub in den erwähnten
Briefen (vom Jahre 1891 resp. 1900!) zu persönlichen Bemerkungen
veranlasst, die — man muss wohl sagen ‚leider‘‘ — Dr. Leverkühn
nicht unveröffentlicht liess. Diese Äusserungen!) betreffen nicht
den Gelehrten, sondern Petenyi als Mensch, und stehen in der
That in schroffstem Gegensatze zu dem so freundlichen und
durchaus vorteilhaften Bilde, welches Petenyi’s Biographen?)
uns entworfen haben.
Man darf nicht vergessen, dass Petenyi, der Zeitgenosse
und Freund eines Chr. L. Brehm, Naumann u. s. w. und wie
diese Mitbegründer der Ornithologie aus der sogenannten
classischen Periode, seinen Landsleuten genau so hoch steht, als
die erwähnten deutschen Koryphaeen uns. Eine Abwehr und
"Rechtfertigung war daher zu erwarten; sie konnte und durfte
nicht unterlassen werden. Otto Herrman?®) hat diese Ehrenpflicht
gern und freudig übernommen, um das Andenken des längst da-
hingeschiedenen, so hochverehrten Mannes — Petenyi starb 1855
— klar und ungetrübt zu erhalten. Seinen eifrigen Bemühungen
ist es denn auch gelungen nachzuweisen, dass das günstige Ur-
teil aller Zeitgenossen Petenyi’s, auch von Heckel und den beiden
Natterer’s vollständig geteilt wurde, wie namentlich aus einem
1) 8. den Abdruck des Briefes in: Journ. f. Orn. S. 339 und
„Aquila“ 1901. 8. 311.
2) Franz von Kubinyi: „Petönyi’s hinterlassene Schriften mit
Biographie herausgegeben von der Ung. Akad. der Wissenschaften 1864
(Ungarisch) und:
„J. 8. von Petönyi, der Begründer der wissenschaftlichen Orni-
thologie in Ungarn, 1799—1855. Ein Lebensbild, unter Mitwirkung
von Julius von Madaräsz, Stefan von Chernel und Geza von Vastagh,
verfasst von Otto Herman. Budapest 1891. (Deutsch).
3) „Zwei Todte“ in „Aquila“ 1901. 8. 311—316.
Zur Versöhnung zweier toten Meister. 351
glücklicherweise noch vorhandenen Briefe (vom 19. Mai 1840)
_ unzweifelhaft hervorgeht. Das von Hartlaub, 50 bis 60 Jahre
später, angewendete „wir,‘‘“ hat daher lediglich eine persönliche
Bedeutung und muss in Wahrheit „ich“ heissen. Denn wie
schon aus den Schriften Hartlaubs hervorgeht, pflegte er sich
mit Vorliebe des „wir,“ statt „ich“ zu bedienen. Hartlaub’s
_ briefliche Äusserungen über Petenyi sind daher rein subjectiver
Natur und entbehren, wie Otto Herman mit Recht hervorhebt,
jeder Begründung durch Anführen von Thatsachen. Dr. Lever-
kühn, der schon bei Veröffentlichung dieses Privatbriefes hinzu-
fügte: „Es ist schwer, heut darüber zu urteilen, ob Hartlaub’s
reichlich scharfes Urteil über den grossen ungarischen Ornitho-
logen nicht über die Grenze der Objectivität hinausgeht“, muss
schliesslich zugeben: „Thatsachen können jetzt allerdings nicht
mehr beschafft werden‘!
Und doch wäre eine richtige Beurteilung der Hartlaub’schen
Briefstelle nicht so schwer gewesen. Denn gewiss hätte die
Familie Hartlaub gern Auskunft gegeben, oder andere Personen,
die Hartlaub nahestanden und seine Eigenart kannten. Diese
flüchtig in einem Privatbriefe benutzten Worte entsprechen nämlich
nicht entfernt dem wohlwollenden Charakter des Schreibers und
sind geeignet dessen Bild arg zu trüben. Das zeigt sich schon
in der Beurteilung Otto Hermans, der ja Hartlaub nicht kannte
und deshalb begreiflicher und verzeihlicher Weise zu falschen
Vorstellungen gelangte. Denn „Gehässigkeit, Unversöhnlichkeit,
balbhundertjährig nachtragender Groll, Rivalität, Streben nach
Autorität“ — von all dem war in Hartlaub, wie in jedem echten
und wahren Gelehrten, auch nicht eine Spur, und in ihm ver-
körperte sich der Typus eines solchen voll und ganz. Also nichts
von Missgunst und Subjectivität gegenüber den Bestrebungen
anderer. Ihm kam es nur auf die Sache an; alle ernsten wissen-
schaftlichen Bestrebungen fanden daher bei ihm neidlosen Beifall
und, wenn möglich, Aufmunterung und Unterstützung.
Vornehm wie in seiner Auffassung der Wissenschaft war
Hartlaub auch als Mensch: ein durch und durch nobler Cha-
rakter. Aber sein lebhaftes Temperament geriet leicht in Erre-
gung und Ärger. Dann pflegte er heftig aufzubrausen und es fielen
Ausdrücke, die häufig über das Parlamentarische hinausgingen,
indes in Wahrheit garnicht so schlimm gemeint waren. Und
hatte er sich in dieser Weise Luft gemacht, so verflog die Auf-
352 0. Finsch:
regung ebenso rasch, ohne irgendwelchen Groll zu hinterlassen.
Auch die leidige Ungeduld bereitete ihm manchen Ärger, nament-
lich als sich im Alter körperliche Beschwerden einstellten, die
ihn übrigens auch in seinen letzten Lebensjahren nie zum ge-
brechlichen Greise machten. Freilich, wer in einem so langen
Leben bisher Krankheit kaum kannte, wie Hartlaub, der mochte
die lästigen und schmerzlichen Podagraanfälle gewiss doppelt
schwer empfinden; war doch der Geist noch so rege und frisch,
fast wie in jüngeren Jahren. Dann fruchteten aber alle Tröstungen,
mit Hirweis auf das viel schlechtere Befinden viel jüngerer Leute,
herzlich wenig; die Ärzte mit ihrer Heilkunde mussten dann
herhalten und auf sie entlud sich dann manch kräftiges Wort.
Darüber wurde aber Hartlaub nicht etwa zum nörgelnden Greis
mit den üblichen Klagen über die frühere bessere Zeit. Nein,
davon war keine Rede bei seiner Anpassung und Erkenntnis der
Segnungen des Fortschritts. Er ärgerte sich eben nur, dass es
körperlich nicht mehr so gehen wollte, wie in früheren Jahren.
Von jeher nahm Hartlaub das Leben schwerer als es vielleicht
nötig gewesen wäre, obwohl es auch ihm recht ernste Seiten
zeigte. Aber selbst Unannehmlichkeiten, über die sich die meisten
leicht hinweggesetzt haben würden, konnten seine Stimmung in
bemerkbarem Grade trüben. Überhaupt gehörte er nicht zu den
sogenannten „zufriedenen Naturen“, obwohl in seinem tief ver-
anlagten Gemüte Heiterkeit und Humor reichlich vertreten waren.
Aber nur im engeren Freundeskreise liess er sich zwanglos gehen,
trat aus sich heraus. Dann mangelte es nicht an lebhafter Unter-
haltung, anregenden Discussionen über alle möglichen Themata
und dann bekam man manche köstliche Episode, manche drasti-
sche, satyrische Bemerkung zu hören. Aber auch dann vermied
es Hartlaub, das eigene Ich in den Vordergrund zu stellen, um
sich zum Mittelpunkt der Unterhaltung zu machen. Bei der
eigenartigen, in Bremen besonders cultivierten Sitte der „Familien-
tage“, die für so zahlreiche Glieder wie die der Sippe Hartlaub,
allein schon einen grossen Teil der Geselligkeit beanspruchte, war
dieser Freundesverkehr immer ein begrenzter. Um so wertvoller
daher die Erinnerung an jene reizenden Abende und gemütlichen
Mittagsmahle.
Solche gemütliche Geselligkeit, in ungezwungenem Ver-
kehr, liebte Hartlaub sehr; desto weniger die Öffentlichkeit in
Versammlungen oder Vereinen. Wir sehen ihn daher nie im
Zur Versöhnung zweier toten Meister. 353
Gemeinwesen seiner Vaterstadt thätig. Selbst wissenschaftliche
Ehrenämter reizten ihn wenig. Sein zurückhaltendes Wesen
vermied es fast ängstlich, irgendwie hervortreten zu wollen und
irgendwelcher Ehrgeiz für Auszeichnung war ihm durchaus fremd.
So liess er sich erst 1877 bewegen in den Vorstand des 1864
(hauptsächlich von G. C. Kindt, Dr. G. W. Focke und Professor
Buchenau) gegründeten „Naturwissenschaftlichen Vereins zu
Bremen“ einzutreten und (1878 bis 1887) sogar den Vorsitz zu
übernehmen. Als „Präsident“ der Deutschen Ornithologischen
Gesellschaft haben die Berichte über die Jahresversammlungen
während seiner Amtsperiode (1883 bis 1890) nur einen schrift-
lichen Antrag und gelegentliche Grüsse von ihm zu verzeichnen.
Selbst der Versammlung in dem nahen Oldenburg blieb er fern
und nicht aus Mangel an Zeit. Denn seine ärztliche Praxis war
nie eine anstrengende; sonst hätte er überhaupt nicht so frucht-
bringend wissenschaftlich thätig sein können.
Aber Hartlaub hielt nun einmal nichts von Öffentlichen Ver-
sammlungen mit vielen Reden, Discussionen, Vorstands- und
Kommissionssitzungen und suchte selbst Festlichkeiten, wenn
irgend möglich, auszuweichen. Dagegen sah ihn das Theater,
aber nur während der Wintersaison, als ständigen Besucher, wie
er, als grosser Freund und Kenner, musikalischen Aufführungen
gern beiwohnte, wenn es sich um Hervorragendes handelte. Im
übrigen genügte ihm die stille wissenschaftliche Thätigkeit daheim,
in seinem gemütlichen Studierzimmer, inmitten einer trefflichen,
ausgewählten Bücherei vollkommen. Und diese Thätigkeit be-
schränkte sich ja bei weitem nicht allein auf Ornithologie! — Geo-
graphie, Reisen, Geschichtsforschung, Litteratur und Kunst fanden
in ihm einen mehr oder minder gründlichen Kenner, der alle
Fortschritte mit lebhaftem Interesse verfolgte. Stets auf der Höhe,
durfte er sich auch auf anderen Gebieten ein Urteil erlauben,
weit über die Ornithologie hinaus.
Und Hartlaub konnte ein sehr scharfer Kritiker sein. Dr.
Leverkühn sagt daher mit Recht: „als solcher kennt er keine
Rücksicht, wenn es sich um Geisselung von Unrichtigem oder
Oberflächlichem handelte.“
Allen Zänkereien und Streit abhold, vermied Hartlaub
solche auch im Verkehr, so dass ihm niemand feind war. Aber
sein persönliches Auftreten, sein exclusives, zu vornehmer Reserve
geneigtes Wesen, sind nicht selten als Stolz und Hochmut ge-
354 0. Finsch:
deutet worden. Zuweilen vielleicht nicht ganz mit Unrecht,
denn jedenfalls zeigte er sich häufig ganz anders, als er that-
sächlich war, nämlich im Grund seines Herzens ein äusserst
gutmütiger wohlwollender Mensch. Dazu kam eine andere
Eigenart seines ohnehin ungewöhnlich veranlagten Characters,
eine Eigentümlichkeit, die beiläufig Alfred Brehm mit ihm teilte.
Und das war, dass sich beide durch die Individualität einer
neuen Bekanntschaft ungemein beeinflussen liessen und derselben
ausgesprochene Sympathieen oder Antipathieen entgegenbrachten.
Wo sich Hartlaub irgendwie sympathisch berührt fühlte, hatte er,
ohne viel Kritik zu üben, ein unbedingtes Zutrauen. Ebenso
sehr konnte ihn aber auch irgendjemand gleich von Anfang an
missfallen, ein Eindruck der sich zuweilen noch in späteren
Jahren erhielt.
Und dies giebt zugleich eine Aufklärung zu seiner Begegnung
mit Petenyi. Letzterer gehörte eben zu den Persönlichkeiten,
welche Hartlaub nicht ansprachen, sei es in der äusseren Er-
scheinung, sei es im Wesen oder den Ansichten; genug er fühlte
sich durch irgendetwas abgestossen. Und deswegen ist ihm ge-
wiss kein Vorwurf zu machen; jedenfalls lagen gewisse Gründe
dazu vor. Ja, man darf annehmen, dass diese Abneigung auf
Gegenseitigkeit beruhte, obwohl kein Urteil Petenyis über Hartlaub
vorliegt. Die Verschiedenheit im Alter und der Lebenstellung
lässt eine solche Erklärung indes als sehr möglich erscheinen.
Petenyi, der ehemalige lutherische Pastor, damals 41 Jahr alt
— Hartlaub ein lebenslustiger junger Doctor von 25 —, der
dem geistlichen Stande, wahrscheinlich schon damals, nie besondere
Sympathieen entgegenbrachte Da können leicht Meinungsver-
schiedenheiten entstanden sein. Aber sicherlich nicht aus irgend-
welchen moralischen Gründen, wie Otto Herman, wenn auch nur
vermutungsweise zart durchblicken lässt. Ebensowenig hat eine
ernstliche in Feindschaft ausklingende Entzweiung stattgefunden.
Wäre dies der Fall gewesen, dann hätte ich sicher davon
erfahren, denn Hartlaub, ohnehin eine arglose Natur, gab sich
mir gegenüber durchaus rückhaltslos, wie er dies ja auch ruhig
thun konnte. Und die ungarische Reise bildete, mit der nach
der Tatra und der wagemutigen — schon mehr „tollkühnen“ —
Erkletterung der Lomnitzer-Spitze ja ein Lieblingsthema von
Hartlaub’s Erzählungen, der ja im allgemeinen nicht allzugrosse
Reisen gemacht hatte. Die Erlebnisse am Platten-See sind da-
Zur Versöhnung zweier toten Meister. 399
her dutzendmal zwischen uns besprochen worden und dabei
wurde häufig auch Petenyi’s gedacht. Nun, dass letzterer Hartlaub
nicht sympathisch gewesen war, daraus machte er ja gar kein
Hehl, dieser Eindruck war einmal unauslöschlich geblieben und
wer wollte über Gefühlsempfindungen streiten? Auch andere
Persönlichkeiten unter den Lebenden sagten Hartlaub nicht zu;
aber es half nichts, sein ungünstiger oder abfälliges Urteil wieder-
legen zu wollen, das mitunter nur aus sehr oberflächlicher
Begegnung herrührte. Hartlaub „mochte“ den Betreffenden nun
einmal nicht; das genügte ihm und am Ende auch mir. Wenn
ich aber aus diesen vertraulichen Plaudereien oder gar aus
unserem Briefwechsel auszugsweise derartige Urteile Hartlaubs
bringen wollte, wie Dr. Leverkühn, da würde sich manchmal ein
härteres Wort als „übler Mensch“ ergeben. Aber das muss ich
hervorheben, zu ehrenkränkenden Worten liess sich Hartlaub nie
hinreissen, auch nicht in unseren Gesprächen über Petenyi!
Wenn ein solches — denn in der Hauptsache kommt
eigentlich nur ein Wort in Betracht — dennoch der Feder ent-
'schlüpfte, so vergesse man nicht, dass der Schreiber bereits 77
resp. 86 Jahre alt: war, und, wie ich hinzufügen möchte, jeden-
falls durch schmerzliche Leiden beeinflusst, sich unter dem
bösen Stern trüber Stimmung gehen liess. Und in dieser musste
zufälligerweise eine ihm unsympathische Persönlichkeit herhalten,
deren Erinnerung momentan in den schwärzesten Farben auf-
tauchte. Aber, das brauche ich wohl nicht besonders zu ver-
sichern, in der bittersten Gemütsverfassung würde sich Hartlaub
nie in dieser Weise geäussert haben, hätte er nur entfernt
geahnt, — dass diese Worte jemals von der Handschrift
in die Öffentlichkeit gelangen würden.
Wie die Druckerschwärze gern ihre Lettern nach allem
ausstreckt, was einmal Bedeutung besessen hat, so ist es auch
in diesem Falle geschehen. Da steht es Schwarz auf Weiss —
„perfid‘“ —, ein hässliches Wort, das zum Verständnis für Un-
eingeweihte leider hier wiederholt werden muss. Es soll ver-
schwinden, wenn möglich, verschwinden für immer. Und wenn
ich es im Namen des Dahingeschiedenen für ungeschrieben er-
kläre, so handle ich damit -—— dess bin ich gewiss — in seinem
Geiste. Das Recht dazu giebt mir eine 37 Jahre lange Freund-
schaft, in deren intimem persönlichen Verkehr ich Hartlaub
besser kennen lernte, als vielleicht sonst irgend ein anderer,
356 0. Finsch: Zur Versöhnung zweier toten Meister.
ausserhalb seinen Angehörigen. Auf Grund dieser nahen Be-
ziehungen wird es für mich zur Ehrenpflicht auszusprechen,
dass es Hartlaub’s noblem Charakter durchaus fern lag, irgend
einem Lebenden, geschweige dem Andenken einer Abgeschiedenen,
in ehrenverletzender Weise zu begegnen.
Wie Hartlaub im Leben keinen Feind hatte, keines Menschen
Feind war, so soll er auch im Gedächtnis der Nachwelt unan-
gefeindet fortleben. Möge der Zweck dieser Zeilen — die Ver-
söhnung zweier Toten — erfüllt werden, damit auch nicht
ein Schatten der Trübung auf den freundlichen Bildern zurück-
bleibe, die so vielen teuer sind. Und so werden gewiss gern
alle übereinstimmen in dem Wunsch:
„Den Friedlichen gewährt man gern den Frieden!“
(Leiden im März 1902).
Schutzfärbungen und Nutztrachten.
Vortrag von Friedrich von Lucanus, Oberleutnant
im 2. Garde-Ulanen-Rgt., gehalten in der
Märzsitzung der deutschen ornithologischen Gesellschaft.
Es ist nicht meine Absicht, das Kapitel der Mimikry über
das zur Genüge geschrieben ist, wieder zu behandeln, auch nicht,
ob die Lehre von der Schutzfärbung wirklich auf so festem Fusse
steht, wie es im Lichte des Darwinismus der Fall zu sein scheint.
Solange uns noch keine andere Theorie eines besseren belehrt,
müssen wir vorläufig noch daran festhalten, dass die Natur in
den mannigfachen Nutztrachten den Geschöpfen ein vorzügliches
Mittel zur Erhaltung ihrer Art gegeben hat. Der Zweck meiner
Zeilen ist der, einmal auf eine neue Erscheinung in Bezug auf
die Färbung der Tiere hinzuweisen. Es giebt bekanntlich viele
Tiere, bei denen die Lehre von der Schutzfärbung keineswegs
zutrifft und die trotz zahlreicher Feinde im Kampf ums Dasein
nicht untergegangen sind. Hierzu gehören vor allem die bunt-
gefärbten Tiere. Eine mir äusserst interessante Beobachtung in
Bezug hierauf habe ich an einem kleinen Buntspecht gemacht,
den ich im vergangenen Jahre in der Gefangenschaft gehalten
habe. Unter den vielen interessanten Eigenschaften, welche dieser
Vogel bekundete, fiel mir besonders die auf, wie schwer es war,
diesen buntgefärbten Vogel ohne Weiteres auf den ersten Blick
in seinem Käfig aufzufinden.
Friedrich von Lucanus: Schutzfärbungen und Nutztrachten. 357
Der Vogel bewohnte einen mässig grossen Käfig, den ich
mit Aststücken aus Kiefernholz und Korkrinde ausgestattet hatte.
Der Specht hatte die Gewohnheit, sich völlig regungslos zu ver-
halten, sobald er sich in Gefahr glaubte, welches Gebaren ich
auch bei Spechten in der Freiheit beobachtet habe. Anfangs,
solange der Vogel noch nicht an den Anblick des Menschen
gewöhnt war, that er dies stets, sobald man an seinen Käfig heran-
trat. Man sollte doch glauben, dass ein so bunt gefärbter Vogel
wie der Kleinspecht, auch wenn er sich ruhig verhält, doch sofort
ins Auge fallen müsste, zumal ja in diesem Fall die schwarz-
weissrote Färbung des Vogels vollkommen verschieden war von
der hellgrauen Farbe der Korkrinde und der hellen bräunlich-
roten Farbe des Kiefernholzes. Dies war aber trotzdem nicht
der Fall. Oftmals trat ich an den Käfig heran und vermochte
erst nach genauerem Hinsehen den Vogel zu erblicken, obgleich
er doch unmittelbar vor mir an einem Aststück sass. Was wir
sonst in der Natur Schutzfärbung nennen, also eine Überein-
stimmung der Farbe des Tieres mit der seiner Umgebung, konnte
nicht der Grund dieser Erscheinung sein; denn wie bereits her-
vorgehoben, hob sich die Färbung des Buntspechtes scharf von
dem Farbenton seiner Behausung ab.
Aber auch in der Natur sind die Buntspechte in Bezug auf
ihre Färbung ihrem Aufenthaltsort eigentlich garnicht angepasst.
Ihr Kleid ist von dem grünen Blätterschmuck der Bäume und
der graubraunen Färbung der Baumstämme völlig verschieden.
Man hat bisher vielfach die bunte Färbung des Spechtes mit den
mannigfachen Lichterscheinungen im Walde in Verbindung bringen
wollen, aber den Begriff der Anpassung und Schutzfärbung hierauf
ausdehnen zu wollen, erscheint mir doch etwas zu gesucht. Eine
solche Erklärung schmeckt zu sehr nach reiner Theorie! Die
Lichterscheinungen im Walde sind ganz anderer Art und haben
mit den Farben der Buntspechte nichts gemeinsam. Würden die
Spechte eine Schutzfärbung tragen, welche dieselben durch An-
passung an ihre Umgebung der Verfolgung ihrer Feinde entzieht,
so würden sie praktischer in das unscheinbare Gewand des Baum-
kauzes oder des Ziegenmelkers gekleidet sein.
Angeregt durch meine Beobachtungen an dem gefangenen
Kleinspecht, habe ich in der Natur stets mein Augenmerk auf
die Spechte gerichtet. Ich habe auch hier gefunden, die Bunt-
spechte sind ganz unabhängig von der Farbe ihrer Umgebung
358 Friedrich von Lucanus:
und der augenblicklichen Beleuchtung stets verhältnismässig
schwer zu erkennen, selbst wenn der Vogel garnicht sehr weit
und völlig frei vor den Augen des Beschauers sitzt und noch
kurz zuvor durch seine Locktöne seine Anwesenheit verraten hat.
Häufig sieht man den Vogel erst dann, wenn er sich bewegt oder
abfliegt. Der Grund dieser Erscheinung ist meiner Ansicht nach
folgender:
In Bezug auf die Färbung sind einfarbig gezeichnete Tiere
am leichtesten zu erkennen, vorausgesetzt, dass ihre Farbe sich
von ihrer Umgebung abhebt. Eine Krähe oder ein Reh auf einer
frischen grünen Saat erblickt man aus der weitesten Entfernung.
Der Grund liegt eben darin, dass die einheitliche Farbe die ganze
Gestalt des Tieres deutlich und klar kennzeichnet. Bei den Bunt-
spechten ist nun aber gerade das Gegenteil der Fall. Hier sind
die verschiedenen Farben so verteilt, dass sie den Körper nicht
mehr als einheitliches Ganzes erscheinen lassen. Die durch-
einandergewürfelte schwarzweissrote Färbung zerteilt die Gestalt
des Körpers in einzelne, unregelmässige Stücke. So kommt es,
dass wir schon aus verhältnismässig kurzer Entfernung den in den
grellsten Farben gezeichneten Buntspecht nicht ohne weiteres
erkennen. Wir sehen nur einzelne bunte Flecke, aus denen sich
dann erst das Auge den Vogelkörper als solchen selbst konstru-
ieren muss. Wir haben es hier also auch mit einer Nutztracht zu
thun, deren Wesen aber völlig verschieden ist von der Schutz-
färbung der dürrlaubfarbigen Waldschnepfe, des erdfarbenen Reb-
huhns oder des grünen Laubfrosches. Das Prinzip dieses Schutz-
mittels ist, ein Geschöpf durch absonderliche Farbenverteilung
in Bezug auf seine Gestalt und Körperform dadurch unkenntlich
zu machen, dass die Konturen zerstört werden, der Körper also
in einzelne, unregelmässige Stücke zerlegt wird. Die Einheitlich-
keit des Körpers wird also gewissermassen aufgelöst. Je schärfer
die Farben von einander abgesetzt sind, je widersinniger sie die
einzelnen Körperteile durchschneiden, um so deutlicher tritt diese
Erscheinung zu Tage. Ich glaube diese Erscheinung wohl am
passendsten mit dem Worte „Körperauflösung‘ zu bezeichnen, wo-
für ich als wissenschaftlichen Ausdruck „Somalyse‘‘ wählen möchte.
Ein treffendes Beispiel für Somalyse ist ferner der Wiedehopf;
die schwarzweisse Querstreifung des Oberrückens und der Flügel
schneidet diese Körperteile von dem lehmfarbigen Vorderkörper
vollkommen ab und macht zugleich Rücken und Flügel selbst als
Schutzfärbungen und Nutztrachten. 359
solche unkenntlich. Ähnlich ist es der Fall bei der gescheckten
Elster. Der breite weisse Nackenstreifen des männlichen Hals-
bandfliegenfängers sondert den Kopf scharf vom Rumpfe, der
seinerseits wiederum durch die weissen Flügelschilder zerteilt
wird, sodass aus einiger Entfernung der Eindruck des geschlos-
senen Ganzen vollkommen verloren geht, Auch beim Hochzeits-
kleide vieler Enten tritt die Erscheinung der Körperauflösung zu
Tage. Als Beispiel möchte ich nur unsere Stockente anführen.
Hiervon habe ich mich im Berliner Tiergarten, dessen Gewässer
zahlreiche Wildenten bevölkern, oft überzeugen können. Aus
weiterer Entfernung erkennt man die braunen Enten, wenn sie
auf den grünbewachsenen Ufern Ruhe halten, sehr leicht, während
man die zwischen ihnen sitzenden bunten Erpel viel schwerer
erblickt; diese sieht man meist erst dann, wenn man näher
herantritt. Bei den Wildenten verfügen also die verschiedenen
Geschlechter über verschiedene Schutzmittel.e. Beim Weibchen
haben wir Mimikry, beim Männchen Somalyse. Für das Weibchen
muss die Anpassung an den Erdboden auch am vorteilhaftesten
erscheinen, weil es während des Brutgeschäfts, also während des
wichtigsten Teils seines Lebens, so am besten geschützt ist. Aber
nicht nur bei den Vögeln finden wir die Erscheinung der Soma-
lyse, sondern auch andere Tiere sind mit diesem Schutzmittel
ausgerüstet. Unter den Säugetieren möchte ich zunächst das
Zebra hervorheben. Wie mir Reisende versichert haben, sind die
Zebras in der Ruhe schon auf verhältnismässig nahe Entfernung
sehr schwer zu erkennen. Die Streifenzeichnung löst eben den
Körper als geschlossenes Ganzes vollständig auf. Ferner möchte
ich an die buntgestreiften und gefleckten Raubtiere erinnern, wie
Tiger und’Leopard. Dass diese Tiere im Zustande der Ruhe so
schwer zu erkennen sind, liegt meiner Ansicht nach ebenfalls in
der durch die Zeichnung hervorgerufenen Erscheinung der Somalyse.
Hierher gehört ferner auch das gefleckte Jugendkleid der Hirsch-
arten. Rehkälber suchen in den ersten Tagen nach ihrer Geburt,
solange sie sich noch nicht auf die Schnelligkeit ihrer Läufe
verlassen können, bei drohender Gefahr sich dadurch zu schützen,
dass sie sich auf den Erdboden niederducken. Die Art und Weise,
wie das Tierchen dies ausführt, wie es Hals und Kopf dem
Erdboden anzuschmiegen sucht, zeigt, dass das Tier das Bestreben
hat, seine Erscheinung als solche, also seine Körperform möglichst
unkenntlich zu machen. Durch dies Gebaren wird natürlich
360 Friedrich von Lueanus:
die an und für sich durch die Färbung vorhandene Erscheinung
der Körperauflösung noch vervollständigt. Das Niederducken
des Wildkalbes geschieht nicht etwa, um in Anpassung an den
Farbenton der Umgebung, wie beispielsweise auf düsterem Wald-
boden, sich unsichtbar zu machen, sondern lediglich, um die
Körperform zu verbergen. Das Tier verfährt ja auch dann so,
wenn von einer Farbenanpassung nicht die Rede sein kann.
Wenn der dem Ackerboden so trefflich angepasste Hase sich auf
grüner Saat niederduckt, so thut er dies nicht etwa in falscher
Anwendung seiner Schutzfärbung, sondern er thut dies, um hier-
durch seine Körperform den Blicken seines Feindes zu entziehen;
er wird dann vielleicht für einen Erdhaufen oder einen Stein
gehalten. Den bekannten Schutzstellungen vieler Tiere, z. B.
der grossen Rohrdommel, liegt zweifellos die Absicht zu Grunde,
die Körperform, also bei der Rohrdommel die Erscheinung des
Vogelkörpers, unkenntlich zu machen. Es scheint also immer
darauf hinauszukommen, dass Tiere, die sich durch ein regungs-
loses Verhalten zu schützen suchen, dabei den Zweck verfolgen,
die Erscheinung ihres Körpers nicht hervortreten zu lassen.
Hierin liegt aber auch schon ein gewisser Hinweis auf das Schutz-
mittel, welches ich Somalyse nenne, bei der es sich ja ebenfalls
um ein Nichthervortretenlassen der Körperform handelt, nur in
anderer Weise. Die Erscheinung der Somalyse kann mitunter
geradezu zu der umgekehrten Konsequenz führen. Wer Jäger
ist, weiss nämlich, dass man häufig beim Erblicken eines hellen
oder dunklen Fleckes schon gleich den Körper eines Tieres, z. B.
eines Rehes zu sehen glaubt. Das Auge konstruiert in diesem
Falle dann gleich die noch fehlenden Teile des Körpers hinzu.
Man nennt dies im gewöhnlichen Leben Phantasie. Diese be-
spöttelte Phantasie des Jägers beruht aber auf einer sehr soliden
Grundlage: sie geht eben aus der in der Natur so häufig auf-
tretenden Erscheinung der „Körperauflösung“ hervor, an welche
das scharfe Auge des Weidmanns durch den Verkehr in der
Natur sich schon gewöhnt hat.
Steigen wir im Reiche der Tiere von den Säugetieren und
Vögeln zu den Kriechtieren hinab, so begegnet uns auch hier
wieder die Erscheinung der Körperauflösung. Wer im Gebirge
gewandert ist, weiss, wie leicht man die kleinen Waldeidechsen
übersieht, solange sie stillsitzen. Diese bunten Tierchen sonnen
sich gern auf den lehmigen Gebirgspfaden und den Bergabhängen,
Schutzfärbungen und Nutztrachten. 86i
Man sieht sie aber erst dann, wenn sie unmittelbar vor unseren
Füssen forthuschen. Ihre Farbe ist dem rötlichgelben Lehmboden
garnicht angepasst, aber die Streifen und Flecken ihres Kleides
verwischen ihre Gestalt so, dass man sie in der Ruhe nur schwer
erkennt. Auch in der Insektenwelt könnte man noch zahlreiche
Beispiele anführen, doch es würde zu weit führen, wollte ich den
Gedanken noch weiter ausspinnen.
Die mannigfachen Wege der Natur, die Grundsätze der
Entwicklung, die Gründe für die Entstehung und Erhaltung der
Arten sind noch lange nicht voll und ganz erkannt. Der Zweck
meiner Zeilen sollte der sein, einmal auf eine neue Erscheinung
in der Schöpfungswerkstatt hinzuweisen, welche, soweit mir bekannt,
bisher noch nicht beachtet worden ist.
Die Brüllaffen unter den Vögeln.
Von W. A. Schulz.
Von den mancherlei wilden oder melancholischen Tierlauten,
die der Reisende am Amazonenflusse beim Betreten des Innern der
Wälder vernimmt, wird ihm gewiss keiner länger im Gedächtnis
haften als der Ruf des „cui-cujo.“ Es ist dies im wesentlichen
ein zuerst allmählich, dann schneller ansteigender und schliesslich
jäh abbrechender Pfiff von so schriller, markdurchdringender
Wirkung, dass, wer an ihn nicht gewöhnt ist, unwillkürlich stutzig
wird. Da er ferner nicht einzeln, sondern zumeist von mehreren
Seiten ertönt, so klingt er geradezu wie eine dringende Mahnung,
nicht weiter in die Tiefe des Waldes einzudringen.
Lange glückte es mir nicht, das Geheimnis des „cui-cujö“
zu ergründen. Fragt man die Einwohner der Gegend nach dem
Urheber der unheimlichen Stimme, so erhält man die Beschrei-
bung eines Vogels von nicht ganz Taubengrösse und durchgehends
unscheinbar grauer Färbung. So oft man sich aber anschickt,
diesen im Dickicht zu verfolgen, stellt er sein Geschrei rasch ein
und entfernt sich unbemerkt, durch die Farbe seines Kleides
geschützt, im dichten Laub, um bald danach in einiger Entfernung
von neuem seine Stimme hören zu lassen. Indes kamen mir vor
meiner Abreise von Parä von zweifellos glaubwürdiger Seite
einige Exemplare des cui-cujö zu Händen, die sich als Männchen
der noch wenig bekannten Vogelart Lathria cinerea (Vieill.) aus-
wiesen. War es mir so vergönnt, ein Problem gelöst zu sehen,
Journ, f. Orn, L. Jahrg. Juli 1902, 24
362 "W. A. Schulz:
welches lange meine Gedanken eingenommen hatte, so musste
ich erstaunen, an den betreffenden Stücken bei der Präparation
zwischen Speise- und Luftröhre einen weiten Sack zu
finden, der offenbar bei der Erzeugung der lauten Stimme mit-
wirkt. Wie nahe lag es da, an das ähnliche Beispiel der Brüll-
affen in der Säugetierklasse zu denken!
Der Urwald (mata virgem) der „terra firme“ Amazoniens
hat, wie ich immer gefunden habe, gewissermassen drei Stock-
werke, nämlich das aus Sträuchen und niederen Bäumchen von
nicht viel über Mannshöhe bestehende Unterholz, auf welches eine
mittlere Lage von entweder heranwachsenden oder vielleicht zum
Teil auch besonderen Arten angehörigen dünneren Bäumen bis
etwa Armstärke und schliesslich die turmhohen Baumriesen von
mächtigem Stammumfange folgen, die kein Forscher immer auf’s
neue zu bewundern müde wird. Während nun die meisten kleineren
und mittelgrossen Urwaldvögel aus den Familien der Thamno-
philiden, Formicariiden, Galbuliden u. a. sowohl das Unterholz
als auch die beregte mittlere Baumschicht bewohnen, ist Lathria
cinerea auf letztere beschränkt, findet sich aber auch in der
Waidart des „igap6“ d.h. des regelmässigen Überschwemmungen
ausgesetzten Landes an den Ufern der Flüsse und „paranä-mirimus“
(natürlichen Seitenkanäle).
Über die Biologie der hier behandelten Lipaugide ist bisher
jedenfalls sehr wenig bekannt geworden. Einige Bemerkungen
darüber macht E. A. Goeldi im „Ibis,“ 1897 Seite 155. Danach
scheint es aber so, als ob die Art ausschliesslich im igapö-Walde
vorkommt, was nach dem vorstehend Ausgeführten nicht zutrifft.
Dahingegen ist die nächstverwandte Form von Süd-Brasilien,
Lathria plumbea (Licht.), dort „tropeiro‘“ genannt, namentlich
von den älteren Autoren vielfach besprochen worden. Beide Formen
sind als gewaltige Schreier bekannt, aber bei keiner von ihnen
habe ich in der Literatur auch nur den leisesten Hinweis auf die
obenerwähnte anatomische Eigentümlichkeit gefunden, auf welche
näher einzugehen mir mangels Spritexemplare jetzt nicht mög-
lich ist.
Lathria einerea und plumbea sind einander so ähnlich, dass
selbst Sclater, der grösste Kenner der neotropischen Vögel, im
Catal. Birds Brit. Museum, vol. XIV (1888), p. 351 Zweifel über
die Artverschiedenheit beider Formen hegt. Da sie auch nach
allem, was bislang bekannt geworden ist, in ihrer Lebensweise
Die Brüllaffen unter den Vögeln. 363
übereinstimmen, so geht man wohl kaum in der Annahme fehl,
dass sie zu einander lediglich in subspezifischem Verhältnisse
stehen, so zwar, dass Lathria cinerea cinerea die Waldgebiete
am Amazonenstrom und in Guiana, westlich bis Nord-Peru und
Ecuador, L. cinerea plumbea hingegen die südlich davon gelegenen
Gegenden, vielleicht südwärts vom Rio Parahyba, also ganz Süd-
und Mittelbrasilien bis zum La Plata, westlich bis Bolivien hin
bewohnt. Zur vollständigen Klärung dieser Frage bedarf es jedoch
einer weit grösseren Zahl von Exemplaren aus den verschiedenen
Gebieten, als sie gegenwärtig die Museen aufweisen.
Deutsche Ornithologische Gesellschaft.
Bericht über die April-Sitzung.
Verhandelt Berlin, Montag, den 7. April 1902. Abends
8 Uhr im Bibliothekzimmer des Architekten -Vereinshauses,
Wilhelmstr. 92.
Anwesend die Herren: Reichenow, Deditius, Ehmcke,
Freese, von Treskow, Thiele, Grunack, Heck, Matschie,
Heinroth, Schalow, Jacobi, Haase.
Von auswärtigen Mitgliedern: Herr Henrici (Marienwerder).
Vorsitzender: Herr Schalow. Schriftführer: Herr Matschie.
Herr Reichenow legte vor und besprach einige neu er-
schienene Schriften.
Herr Heinroth besprach eine Arbeit von Debreux über
die Einführung von 7Tinamus in Europa. Der Verfasser will
diesen Vogel nur als Parkvogel gelten lassen und zieht aus den
Eigenschaften der Tinamus den Schluss, dass sie in freier
Wildbahn mit Erfolg nicht eingebürgert werden können.
Herr Reichenow machte hierauf die Anwesenden mit
dem wesentlichen Inhalt zweier wichtiger Schriften über den
Artbegriff bekannt. Dr. L. Heck hat in der Naturwissen-
schaftlichen Wochenschrift einen Aufsatz veröffentlicht: „Zum
heutigen Stand des Speciesbegriffes.“ Eine umfangreiche Be-
sprechung der den Artbegriff berührenden Fragen bringt die
Arbeit von Professor Dr. Döderlein: „Über die Beziehungen
nahe verwandter Tierformen zu einander.“ Im Anschluss an
diesen Bericht geht Herr Reichenow auf die gegenwärtige
verschiedene Auffassung des Begriffes der Subspecies und deren
24*
364 Bericht über die April-Sitzung.
Benennung näher ein. Wie der Vortragende bereits in einem
Aufsatze in den Orn. Mntsb. 1901 S. 145 ausgeführt hat, stehen
gegenwärtig zwei Anschauungen einander gegenüber. Die einen
(ältere Richtung) sehen in der Subspecies nur eine minder-
wertige Art und benennen sie deshalb ternär, betrachten sie im
übrigen aber als einen der Species völlig gleichen systematischen
Begriff. Die anderen (neue Richtung) nehmen die Subspecies
als einen der Species untergeordneten Begriff. Sie teilen die
Species in Subspecies auf. Die Species ist für diese neue
Richtung je nach Umständen bald die kleinste Einheit im System,
nämlich wenn keine Subspecies vorhanden sind, bald aber wird
sie zum hypothetischen Gruppenbegriff gestempelt, nämlich wenn
sie in Subspecies, die dann die kleinsten systematischen Einheiten
bilden, zerlegt werden kann. Der Vortragende hält es für not-
wendig, dass beide Richtungen sich äusserlich erkennbar von
einander scheiden, indem sie die Subspecies ihrer verschiedenen
Anschauung entsprechend auch verschieden benennen. Man über-
lasse die Bezeichnungen „Unterart“ und „Subspecies“ der neuen
Richtung, die in der Subspecies etwas der Species Untergeordnetes
sieht. Diejenigen aber, die an der älteren Auffassung festhalten,
Species und Subspecies als gleichartige systematische Begriffe,
beide als kleinste Einheiten des Systems, nicht als einander
untergeordnet, sondern nebengeordnet, und die Subspecies nur
als eine nicht vollwertige Art auffassen, mögen an Stelle von
Unterart die Bezeichnung „Nebenart‘“ anwenden und an Stelle
von Subspecies „Conspecies“, welche letztere Bezeichnung
von Herrn Dr. Jacobi dafür vorgeschlagen wird und bereits
von Brehm u. a. angewendet worden ist. Der Vortragende hat
in neuerer Zeit bereits für Unterart die Bezeichnung Abart ge-
braucht, hält die Benennung „Nebenart‘“ aber für zweckmässiger,
weil „Abart‘‘ Verwechselung mit Ausartung und zufälliger Ab-
änderung (die man zweckmässig mit dem allgebräuchlichen Worte
„Spielart‘“ bezeichnet) zulässt. Herr Reichenow richtet den
Aufruf an alle Systematiker der alten Richtung, sich seinem
Vorschlage anzuschliessen.
An der Besprechung dieses Vorschlages beteiligten sich die
Herren Ehmcke, Matschie, Schalow, Heck, Jacobi und Reichenow.
Herr Ehmcke hob die Wichtigkeit der Bezeichnung von
geographischen Formen hervor und hielt es auch für notwendig,
die Standortsvarietäten mit besonderen Namen zu benennen,
Bericht über die April-Sitzung. 369
Herr Matschie schloss sich den Ansichten des Herrn
Reichenow an, betonte, dass auch in der Säugetierkunde eine
Bezeichnung durch drei Namen nur für solche Formen notwendig
sei, welche durch eine kurze Diagnose nicht kenntlich gemacht
werden könnten, und empfahl ebenfalls, den irreführenden Namen
Subspecies aufzugeben.
Von ausserordentlicher Wichtigkeit für die weitere Ent-
wickelung der Systematik sei die Notwendigkeit, scharf zu unter-
scheiden zwischen geographischen- und Standorts-Formen. Inner-
halb eines Tiergebietes könne ein Tier nur in einer einzigen
geographischen, aber in mehreren Standorts-Formen auftreten.
Letztere dürfen, sobald sie als solche erkannt sind, nicht als
Arten aufgefasst und benannt werden; ihre Merkmale seien nur
solange constant, wie die Lebensbedingungen sich nicht ver-
änderten. Geographische Formen seien die niedrigsten SyS-
tematischen Einheiten ausser den Individuen.
Herr Jacobi empfahl das Wort: Conspecies, wie es
Brehm angewendet hatte, zur Bezeichnung der Nebenart.
Die Anwesenden erklären sich einstimmig mit den Vor-
schlägen des Herrn Reichenow einverstanden.
Herr Heck spricht seine Freude darüber aus, dass diese
Erörterung so fruchtbar und klärend gewirkt hat, und glaubt,
dass das geographische Moment mehr, als es bisher geschehen
ist, in der Systematik verwertet werden müsse. Die kleinste
Einheit in der Systematik sei die Art, welche von jeder anderen
Art derselben Gruppe geographisch getrennt sei.
Herr Reichenow legte nunmehr einige neue Arten aus
Deutsch - Südwestafrika vor: Lanius lübberti, Ploceus lübberti,
Parus afer damarensis, Parisoma subcaeruleum cinerascens,
Passer arcuatus damarensis und Saxicola familiarıs lübbertı (S.
O.'M. 1902 S. 76) und ferner einige von Herrn Härms in Tur-
kestan gesammelte Arten, worunter ein durch blassere Färbung
auftallender Passer hispaniolensis, den der Vortragende für eine
neue Nebenart hält (inzwischen beschrieben als P. h. transcas-
picus Tsch., s. OÖ. M. 1902 S. 96).
Herr Schalow sprach über die Berechtigung zur Annahme
eines polaren Gebietes. Die Besprechung über diese wichtige
Frage wurde auf eine am zweiten Sonntag des Mai im Zoologischen
Garten abzuhaltende Versammlung verschoben.?) Matschie.,
i) Diese Versammlung hat am 11. Mai stattgefunden.
366
Dem Herausgeber zugesandte Schriften.
The Annals of Scottish Natural History. A Quarterly Magazine.
Edinburgh. No. 42. 1902.
The Auk. A Quarterly Journal of Ornithology. Vol. XVII.
No. 2. 1902. |
Bulletin de la Societ& Philomathique de Paris. 19. ser. Tome IV.
No. I. 1901—1902. Paris 1902.
Bulletin ofthe British Ornithologists’Club. No.LXXXVI—LXXXIX.
Die Gefiederte Welt. Wochenschrift für Vogelliebhaber. Herausg.
Karl Neunzig. Magdeburg (Creutz’sche Verlagshandlung).
Jahrg. XXXL Hft. 1—19.
The In A Quarterly Journal of Ornithology. (8) II. 1902.
Heft 2.
Ornithologisches Jahrbuch. Organ für das palaearktische Faunen-
gebiet. Herausgegeben von Victor Ritter von Tschusi zu
Schmidhoffen. XII. Jahrg. 1902. Heft 3—4.
Ornithologische Monatsschrift des deutschen Vereins zum Schutze
der Vogelwelt.e XXVII. No. 5—6. 1902.
Report of the Council of the Zoological Society of London for
the year 1901. London 1902.
H. v. Berlepsch, Acelimatisationsversuche von Leiothrix lutea
(Scop.). (Abdruck aus: Orn. Monatsschrift D. Ver. z. Schutze
d. Vogelw. XXVIL 1902 No. 5/6).
. Brusina, Sulle alche e in ispecie sull’ „Alca torda“ della
Dalmazia e della Croazia e sulle pretese invasioni del „Pha-
lacrocorax‘“. (Abdruck aus: Bollettino della soc. zool. italiana
X. 1901 S. 213—225).
G. v. Burg, Ornithologische Beobachtungen aus dem Jahre 1900.
Aarau 1902.
A. Dubois, Synopsis Avium. Nouveau Manuel d’Ornithologie.
Fasc. IX. u. X. (Bruxelles 1902).
. Friedländer u. Sohn, Bericht über die Verlagsthätigkeit.
No. XLVI. Juli bis Dezember 1901.
. Friedländer u. Sohn, Naturae Novitates. Bibliographie
neuer Erscheinungen aller Länder auf dem Gebiete der
Naturgeschichte und derexacten Wissenschaften. No. 1—8 1902.
[0 p}
EI
Ed
je)
. Held, Einige Bemerkungen und Zusätze zu der ornithologischen
Abhandlung: ‚Die Vögel der Grossherzogtümer Mecklenburg
mit kurzen Beschreibungen von C. Wüstnei und G. Clodius“.
(Abdruck aus: Archiv Ver. Fr. Naturg. Mecklenburg. 56.
Jahrg. 1902).
Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 367
C. E. Hellmayr, Die Formen von Passer petronius. (Abdruck
aus: Ornith. Jahrb. XIII. 1902 Heft 3, 4).
C. E. Hellmayr, Noch einige Worte über Thryophilus. (Abdruck
aus: Verh. zool. bot. Ges. Wien 1902).
K. Knezourek, Weitere ornithologische Notizen aus der Um-
sebung von Starkoc bei Caslau. (Abdruck aus: Ornith.
Jahrb. XII. 1902 Heft 3, 4).
F. J. Jackson, List of Birds obtained in British East Africa.
Part II. With Notes by R. B. Sharpe. (Abdruck aus: The
Ibis, Januar 1901).
H. v. Loudon u. V. v. Tschusi zu Schmidhoffen, Coracias
garrulus semenowi Loud. Tsch. n. subsp. (Abdruck aus:
Orn. Jahrb. XII. 1902 3. 4. Heft).
J. v. Madaräsz, Magyarorszäg Madarai. A Hazai Madärviläg
Megismeresenek Vezerfonala. X. Füzet. Budapest 1902.
J. v. Madaräsz, Beiträge zur Ornis der Salomon-Inseln, mit der
Beschreibung von drei neuen Arten. (Abdruck aus: Terme6sz.
Füzetek XXV. 1902 S. 350—351).
H. C. Oberholser, Catalogue of a Collection of Hummingbirds
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T. S. Palmer, Legislation for the Protection of Birds. Other
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G. Radde, Bericht über das Kaukasische Museum und die Öffent-
liche Bibliothek in Tiflis für das Jahr 1901.
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Ch. W. Richmond, The proper name for the Arctic Horned
Owl. (Abdruck aus: Pr. Biol. Soc. Washington XV. 1902
S. 86).
Ch. W. Richmond, An early name for the northern form of
Sphyrapicus ruber. (Abdruck aus: Pr. Biol. Soc. Washington
XV. 1902 S. 89).
Ch. W. Richmond, List of generic terms proposed for birds
during the years 1890 to 1900, inclusive, to which are added
names omitted by Waterhouse in his „Index generum avium“.
(Abdruck aus: Pr. U. St. N. M. XXIV. 8. 663—729, 1902).
R. B. Sharpe, On the collection of birds made by Dr. A. Do-
naldson Smith on his last expedition to Lake Rudolf and the
Nile. (Abdruck aus: Pr. Zool. Soc. London Dec. 3 1901).
368 Dem Herausgeber zugesändte Schriften.
R. B. Sharpe, On a Collection of. Birds made by Sir Harry
Johnston in Equatorial Africa. (Abdruck aus: The Ibis
Jan. 1902).
R. B. Sharpe, On a small Collection of Birds from Efulen in
Cameroon. (Abdruck aus: The Ibis Jan. 1902).
R. B. Sharpe, On a collection of birds made in Mongolia by
Dr. Donaldson Smith. (Abdruck aus: Ornis Tome XI 1901).
R. B. Sharpe, Sur une petite collection faite par le p&re Hugh
dans la province du Shen-si et d’autres parties de la Chine
septentrionale. (Abdruck aus: Ornis XI. 1901).
W. Schlüter, Preisverzeichnis verkäuflicher Vogelbälge der euro-
päisch-sibirischen Fauna mit Einschluss der Mittelmeerformen.
No. 217. 1901/2. Halle a. S.
W. Schlüter, Preisverzeichnis verkäuflicher Vogeleier der euro-
päisch-sibirischen Fauna, mit Einschluss der Mittelmeerformen.
No. 210 1900. (Halle a. S.)
W. Schlüter, Preisverzeichnis über Instrumente, Materialien,
Gerätschaften und Chemikalien zum Fang und zur Präparation
naturwissenschaftlicher Objecte.e No. 216. Halle a. S.,
Wuchererstr. 9.
W. Schlüter, Preisverzeichnis künstlicher Glasaugen für Säuge-
tiere, Vögel, Reptilien und Fische. No. 218. Halle a. S.
1902/03.
J. Thienemann, Zum Vogelschutz, (Abdruck aus: Königsberger
land- und forstwirtsch. Zeitung No. 13 1902).
V. v. Tschusi zu Schmidhoffen, Ornithologische Kollektaneen
ausÖsterreich-Ungarn und dem Occupations-Gebiete. (Abdruck
aus: Ornith. Mntschr. D. Ver. z. Schutze d. Vogelw. XXVII.
No. 4. 1902).
C. Wüstnei und G. Clodius, Der weisse Storch, Ciconia alba
Behst., in Mecklenburg. Eine Statistik seiner Niststätten im
Jahre 1901. (Abdruck aus: Archiv Ver. Fr. Naturg. Meck-
lenburg 56. Jahrg. 1902).
N. Zarudny u. M. Härms, Neue Vogelarten. (Abdruck aus:
Ornith. Mntsb. Aprilheft 1902).
E.S. Zürn, Die Hausgans, ihre Naturgeschichte, Schläge, Geschichte,
Haltung, Zucht, Pflege, Fütterung, Mästung und Nutzver-
wendung. Leipzig, H. Seemann.
Druck von Otto Dornblüth in Bernburg.
JOURNAL
ORNITHOLOGIE.
Fünfzigster Jahrgang.
No. 4. Oktober 1902.
Beobachtungen aus dem nordöstlichen China,
gesammelt während des Krieges in China
von Pogge
Forstreferendar und Leutnant im Reitenden Feldjäger-Korps.
1. Gypaetus barbatus (L.) (Standvogel).
29. XI. 00. Vor der aus Kalgan zurückkehrenden Kolonne
reitend, beobachtete ich einen Bartgeier, der den Nankaupass
heraufgestrichen kam und dann hinter der grossen Mauer bei
Shatoö verschwand. Bald darauf sah ich ihn noch verschiedene
Male hoch über dem Pass schweben. Das erste Mal war ich kaum
50 m von ihm entfernt, sodass ich ihn genau erkennen konnte.
Wie ich vom Pferde herunter und mit dem Karabiner fertig war,
war er schon hinter der Mauer.
Obgleich ich später noch häufig im Gebirge und auch an
dieser Stelle war, habe ich keinen Bartgeier mehr beobachtet,
sodass er-auch hier wohl zu den selteneren Räubern gehört.
+2. Aquila chrysaetus (L.) (Standvogel).
Bei der Expedition nach der grossen Mauer SW von Paoting
beobachtete ich zuerst über den Vorbergen, später im Innern des
Hochgebirges mehrere Steinadler. In einigen Quartieren fand
ich Bälge und Skelette. Ein Skelett brachte ich mit und über-
gab es dem Kgl. Museum für Naturkunde in Berlin.
3. Archibuteo hemilasius (Tem. Schl.) (Wintervogel).
Diese Art war im Winter in der Ebene sehr häufig. Ich
erlegte ein Exemplar über einem geschlagenen Hasen. Die Jagd
Journ, f, Orn. L. Jahrg. Oktober 1902, 25
370 Pogge:
auf Hasen sah ich ihn im Haitze, südlich Peking, sehr eifrig be-
treiben, indem er aus grosser Höhe mit angelegten Flügeln auf
sein Opfer herabstiess. Seine Grösse ist geringer wie die des
Fischadlers, in der Färbung ähnelt er unserm Natteradler. Im
Frühjahr verschwand diese Art. Der Flug ist echt bussardartig.
Exemplar am 1. IIL 01 erlegt:
Länge (ohne Schn.): 64 cm. Hinterzehe: 3,3 cm.
Flg. Spanng.: 1,59 m. r Nagel: 3,8 cm.
Bug: 52 cm. Bi Zehe ee
Ständer: 9 cm. Nag.: 3,2 cm.(Nag.: 2,2 cm.
Mittel-Zehe: 5,3 cm. Schnabel-Länge: 5 cm.
ER „ Nagel: 2,6 cm. 5 Farbe: horngelb.
Stoss: 26,5 cm. A First: stahlblau.
Fed. Zahl: 12.
Oberseite bussardfarbig. Braune Federn mit rostgelben
Rändern. Bürzelfedern etwas heller gerändert. Unterseite weiss
mit einigen braun gefleckten Federn. Kehle etwas dunkler.
Hosen dunkelbraun. Tarsen vorn befiedert bis 1 cm vor Zehen-
gabelung, hinten nackt. Innere Flügeldeckfedern hell roströtlich:
An der Schulter dunkelbrauner Fleck. Flügelspitzen erreichen
das Stossende.
+4. Haliaetus albicilla (L.) (Standvogel?)
Seeadler beobachtete ich vereinzelt im Flachlande. Im
Haitze fehlte ich ein sehr starkes Exemplar mit weissem Kopf
und Stoss, das mich in freier Steppe ungedeckt auf etwa 100
Schritt herankommen liess. (20. U. 1901.) Er schien mir etwas
stärker wie unser Seeadler zu sein und beim Fliegen helle Schultern
zu zeigen, doch kann ich mich bei letzterem geirrt haben. (In
Japan, Tokyo, beobachtet).
5. Pandion haliaetus (L.) (Stand- resp. Strichvogel).
Am 6. X. 00 auf dem Ritt nach Peking beobachtete ich
einen Fischadler auf einer Telegraphenstange aufhakend am
Paiho. — Im März 1902 besuchte ein Paar regelmässig morgens
die Lotosteiche im Kaiserpalast in Peking. Über den Wasser-
lachen im Haitze mehrfach im März und April. In der Färbung
scheint er mir unserm heimischen Fischadler völlig zu gleichen.
6. Falco lanarius Pall. (Wintervogel?)
Im Januar 01 strich aus einem Schuppen im Haitze ein
Würgfalke ab, der eine Wachtel frisch geschlagen hatte.
Beobachtungen aus dem nordöstlichen China. 371
Am 28. I. sah ich an derselben Stelle ein Pärchen; das eine
Exemplar, wohl das 2, bedeutend stärker. Ltn. von Stegmann
' schoss einen der Falken.
Masse desselben:
' Länge (ohne Schnabel): 55 cm. Innen-Zehe: 3,8 cm.
Bug: 40 cm. a „» . Nagel: 2,7 cm.
Ständer: 6,5 cm. Stoss-Federn: 12.
-Aussen-Zehe: 3,8 cm. Flg. Spanng.: 127 cm.
Hinter-- „ : 3 cm. Stoss von Wurzel: 24,5 cm.
Nagel der Hint. Zehe: 3 cm. Schnabel oben ohne Ceres: 2,5 cm.
Mittel-Zehe: 5,5 cm.
Schnabel hellblau, Spitze schwarz. Ceres blau. Ständer
blau. (Bei andern mehr gelblich.) Iris braun. Brust und Bauch
weiss mit rostbraunen Tupfen. Oberseite rostbraun, die einzelnen
Federn mit hellerem Rande. Andeutung von Bart braun. Heller
Strich über dem Auge. Innen- und Aussen-Zehe gleich lang.
Tarsus hinten kahl, vorn gelb befiedert.
Am 4. III. 01 nahm ich an der Beize mit solchen Falken
auf Hasen teil. Bei einer solchen Beize schloss sich ein wilder
Artgenosse der®Jagd an.
77. Falco tinnunculus L. (Wintervogel?)
Im Januar und Februar beobachtete ich vereinzelte Exemplare
im Haitze. Daselbst schoss Ltn. von Stegmann ein (2) Stück,
das mir etwas kleiner wie unser Turmfalk schien. Oberkopf und
Bürzel licht blaugrau. Masse:
Länge: 33,5 cm. Fänge: 4,7 cm.
Flgl. Spanng.: 70 cm. Mittel-Zehe: 3,4 cm.
Bug: 25,5- cm. Nagel davon: 1,2 cm.
Schwanz: 15,5 cm. Schnabel blaugrau,
Federn-Zahl: 12. Spitze schwarz.
Schnabel-Länge: 2,6 em. (ohne Ceres).
In Ortschaften und bebauter Gegend sah ich ihn nie, nur
in der Steppe, wo er auf Steinen und Erdhaufen aufhakte.
8. Cerchneis vespertina (L.) (Sommervogel.)
Der Rotfussfalke ist hier ohne Zweifel der häufigste Raub-
vogel. Zugzeit im Herbst: Anfang Oktober. Ich sah am 6. X. 00
einen Flug von vielen Tausenden über Yang-shun auf dem
Wege von Tientsin nach Peking. Ankunft Ende Februar zunächst
25*
372 Pogge:
vereinzelt, das Gros Ende April. Anfang Mai noch in grösseren ı
und kleineren Flügen umherschweifend. Am 10. Mai paar-
weise in einzelnen Bäumen und Baumgruppen beim Horstbau'
betroffen.
Den Rotfussfalken habe ich in der Steppe, über dem Acker-
baugelände, in den Ortschaften und den Vorbergen, kurz überall‘
mit Ausnahme der höchsten Lagen des Gebirges angetroffen. Er
ist am Horstplatze sehr vertraut. Auf einem Grasfelde bei den
Minkgräbern ritt ich in einen grösseren Flug von Rotfussfalken
hinein, die ohne Scheu vor dem Pferde um mich herum die Jagd
auf Mistkäfer betrieben. Am Horstplatze macht er sich durch
andauerndes Geschrei bemerkbar. Beim Rütteln trägt er den
Stoss senkrecht nach unten.
(In Japan beobachtet).
9. Milvus melanotis Tem. Schl. (Standvogel).
Schmarotzermilane trifft man am häufigsten in Peking und
den anderen grösseren Städten, wo es viel Abfall giebt, vereinzelt
in der Steppe, in den Dorfschaften und im Gebirge bis ins Innere
Hochgebirge. Er horstet auf hohen Bäumen, in®altem Gemäuer,
in Felsritzen, auf den hohen Dächern der Stadtthore und Tempel.
Anfang April sah ich schon einige Paare brüten. In den Ort-
schaften lebt er von Abfall und Phäkalien, die er zuweilen mit
grosser Frechheit von den verkehrsreichsten Strassen aufnimmt.
Im Haitze habe ich ihn beim Kröpfen von Hasen, Wildenten und
Chinesenleichen angetroffen. In Peking strichen jeden Abend im
Winter viele Hunderte zum gemeinsamen Schlafplatz, einem ur-
alten Zypressenhain nahe der verbotenen Stadt, über dem sie vor
dem Aufhaken in buntem Gewimmel ihre Kreise zogen.
In den Städten ist er im Verein mit den vielen herum-
lungernden Kötern die einzige und wirksamste Strassenpolizei.
(In Japan vereinzelt beobachtet.)
10. Accipiter nisus L. (?) (Standvogel.)
Viel kleiner wie unser Sperber. Einen verkappten und
gefesselten Sperber (wohl ein g) sah ich auf dem Markte. Die
stahlblaue Oberseite hatte hellbläulichen Schimmer. Die rötlich
gesperberte Brust war an beiden Seiten schön rostrot. Der
Sperber wird von den Chinesen zum Sperlingsfang abgetragen.
Ich beobachtete ihn im ganzen Lande vereinzelt.
Beobachtungen aus dem nordöstlichen China. 373
11. Circus cyaneus (L.) (Standvogel.)
Überall in der Ebene beobachtet. Weibchen dunkelbraun
mit weissem Bürzel, $ grauweiss. Fliegt hauptsächlich Morgens
und Abends und kommt auf der Streife bis in die Höfe der
_ Dorfschaften.
12. Circus aeruginosus (L.)
Anfang Mai an den Wasserlachen im Haitze beobachtet.
13. Athene noctua (Retz.) (Standvogel).
Ein Käuzchen wurde von mir im November auf dem Wege
nach Paoting in einem Hohlwege beobachtet.
14. Asio otus (L.) (Standvogel?)
Im Parke des Kaiserl. Jagdschlosses im Haitze hielt sich
den ganzen Winter ein aus etwa 40 Stücken bestehender Flug
von Waldohreulen auf, ausserdem vereinzelt am Boden in der
Steppe. In der warmen Mittagssonne erhoben sie sich zuweilen
zu grosser Höhe, schwebten im Kreise umher und liessen sich
allmählich mit nach oben erhobenen Flügeln herab. Hoch in der
Luft erschienen sie fast weiss in Folge ihrer hellen Unterseite.
An der Unterseite hat der Flügel einen dunklen Schulterfleck.
Die Zeichnung des Gefieders ist wohl die nämliche wie die unserer
heimischen. Die Ohren ragen 4 cm aus dem Kopfgefieder hervor.
Masse:
Länge: 36 cm. Schnabel (Länge): 3,15 cm.
Flgl. Spanng.: 81 cm. 7 Farbe: dunkel.
Bug: 29,4 cm. Fänge: 4,4 cm.
Schwanz: 15,4 cm. Mittel-Zehe: 3,2 cm.
Feder-Zahl: 12. deren Nagel: 1,8 cm.
15. Bubo bubo (L.) (Standvogel).
Im Parke des erwähnten Jagdschlosses hielt sich den ganzen
Winter ein Uhupärchen auf. Ltn. Wallmann schoss ein Exemplar
davon, dessen Masse folgen. Auf dem Markte sah ich mehrfach
Uhus bei Wildprethändlern hängen. In der Zeichnung nahm ich
keine Abweichung von unserer heimischen Art bezüglich der
Zeichnung wahr; das ganze Gefieder war leicht roströtlich über-
flogen.
Länge: 69 cm. Bug: 48 cm.
Flgl. Spanng.: 169 cm. Stoss: 27 cm.
374 Pogge:
Stoss (Federn Zahl): 12. Mittelzehe: 6,3 cm,
Schnabel: 5,7 cm. (schwarz). Nagel 4,7 cm.
Fänge: 10,5 cm. Inn. Zehe (Nagel): 5,2 cm.
16. Erithacus suecicus (L.) (Sommervogel?) |
Ein Blaukehlchen mit rotem Stern in der blauen Kehle und
roter Schwanzwurzel sah ich am 23. Mai 01 auf dem Markt.
17. Erithacus calliope (Gm.) (Sommervogel.)
Wird vielfach von den Chinesen in der Gefangenschaft ge-
halten. Es wird ganz ausserordentlich zahm und legt jede
Scheu vor dem Menschen ab. Seine Excellenz der Feldmarschall
hatte ein solches in seinem Hause frei herumfliegen; es fing ihm
jede Fliege weg. Es endete elendiglich auf dem Fliegenleim,
von dem es die gefangenen Fliegen absammeln wollte.
18. Erithacus rufwentris (Vieill.) (Wintervogel oder Standvogel.)
Ein unserm Gartenrötling ähnlicher Rotschwanz von mir
im Nov. im Gebirge, am 20. 3. im Winterpalast und später
mehrfach an andern Orten beobachtet. Etwas stärker wie unser
Gartenrötling, mit krasseren Farben und mehr rot und schwarz
im Gefieder. Im Parke des Jagdschlosses versuchten ihn kleine
Chinesenjungen im Stellgarnen mit einer Larve als Köder zu fangen.
19. Oinclus pallasi Tem. (Wintervogel.)
Im November im Nankau Pass im Gebirge beobachtet. Er
hat die Grösse unseres Wasserstars; das Gefieder scheint ein-
farbig dunkel zu sein. (In Japan an den Fällen beobachtet.)
20. Turdus naumanni Tem? (Wintervogel und Standvogel.)
Im Jagdschloss ein Exemplar geschossen. Dieselbe Art
überall vereinzelt im Flachlande.
Oben dunkel-olivgrün. Schwanzfedern oben: die äussersten
beiden ganz rostrot, die andern mit dunkler Aussenfahne, die
mittelste ganz dunkel. Schnabelwurzel gelb, sonst dunkel.
Zügel grauschwarz, darüber hellrostiger Fleck von Schnabel-
wurzel bis Auge. Kehle rostig rot mit hellen Federkanten.
Von der Schnabelwurzel ziehen sich je 2 schwarze Striche nach
unten. Bauch und Brust schmutzig weiss, Seiten mit rostroten
Federn mit schmutzig weissen Kanten. Schwanzfedern unten
rostrot; ebenso die untern Schwanzdeckfedern, aber mit hellen
'Kanten. Ständer gelblich, Zehen dunkel. Untere Flügeldeckfedern
Beobachtungen aus dem nordöstlichen China. 375
rostrot. Schwingen unten grau. Innenfahne am Rande rost-
rötlichen Schimmer.
Masse:
Länge: 23,5 cm. Fed. Zahl: 12.
Flgl. Spg.: 40,0 cm. Ständer: 3,5 cm.
Bug: 13,6 cm. Mitt. Zehe: 2,1 cm.
Schwanz: 9,8 cm. Nagel: 0,95 cm,
Ausser der beschriebenen Drosselart beobachtete ich noch
2 andere Arten, die ich aber nicht in der Hand hatte. Im Ge-
birge hörte ich im Mai einen schönen Drosselschlag, ohne den
Sänger zu Gesicht zu bekommen; der Gesang erinnerte an den
der Blaudrossel.
21. Phylloscopus sp. (Sommervogel.)
Auf der Rhede vor Taku kam neben andern Zugvögeln
dieser kleine Laubsänger auf die Schiffe, um dort Insekten zu
fangen. Er ist fast einfarbig grün mit hellem Ring rings ums
Auge. In Tientsin sah ich ihn in der Gefangenschaft. Auch in
Japan habe ich ihn beobachtet.
22. Acrocephalus orientalis (Tem. Schl.) (Sommervogel.)
Erschien im Mai an Wasserlachen, die von Rohr eingerahmt
waren. Sein Benehmen und seine Stimme ist fast ganz die
unseres Acer. turdoides. Er ist sehr häufig, hält sich aber nur
im reinen Rohrwald auf.
Ich hörte noch 2—3 andere Rohrsängerarten, ohne einen
der Vögel in die Hand zu bekommen, wie mir überhaupt die
Urheber mancher wunderbaren Töne im Rohrdickicht unsicht-
bar blieben.
23. Troglodytes troglodytes (L.) (Standvogel.)
Etwas dunkler wie unsere heimische Art, auch wohl mit
etwas längerem Schwanz. An Grabenrändern und Hohlwegen
vereinzelt beobachtet. Der Lockton hat nicht ,„e“ vor den „rrr,“
sondern lautet mehr zirrr!
24. Parus palustris L. (oder consp.) (Standvogel.)
Diese Meisenart war nicht selten. Sie hat die Grösse
unserer Sumpfmeise (und sträubt die Federn des schwarzen
Köpfchens zuweilen zu einem Häubchen.)
376 Pogge:
"25. Alauda arvensis (L.) (Wohl hauptsächlich Wintervogel.)
Im Winter lagen auf der Steppe im Haitze ungeheure
Schwärme von diesen Lerchen. Der Boden war dort überall
dicht mit ihrem Kot bedeckt. Sie gingen gleich Mückenschwärmen
vor dem Pferde auf und fielen dann bald wieder ein. Im Früh-
jahr waren sie meistenteils verschwunden, sodass wohl anzunehmen
ist, dass die grossen Scharen Wintergäste waren. Sie kamen
sehr viel auf den Markt und schmeckten ausgezeichnet.
Die Färbung ist die unserer Feldlerche, doch wohl etwas
geringer in der Grösse und am Kopf dunkler.
26. Melanocorypha mongolica (Pall.) (Sommervogel.)
Anfang April erschien die mongol. Lerche auf der Steppe
im Haitze und machte sich sowohl durch ihre schöne Stimme
wie durch ihren eigentümlichen Flug mit nach unten gekrümmten
Flügeln mit weissem, grossen Schild bemerklich. Sie war dort
ziemlich häufig. Von den Chinesen wird sie vielfach in kleinen,
runden Vogelbauern gehalten und singt dort sehr fleissig im
Sommer wie im Winter.
27. Galerida ceristata (L.).
Dicht am Sommerpalast ein Pärchen am 19. 3. 01 beob-
achtet. Sie scheint etwas kleiner wie unsere Haubenlerche zu sein.
28. Motacilla ocularıs Swinh.? (Sommervogel.)
Auf dem Wege nach dem Sommerpalast von Grf. Win-
zingerode am 30. 3. O1 beobachtet. — Am 4. 4. 01 am Lotosteich
von mir beobachtet. — Sehr ähnlich unserer weissen Bachstelze.
29. Motacilla boarula L. (Sommervogel.)
Überall im Flachlande und Gebirge an Wasserläufen und
Seeen. In der Färbung der Geb. Stelze sehr ähnlich, Schwanz
wohl etwas kürzer.
30. Anthus richardi Vieill. (Standvogel und Sommervogel.)
Am 22. V. Ol ein @ im Haitze geschossen. Im Winter traf
ich ihn vereinzelt an den offenen Wasserläufen, im Mai war er
in der Steppe überall paarweisse und häufig. Flug und Be-
nehmen wie bei unserem Wiesenpieper, doch fliegt er ohne Ge-
schrei auf.
Beobachtungen aus dem nordöstlichen China. 377
31. Emberiza passerina Pall. (Sommervogel).
In der Färbung unserer Rohrammer sehr ähnlich, aber etwas
kleiner. Im Benehmen sehr verschieden von ihr. Sie traf An-
fang Mai ein und trieb sich in grösseren Scharen auf den Wegen
umher. Spatzenartig erhob sich plötzlich die ganze Schar und
fiel eine kurze Strecke weiter wieder auf dem Wege ein. Auch
an Bachrändern sah ich einzelne im Grase sitzen, doch nie an
Rohr- oder Grashalmen wie unsere Rohrammer hängen.
32. Emberiza aureola Pall. (Sommervogel.)
Kam Anfang Mai und war häufig in den Dornbüschen an
den Wasserlachen im Haitze.
33. Chrysomitris spinus (L.) (Standvogel).
Im Mai mehrfach im Gebirge am Hunto in kleinen Trupps
beobachtet. Scheint mehr Schwarz an Kopf und Kehle wie unser
Zeisig zu haben.
34. Acanthıs linaria L. (Wintervogel?)
Sehr ähnlich unserm Leinfinken. Ich sah ihn bei Chinesen
mehrfach in Gefangenschaft. Das Rot an Kopf und Kehle war
von ihnen oft mit Tusche vergrössert.
35. Fringilla montifringilla L. (Wintervogel?)
Vereinzelt in Peking im Winter beobachtet.
36. Coccothraustes coccothraustes japonicus Tem. Schl, (Standvogel).
Nicht selten im Winter und Frühjahr beobachtet, auch sah
ich Vögel in der Gefangenschaft.
37. Passer domesticus (L.) (Standvogel).
Ebenso gemein wie hier. In Farbe und Stimme etwas ab-
weichend.
38. Sturnus sp. (Standvogel).
Etwas stärker wie unser Star. Auf den Sumpfflächen an
der Bahn Tientsin—Sang-shun im Oktober in grossen Flügen.
In einzelnen, kleineren Flügen im Winter in Peking. Ziemlich
scheu. Nach Art unseres Stars auf den trockenen Wipfeln der
Bäume sitzend. Einzelne Töne ähneln denen unseres Stars. Die
Färbung dunkel (schwarz) und weiss. Der Schnabel scheint hell
zu sein. Schwanz ziemlich kurz.
378 Pogge:
39. Pyrrhocorax graculus (L.) (Standvogel.)
Im November beobachtete und hörte ich beim Besteigen der
grossen Mauer einen grösseren Flug hoch über mir. — Ende April
im Hochgebirge SW Poatingfu sehr viele Alpenkrähen gesehen.
— Am 9. Mai fand ich bei Shataö im Passthor der grossen Mauer
ein Nest in einer Mauerspalte, die ich leider nicht erreichen
konnte. Die Alten flogen mehrfach ein und aus.
40. Cissa sinensis (L.) (Standvogel).
Vereinzelt überall in den Flussthälern des Gebirges, wo
Baumgruppen vorhanden. Sein Schrei ist rauh und laut. Sein
Flug mit lebhaftem Flügelschlage, der Schwanz wagerecht nach
hinten gestreckt, die weisse Spitze, von weitem schon sichtbar,
nach unten gebogen.
41. Pica pica (L.) (Standvogel).
Ungemein häufiger Vogel und von einer ausserordentlichen
Dreistigkeit, da er von den Chinesen nicht geschossen wird. In
der Farbe etwas lebhafter wie unsere heimische Elster. Ich habe
von chines. Elstern ganz andere Töne gehört wie von den heimi-
schen; sie sind entschieden musikalischer veranlagt. Das Nest
trägt auch eine Haube.
42. Oolaeus dauricus (Pall.) (Standvogel.)
In den Städten recht häufig. Streicht zu grossen Scharen
mit ihren Artverwandten im Lande umher.
Masse:
Länge: 31 cm. Schnabel: 2,85 cm. schwarz.
Flgl. Spanng.: 68 cm. Ständer: 4,3 cm.
Bug: 23 cm. Mitt. Zehe: 2,5 cm.
Schwanz: 12,5 cm. Nagel derselben: 1,15 cm.
Feder-Zahl: 11.
43. Corvus pastinator J. Gd. (Standvogel.)
Jahresvogel. In der Stadt und auf dem Lande häufig. Brütet
in Kolonien auf Tempeldächern und in Bäumen. Am 19. April
schon fast flügge Junge.
44. Corvus torquatus Less. (Standvogel.)
Etwas grösser wie die Nebelkrähe, mit weissem Halsring.
Seltener wie die anderen Rabenarten. Mehr vereinzelt als in
grösseren Scharen. Überall im Lande.
Beobachtungen aus dem nordöstlichen China. 379
Masse:
Länge: 46 cm. Schnabel: 5,4 cm. schwarz.
Flgl. Spanng.: 99 cm. Ständer: 5,8 cm.
Bug: 34,5 cm. Mitt. Zehe: 3,9 cm.
Schwanz: 20 cm. Nagel: 1,4 cm.
Feder-Zahl: 12.
45. Oyanopolius cyanus (Pall.) (Standvogel).
Diesen interessanten und schönen Vogel sieht man überall
da, wo Häuser und Ortschaften von Baumgruppen umgeben sind.
Dort treibt er sein munteres Wesen und ist dauernd unterwegs,
um in den Wänden und Dächern der Lehmbauten, auf dem Acker
oder den Höfen seinem Nahrungsgeschäft nachzugehen. Dabei
lässt er ziemlich laut seine schnurrenden Töne erschallen. In der
Gefangenschaft wird er sehr zahm. Ich hielt ein Exemplar längere
Zeit zusammen mit einer Olssa sinensis.
46. Lanius excubitor L. (Standvogel).
Vereinzelt in der Ebene beobachtet.
47. Muscicapa parva Bcehst. (Sommervogel).
Am 16. Mai hörte ich in den Baumgärten bei Santia-tien
am Ausgange des Hunto-Thales den mir nur nach der A. von
Homeyer’schen Beschreibung bekannten Gesang des Zwergfliegen-
fängers: tink tink tink — eida eida (eida). Es gelang mir bald,
mehrere Exemplare zu erbeuten. Ich beobachtete ihn bald darauf
noch weiter ins Gebirge hinein.
48. Bombyeilla japonica (Sieb.) (Wintervogel.)
Am 20. 2. sah ich auf einem Baume am Jagdschloss im
Haitze _eine kleine Schar von Seidenschwänzen sitzen, die viel
kleiner wie unser S. Schw. waren, auch wohl dunkler in der Färbung.
49. Buchanga atra (Herm.) (Sommervogel.)
Zuerst am 15. Mai in den Baumgärten von Santia-tien
beobachtet. An den folgenden Tagen auch im Innern des Gebirges.
Er macht viel misstönendes Geschrei und liebt die Nähe mensch-
licher Wohnungen. Im Haitze, wo ich ihn auch beobachtete,
machte er sich durch gaukelnden Flug und dauerndes Aufhaken
auf Sträuchern und Erdhaufen bemerklich.
330 Pogge:
50. Hirundo rustica L. (Sommervogel.)
Unserer Rauchschwalbe vollkommen gleichend. Überall
häufig. Am 30. März die ersten. Ende Oktober bei Tientsin
mit andern Schwalbenarten in kolossalen Schwärmen auf dem Zuge.
\ 51. Rıiparia riparia (L.) (Sommervogel.)
Überall häufig in der Ebene.
52. Rıiparia rupestris (Scop.)
Im Gebirge bei Poating beobachtet.
53. Herundo rufula Tem. (Sommervogel.)
Brust und Bauch weiss mit roten Längstupfen. Backen
weiss mit ebensolchen Tupfen. Gabelschwanz und Grösse der
Rauchschwalbe. Ziemlich häufig. Nistet unter den Dächern der
Chinesenhäuser. Das Nest ist dem der Mehlschwalbe ähnlich, hat
aber eine etwa 15 cm lange Einschlupfröhre.
54. Apus apus (L.) (Sommervogel.)
Am 17. April kamen die ersten in Peking an. — Er ist
ausserordentlich häufig im Gebirge und in der Ebene. In Peking
umschwärmte er in grossen Scharen seine Brutplätze in den vielen
Thoren, Pagoden und Mauern der Stadt.
55. Upupa epops L. (Standvogel.)
Überall vereinzelt in der Ebene. Auch in einigen Paaren
an den Lotosteichen im Kaiserpalast vertreten. Sein Ruf ist
unverkennbar derselbe wie der des heimischen Wiedehopfes. (In
Japan beobachtet.)
56. Alcedo ispida L. (Standvogel.)
Einige Exemplare im Gebirge SW von Paoting beobachtet.
Grösse und Farbe schienen mir unserm heimischen zu gleichen.
Die blauen Federn werden von den Chinesen zu Frauenschmuck
verarbeitet.
57. Picus canus viridicanus Wolf. (Standvogel.)
Sehr ähnlich unserm Grauspecht. In den Baumgruppen der
Ortschaften nicht selten.
58. Dendrocopus maior (L.)
Wie der vorige nicht selten. Das Rot der unteren Schwanz-
deckfedern scheint mir dunkler und ausgedehnter zu sein wie
bei unserm P. maior.
Beobachtungen aus dem nordöstlichen China. 381
59. Iyngipicus seintilliceps (Swinh.)? (Standvogel).
Einen unserm Kleinspecht sehr ähnlichen Vogel sah ich im
Nov. im Nankaupass.
60. Cuculus canorus L. (Sommervogel.)
Eine sehr überraschende Erscheinung war für mich ein
Kuckuckpärchen, das in der Steppe dicht über dem Boden schwe-
bend, zuweilen von kleinen Stauden oder auf dem Boden Nahrung
aufnehmend, vor mir vorüber strich. Im Laufe des Tages, am
22. Mai, sah ich noch mehrere Exemplare. Sie klebten hier und
da an den Sträuchern an, um glatte Eulenraupen, wie ich später
feststellte, abzulesen. Ihren Ruf habe ich nie gehört, doch wurde
mir von mehreren Herren davon erzählt. (In Japan beobachtet
und gehört).
—61. Ooturnix coturnix (L.) (Stand- und Sommervogel).
Im Gebirge und Flachlande häufig. Viele bleiben im Winter
da und werden dann von Chinesen in Netzen, die über dem
Kopfe mit Stangen getragen werden, lebend gefangen. In der
Gefangenschaft werden sie gemästet und kommen dann auf den
Markt. Ein solcher Braten ist nicht zu verachten. Im Oktober
fielen auf der Rhede von Tongku von einem grösseren, zerstreut
fliegenden Schwarm mehrere auf unserm Schiff ein.
62. Caccabis chucar (G. R. Gr.) (Standvogel.)
Im Winter kamen viele Steinhühner auf den Markt. — Im
Mai hörte ich im Gebirge am Hunto fast in jeder Schlucht den
eintönigen, aber die Landschaft ungemein belebenden Balzruf
mehrerer. Hähne.
63. Perdix daurica Pall. (Standvogel.)
Grösse und Farbe unseres Rephuhns mit schwarzem Fleck
auf der Brust, darum ein gelber Ring. Im Nov. beobachtete ich
mehrere Völker an der grossen Mauer bei Shataö. Der Dol-
metscher Herr Boos schoss mehrere Stücke.
64. Phasianus sp.?
Vom Vorkommen des Königsfasans in freier Wildbahn habe
ich nichts erfahren. Dagegen wird er vielfach von den Chinesen
in der Gefangenschaft gehalten. Ich hielt mir längere Zeit in einer
Voliere 7 Stücke, die mir leider kurz vor meiner Abreise eingingen.
382 Pogge:
65. Orossoptilon mantschuricum Newt.? (Standvogel.)
Diese Art kommt überall im Gebirge vor. Sie werden meist
lebend gefangen und kommen so auf den Markt. Wir hatten für
unsere Küche eine Voliere angelegt, in der die lebend einge-
kauften Fasanen solange gefüttert wurden, bis sie geschlachtet
wurden. Sie haben nicht den schönen Geschmack wie unser Fasan.
66. Columba livia L. (Standvogel.)
Die Felsentaube ist in manchen Teilen des Gebirges ein
ungeheuer gemeiner Vogel. Angetroffen habe ich sie auf der
Passstrasse nach Kalgan, am Hunho, im 7 Drachengebirge, in den
Thälern des Hochgebirges SW Paotingfu. Sie ist sehr vertraut
und lässt den Reiter bis auf wenige Schritte herankommen. Lebt
meist in kleinen und grösseren Gesellschaften, nistet ebenso in
Felsspalten. Mit ihrer mattblauen Zeichnung, ihrem gedrungenen
Körperchen, ihrem munteren Wesen und gewandten Flug wirkt
sie sehr zur Belebung des oft recht öden Gebirgslandes.
67. Ardea garzetta L. (Sommervogel.)
Erschien im Frühjahr im Haitze und an den Lotosteichen
des Winterpalastes. Mitten in Peking in einem uralten Cypressen-
hain des Tempels der Ahnen war eine Reiherkolonie von 3—400
Paaren. Die Horste der 4 dort brütenden Arten waren sehr roh
und unordentlich gebaut; sie waren gerade so dicht, dass man
die Eier nicht von unten sehen konnte. Es waren 5—12 Horste
auf jedem Baume von allen 4 Arten in einer Höhe von 5—8 m.
Nahte man der Kolonie, die unter dem Schutze der Amerikaner,
später der Engländer stand, erhob sich ein grosses Geschrei und
alle Brutvögel erhoben sich in ihren Horsten. Die weissen Reiher
waren die vorsichtigsten und erhoben sich in die Luft, um dicht
über den Baumkronen umherstreichend, den Eindringling zu be-
obachten. Die grauen Reiher besannen sich erst lange mit
ausgerecktem Halse, blieben überhaupt auf dem Horst oder strichen
schwerfällig zu einem andern Baum herüber. Am wenigsten
Scheu zeigten die Nachtreiher. Blieb man ruhig im Schutze eines
Stammes stehen, so suchten bald alle Reiher ihre Horste wieder
auf. Ein Schuss brachte natürlich grosse Aufregung unter die
Brutvögel, doch beruhigten sie sich daraufhin bald. Ich habe in
der Kolonie, die mir zur Beobachtung viel interessanter war, nur
einen Silberreiher geschossen und einige Gelege der 4 Arten
ausgenommen.
Beobachtungen aus dem nordöstlichen China. 383
Einen grossen Teil der Reiher sah man besonders Morgens
und Abends auf dem gewaltigen, gelben Dach des Ahnentempels
sitzen, um von dort zu den Lotosteichen der Kaiserstadt oder
den Lachen der Umgegend, besonders des Haitze, zu streichen.
Bei weiteren Flügen nahmen die Seiden- und Silber-Reiher regel-
mässig eine den Kranichen ähnliche Flugordnung an, bei den
andern Arten habe ich dies nicht beobachtet.
Wie die Reiher überhaupt die auffallendsten und schönsten
Erscheinungen in der chinesischen Vogelwelt bilden, so sind sie
auch die wirksamste Staffage des Winterpalastes. Die weissen
und grauen, schlanken Gestalten im flachen Wasser der mit üppig
wuchernden Pflanzen bedeckten Lotosteiche, im Hintergrunde die
grosse Brücke aus schneeweissem Marmor, ringsherum Baum-
reihen und Haine uralter Cypressen und Weiden, die ihre Zweige
bis tief aufs Wasser herabsenden und zwischen ihren Kronen die
gelb und blau gedeckten Dächer der kaiserlichen Gebäude durch-
schimmern lassen, darüber die grosse, flaschenförmige Pagode, mit
ihrer gewaltigen Höhe den ganzen Rayon des Kaiserpalastes beherr-
schend — es ist ein zauberhaft märchenhaft Bild aus Tausend und
Eine Nacht.
In den von mannigfaltigen Wassertieren belebten Teichen
finden die Reiher eine reich gefüllte Vorratskammer. Jede Art
steht gesondert für sich. Die Nordecke haben eine Schar der
schlanken Seidenreiher für sich in Anspruch genommen, weiter
in den See hinein, wo das Wasser schon tiefer, sieht man die
grösseren Silber- und grauen Reiher. Sehr selten sieht man
einzelne Purpurreiher. Zwergdommeln und Nachtreiher verstecken
sich in der Regel so, dass sie nur ein geübtes Auge zu erkennen
vermag. Alle sind ohne Scheu, aber doch nicht ohne Vorsicht.
Erschallt am Ufer auffallender Lärm oder naht sich ein Reiter,
erheben sie die Hälse gerade, etwas nach vorn gebeugt und
sichern in unbeweglicher Haltung. Sie streichen auch wohl ein
Ende weiter, fallen aber bald wieder ein.
Ganz anders verhalten sich die Reiher an den Lachen
der Steppe, dort sind sie dieselben scheuen Vögel wie in der
Heimat.
68. Ardea alba L. (Sommervogel.)
Etwas häufiger wie der vorige. Horstet in der Kolonie in
Peking. (Bei Batavia beobachtet.)
384 Pogge:
69. Ardea purpurea L. (Sommervogel).
Die seltenste Reiherart. Vereinzelt an den Lotosteichen und
im Haitze beobachtet. Ich sah ihn nie frei sitzen und bekam ihn
in der Regel erst zu sehen, wenn er, durch einen Schuss aufge-
scheucht, sich aus dem Rohrdickicht erhob.
+70. Ardea cinerea L. (Sommervogel.)
Häufiger wie die vorigen Arten. Horstet in der Kolonie
am Ahnentempel. Im Gebirge bei Shataö und SW Paoting fand
ich ihn überall in den grösseren Thälern, auch kleinere Kolonieen
in Tempelhainen dortselbst.
71. Ardetta minuta (L.) (Sommervogel.)
An den Lotosteichen und beim Jagdschloss im Haitze ver-
einzelt beobachtet.
72. Nyceticorax nycticorax (L.) (Sommervogel.)
Die häufigste Art, wenn auch selten zu beobachten, wegen
seiner versteckten Lebensweise. In der Brutkolonie ist er am
meisten vertreten.
73. Platalea leucorodia L. (Sommervogel.)
Ein Exemplar von Ltn. von Stegmann im Haitze geschossen,
vereinzelt dortselbst beobachtet.
+74. Plegadis autummalis (Hasselq.)? (Sommervogel.)
Einen Ibis verfolgte ich (Anfang Mai) lange Zeit an einem
Bache im Haitze. Er suchte beim Fliegen so geschickt Deckung,
dass ich 6 Mal an ihm vorbeischoss. Er schien einfach graublau
gefärbt zu sein. Später habe ich noch einzelne Exemplare
beobachtet. (Bei Batavia beobachtet.)
75. Oiconia nigra (L.) (Sommervogel.)
Am 25. April beobachtete ich in einem Flussthal im Gebirge
SW Paotingfu einen schwarzen Storch, ohne ihn zu Schuss zu
bekommen.
+76. Fulica atra L. (Sommervogel.) r
Der häufigste Vogel auf den Lotosteichen und Lachen im
Lande ist das schwarze Wasserhuhn. Es erschien Anfang März,
als das Eis geschmolzen.
Beobachtungen aus dem nordöstlichen China. 385
77. Gallinula chloropus (Sommervogel) (L.).
Weniger häufig wie die vorige Art, aber an denselben Ört-
lichkeiten.
78. Ortygometra sp. (Sommervogel.)
An einer Lache im Haitze beobachtet. Ich bekam es
mehrere Male zu Gesicht als es dicht vor mir aus dem Wasser-
kraut aufstand und bald wieder einfiel.
79. Grus leucogeranus Pall. (Sommer- oder Durchzugsvogel).
Am 7. Nov. strich ein grosser weiss-schwarzer Kranich über
den Lotosteich im Kaiserpalast. Er muss hier wohl häufiger sein,
da die Chinesen ihn vielfach plastisch, in Malerei und Stickerei
abbilden.
80. Otis tarda L. (Standvogel.)
Trappen beobachtete ich überall in der Ebene, besonders
im Haitze, wo ich sie in grösseren Flügen antraf. Einen Hahn
erlegte ich auf dem Wege nach Paoting im November. Die Färbung
schien mir genau die unserer heimischen zu sein, sie sind nicht
ganz so scheu wie die letzteren und lassen sich beim Einkreisen
zu Pferde, wenn man allmählich die Kreise immer enger zieht,
auf Schussweite herankommen.
+81. Scolopax rusticola L. (Sommer- und Durchzugsvogel.)
Die Waldschnepfe ist hier mehr Durchzugsvogel, doch fand
ich sie am 23. April in einem etwas sumpfigen, von steilen Felsen
eingefassten, schmalen Thale SW. Paoting brütend. Im Herbst
soll sie auf dem Durchzuge sehr häufig einfallen und viel auf
den Markt kommen. Ltn. von Stegmann schrieb mir, dass er
Anfang September bei Schanghai-kuan schon mehrere geschossen
und grosse Hoffnung für die nächsten Tage habe.
1-82. Gallinago gallinago (L.) (Sommer- und Durchzugsvogel.)
Ende März trafen die Bekassinen auf dem Durchzuge ein
und lagen in grosser Menge auf den Sumpfflächen. Als Brut-
vögel blieben sie nur vereinzelt an den Lachen des Flachlandes.
Ende April traf ich ein Brutpärchen auch im Gebirge an der
bei der Waldschnepfe beschriebenen Stelle. Im März— April kamen
sehr viele gefangene Bekassinen auf den Markt.
Journ. f. Om. L, Jahrg. Oktober 1902. 26
386 Pogge:
83. Totanus sp. (Sommervogel.) ’
Ein dem T. glareola sehr ähnlicher Wasserläufer ohne.
weissen Bürzel wurde am 11. Mai von mir bei Peking geschossen.
Ich beobachtete dieselbe Art vereinzelt an Wasserlachen.
84. Himantopus himantopus (L.) (Sommervogel.)
Der Stelzenläufer traf Anfang Mai an den Lachen im Haitze
ein, wo er sich in kleinen Trupps umhertrieb. Von mir am 22. V.
geschossen.
85. Vanellus vanellus (L.) (Durchzugsvogel.)
Die ersten Kiebitze trafen am 12. März im Haitze ein,
zuerst einzeln, später in sehr grossen Flügen. Wie ich am
6. April nach Eiern suchen wollte, war kein Kiebitz mehr da,
auch habe ich später keinen mehr beobachtet. Er ist also wohl
reiner Durchzugsvogel, obgleich es an zusagenden Stellen für das
Brutgeschäft nicht fehlt.
86. Microsarcops cinereus (Blyth)? (Durchzugsvogel.)
Vögel von etwa Kiebitzgrösse, sand-grau-braun mit grossen,
weissen Spiegeln auf den Flügeln und Hautlappen vor dem Auge.
Ständer lang und (rot). In kleinen Trupps mit dem Kiebitz zu-
sammen im Frühjahr an und ab.
187. Charadrius dubius Scop. (Sommervogel.)
Überall auf den sandigen Rändern grösserer Flüsse.
— 88. Oharadrius dominicus fulvus Gm. (Sommervogel.)
Erschien im April im Haitze in kleineren und grösseren
Trupps.
Am 22. Mai hatten sich gegen 2—300 Pärchen auf ein aus-
getrocknetes aber noch feuchtes Sumpfgelände gezogen und
zeigten in ihrem ganzen Gebaren die Absicht, dort brüten zu
wollen, wie ich denn auch bei geschossenen Exemplaren sehr
stark entwickelte Eierstöcke und Hoden fand.
+89. Oygnus musicus Bcehst. (Durchzugsvogel ?)
Die ersten am 15. März beobachtet. (Sind nur Durchzugs-
vögel, soweit mir bekannt.) Auf den Markt kamen sehr viele
Singschwäne, zum Teil lebend. Fast alle Exemplare waren leicht
rostrot angeflogen an Kopf und Bauch.
Beobachtungen aus dem nordöstlichen China. 887
90. Oygnus sp. ?
Ein Zug von 4 Schwänen, schwarz mit hellen Hälsen, kleiner
wie Oygn. musicus, zog am 15.3. über den Kaiserpalast. (Die Höhe
und schlechte Beleuchtung hat mich möglicherweise getäuscht.)
791. Anser albifrons (Scop.)? (Durchzugsvogel ?)
Kam im März in grossen Scharen. Auf dem Markte traf
ich sie häufig.
92. Casarca casarca L.?
Sehr grosse Ente, fast einfarbig rostrot. Auf dem Markte.
-+93. Anas boschas L. (Sömmervogel).
Im März trafen grosse Schwärme von Enten aller Art ein.
Anfang Mai waren fast alle Arten weg bis auf die Stockente und
einige andere Arten. Die Stockente brütet auf den Lotosteichen
und den Lachen in der Ebene und im Gebirge. In der Färbung
ist sie der unsrigen gleich.
-94. Mergus albellus L.? (Sommervogel.)
Traf mit den Enten im März auf den Lotosteichen ein und
blieb in wenigen Paaren zum Brüten da. Ich habe leider kein
Exemplar geschossen. Er macht sich durch häufiges, helles
Locken bemerkbar und taucht sehr anhaltend.
795. Mergus serrator L.
Wurde im April von Ltn. von Stegmann geschossen. Der
Bauch ist weiss mit rostrotem Schimmer.
g und 2 auf dem Markt gesehen.
Malse:
Länge: 63 cm. Schnabel: 6,4 cm. (vorn und
Fl. Spnng.: 98 cm. unten schwarz, sonst rot).
Bug: 30 cm. Mittelzehe: 7 cm.
Schwanz: 9,8 cm. Nagel: 1,2 cm.
Ständer: 5,8 cm. Ruder: rot.
+96. Phalacrocorax carbo (L.?)
5 Kormorane trieben sich im Frühjahr längere Zeit auf
den Lotosteichen herum. Sie schienen mir einfarbig dunkel
gefärbt zu sein.
26*
388 Pogge:
--97. Hydrochelidon leucoptera (Schinz). (Sommervogel.)
Ende Mai erschienen auf den Lachen im Haitze 4 Arten
von Seeschwalben, unter ihnen auch diese schöne schwarz-
schnäblige Art.
-+98. Hydrochelidon hybrida (Pall.) (Sommervogel.)
Im Mai im Haitze.
99. Sierna sinensis Gm. (Sommervogel.)
Im Mai im Haitze.
+100. Sierna caspia Pall. (Sommervogel.)
Vereinzelt auf den Schlammbarren im Paiho im Oktober
beobachtet.
101. Colymbus nigricans poggei Rchw. (Sommervogel.)
Dieser kleine Steissfuss (Journ. Orn. 1902 S. 125) erschien
im April auf den Lotosteichen und den Lachen im Haitze
und belebte durch sein munteres Trillern das Wasser. Er ist
in einigen Paaren fast auf jeder Wasserfläche zu finden, wenn
die Ränder mit Rohr und Kraut bewachsen sind.
Beobachtungen über den Vogelzug.
Der Vogelzug tritt sowohl im Frühjahr wie im Herbst durch .
Massenanhäufung von Artgenossen in die Erscheinung, bei den
einzelnen Arten entweder beim Ab- oder beim Anzuge. Beim
Zuge in die Winterquartiere habe ich grosse, bisweilen ungeheure
Ansammlungen beobachtet bei den Schwalbenarten, die sich
Anfang Oktober in buntem Gewinmel gleich Mückenschwärmen
über den Sümpfen und Wasserlachen umhertrieben. Gegen Abend
sah ich sie in den Rohrplänen, auf Dächern und Stadtmauern
einfallen, um dort zu nächtigen. Plötzlich warensiealleverschwunden.
Ihr Eintreffen im Frühjahr fand einzeln oder in kleinen Flügeln
statt; jedes Paar schien sofort sein Brut- und Standquartier
für den Sommer aufzusuchen. Ähnlich verhielt sich der Zug
der Abendfalken, von denen ich am 6. Oktober, wie schon bei
diesem erwähnt, einen gewaltigen Flug über Jang-shun be-
obachtete.e Ende April bis Anfang Mai traf das Gros wieder
ein, hatte aber keine grosse Eile, das Brutgeschäft zu beginnen,
und trieb sich mehrere Wochen lang in kleineren Trupps auf
den Feldern umher. Bei der Wachtel habe ich den eigentlichen
| Beobachtungen aus dem nordöstlichen China. 339
|
Zug nur im Herbst beobachtet, wo sich grosse Flüge in sehr
lockerem Verbande im Flachlande der Küste nach Süden be-
wegten. Im Frühjahre waren sie plötzlich an den Brutplätzen,
wo einige ihrer Artgenossen den Winter überdauert hatten.
Der Zug der Waldschnepfe ist ebenfalls nur im Herbst aus-
giebig, bei welcher Gelegenheit sie viel geschossen und gefangen
wird und auf den Markt kommt.
Dem gegenüber tritt der Zug der Schwäne, Gänse und
Enten im Frühjahre mehr in die Erscheinung, allerdings haupt-
sächlich bei den Arten, die dann auf dem Durchzuge nach der
nordischen Heimat sind. Letztere hielten sich nach dem Auf-
tauen der Wasserflächen mehrere Wochen im April an zu-
sagenden Plätzen auf und verschwanden dann ebenso plötzlich,
wie sie gekommen waren, um wahrscheinlich mit noch mehreren
Stationen ihren Brutplätzen in den Tundren Sibiriens zu zu-
eilen. In ähnlicher Weise zog Kiebitz und Lappenkiebitz durch
die Provinz: im Herbst vereinzelt, im Frühjahre in gewaltigen
Schwärmen. Er hatte es eilig, blieb nur kurze Zeit und war
schon Anfang April verschwunden. Als Durchzugsvogel, der im
Frühjahr in geschlossenen Massen auftritt, ist weiter noch die
Bekassine zu nennen.
Das Eintreffen der kleineren Zugvögel geschieht still, ohne
grosse Gesellschaftlichkeit und plötzlich. Sumpfvögel, kleine
Sänger, Lerchen u. s. w., die im Winter ferne waren, trifft man
unvermutet eines Tages an allen zusagenden Stellen. Vorläufer
und vorzeitiges Eintreffen einzelner Individuen habe ich sehr
selten beobachte. Das ist auch erklärlich durch die Gleich-
mässigkeit des Klimas, in dem meteorologische Störungen des
Zuges wobl kaum eintreten. Der Wind ist stätig, die Witterung
trocken. Tage, an denen es, wie häufig im Frühjahre, stürmt,
werden zur Rast benutzt.
Zu den Zugvögeln gehören ferner noch die Wintergäste,
von denen es eine ganze Anzahl von Arten giebt, die z. T. in
grossen Schwärmen auftreten. Dazu gehört zunächst eine unserer
Ackerlerche sehr ähnliche Lerche, die im Winter die Steppe
südlich Peking belebt. Schon frühzeitig, Ende März, war sie
verschwunden. Zu den Wintergästen gehörte weiter der Würg-
falke und ein grosser Bussard (Archibuteo hemilasius),; wahr-
scheinlich auch eine Seidenschwanz-Art und der Bergfink, die
ich nur im Winter beobachtet habe.
390 Pogge: Beobachtungen aus dem nordöstlichen China.
Für Körnerfresser findet sich im Winter reichlich Nahrung
im Lande, da ein Schneefall nur sehr selten eintritt und so die
Rispen des Grases und der Same der Unkräuter leicht zu finden
sind, sodass selbst die zarte Wachtel sich nicht genötigt fühlt,
südlichere Striche aufzusuchen. Für Schwimm- und Sumpfvögel
wäre allerdings ein Winteraufenthalt in der Provinz verderblich,
da der sehr strenge Frost alle Seeen und Flüsse zeitweise er-
starren lässt.
Ornithologische Ergebnisse
der „I. Deutschen Südsee Expedition von Br. Mencke.“
Von Dr. ©. Heinroth, Berlin.
Im Juli 1900 verliess die Dampfyacht „Eberhard“ (die
frühere „Princess Alice“ des Fürsten von Monaco) den Hamburger
Hafen, um ihre Reise zur Erforschung der deutschen Südsee-
gebiete anzutreten. Herr Bruno Mencke hatte sie aus eigenen
Mitteln erworben, zu einem Expeditionsschiff umgewandelt und
keine Kosten gescheut, ihre wissenschaftliche Ausrüstung so voll-
ständig als möglich zu gestalten. Die Teilnehmer der Expedition
bestanden aus Herrn Mencke selbst, der namentlich ethnologische
Interessen verfolgte, Herrn Dr. G. Duncker, welcher die marine
Zoologie übernommen hatte, aber unmittelbar nach der Ankunft
in Herbertshöhe aus der Expedition ausschied, mir selbst als
Landzoologen und Arzt und unserem Präparator Herrn P. Kothe,
der in der Folge mir allein beigegeben war, aber leider im April
1901 wegen schweren Fiebers die Heimreise antreten musste.
Ihm verdanke ich manchen seltenen Vogel, und unsere gemein-
samen Interessen brachten es mit sich, dass wir fast stets zu-
sammen sammelten und beobachteten.
Am 13. VIII. 1900 verliessen wir Neapel, kamen am 19.
nach Port Said, am 29. nach Aden, am 9. IX. nach Colombo.
Von hier aus unternahm ich mit Herrn Mencke eine etwa 10
tägige Landtour bis Katale, d. h. bis in die Gegend der Nord-
Ostküste Ceylons. Hier wurde viel gesammelt und beobachtet,
und die schier ungeheuren Schwärme von Schlangenhalsvögeln,
die äusserst zahlreichen Raubvögel u. s. w. werden mir stets in
Erinnerung bleiben. Von Colombo gings am 23. IX. weiter nach
Singapore, wo wir vom 1.—28. X. verweilten, und ich mit Herrn
Kothe Sammel-Ausflüge in die Umgebung machte. Am 7. XI.
Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 391
landeten wir im Hafen von Batavia (Tandion-Priok), verliessen
diesen nach einem Besuch Buitenzorgs am 7. XL, verweilten vom
17.—18. XI. in Amboina und kamen am 1. XII. nach Friedrich-
Wilhelmshafen (Neu-Guinea). Am 5. XII. trafen wir in Herberts-
höhe ein, um nach einigen Tagen Matupi in der Blanche-Bucht als
unsern ständigen Liege-Hafen zu beziehen. Von hier aus wurde
Mitte Januar 1901 eine Stägige Tour, wobei am 11. I. Friedrich-
Wilhelmshafen ein zweites Mal angelaufen wurde, nach dem Huon-
Golf in Neu-Guinea (Herkules Fluss, Buibui Fluss, Simpang) unter-
nommen und auf der Rückfahrt am 22. I. die Mündung des Henry-
Reid Flusses (Neupommern) besucht.
Vom 9.—11. II. unternahmen wir einen Ausflug nach den
Credner Inseln, wo Herr Kothe und ich sich mit Malaria infi-
cierten, um dann eine grössere Expedition nach St. Matthias vor-
zubereiten. Wir fuhren zu diesem Zwecke über Mioko (21. Il),
Nuungan bei Kapoteron (23. II.) nach Nusa. Nusa ist eigentlich
eine kleine Insel an der Nordspitze von Neu-Mecklenburg, nach
ihr heisst jedoch das ganze Regierungsbezirk, der Sitz des
kaiserl. Stationschefs, bei dem ich mit meinem Präparator vom
2.—Ende März wohnte, ist Kaevieng auf Neu-Mecklenburg selbst.
Vorher wurden in der Gegend von Neu-Hannover noch Nackung
und eine dieser benachbarte Insel aufgesucht. An dieser Stelle
möchte ich dem kaiseri. Stationschef Herrn Boluminski und dessen
liebenswürdiger Gattin nochmals meinen aufrichtigen Dank für
ihre Liebe Gastfreundschaft und die Teilnahme und Pflege in
schwerer Fieberzeit aussprechen.
Am 29. III. bezog ich das bereits etwa 10 Tage bestehende
Lager auf St. Matthias, am 31. III. erfolgte der Überfall seitens
der Eingeborenen, der mit schwerer Verwundung und späterem Tode
von Herrn Mencke, dem Tode seines Privatbegleiters Herrn Caro
und einiger unserer schwarzen Soldaten, sowie mit der Ver-
wundung eines Leichtmatrosen und von mir endete. Die ‚Eberhard‘
holte die Reste der Expedition eine Woche später nach Matupi
ab. Von hier aus besuchte ich auf einer Anwerbetour des Schiffes
noch einmal die Westküste Neumecklenburgs (8. V. Kallil und
Bo, 10. V. Kadalek, Labur und Puligaramut, II. V. Kokola), kehrte
nach Matupi zurück und verliess den Bismarckarchipel am 7. VI.
1901. Auf der Rückfahrt liefen wir für einige Tage Makassar
(Celebes) an und trafen Ende Juni in Singapore ein. Ich unter-
nahm noch einen achttägigen Abstecher nach Sarawack (Borneo)
392 O0. Heinroth; 2
und fuhr mit einer grösseren Anzahl lebender Tiere am 21. VII.
mit dem Frachtdampfer „Acilia“, da die „Eberhard“ hierzu ganz
ungeeignet war, über Colombo, Port Said, Havre und Bremerhaven
nach Hause, wo ich am 6. X. 1901 eintraf.
Mein Aufenthalt in dem eigentlichen Forschungsgebiete, der
ursprünglich auf 2—3 Jahre berechnet war, dauerte demnach von
Anfang Dezember bis Anfang Juni, leider ist mir von den zuerst
gesammelten Objekten das über die Vögel geführte Buch auf
St. Matthias abhanden gekommen, so dass die genauen Gewichts-,
Mauser- u. s. w. Daten erst vom 25. I. 1901 an vorhanden sind.
Eine wirklich klare Übersicht über die Brut-, Zug-und Mauserver-
hältnisse der Vögel des Bismarck-Archipels wäre erst möglich,
wenn auch aus der zweiten Hälfte des Jahres genau untersuchtes
Material vorläge, wünschen wir, dass wir bald über solches ver-
fügen können!
Zum Schlusse dieses eigentlichen Reiseberichts danke ich
all’ den liebenswürdigen Landsleuten in der Südsee, welche
meinen Bestrebungen in so hilfreicher Weise entgegengekommen
sind, insbesondere dem damaligen Gouverneur, Herrn v. Bennigsen,
Herrn Kolbe und den Herren der Firma Hernsheim auf Matupi.
Ich teile im Folgenden meinen Bericht in zwei Teile. Der
erste enthält in der üblichen Weise eine Aufzählung der im
Bismarckarchipel von mir untersuchten und gesammelten Arten
mit einigen Angaben über ihre Lebensweise u. s. w. Ein kleiner
Anhang hierzu wird die in Neu-Guinea gesammelten Stücke be-
rücksichtigen, unter denen auch einiges Neue erwähnenswert ist.
Im zweiten Teil folgen dann die allgemeinen Resultate und Be-
trachtungen über Verbreitung, Einfluss des Klimas u. s. w. sowie
eine genauere Berücksichtigung der Art des Federwechsels
bei den einzelnen Vogelgruppen. Namentlich die Reihenfolge der
Mauser der Schwingen und Steuerfedern soll eingehend behandelt
werden. Schliesslich erübrigt noch eine Besprechung der unterwegs
auf der Reise gesammelten, untersuchten und beobachteten Vögel.
unannnnnnnnnnn
Zusammenstellung der vom 6. Dezember 1900 bis 6. Juni 1909 im
Bismarckarchipel untersuchten und gesammelten Vögel.
Die nachfolgende Aufzählung lehnt sich in ihrer Reihenfolge
und Nomenclatur an „Die Vögel der Bismarckinseln“ von
Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 393
Prof. Ant. Reichenow!) und „Das Leben der Vögel auf
den Bismarckinseln“ von Prof. Fr. Dahl!) an, ich habe
deshalb im Folgenden auf jede Wiedergabe der Synonyma
verzichtet. Auch habe ich hier alles weggelassen, was in ange-
sebener Arbeit erwähnt ist und mit meinen Beobachtungen sich
vollkommen deckt, höchstens besonders interessante Punkte habe
ich, um sie hervorzuheben, nochmals selbst angeführt. Ausser
bei einigen besonders seltenen Vögeln habe ich die Schnabel-,
Fuss- und Augenfarbe nur dann erwähnt, wenn meine Aufzeich-
nungen mit den Angaben Reichenows nicht übereinstimmten.
Einen neuen Faktor habe ich eingefügt, das sind die
Gewichtszahlen, wer auf diese etwas eingeübt ist, wird durch sie
eine viel klarere Vorstellung über die wahre Grösse und Stärke
des Vogels eriangen, als durch die Längenmasse, erstere geben die
Masse des Tieres ohne Rücksicht auf die Länge der Federn und
des Schnabels an, ausserdem aber zeigt sich, wie ich im Voraus
bemerken will, dass bei den verschiedensten Gattungen die
Weibchen durchaus nicht an Gewicht hinter den Männchen
zurückstehen, wie man dies gewöhnlich, oft verleitet durch etwas
geringere Masse der ersteren, annimmt, im Gegenteil!
Ich habe ferner die Mauserverhältnisse überall berücksichtigt
und nicht nur das, sondern auch aus dem Grade der Abnutzung
des Gefieders meine Schlüsse auf Brutperioden u. s. w. gegründet.
Jeder, der sich bei unsern europäischen Vögeln einmal in diesen
Gegenstand vertiefte, wird erstaunt sein, mit welcher Sicherheit
man namentlich bei ganz gewissen Vogelgruppen an dem Alter
der Federn die Jahreszeit, aus welcher das Tier stammt, erkennen
kann, d. h. also, wie sich aus dem Zustande des Gefieders die
Fortpflanzungszeiten ergeben. Für Tauben, Papageien u. s. w.
gelten allerdings andere Verhältnisse.
In meinen Notizen habe ich die Entwicklung der Keimdrüsen
der erlegten Vögel möglichst genau aufgezeichnet, eine kleine
Arbeit, die sehr lohnt, und die ich jedem Sammler empfehlen
möchte, nicht zu versäumen, auch findet man dabei, wie die
Befunde bei Centropus ateralbus und Astur dampieri beweisen,
bisweilen recht merkwürdige Thatsachen. Am einfachsten merkt
man sich die verschiedene Reife der Genitalien so an, dass man
1) S. „Mitteilungen aus der zoologischen Sammlung des Museums
für Naturkunde in Berlin“ 1. Bd. 3. Heft 1899.
394 O0. Heinroth:
durch Unterstreichen des Geschlechtswortes den Grad der Ent-
wicklung bezeichnet. „Mas‘‘ ohne Strich bedeutet: Hoden ganz
klein, einmal unterstrichen heisst: Hoden deutlich hervortretend,
zweimal unterstrichen: gut entwickelt und dreimal unterstrichen:
vollkommen reif. Die Sache ist sehr mühelos und sagt sehr viel,
allerdings soll man dabei nicht, wie vielfach üblich, die Geschlechtsbe-
stimmung womöglich dem eingeborenen Präparierjungen überlassen.
Auch auf grob anatomische Verhältnisse der Haut u. s. w.
bin ich im Folgenden etwas eingegangen, ich habe immer gefunden,
dass es sich recht lohnt, wenigstens einen Vogel jeder Gattung
einmal selbst abgezogen und geöffnet zu haben, es wird einem
dadurch manches in der Lebensweise des Tieres sofort klar, und
auch die Systematik kommt nicht zu kurz dabei.
An einzelnen Stellen habe ich allgemeinere Beobachtungen
eingeflochten, die man vielleicht an diesen Orten nicht gerade
suchen wird, da sie jedoch immer bei den Hauptvertretern der
betrefienden Gruppen angebracht sind, so glaube ich, werden sie
namentlich für den, welcher die Vögel des Bismarckarchipels kennt,
nicht zu übersehen sein.
Casuariidae.
Casuarius benetti ]J. Gd.
In Reichenow „Vög. d. Bismarckins.“, Salvadori Cat. Birds.
Brit. Mus. XXVII pg. 602 und W. Rothschild: Monograph of the
genus Casuarius (Trans. Zool. Soc. London XV, Part V. Dee.
1900 pg. 146) findet sich die Angabe, dass das Dunenjunge „rot-
braun mit schwarzen Längsbinden auf der Oberseite“ sei.
Ein von mir aufgezogener Vogel sowie ein ganz junges Stück in
der Berliner Sammlung verhalten sich ganz anders: sie sind rot-
braun mit 4 gelbweissen Längsstreifen über den Rücken und
je 2 über die Schenkel. Die Unterseite ist gelblichweiss. lm
grossen und ganzen ähneln sie also den jungen Emus (Dromaeus),
jedoch haben sie nicht die Kopf- und Halszeichnung dieser Vögel.
Diese „Frischlingszeichnung“ ähnelt der junger Wildschweine
auch insofern, als sie mit zunehmendem Wachstum des Trägers
allmählich immer undeutlicher und verschwommener wird, bis
die hellen Streifen nur noch unter gewisser Beleuchtung sichtbar
sind und endlich ganz verschwinden. Der junge Bennettskasuar trägt
dann das allen Kasuararten gemeinsame gelbbraune II. Jugendkleid,
welches allmählich in das schwarze Alterskleid vermausert wird.
Ornith ologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 395
Meine jungen Kasuare dieser Art waren sehr zahme Vögel,
welche viel Wasser verbrauchten und häufig den Versuch machten
in einem Eimer zu baden. Ich ernährte sie mit gekochtem Reis
und Schiffszwieback als Hauptfutter, Brot bildete die Zukost,
und Bananen und rohes Fleisch mit Knochen waren eine Leckerei
für sie. Ein Vogel von der Gösse der Tanysiptera nigriceps
wandert bei ihnen in einem unbewachten Augenblick sammt
Schnabel und Federn ohne Umstände durch den weiten Schlund
in den Magen. Entsprechend dem dichtbewachsenen Boden, auf
welchem die Kasuare leben, sind ihre Beine in ganz anderer
Weise ausgebildet als die der Strausse. Die Stärke der Kasuare
liegt im Springen und geschickten Vermeiden von Hindernissen
aller Art, sie führen Bewegungen aus, bei deren blossem Versuche
sich die Strausse die Läufe brechen würden. Bei ihren Kämpfen
und Kampfspielen springen sie nach vorn ausschlagend hoch an-
einander empor, an Bord des Schiffes freigelassen, eilen sie mit
erstaunlicher Geschicklichkeit über am Boden liegende Taue,
Kisten und Kohlenhaufen hinweg, sodass dem Beobachter, welchem
die Brüchigkeit der Lauf- und Unterschenkelknochen anderer
höchbeiniger Vögel nur zu gut bekannt ist, jedesmal ein geheimes
Grausen ankommt, wenn er die spielenden ‚‚Murups‘“ umhertollen
sieht. Ein etwa zu zwei Dritteln erwachsener Vogel sprang mir
ohne Anlauf aus einem 1,5 m. hohen Lattenverschlage. Die
Jungen piepen nach Art anderer Kasuare bis sie fast erwachsen
sind in oft wiederholter, lauter Weise, auch Nachts, sowie sie
Schritte hören oder irgendwie geweckt werden. Bei stärkerem
Seegang pflegte sich mein grösserer „Murup‘ ruhig in eine Ecke
seines Käfigs zu legen und verständigerweise keine fruchtlosen
Versuche” zum Stehen zu machen, war dabei aber völlig wohl
und munter. Schwächere Schiffsbewegungen, bei denen Pferde
beispielsweise sich bereits nicht mehr auf den Beinen halten
können, stören die Kasuare gar nicht.
Beim Kampfe sträuben die Kasuare hauptsächlich das Ge-
fieder der hinteren Körperhälfte, wenigstens fällt dies wegen der
srösseren Länge der Federn an diesem Körperteile besonders auf,
und der Vogel gewährt dann einen ganz veränderten Anblick.
Die Stimme der Kasuare ist ein in Buchstaben nicht wiederzu-
gebendes Dröhnen, das man mehr zu fühlen als zu hören glaubt,
weil die Tiefe der dabei hervorgebrachten Töne sich der unteren
Grenze der durch das Ohr wahrnehmbaren Schwingungszahl
396 O0. Heinroth:
nähert. Die Tiere blasen dabei den Hals, speziell die nackten,
lebhaft gefärbten Teile desselben so stark auf, dass diese in
gleiche Höhe mit der Befiederung zu stehen kommen. Bei den
Lappen-Kasuaren werden hierbei auch die Lappen in Mitleiden-
schaft gezogen und vergrössern sich sehr stark. Dem Beobachter
wird, zumal wenn er in Betracht zieht, dass dieses Getön von
fortpflanzungslustigen Tieren beiderlei Geschlechtes ausgestossen
wird, sofort klar, dass die nackten, namentlich im aufgeblasenen
Zustande prächtig gefärbten Hautstellen als Imponier- und Re-
sonanzorgane aufzufassen sind. Der Vogel braucht übrigens eine
Zeitlang, bis er seine Halshaut aufgepumpt hat, dann nimmt er
eine horizontale Körperhaltung an, neigt den Schnabel nach
unten und „dröhnt.“ Der Bennetts-Kasuar klappert während des
Lautgebens in recht charakteristischer Weise mit dem Schnabel.
Im Berliner Zoologischen Garten wurde die Beobachtung
gemacht, dass bei Bennetts- und anderen Kasuaren sich die
grössten und schönsten Stücke in der Folge stets als Weibchen
herausstellten.!) Es wäre interessant, zu konstatieren, in wieweit
sich dieser Umstand bei Durchsicht von mehr Material als regel-
mässig bestätigt.
Das Wachstum der Kasuare scheint nur sehr langsam vor
sich zu gehen: ganz schwarze, erwachsene Stücke dürften nach
meiner Ansicht wohl stets das dritte bis vierte Lebensjahr zu-
rückgelegt haben.
Procellariidae.
Puffinus sp.?
Am 27. Mai 1901 erhielt ich von einem Eingeborenen einen
Vogel, von welchem er angab, er habe ihn in der Blanche-Bucht
auf dem Wasser schwimmend gefunden und ins Kanoe genommen,
er sei sehr matt gewesen und habe sich ohne Fluchtversuche zu
machen greifen lassen.
Es stellte sich beim Abbalgen heraus, dass das Tier voll-
kommen abgekommen war, es fehlte jede Spur von Fett und die
Muskulatur war stark atrophisch. Schwingen und Schwanzfedern
wiesen noch Blutkiele auf, waren also noch nicht voll erwachsen,
die Sektion ergab leeren Verdauungstraktus und jugendliche Hoden.
1) Dieselbe Beobachtung wird auch in dem englischen Illustrations-
werke „Living Animals“ niedergelegt.
Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 897
Der Vogel ähnelt im allgemeinen dem P. ienwirostris (Tem.),
ist aber viel kleiner, namentlich der Schnabel ist auffallend dünn.
Wenn es sich hier auch um ein junges, verflogenes und verhungertes
Stück handelt, dessen Grossgefieder noch nicht seine definitive
Länge erreicht hat, so erscheint mir der Vogel doch wichtig
genug, um ihn näher zu beschreiben. Junge, eben flügge Puffinus
haben sonst fast die Grösse ihrer Erzeuger, namentlich sind
Schnabel und Füsse bereits recht früh erwachsen, und bei dem
vorliegenden Vogel dürften die Schwingen und der Schwanz nur
noch wenig sich verlängern, da das übrige Gefieder erwachsen
ist, und das Tier bereits fliegen kann. Wenn es auch durchaus
möglich ist, dass der Vogel einer bisher unbeschriebenen Art
angehört, so halte ich mich doch nicht für berechtigt, auf dies
eine unerwachsene Stück eine neue Spezies zu gründen.
Ganze Oberseite braunschwarz, Innenfahnen der Schwingen
heller. Kehle und Kinn grau, übrige Unterseite schwarzbraun,
etwas heller als die Oberseite. Unterflügeldeckfedern weisslich
mit schwarzgrauen Spitzen. Alle Federn des Kleingefieders sind
an der Wurzelhälfte hell- bis dunkelgrau gefärbt. Die Farbe
des Schnabels ist grauschwarz, das Auge blaugrau, die Füsse
sind fleischfarben, auf der Rück- und Aussenseite schwärzlich.
Lg. 292; Fl. 193; Schw. 84; Dist.--6; Breite 640; Schn. mit
Krümmung 33; L. 55 mm. Das Gewicht des abgemagerten Vogels
betrug 82 8.
Laridae.
+ sSterna anaestheta Scop.
Ein am 28. XII. bei der Vulkaninsel erlegtes Stück beginnt
zu mausern. Von 2 von Dahl Anfang März gesammelten Vögeln
steht eins in vollem Federwechsel, das andere trägt sein voll-
ständiges Gefieder.
Gegen das Ende des Mai hin erhielt ich eine lebende, unver-
letzte Seeschwalbe dieser Art und vermochte dieselbe am Leben zu
erhalten. Ihr vorgesetzte Fisch- und Fleischnahrung liess sie un-
beachtet, doch schnappte sie zur Abwehr häufig nach dem vor-
gehaltenen Finger. Ich liess sie also in der Folge statt in die
Finger in Fleischstückchen beissen, welche ich ihr mit der Pin-
zette gleich tiefer in den Rachen schob. Anfänglich wurden dieselben
entrüstet wieder ausgeworfen, aber nach 2—3 Tagen ruhig hinunter-
geschluckt. Nach achttägiger Gefangenschaft trippelte der zierliche
398 O0. Heinroth:
Vogel bereits unruhig am Gitter seines Käfigs auf und ab, wenn
er mich mit dem Zerkleinern des Futters beschäftigt sah und
frass gierig aus dem Futternapf. Leider wurde das Tierchen
Mitte Juli von einer Ninox odiosa, die sich mit ihm bis dahin
vorzüglich vertragen hatte, in Singapore während einer achttägigen
Abwesenheit meinerseits aufgezehrt.
Sterna Dergei Leht.
2 Stücke vom 21. XII. bei Matupi verhalten sich ganz ver-
schieden: das eine ist im frisch angelegten Prachtkleid mit neuen
Schwingen und schwarzer Kopfplatte, während das andere im
Schwingenwechsel begriffen ist, und das Kleingefieder aus neuen
Winterkleidsfedern besteht. Zieht man dabei in Betracht, dass
mausernde junge und alte Vögel ausserdem in den Monaten II,
_ UI, V und VII anzutreffen sind, so scheint es wohl, als wenn die
Tiere sich je nach ihrer eigentlichen Heimat, die sich ja über
die Gestade des indischen Ozeans, die Küsten Australiens, Chinas,
Japans und die polynesischen Inseln erstreckt, verschieden ver-
halten, sodass wir im Bismarckarchipel von Norden und Süden
zugewanderte Stücke antreffen werden. Möglich ist es auch, dass
sich die Brutzeit der ansässigen S%. bergei so auf das ganze Jahr
verteilt, dass auch Mauser und Winterkleid nicht an bestimmte
Jahreszeiten gebunden sind. Letzteres ist mir insofern unwahr-
scheinlich, als eigentliche Winterkleider bei Vögeln, welche den
Einflüssen von Jahreszeiten nicht ausgesetzt sind, wie dies bei
dem tropischen Inselklima der Fail ist, kaum vorkommen.
Sterna longipennis Nordm.
19 im XII. und I. erlegte Vögel stehen in voller Schwingen-
mauser, sowohl junge als ältere Tiere. Auch im II., III. und V.
hat Dahl Mauservögel gesammelt. Alle Stücke aus dem Bismarck-
archipel sind im Winterkleid, nach dem vorliegenden Material
sind diese Seeschwalben, deren Brutgebiet ins östliche Asien fällt,
vom XIl.—V. im papuanischen Gebiet anzutreffen, um dort die
Schwingenmauser zu erledigen.
tHydrochelidon leucoptera (Meisn. Schinz.)
Einen Vogel dieser Art fand ich am 1. I. unter einem
Schwarme von St. longipennis, er befindet sich im Jugendkleid
Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 399
und im ersten Drittel der Schwingenmauser. Für den Bismarck-
archipel ist diese Art, deren Brutgebiet das gemässigte Europa
und Asien umfasst, hiermit das erste Mal nachgewiesen, ihr Vor-
kommen daselbst während des nordischen Winters war, da sie
sogar bis Neu-Seeland vordringt, von vornherein zu erwarten.
Etwas unklar ist mir die Reihenfolge der verschiedenen, so ab-
stechend gefärbten Kleider dieser Seeschwalbe. Das vorliegende
Stück mausert am 1. I. aus einem abgenutzten braungrauen
Kleide in ein oben silbergraues, auch der Schwanz hat diese Farbe.
Ziehen wir die Lachmöve (Larus ridibundus L.) zum Vergleich
heran, so ist ihre Mauser folgende: Brutzeit April—Mai, Dunen-
kleid, I. Jugendkleid, I. Winterkleid durch Erneuerung des Körper-
kleingefieders, sodass die schwarze Schwanzbinde also während
des ersten Winters und des darauf folgenden Frühjahrs bestehen
bleibt, und darauf im Sommer vollkommener Wechsel aller Federn,
wodurch das II. Winterkleid angelegt wird. Im darauf folgenden
Frühling wird durch Mauser des Kleingefieders das Brutkleid
mit dunkelbraunem Kopf angelegt. Es findet also ein Wechsel
der Flügel- und Schwanzfedern nur beim Eintritt ins Winterkleid
im Sommer statt. Bei unserer Weissschwingen-Seeschwalbe treffen
wir nun auf eine Gesamtmauser im Dezember — Januar, wobei
die grauen Jugend-Steuerfedern in ebensolche eines neuen Kleides
vermausert werden, während nach Analogie der Lachmöve nach
den Schwanzfedern des Jugendkleides die für das nächstjährige
Brutkleid charakteristischen weissen nachwachsen müssten.
Sämtliche Seeschwalben erlegt man am einfachsten in der
Weise, dass man an den meist auf einer Boje, Reuse u. s. w.
ruhenden. Schwarm anfährt, schiesst und die Gefallenen nicht so-
gleich aufsammelt. Solange tote oder verwundete Vögel auf dem
Wasser treiben, werden sie von ihren Genossen eng umkreist,
und man kommt so noch wiederholt zu Schusse. Niemals habe
ich Seeschwalben sich aufs Wasser niederlassen sehen: sie ruhen
stets auf festem Boden und fischen fliegend.
-Anous leucocapillus J. Gd.
Das eine Stück meiner Sammlung schoss ich am 6. V. gegen
Abend von einer Raae unseres Schiffes herab, auf die es sich
niedergelassen hatte; es war in voller Mauser begriffen.
400 O0. Heinroth:
Anatidae.
Dendrocygna guttulata Wall.
Diese für den Bismarckarchipel neue Baumente, ein Weibchen,
ist von Herrn Gouverneur v. Bennigsen im November 1900 in
Gunantambu bei Herbertshöhe erlegt. Zwei Vögel dieser Art
hielten sich auf der sumpfigen mit Kokospalmen bestandenen
Wiese am Meeresstrande auf.
Charadriidae.
—-Charadrius fulvus Gm.
Drei Vögel vom XII. und Il. sind im Winterkleid und
mausern die Schwingen, ein Stück der Dahl’schen Sammlung vom
VIII. verhält sich ebenso. Auch die Februarvögel erhalten bei
ihrem Federwechsel noch keine schwarze Unterseite.
Bei unserem Goldregenpfeifer in Europa fällt die Schwingen-
mauser zugleich mit dem Übergang vom Sommer- ins Winterkleid
etwa in den August, bei dem nahe verwandten nordasiatischen
Oh. fulvus müsste es sich ähnlich verhalten, nichts destoweniger
fanden wir im Bismarckarchipel im Dezember und Februar Vögel
im Schwingenwechsel, eine mir völlig unerklärliche Thatsache.
Das Gewicht eines Weibchens betrug 125 g.
-+-Charadrius mongolus Pall.
Ein am 13. III. auf Nusa erlegter weiblicher Vogel dieser
Art wechselt sein Kleingefieder ins Prachtkleid, wie es für einen
Bewohner des Nordens von vornherein anzunehmen ist. Sein
Gewicht beträgt 70 g., im Magen fanden sich kleine Schnecken-
häuser.
+ Charadrius dubius Scop.
Ein Weibchen vom Dezember mausert die Schwanzfedern
und trägt im Übrigen das schon fast volle, schöne Sommerkleid,
ein anderes vom Februar zeigt dieselben Verhältnisse, das
Sommerkleid ist bereits vollständig (Gewicht 38 g.) Das sehr
frühe Anlegen des Prachtkleides ist hier recht auffallend.
Scolopacidae.
Numenius variegatus (Scop.)
Dieser Vogel kommt wider Erwarten nicht auf weichem
Meeresstrande vor, sondern bevorzugt steiniges Korallenufer, ein
Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition. 401
Männchen von Neu-Mecklenburg (Laur) zeigte am 8. V. stark
abgenutztes Gefieder, der Mageninhalt bestand aus kleinen Krabben.
Gewicht 305 8.
Die Stimme gleicht der von N. arguatus und ist vielleicht
etwas höher und schwächer.
Totanus brevipes MVieill.
Ein Januarvogel trägt ein abgenutztes Winterkleid, ein
junges Männchen vom 2. II. wechselt merkwürdigerweise im
vollen Winterkleide die Schwingen. Ein Weibchen vom 5. II.
mausert das Kleingefieder, aber ohne Sommerfarben zu bekommen
und zeigt tadellos neue Schwingen und Steuerfedern, ein zweites
vom 13. III. wechselt ebenfalls das Kleingefieder und steht am
Ende der Schwingenmauser. Zum Vergleich führe ich an, dass
ein von Finsch auf Neu-Pommern im X. gesammeltes mas. gerade
das Winterkleid anlegt und die Schwingen wechselt, während ein
fem. letzteres ohne Mauser trägt. A. B. Meyer brachte aus Celebes
zwei Märzvögel: der eine trägt das volle Sommer-, der andere
das Winterkleid. Auch hier also stimmt die Reihenfolge der
Kleider, welche doch bei einem Vogel, dessen Brutgebiet recht
einheitliche Verhältnisse in Betreff des Wechsels der Jahreszeiten
zeigt (Ostsibirien, Kamtschatka, Japan), sehr regelmässig verlaufen
müsste, durchaus nicht in der Weise, wie es gewöhnlich angenommen
wird.
Das Gewicht beträgt 102, 102, 107 g, als Mageninhalt wurden
kleine Muschel- und Schneckenschalen gefunden.
Tringoides hypoleucos (L.)
Von diesem häufigsten und verbreitetsten Strandvogel erlegt
man namentlich im Anfang viel mehr als man beabsichtigt; gar
häufig verkennt man ihn und zufolge seiner grossen Vertrautheit
muss er den Irrtum mit dem Leben bezahlen. Auf Steinen an
der Küste, wasserfreien Korallenblöcken, kleinen Landungsbrücken,
Bojen, festgemachten Leichtern u. s. w. sitzt er oft in grösserer
Anzahl.
Sämtliche Stücke, welche ich untersuchte, hatten nur sehr
schwach entwickelte Geschlechtsorgane. 15 Vögel vom Dezember,
Januar und Februar zeigen das Ende der Gesamtmauser, einige
Exemplare vom November aus Batavia und Amboina fangen das
Kleingefieder an zu wechseln, ein Vogel erneuert die Schwingen.
Journ, f, Orn. L. Jahrg. Oktober 1902. 27
402 Ö. Heinroth:
Alle tragen das wenig quergestreifte Wiuterkleid. Von zwei Juli-
Vögeln der Dahl’schen Sammlung weist der eine ein sehr ab-
genutztes Jugendkleid, der andere ein frisches Winterkleid auf.
Nach Naumanns Angaben treten die alten Flussuferläufer
Ende des Sommers vom Brut- ins Winterkleid, wobei auch die
Schwingen gewechselt werden, die jungen Vögel hingegen ziehen
noch im Jugendkleid fort, erlangen ihr Winterkleid in der Fremde
und legen dann nach ihrer Rückkunft ein unvollständiges Sommer-
kleid an. Es wäre also immerhin denkbar, dass die während unseres
Winters in den Tropen mausernden Vögel junge Tiere wären,
doch weiss ich nicht, ob bei diesen überhaupt im ersten Jahre
ein Schwingenwechsel stattfindet: bei der Gruppe der Laro-
Limicolae ist das sonst nicht die Regel.
Jedenfalls ist Zr. hypoleucos in allen Monaten im Bismarck-
archipel zu treffen, die Sommervögel könnten noch nicht brütende
Stücke im ersten Jahre sein. Ich bitte spätere Sammler, doch
ja recht genau auf die Entwickelung der Eierstöcke und Hoden
der erlegten Exemplare zu achten.
Als Mageninhalt fanden sich fast immer kleine Krabben:
auch bei uns weniger Wurm- als Insectenfresser, fängt er die
Crustaceen wie Käfer von den Korallenfelsen weg.
Das Gewicht liegt im allgemeinen zwischen 41 und 52 g,
Männchen und Weibchen zeigen keine Unterschiede Ein im
März auf Nusa erlegter weiblicher Vogel fiel mir schon beim
Aufnehmen vom Boden auf, er war eigentümlich weich und sehr
schwer. Er wog 88 g, also das Doppelte des Normalgewichtes
und war von fast unglaublicher Fettleibigkeit.
Tringa ruficollis Pall.
Bei einem Mai-Vogel ist das Kleingefieder der Oberseite
zum Teil in das neue Sommerkleid vermausert, die Schwingen
und deren Decken zeigen die normale Abnutzung vom vorange-
gangenen Jahre her. Die Hoden waren nur sehr schwach ent-
wickelt, es scheint also, dass auch diese Vögel erst am Ende
ihres zweiten Lebensjahres fortpflanzungsfähig werden. Gewicht 208.
Nach allen diesen Befunden an Strandläufern und Möven
scheint es, als wenn die noch nicht paarungsfähigen im ersten
Jahre sich nicht in derselben Weise an Jahreszeiten und Örtlich-
keiten binden wie alte Vögel, welche eben zum Zwecke des Brut-
Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 408
geschäfts pünktlich ihrer kälteren Heimat zuwandern. Die ge-
ringe Entwicklung der Geschlechtsorgane der im Bismarck-
archipel während unseres Frühjahres gesammelten Stücke lässt
darauf schliessen.
Rallidae.
Porphyrio smaragdinus Tem.
Ein Männchen vom 1. VI. zeigte stark entwickelte Hoden,
dürfte sich also in der Paarungszeit befunden haben. Gewicht
575 g. Der Vogel wurde in einer Bananenpflanzung auf einer
Staude erlegt, der stark muskulöse Magen enthielt Pflanzenreste,
Weder dieses noch ein anderes, von Herrn Wolf herstammendes
Stück aus dem März mausert.
Hypotaenidia philippensis (L.)
Den Vogel selbst habe ich nicht erhalten, dagegen zwei
Gelege von je 4 und 6 Eiern, letztere haben ein Gewicht von je
15 —16 8.
Ardeidae.
Nycticorax caledonicus (Gm.)
Ein von mir bei Matupi am 15. V. gesammeltes Weibchen
im Jugendkleide wog 620 g, der Magen enthielt Fische, dieser
und ein anderer junger Vogel vom Januar aus der Dahl’schen
Sammlung tragen ihr volles Gefieder. Im Februar erhielt ich
einen etwa halbwüchsigen Nestvogel, welchen ich eine Zeitlang
fütterte. Als er begann, zu Fuss allein umherzuschweifen, verschlang
er frisch_ausgekommene Hühner- und Entenküken und wurde,
da er in seinem Benehmen unseren Nachtreihern bis in alle
Einzelheiten glich, also nichts Besonderes an ihm zu beobachten
war, deshalb getötet. Er war immer scheu und zurückhaltend
namentlich gegen fremde Personen und wusste umherschleichende
Katzen durch sein gesträubtes Gefieder, den wütenden Gesichts-
ausdruck und das plötzliche Vorschnellen des aufgesperrten
Schnabels verbunden mit einem heiseren „Käck“ in respectvoller
Entfernung zu halten.
Ardetta nesophila (Sharpe).
Ich erhielt je ein Stück von der Blanche-Bucht, Mioko, St.
Matthias und Nakung bei Neu-Hanover. Von diesen enthielt
27*
404 OÖ. Heinroth:
ein Weibchen vom Februar im Körpergewicht von 303 g ein
fast legreifes Ei, ein stark entwickeltes Männchen aus demselben
Monat wog 270 g. Vom März stammt ein junges, eben flügges
Männchen, ein altes Männchen vom 1. V. mausert stark, Gewicht
275 g. Im Magen wurden bei einem Vogel ein Frosch, bei einem
andern zahlreiche Skinke (Lygosoma) gefunden. Bei fast allen
Stücken finden sich in den Schwingen einzelne abgenutzte Federn
zwischen den übrigen neueren, ohne dass dabei eine Mauser
erkennbar ist.
Demiegretta sacra (Gm.)
Von der von Dahl erwähnten Brutcolonie auf der kleinen
Crednerinsel konnte ich im Februar 1901 nichts mehr entdecken,
wahrscheinlich sind die früher dort ansässigen Vögel durch die
Verfolgung der Europäer vernichtet und verscheucht worden. Er
fand dort im August mit Jungen besetzte Horste.
Am 10. V. fand ich eine kleine Colonie auf einer kleinen,
hochbewachsenen Insel bei Kadalek (Neu-Mecklenburg) und erlangte
mehrere alte Stücke sowie die lebenden Insassen eines Horstes,
von denen das grössere die ersten Spuren grauer, der kleinere
die weissen Federn aufwies. Ich beschloss diese beiden Nestvögel
aufzuziehen und brachte sie lebend mit in den Berliner Zoologischen
Garten. Unter den an den Horsten ab- und zustreichenden
srauen Vögeln befanden sich auch hier eine Anzahl weisser, ein
erlegter der letzteren trug namentlich an den Schwingen und
deren Decken grauschwarze Spitzenflecke. Anfänglich glichen
sich die beiden dunigen Geschwister noch sehr, da eben nur erst
die äusseren Enden des grossen Gefieders der Oberseite sichtbar
und diese bei beiden Vögeln fast gleich grau waren. Je mehr
das Wachstum vorschritt, desto weisser wurde der kleinere, die
Federn wurden länger, und da nur die Spitze dunkel und der
übrige Teil weiss war, so verteilten sich die anfänglich dicht
stehenden dunklen Endflecke immer vereinzelter auf das leuchtende
Weiss. Da ich die Tiere selbst fütterte, lernten sie mich in
einigen Tagen kennen und begrüssten mich mit schwachem
Schnabelklappen und zartem „Wiwiwi.“ Namentlich der kleinere
weisse wurde sehr anhänglich. Gegen die Papuas, welche sie
besichtigen wollten, nahmen sie sofort die bekannte drohende
Reiherhaltung an und fuhren mit dem Schnabel nach ihnen, die
Vögel hatten eben bald erkannt, dass diese Leute sie niemals
Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 405
fütterten und sie höchstens neckten. Fleisch nahmen diese Reiher
fast lieber als Fische und konnten, wie alle Gattungsverwandten,
riesige Stücke verschlingen. Bald liefen sie auf Deck herum und
versuchten ihre Schwingen, und nun hiess es aufpassen, denn
auf dem Tische stehende Nestvögel von Nektarinien u. Ss. w.
schienen ihnen ein willkommener Bissen. Gegen grössere Tiere
bewiesen sie einen bemerkungswerten Mut und griffen alles aus
reinem Übermut und stets vereint an. Ausser dem rauhen
Krächzen anderer Reiherarten haben diese Vögel noch einen
andern recht auffallenden Stimmlaut, der namentlich Abends und
in mondhellen Nächten oft sehr anhaltend ausgestossen und
anscheinend als Lockton gebraucht wird. Das Wort „Mau,“
zugleich der Name des Reihers in der Blanchebucht, recht laut
und kurz ausgesprochen, giebt eine gute Vorstellung von der
Stimme unserer Vögel. Nachdem sie ein Jahr alt waren, begannen
sie zu mausern, wobei sich bei dem weissen Vogel die schwarzen
Federspitzen verloren und er also reinweiss wurde.
Dahl fand Eier dieses Vogels im Februar, ein Nestjunges
im August. Ein stark entwickeltes Weibchen beendete seinen
Schwingenwechsel im März, ein Männchen begann damit im Mai,
es scheint demnach, als wenn diese Vögel wenig an gewisse
Jahreszeiten gebunden sind. Ein weisses Männchen (Mai) wog
500 g, zwei graue je 565 und 575 g, ein graues Stück vom
Februar 550 g. In dem Magen fanden sich Krabben und Fische.
Die Krallen und der Schnabel sind wegen des Aufenthaltes
der Tiere auf dem rauhen, harten Korallenboden meist sehr
abgenutzt.
Megapodiidae.
Megapodius eremita Hartl.
Sämtliche alte Tiere, welche ich vom März — Juni erhielt,
waren Weibchen mit gut entwickeltem Eierstock, meist sogar
mit fast legreifen Fiern. Ein grosser Teil der Vögel mauserte,
doch scheint der Federwechsel im Gegensatz zu anderen Hühnern
sehr langsam vor sich zu gehen. Das Gewicht der erwachsenen
Stücke betrug 570 — 660 g, das einer Anzahl Eier ist wie folgt:
89; 90; 93; 95; 97; 100; 101; 107; 116 g. Trotz längerer
Aufbewahrung verschiedener Eier in der warmen Küche von etwa
30° R. und bei gewöhnlicher Temperatur 22 — 26° R., ist es
406 O0. Heinroth :
mir nicht gelungen, Junge zu erzielen. Frisch ausgeschlüpfte
Buschhühnchen wurden mir öfter gebracht, aber trotz aller Mühe
ist es mir nicht geglückt, sie länger als etwa 14 Tage am Leben
zu erhalten. Es sind reizende Vögelchen in ihrem schwarzbraunen,
wolligen Federkleid, den entwickelten Schwingen und den lang-
zehigen schlanken Füsschen. Da das F von den Papuas meist
wie P gesprochen wird, so machen sie aus dem „Fowl belong
bush“ einen „Paul,“ und so war denn „Paulchen“ der von selbst
gegebene Name. Ein Hühnchen benahm sich fast genau wie das
andere, von Anfang an waren sie vertraut und hatten fast nichts
von der fahrigen Scheuheit anderer verwaisten Hühner. Überall
versuchten sie zu scharren, noch viel mehr als andere Scharrvögel
dies zu thun pflegen. Fleischstückchen, Grünzeug, Spratt’s Küken-
futter trocken und gequellt, Semmel und getrocknete Ameisen-
puppen wurden vollkommen unberücksichtigt gelassen, ebenso
alle erreichbaren Körner als Hanf, Hirse, Glanz u. s. w., alles
Dinge die junge Phasianiden und Tetraoniden mehr oder weniger
gern zu nehmen pflegen. Von Insekten konnte ich ausser den
grösseren Formen, wie Heuschrecken und Käfer, die verschmäht
wurden, Kakerlaken (Phyllodromia) und Mehlwürmer in ganz
beschränkter Anzahl reichen. Diese Nahrung wurde angenommen,
aber nicht in der gierigen Weise unserer Hühnerküken. Die
Tierchen waren ausser Stande, eine Küchenschabe ganz herunter-
zuschlucken, ein Mehlwurm machte ihnen lange zu schaffen und
wurde schliesslich nur mit grosser Anstrengung hinuntergewürgt.
Die Mundspalte „Paulchens“ ist auffallend eng, selbst die schlank-
leibigen Männchen von Phyllodromia gehen nicht durch und
werden bei den Schluckversuchen meist sofort wieder mit den
Krallen des Fusses aus dem Schnabelwinkel heraus befördert.
Am besten ging es, wenn ich ihnen die Schabe so vorhielt, dass
sie den Hinterleib abpicken konnten, ausserdem hatten die Vögel
eine grosse Vorliebe für die Eiersäcke der Schaben. Da „Paulchen“
auch mit der Zeit an nichts anderes zu gewöhnen war, und ich
nicht Zeit hatte, ihn fortwährend selbst in dieser umständlichen
Weise zu versorgen, so gingen die Tierchen schliesslich ein. Ich
glaube mit Bestimmtheit annehmen zu dürfen, dass die jungen
Buschhühner im Freien von Termiten und ähnlichen kleinen
Insekten, die scharrend leicht und in beliebiger Anzahl erreicht
werden können, leben. Gegen Abend wurden meine Gefangenen
unruhig und zeigten allerdings eine fasanenähnliche Dummheit
Ornithologische Ergebnisse der ‚I. Deutschen Südsee Expedition.“ 407
und Ausdauer, indem sie fortwährend versuchten, durch das
Drahtgeflecht zu kommen. Ihr Flug war auffallend leicht und
geräuschlos. Das Gewicht der frisch in meinen Besitz gekommenen
Jungen betrug 37 — 40 g, bei ihrem Tode hatten sie noch um
etwas abgenommen.
Im Magen alter Tiere findet man harte Körner, sandigen
aus zermahlenen Pflanzenresten bestehenden Detritus, Raupen,
Käferlarven.
Die Schwingenmauser unerwachsener Buschhühner verläuft
in ganz ähnlicher Weise wie bei den andern Hühnern, doch besitzt
das neugeborene bereits 8 Erstlingsfedern in den Handschwingen,
und die Mauser des Armes setzt nicht bei der 3. sondern bei
der 2. Schwinge ein.
Megapodius eremita ist mit der Ablage seiner Eier durchaus
nicht an warmen, vulkanischen Boden gebunden: ich fand ein
Weibchen mit legreifem Ei auf Kadalek, einer kleinen Korallen-
insel mit dichtem Baumwuchs dicht an der Westküste von Neu-
Mecklenburg, wo sich auf hunderte von Kilometern keine Vulkane
befinden dürften.
Phasianidae.
Escalfactoria lepida Hartl.
Anfang Juni erhielt ich ein Gelege von 6 Eiern dieser
Zwergwachtel, Dahl erhielt Eier im December, Januar und Februar,
ein Männchen vom 19. III. hatte sehr entwickelte Hoden, man
sieht daraus, dass auch bier sich der Vogel wenig an die Jahres-
zeit bindet.
Diese Vögel sind an offeneren Stellen im hohen Grase
(Alang-Alang) eben nicht selten, aber sehr schwer zu erlangen.
Dicht vor dem Dabinschreitenden stehen sie erst auf, streichen viel-
leicht 30 m. über das mannshohe Gras und fallen wieder ein,
sodass man nur im glücklichsten Falle zu Schuss kommt. Aber
selbst dann findet man die getroffene Wachtel nur selten, weil
man zum Suchen keinerlei Anhaltspunkte in der gleichmässigen
Umgebung hat, und der überaus dichte, mannshohe Graswuchs
das Auffinden des Vogels meist unmöglich macht. Fast immer
trifft man die Tiere paarweise.
408 O0. Heinroth:
Columbidae.
Calvenas nicobarica (L.).
Meine beiden Exemplare stammen von der grossen Credner-
Insel (10. Il.), das eine ist ein Männchen von gegen 600 g Ge-
wicht und mausert, die Hoden sind sehr klein. Das zweite ist
ein Vogel im Jugendkleide mit dunklem Schwanz. Ich lasse die
Färbung der nackten Teile hier folgen, eingeklammert sind die
entsprechenden Farben des alten Tieres.
Schnabel: Basis schwarz, Spitze gelblich (hellgrau, Wachs-
haut dunkelrot-purpur).
Auge: trüb-weiss (dunkelrotbraun, Lidrand purpur).
Füsse: hornschwärzlich, Sohlen gelblich, Nägel graugelb
mit schwarz. (Karmin-zinnoberot) Gewicht 445 g.
In dem enorm entwickelten Muskelmagen des alten Stückes
fand ich rote Früchte mit schwarzen, glatten, grossen Kernen,
in der Speiseröhre des jungen einen harten, kirschkernähnlichen,
aber hohlen Kern.
Auch ich kann es nicht unterlassen, auf die durch die ver-
schiedene Ernährung bedingte Differenz in den Magen-Darmver-
hältuissen zwischen Ogloenas und den Carpophaga-Arten hinzu-
weisen, die bei der Eröffnung der Leibeshöhle beider Formen
dem Sammler immer wieder drastisch vor Augen geführt wird.
Die Nikobartaube frisst die Früchte der, wenn auch noch so
hartschaligen Kerne wegen, ist also ein Nussfresser und zersprengt
die Schalen mit den harten Reibeplatten ihres mächtigen Muskel-
magens, Darm und After sind verhältnismässig eng. In der Ge-
fangenschaft frisst sie gern harten Mais und Stücke von zer-
schlagenem Schiffszwieback. Die Fruchttaube (Carpophaga) nimmt
dieselben Früchte des Fruchtfleisches wegen zu sich, muss deshalb
eine riesige Anzahl derselben fressen, da die wasserhaltige, eiweiss-
arme Hülle dieser Nüsse nur sehr wenig Nährwert hat. Der
Kern passiert nun unverletzt den dünnwandigen Magen, geht in
den sehr weiten Darm und verlässt diesen durch den sehr dehn-
bahren After. Diese von den Tauben ausgeschiedenen, sehr
sauberen Kerne, bezüglich Nüsse werden von den Eingeborenen
oder Europäern gern gegessen. Die Carpophaga ist wie alle eigent-
lichen Fruchtfresser ein Freund ihres nahrungsspendenden Baumes,
indem sie zur Verschleppung seines Samens und dadurch zur Neu-
anpflanzung beiträgt, die Caloenas ein Schädling ihres Ernährers,
Ornithologische Ergebnisse der ‚I. Deutschen Südsee Expedition.“ 409
Die COaloenas hat ihre systematische Stellung unter den
Erdtauben mit Recht, gewöhnlich steht sie vor dem Jäger vom
Boden auf, um auf einem dicken Ast aufzubaumen, hier pflegt
sie auch der Ruhe. Auf kurze Entfernungen im Walde hat ihr
Flug etwas Ungeschicktes und geht des kurzen Schwanzes wegen
fast geradeaus, auch ist er recht geräuchvoll. Da die Nikobar-
taube ein typischer Vogel für kleine Inseln ist und eine weite
Verbreitung hat (von den Nikobaren bis zu den Salomoninseln),
und sie sehr starke, grosse und hartfederige Flügel mit gut ent-
wickelter Muskulatur sowie einen hohen Brustbeinkamm besitzt,
so muss man annehmen, dass ihre Stärke in dem Durchmessen
grosser Entfernungen von Insel zu Insel beruht.
Die Stimme ist ein kurzes, tiefes aber leises Rucksen.
Ein Paar dieser Vögel, das ich in Celebes erwarb, hielt
sich nicht nur ausgezeichnet, sondern begattete sich fortwährend
im Transportkäfig, baute, legte und brütete! Leider ohne Erfolg,
da die Eier durch das Verstellen des Käfigs und Reinigen des-
selben zerbrachen. Eigentlich zärtlich war das Paar durchaus
nicht, wie die meisten Tauben ja auch. Beim Futter zänkisch,
hackte das Männchen auch sonst oft nach dem Weibchen. Die
Zärtlichkeitsäusserungen der Tauben, welche sie sich durch
Füttern (Schnäbeln) und gegenseitiges Krabbeln mit dem Schnabel
in der Halshaut erweisen, sind lediglich ein Vorspiel zum Paarungs-
acte, was ja doch bei vielen Hühnern, Enten, Singvögeln, den
Papageien u. s. w. durchaus nicht der Fall ist.
Chalcophaps stephani (Puch. Jacqu.)
Diese, der gewöhnlichen indischen so nahe stehende Glanz-
taube ist ein recht häufiger Besucher des Waldbodens, sie wird
häufig erlest und gern gegessen. Dass sie, nach Finsch’s Ar-
gabe, sich gern in den Mangroven aufhält, kann ich nicht ohne
weiteres bestätigen, vielmehr findet man sie viel sicherer etwas
entfernt von der Meeresküste. Da sie ihre in Körnern, Frucht-
kernen u. s. w. bestehende Nahrung auf dem Boden sucht, so
ist für diesen Zweck der oft überschwemmte sumpfige Mangrove-
wald wenig geeignet. Ihr Muskelmagen ist ziemlich stark, harte
Körner findet man daher am häufigsten in ihm.
Mausernde Stücke erhielt ich vom Januar bis Juni, sowohl
alte als im Jugendkleid befindliche Vögel; wie es sich in den
übrigen Monaten verhält, weiss ich nicht anzugeben. Dahl er-
410 O0. Heinroth:
wähnt, dass er im VII. und VIII. die Genitalien nicht stark ent-
wickelt gefunden habe und giebt die Brutzeit auf November bis
März an. Ich fand im Mai noch ein Weibchen mit sehr ent-
wickelten Eiern, im Februar ein Stück mit fast beendeter Mauser
und Ende Mai solche, welche den Federwechsel erst begannen,
es scheint mir also, dass zum mindesten Abweichungen von der
angegebenen Brutzeit nicht selten sind.
Das Gewicht erwachsener Tiere ist 101—115 g (mas 101 g,
110 g, fem 115 g) ein junges Männchen im Übergangskleid
wog 83 8.
Phlogoenas margarithae (d’Alb. Salvad.)
17 untersuchte Stücke vom Mai und Anfang Juni mausern,
sowohl ausgefärbte als im Jugendkleid befindliche Vögel, 4 da-
gegen nicht. Ein Weibchen mit abgenutztem Gefieder vom
Februar hatte gut entwickelte Eierstöcke, ein Männchen aus der
Dahlschen Sammlung vom December steht am Ende der Mauser,
es scheint danach also auch, dass bei dieser Taube zu den verschie-
densten Jahreszeiten mausernde und brütende Stücke vorkommen.
Das Gewicht eines jüngeren Männchen betrug 114 g, das
alter Weibchen 155, 155, 128, 135 g, zwei unausgefärbte jüngere
Tiere wogen zusammen 223 g.
Die meisten Gretchen-Tauben sind sehr fett, ihr Fleisch ist
sehr weich. Der Kropf und recht muskulöse Magen dieser Erd-
taube enthielt Körner und Kerne, einmal solche von schwarzer
Farbe und von der Grösse wie Schrotnummer 10, dann in
mehreren Fällen rote Beerenkerne.
Beinwardtoenas dbrowni (Sel.)
Ein auf Neumecklenburg gesammeltes Stück befindet sich
am 2. III. mitten im Federwechsel, es wiegt 270 g. Ein Weibchen
vom 30. V. hat einen nur sehr kleinen Eierstock und befindet
sich im ersten Drittel des Schwingenwechsels, das Gewicht be-
trägt 260g, der muskulöse Magen enthält Kerne. Da ein von
Dahl im Januar gesammeltes Stück ebenfalls mausert, so dürfte
diese Taube wie ihre Verwandten einen sehr protrahirten Ver-
lauf des Federwechsels haben und wenig an bestimmte Jahres-
abschnitte damit gebunden sein.
Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 411
Macropygia car:ieretria Bp.
Ich beobachtete diese Art häufig in einem Buschwald bei
Kaevieng (Nusa). Die Tauben leben auf halbhohen Bäumen und
waren im März anscheinend mit der Fortpflanzung beschäftigt.
Die Männchen jagen und schlagen sich nach echter Taubensitte,
im allgemeinen ähnein sie im Benehmen den Turturarten.
Sämtliche Exemplare, die ich erhielt, mauserten stark, sowohl
junge, welche das Alterskleid anlegten, als auch alte Stücke. Ein
von Dahl gesammeltes fem. vom August mausert ebenfalls,
während 2 Vögel vom Juli das volle Gefieder besitzen. Ein
ausgefärbtes Männchen (mausernd) wiegt 119 g, ein fem. 135 g,
ein ferneres Stück 135 g, ein junges Männchen im Übergangs-
kleid ebensoviel und ein Vogel im Jahreskleid 112 g. In dem
muskulösen Magen findet man Kerne.
Macropygia nigrirostris Salvad.
In der Umgegend der Blanchebucht ist diese Taube im
niedrigen Walde und an dem Gebüsch des Waldrandes nicht
selten, wo sie sich meist niedrig über dem Boden aufhält. In
ihrem muskulösen Magen finden sich verschiedene Kerne oft nur
von Mohnkorngrösse.
Mausernde Stücke erhielt ich im Februar, Mai und Juni,
in letzterem Monat ausserdem ein Gelege von 2 Eiern, ein
Weibchen vom II. von 90 g Gewicht im Federwechsel hatte stark
entwickelten Eierstock, auch diese Tauben werden also durch
die Mauser wenig in ihrer Fortpflanzung gestört. Zwei gut ent-
wickelte Männchen wiegen 82 und 105 g.
Carpophaga vanwycki Cass.
Auf kleinen Inseln, welche von Europäern noch wenig be-
sucht werden, ist diese Taube bisweilen in grossen Flügen anzu-
treffen und wenig scheu. Auf den Crednerinseln, wo sie nach
Finsch zu Hunderten brüten soll, ist sie recht selten geworden,
dagegen traf ich sie in Mengen auf einer kleinen Insel bei Kung
(Neu-Hannover) und auf Kadalek an der Westküste von Neu-
Mecklenburg. Auf ersterer Insel scheint sie im wesentlichen nur
Nachtruhe zu halten, denn dieselbe ist eigentlich nur mit Ka-
suarinen bestanden und bietet den Hunderten dieser grossen Vögel
keine Nahrung. An der Küste Neu-Mecklenburgs sieht man
diese Tauben namentlich in den Morgenstunden einzeln oder in
412 O. Heinroth:
kleinen Trupps nach See zu fliegen, wahrscheinlich besuchen sie
dann kleine Inseln und Küstenstriche. Im Magen fand ich Ficus-
Früchte, Galleps und grosse rote Früchte, deren schwarze Kerne
ebenfalls unverdaut ausgeschieden werden.
Ein Nestjunges erhielt ich auf Kadalek im Mai, die Mauser
scheint sehr allmählich vor sich zu gehen, sehr häufig findet man
Stücke, in deren Schwingen und Schwanz sich alte abgenutzte
und neue Federn zugleich finden, ohne dass Jungfedern vorhanden
sind. Unter 41 im Februar und Mai erlegten Stücken befinden
sich Vögel im vollem Federwechsel, solche mit geringen Spuren
desselben und nicht mausernde Exemplare, auch die Reife der
Geschlechtsorgane zeigt die verschiedensten Abstufungen.
Im Flugbild und im Sitzen ähneln die Carpophaga-Arten unserer
Ringeltaube (©. palumbus) am meisten, nur habe ich den dieser
eigentümlichen Balzflug nie bei den Fruchttauben beobachtet.
Man kann sie schweigsame Vögel nennen, sie heulen nicht so
andauernd wie andere Tauben, und ihre Stimme ist nicht so
langgezogen. Ein hoher Baum mit reifen Früchten versammelt
oft eine stattliche Anzahl, gewöhnlich sind diese Nahrungsspender
zu Gruppen unter andern Bäumen verteilt, und hier gewahrt
man die Tauben am leichtesten durch das fortgesetzte Wechseln
ihres Standortes. Unverträglich wie alle Verwandten, duldet es
keine, dass eine fremde ihr zu nahe kommt, und so nimmt das
Geflatter kein Ende.
Das Gewicht der C. vanwycki schwankt zwischen 440 und
562 g, man kann 500 g etwa als Mittel angeben.
Auf Kadalek kam am 10. V. eine dieser Tauben lebend in
meine Hände, ich konnte äusserlich keine Schussverletzung fest-
stellen und gewahrte später nur, dass der eine Fuss etwas gelähmt
war. Ich versuchte sie zur Futterannahme zu bewegen, steckte sie in
einen halbdunkeln Raum und liess sie völlig ungestört: alles
vergeblich. Schliesslich stopfte ich sie mit Bananenstücken und
Reis, was namentlich mit letzterem seine Schwierigkeiten hatte,
denn das Tier widersetzte sich lebhaft gegen das Öffnen des
Schnabels. War ihr das Futter jedoch etwa bis in die Schnabel-
mitte gesteckt, so schluckte sie gierig. Nach etwa 14 Tagen
hatte sie wohl begriffen, was die mit ihr täglich vorgenommene
Prozedur bedeuten sollte, aber nun zeigte es sich, dass die Frucht-
tauben alle Nahrung pflücken wollen. Setzte ich sie wie immer
neben mich auf die Stuhllehne und hielt ihr etwas vor, so fasste
Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 418
sie von der Seite her mein letztes Fingerglied und versuchte es
abzubrechen, nie aber das dargereichte Stück Banane. Die Er-
weiterungsfähigkeit des Schlundes ist bei diesen Fütterungen so
recht ersichtlich, eine halbe Banane wirdohne Umständeverschluckt,
namentlich die Unterkieferäste treten dabei wie bei fressenden
Schlangen auseinander. Auch die Zweckmässigkeit des Fussbaues
der Baumtauben lässt sich an gefangenen Stücken recht gut be-
obachten, die sitzende Carpophaga klammert sich mit ihren derben,
mit einer sehr ausgesprochenen Sohle und sehr spitzen Nägeln
versehenen Füssen klettenartig fest an, und es gehört eine grosse
Überwindung dazu, das Tier auf der Hand herumzutragen, einige
Schrammen setzt es dabei stets, und was die Taube einmal in
den Zehen hat, lässt sie so leicht nicht los.
Da meine Gefangene das Futteraufnehmen aus einem Gefässe
nicht lernen wollte, und ich weder Lust noch Zeit hatte, sie an-
dauernd zu stopfen, so tötete ich sie nach einem resultatlosen
Hungerversuch: sie hatte auch der Hunger nicht erfinderisch
gemacht. Bei ihrem Tode am 6. VI. war sie von 500 g Normal-
gewicht auf 277g zurückgegangen.
Carpophaga rubricera Bp.
Diese prächtige Taube mit dem hellkirschroten Schnabel-
höcker zieht zusammenhängendere Landmassen den kleinen Inseln
vor und ist an der Blanche-Bucht soweit nicht der Europäer oder
dessen Schiessjunge allzusehr unter ihrem Bestande aufgeräumt
haben, auf den Gallepbäumen noch zahlreich vertreten. Über ihr
Wesen, Flug u. s. w. gilt das von ©, vanwycki Gesagte, auch die
Mauser- und Fortpflanzungszeit scheint ebenso wie bei dieser,
d. h. also sehr unbestimmt zu sein, der grösste Teil der im
Januar, Februar, Mai und Juni erlegten und untersuchten 30 Stück
mausert. Im Februar fand ich ein fem. mit stark entwickeltem Eier-
stock, im Mai ein gut entwickeltes mas. Das Gewicht stellt sich be-
deutend höher als bei der vorigen Art: 550— 755g. ErstereZahl fand
ich nur bei einem Stück, alle übrigen wogen über 610 g, ein
Viertel über 700 g.
Wundervoll macht sich der rote Höcker an der Wurzel des
Oberschnabels am frischen Vogel, er gleicht wie bei Piilopus
insolitus täuschend einer Beere, nur ist er bei der Carpophaga
weich und trocknet daher am Balg ein, bei Ptilopus dagegen hart
und durch eine Auftreibung des Knochens verursacht. Beim Öffnen
414 OÖ. Heinroth:
des Magens findet man bei beiden Arten sehr häufig Früchte von
derselben Farbe und Grösse, und mir hat sich sofort der Gedanke
aufgedrängt: die Vögel tragen ihre Lieblingsnahrung als decoratives
Moment auf der Nase. So komisch die Sache zunächst klingt,
ich glaube, dass diese Auffassung des Schnabelhöckers doch be-
rücksichtigt zu werden verdient. Wenn wir überhaupt annehmen,
das bei den Gesichtstieren (viele Sauropsiden, Schmetterlinge u.
s. w.) Schmuckfarben und -Formen vorhanden sind, um die Auf-
merksamkeit, Zuneigung u. s. w. anderen Individuen derselben
Art zu erregen, So liegt es doch sicherlich nahe, dass bei einer
Fruchttaube, die ja bei dem geringen Nährwert ihres Futters
ungeheuere Mengen von Früchten verzehren muss, also entsetzlich
„Vverfressen“ ist, der Anblick ihrer Lieblingsnahrung stets eine
angenehme Vorstellung erweckt, viel mehr als das bei anderen
Tieren, welche sich öfter im Zustande wirklicher Sättigung be-
finden, der Fall ist. So ein Pärchen rubricera oder Pt. insolitus
ist sich also wirklich gegenseitig „zum Anbeissen“ oder nach
ihren Gebräuchen „zum Abpflücken.“ Noch eine andere Erklärung
liegt nahe: die Jungen, welche ja bei den Tauben in der Weise
aus dem Kropfe der Eltern gefüttert werden, dass sie ihren Schnabel
tief in die Mundspalte ihrer Erzeuger stecken, werden durch die
fingierte rote Beere auf ihre künftige Nahrung aufmerksam ge-
macht, und, indem sie nach dem Verlassen des Nestes gewohn-
heitsmässig nach wirklichen roten Früchten picken, lernen sie rasch
ihre Nahrung kennen und selbstständig fressen. Doch bei all’
diesen Deductionen kann man ja immer mit Recht einwenden:
es geht auch ohne dies, siehe die andern Carpophaga- und
Ptilopusarten!
Das Fleisch der Carpophaga ist vorzüglich, bei uns fand
die Brustmuskulatur, als Beafsteak a la tartare zubereitet, stets
ungeteilten Beifall. Fast alle Exemplare sind sehr fett, und die
Zubereitung der Bälge ist daher etwas zeitraubend. Die Farbe
der Füsse, welche allgemein als „rot“ bezeichnet wird, möchte
ich besser durch „graublaurot“ oder Weinhefefarbig wiedergeben.
Lausfliegen bemerkte ich öfters an frischgeschossenen Stücken.
Ptilopus insolitus Schl.
Elf im März in Nord-Neumecklenburg Erlegte mausern
sämtlich, von zwölf Mai-Vögeln von der Blanche-Bucht thun dies
neun. Ein mauserndes fem. mit legreifem Ei stammt vom Februar,
Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 415
ein anderes brütendes und vier zum Teil im Federwechsel stehende
stark entwickelte Männchen stammen aus dem Mai, Dahl erhielt
Eier im Januar und zwei Vögel mit reifen Geschlechtsorganen
im Juli: auch diese Taube bindet sich also anscheinend wenig
in ihren Lebensgewohnheiten an die Jahreszeit. Als Mageninhalt
fand ich fast immer rote, dem Schnabelhöcker entsprechende
Früchte (S. Carpophaga rubricera). Auch diese Taube ist meist
sehr fett und das Gefieder sitzt sehr lose in der Haut. Als Farbe
der Füsse habe ich stets „dunkelblaurot‘“ notiert. Das Gewicht
stellt sich auf 107—151 g, meist 120—130 g. Auf mittelhohen
Bäumen im Walde treibt dieser anscheinend wenig bewegungs-
freudige Vogel sein Wesen. Von den Piilopus-Arten wird man
wenig gewahr, ihre Stimme, ein eigentümliches, wiederholtes
Pfeifen verrät den Sitzplatz der Taube, meist bemerkt man dann
mehrere zusammen, welche indess wenig regsam sind. Sehr feines
Schrot und ein schwacher Schuss genügen, um den dünnhäutigen
Vogel rasch zu töten, man bekommt eigentlich nie leichtverletzte
Tiere in seine Gewalt, die zu Boden gefallenen sterben meist sofort.
Ptilopus superbus (Tem.)
Alle Stücke, welche ich vom Februar bis Juni erhielt, waren
im Federwechsel begriffen, ein Weibchen mit legreifem Ei fand
sick im Mai, doch hatten auch zahlreiche Individuen aus dem-
selben Monat nur wenig entwickelte Keimdrüsen. Das Gewicht
von 3 Weibchen ist je 100, 114, 117 g, ein jüngeres Männchen
im Übergangskleide wiegt 103 g, ein altes 133 g. Im Magen
befanden sich vorwiegend blaue Beeren. An Zarthäutigkeit und
im Lockersitzen der Federn übertrifft diese Taube die vorige
Art noch bedeutend.
Vielleicht ist hier der Ort, um über die Thatsache, dass
so verschiedene Vögel des Bismarckarchipels ein dichtes Gefieder
mit dem Umstand verbinden, dass die Federn so leicht ausgehen,
einige Betrachtungen anzustellen. Vorwiegend sind es Tauben,
darunter namentlich die Gattungen Macropygia, Chalcophaps,
Phlogoenas und Pilopus, dann aber sämtliche Stachelbürzel
(Campephagidae), von denen die täglich zu erbeutende Lalage
karu (Less.) und der häufige Graucalus sclateri [Finsch] Salvad.
am meisten auffallen, ausserdem Cacomantis und Lamprococeyx
unter den Kukuken, dann Caprimulgus und in letzter Linie
Macroptery& mystacea (Less.), welche hier in Betracht kommen.
416 OÖ. Heinroth:
Da die erwähnte Eigentümlichkeit diesen Vogelgruppen allgemein
zukommt, sich also nicht nur auf die im Bismarckarchipel lebenden
Arten beschränkt, so kann man wohl von vornherein sagen, dass
Klima, Boden u. s. w. hier nicht zur Erzeugung dieses Umstandes
seführt haben.
Bei den Tauben nimmt man gewöhnlich an, dass das
leichte Ausfallen des Gefieders eine Art Schutzvorrichtung dieser
Vögel sei, d. h. es ist für den sie ergreifenden Räuber unmöglich,
die Taube festzuhalten, wenn er nicht sofort ordentlich zugriff.
Gerade die besonders stark entwickelten Federn des Unterrückens
und Bürzels gehen am leichtesten aus, und sie können auch den
von oben kommenden Tatzenschlag oder den Griff des stossenden
Raubvogels abwenden. Mir scheint es ausserdem, als wenn die
Federn besonders lose sitzen, wenn sich der Vogel ängstigt: bei
Kämpfen untereinander fallen durchaus nicht mehr Federn, als
dies bei anderen Vögeln der Fall ist.
Vielleicht gilt für die Campephagiden Ähnliches, hier ist die
eigentümliche Ausbildung des Bürzelgefieders noch besonders
auffallend, dessen einzelne Feder ja im unteren Teil hartkielig,
im oberen aber weich ist, sodass es bei der Berührung von
hinten her einen stacheligen Eindruck macht. Übrigens zeigen
hierin viele Tauben ein recht ähnliches Verhalten. Die Kukuke
und Caprimulgus sind sehr dünnhäutige Vögel, wie jeder, der
Bälge aus diesen Gruppen anfertigt, zu seinem Leidwesen erfährt,
und aus diesem Umstande ergiebt sich das Lockersitzen der Federn
von selbst. Macropteryc ähnelt den Nachtschwalben in jeder
Weise fast mehr als den Seglern, die Dünnheit der Haut und
das duffe, lose Gefieder sprechen in erster Linie dafür.
Man könnte nun ja die Theorie von dem dichten, losen
Gefieder der Tauben als Schutzmittel auch auf die Stachelbürzel
anwenden, und das ist wohl auch das einfachste. Andererseits
sieht man aber nicht recht ein, warum gerade diese Vögel diesen
Schutz erwarben, sie sind durchaus nicht wehrloser oder unge-
schickter als ihre näheren Verwandten. Man könnte von Lalage und
Graucalus sclateri sagen, dass sie durch ihren weithin sichtbaren
Aufenthalt auf exponierten Zweigspitzen besonders gefährdet seien,
die gegenteilige Behauptung, dass sie gerade durch diese freie
Umschau gesichert werden, ist aber ebenso berechtigt. Etwas
dünnhäutig sind die Campephagiden auch, aber dazu steht ihr
leichter Federausfall in keinem Verhältnis: ein leichtes Aufschlagen
Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 417
auf einen Ast beim Herabstürzen des Vogels beraubt diesen sofort
einiger Kleinfedern. Etwas Anderes bleibt dabei auch unklar.
Graucalus und Lalage haben namentlich auf dem Rücken ein so
dichtes Gefieder, wie wir das sonst etwa bei Schneehühnern zu
finden gewohnt sind, und dabei sitzen gerade sie an den aller-
heissesten, exponiertesten Punkten. ‚Ja, das dichte Federkleid
der Oberseite schützt gegen die Insolation,‘ höre ich da einwenden.
So, und Halcyon, Merops und andere, welche dieselben Aufenthalts-
orte mit Lalage teilen, bekommen trotz knapper Befiederung
auch keinen Sonnenstich. Auf dem Waldesgrunde, wo Chalco-
phaps ihr Wesen treibt, herrscht Tag und Nacht eine gleich-
mässige, feuchte Hitze und dauernder Schatten, die Taube würde
auch in leichterem Kleide nicht frieren.
Ein weiterer Gesichtspunkt ist der durch dichtes Federkleid
bedingte Schutz gegen Insekten. Stechmücken giebt es fast
überall, und von Ameisen wimmelt es auf dem Boden und in den
Zweigen. Ich glaube wohl, dass dichte Befiederung gegen diese
zudringlichen Gliederfüssler schützen, aber weshalb dann besonders
der Rücken und dazu noch mit recht leicht ausfallenden Federn
bedeckt ist, bleibt mir unklar, zudem hat ein Vögelchen, Nasi-
ierna pusio, der bei seiner Stammrutscherei wohl am meisten mit
Ameisen in Berührung kommt, auch die knappste Befiederung!
Auf den Bismarckarchipel angewandt passt übrigens auch
der in dem lockeren, dichten Federkleide der Tauben liegende
Schutz gegen Raubtiere nicht, denn letztere sind gar nicht vor-
handen. Vogelfressende Säugetiere fehlen, und die untersuchten
Raubvögel haben fast stets Insekten und Eidechsen im Magen.
»
Ptilopus rivolii (Prev.)
Ich erhielt 6 Stück Ende Februar und im März in der
Gegend von Nusa, 5 zeigten stark entwickelte Geschlechtsorgane,
die Hälfte stand im Federwechsel. Die Männchen wogen 120,
120, 121, 121 u. 132 g, ein Weibchen 101 g.
Diese und die folgende Art ähneln in ihrer Lebensweise
anscheinend dem Pi. insolitus, man findet alle drei bisweilen
dicht beieinander, wenn reife Beeren locken. Weissliche, hellrote
und schwarze Früchte fand ich im Magen. Auge hellrot, nackte
Zügel und Wachshaut gelb, Schnabelspitze und Unterschnabel
grünlich, Füsse blaurot.
Journ, £. On, L. Jahrg. Oktober 1902. 28
418 O0. Heinroth:
Ptilopus johannis Scl.
Ein Männchen am Ende des Federwechsels wog 104 g,
zwei mausernde Weibchen hatten ein Gewicht von 88 und 968,
alle stammten aus der Gegend von Nusa im März und zeigten
gut entwickelte Geschlechtsorgane. Ficusfrüchte und schwarze
grosse Beeren bildeten den Mageninhalt.
Schnabel hellgrün, Auge hellgelb, Füsse blaurot.
Falconidae.
Astur dampieri (Gurn.)
Dieser kleine Habicht ist einer der häufigsten Raubvögel
des Bismarckarchipels. Ich erhielt 2 Dunenjunge und ein fast
flügges Junges im Mai, das letztere zog ich auf, und es befindet
sich zur Zeit im Berliner Zoologischen Garten, wo es im Juni und
Juli dieses Jahres sein Jugend- mit dem Alterskleid vertauschte.
Diese Brut- und Mauserperiode entspricht also ganz genau unseren
deutschen Raubvögeln — wenigstens in diesem Falle. Die von
Dahl und mir gesammelten Stücke ergeben jedoch auch noch
andere Resultate. Januar: Männchen am Ende der Mauser;
Februar: altes Weibchen, Geschlechtsorgane schwach entwickelt,
wechselt einige Federn; Mai: ausser den 3 Jungen ein mausern-
des und ein nicht mauserndes Weibchen; Juni: junges Männchen
im Übergangskleid, ein nicht mauserndes Weibchen, ein Weibchen
mit stark entwickeltem Eierstock und sehr abgenutztem Gefieder
und ein Weibchen in frischem Kleide mit kleiner Geschlechtsdrüse;
August: ein mauserndes, reifes Weibchen, ein Weibchen im Jugend-
kleid und eins im Übergangskleid. Auch hier scheint also Brut- und
Mauserzeit in viel weiteren Grenzen zu schwanken, als bei unseren
heimischen Vögeln, und ich bedauere, nicht mehr gut untersuchtes
Material aus den übrigen Monaten zu haben.
Die Weibchen wiegen 283, 305, 315, 315, 340, 365 g, das
Männchen 170 g, also genau die Hälfte.
Bei zwei Weibchen fand ich beide Eierstöcke entwickelt,
bei einem von ihnen war der linke grösser als der rechte, bei
dem andern verhielten sich beide gleich. Es ist möglich, dass
bei diesem Habicht die Ausbildung beider weiblicher Keimdrüsen
das normale Verhalten ist, im Anfang achtet man aber bei der
Geschlechtsbestimmung häufig nur auf die linke und übersieht
deshalb leicht das Vorhändensein der rechten, namentlich ausser-
halb der Brutperiode des Vogels.
Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 419
Angeblich hatte sich nur ein Junges im Horste befunden
| und die Ausbildung beider Ovarien erscheint demnach um so
' auffallender.
Im Magen von A. dampieri fand ich meist Skinke (kleine
Lygosomen), die in den dortigen Gegenden auf jedem sonnigen
Fleckchen so ungeheuer häufig sind, Heuschrecken und andere
grosse Insekten werden auch nicht verschmäht, ausserdem fand
Dahl einige Vogelreste im Magen eines erlegten, letztere scheinen
jedoch die Ausnahme zu bilden.
Der von mir aufgezogene Vogel ist stets scheu und stürmisch
gewesen und nur durch das Erwerben oder Aufnehmen von
Nahrung wurde er abgelenkt. Immer und immer wieder tobte
er bei jeder näheren Besichtigung gegen das Drahtgeflecht seines
Käfigs und hatte stets eine beschädigte Wachshaut, ein Umstand,
der mit der Zeit zu einer ganz abnormen Schnabelbildung geführt
hat. Sowie ich jedoch die Käfigthür öffnete, fasste er mitten in
seinem Geflatter blitzschnell nach der vorgehaltenen Beute oder
griff sie aus der Luft. Dasselbe Wesen hat er auch in Berlin
beibehalten, nur hat er sich in seinem grösseren Käfig seine
Scheu etwas abgewöhnt. Das Fangen der flinken, kleinen Echsen
mag es mit sich bringen, dass der Vogel sich auch im engeren
Raume ausgezeichnet zu bewegen versteht, der „Skinkhabicht“
ist äusserst spiellustig, auf dem Boden wie im Geäst gleich gewandt
und dabei sehr zierlich, auch badet er gern und viel. Fleisch
und kleine Vögel werden gleich gern genommen. Seinen Kot
spritzt er weiter als andere kleine Raubvögel von sich und oft
weit durch die Gitterwand hinaus.
-
Pandion leucocephalus ]J. Gd.
Der Fischadler findet sich an fischreichen Meeresufern, nament-
lich an Flussmündungen, und ist hier eine gewöhnliche Erscheinung.
Er unterscheidet sich in seinen Gewohnheiten in nichts von P.
haliaetus, ist namentlich wie dieser äusserst friedfertig und starrt
den Jäger, wenn er flügellahm in dessen Gewalt kommt, wohl
‚unverwandt an, denkt aber kaum an energische Gegenwehr.
Mausernde Vögel erhielt ich im Januar, März und Mai, d.h.
von den von mir gesammelten 5 Stücken standen 4 im Feder-
wechsel. Ein Männchen wiegt 1020, ein Weibchen 1230, ein dritter
Vogel 1400 g. Alle hatten nur mässig entwickelte Genitalorgane.
Im Magen fand sich Fischileisch.
28*
420 O. Heinroth:
Haliastur girrenera Vieill.
Ein legreifes Weibchen vom Horste erhielt ich am 2. VI.,
sein Gefieder ist etwas abgenutzt, der Mageninhalt bestand aus:
Federn und Knochen, das Gewicht des Vogels beträgt 560 g.
Ein zweites Stück, welches ich am 22. I. am Henry Reid Fluss;
erlegte, war ein junger Vogel im Übergangskleid. Nach unseren:
Erfahrungen in Europa mausert ein Vogel in der Jahreszeit, inı
welcher die Aufzucht der Jungen stattfindet, demnach müsste,,
wenn H. girrenera im Juni brütet, der Federwechsel auch beil
jährigen Vögeln im Juli-August stattfinden. Auch hier scheint:
also die Jahreseinteilung bei den einzelnen Vogelpaaren eine:
recht verschiedene, in unserem Falle um ein halbes Jahr diffe-
rierende zu sein.
Als kühnen Räuber möchte ich diesen Seemilan nicht an-
sprechen, er nährt sich anscheinend nach Art unserer Milane,
Dahl fand ausschliesslich Insekten in seinem Magen. Natür-
lich wird er auch gelegentlich einen abgekommenen Jungvogel
oder dergleichen kröpfen. Seinen nächsten Verwandten AH. leu-
cocephalus sah ich am Ufer eines Sees in Ceylon unter zahllosen
Sumpf- und Schwimmvögeln sitzen, ohne dass diese durch seine
Gegenwart beunruhigt worden wären.
Henicopernis infuscata Gurn.
Ich erhielt nur ein Stück dieses seltenen Raubvogels am
30. V. Er trug ein sehr abgenutztes Gefieder und mauserte nicht,
das Geschlecht war leider nicht bestimmbar, der Magen enthielt
grosse Radspinnen und Heuschrecken, das Gewicht war 425 g.
Die Masse sind: Lg. 540, Fl. 340, Dist. —85, Schw. 260,
Breite 1100 mm.
Schnabel hellhornfarben, Spitze schwarz, Füsse weisslich.
Meine Matupi-Leute nannten den Vogel: „Atambambunum“.
Baza bismarcki Sharpe.
Ein Vogel dieser Art wurde am 16. III. auf einem mittel-
hohen Baum bei Nusa (Kaevieng) erlegt. Er mausert stark vom
Jugend- ins Alterskleid, sein Gewicht beträgt 368 g, der Magen
enthält Heuschrecken, trotzdem sich auf dem Baum, auf welchen
der Vogel aufhakte, viele Piilopus befanden.
Das Auge ist hellgelb, Schnabel schwarz, Wachshaut grau,
der Unterschnabel und die Ränder des Oberschnabels grau, Füsse
bläulich-weisslich.
Ornithologische Ergebnisse der ‚I. Deutschen Südsee Expedition.“ 421
Strigidae.
Ninox odiosa Secl.
Dahl erhielt Nestjunge im Juni und September, im Mai bekam
ich ein legreifes Weibchen am Ende der Mauser. 3 Männchen
vom Februar, März und April hatten nur schwach entwickelte
Hoden. Je ein Vogel vom Februar und Juli sind ausserdem im
Federwechsel, 7 andere vom April und Mai dagegen nicht; auch
hier also grosse Unregelmässigkeit. Das Gewicht des Männchens
beträgt 218, das zweier Weibchen 145 und 177 g, wobei das
erstere ein junger Vogel mit abgenutzten Federn ist. 190 und
195 g wiegen 2 weitere Stücke. Hier scheint also das Männchen
im Gegensatz zu anderen Eulen wirklich das „stärkere Geschlecht“
zu sein.
Im Magen dieser Eule findetman stets Insektenreste, vorwiegend
hartschalige Käfer, namentlich Kokosnusskäfer und Heuschrecken.
Ein Exemplar, welches ein Eingeborener durch einen Stein-
wurf betäubt und mir lebend gebracht hatte, besass ich längere
Zeit. Nach einigen Tagen nahm es geschnittenes Fleisch und
kleine Vögel an, war am Tage ziemlich still, flatterte aber Abends
tüchtig. Mit einer ihm zugesellten Seeschwalbe vertrug es sich
so gut, dass man beide oft zusammen am Boden des Käfigs sitzen
sah, bis die Eule während einer achttägigen Abwesenheit meiner-
seits ihre Genossin verzehrte und dann bald darauf selbst einging.
Der Grund mag wohl in mangelhafter Fütterung gelegen haben,
denn die Eule verschmähte das Fleisch, wenn es nicht ganz frisch
zubereitet war, und musste daher mit Aufmerksamkeit behandelt
werden. -
Die Eingeborenen hegen eine gewisse Vorliebe für den
A-Kurrkurr wegen seines runden Kopfes und der grossen Augen,
meine Leute griffen stets zuerst, wenn es ans Bälgemachen ging,
mit sichtlicher Zärtlichkeit nach diesen Vögeln.
Das Nest wird nach Aussage zuverlässiger Eingeborener in
Baumhöhlen angelegt.
Psittacidae.
Cacatua ophthalmica Sel.
Ein Brillenkakadu wurde im Januar am Henry Reid Fluss
erlegt, er war damit beschäftigt, im hohen Urwalde 1,50 m über
der Erde von einem Strauche Früchte abzufressen. Er und ein
422 O0. Heinroth:
von Dahl im August gesammeltes Stück mausern, und man kann
auch an Gefangenen beobachten, dass sie fast das ganze Jahr
hindurch im Federwechsel begriffen sind. Die Eingeborenen ziehen |
diese Vögel bisweilen jung auf, um ihnen Schwanz- und Hauben-
federn auszuziehen und diese als Schmuck zu verwenden. Diese
Tiere sind hingebend zahm, und lassen alles mit sich anfangen,
wie dies ja auch die Molukkenkakadu’s häufig thun.
Das Naturell des Hängehaubenkakadus scheint überhaupt
ein anderes zu sein als das der Stehhauben, sie haben nicht das
Herausfordernde wie letztere, sondern sind ungeheuer sanfte Vögel,
ihr Kopfschmuck bringt dies in bester Weise zum Ausdruck. Die
Tiere spielen, frei an Bord mit geschnittenen Schwingen gehalten,
allerliebst mit einander und führen die übermütigsten Scheinge-
fechte auf, wobei sie ein dem Gackern der eierlegenden Henne
täuschend ähnliches Geschrei erschallen lassen, ich glaube jedoch,
dass dies Naturlaute des Kakadus sind.
Das Weiss dieser Papageien leuchtet in der Freiheit in der
auffallendsten Weise und macht sie auf die grössten Entfernungen
sichtbar, sie können sich dies auch „leisten“, denn es giebt in
ihren Wäldern kein Raubzeug, das für sie gefährlich werden könnte.
Ich glaube überhaupt, dass Papageien recht ungern von Raub-
vögeln genommen werden, liess doch ein Astur cuculoides von
Celebes, der sonst jeden Beutevogel sofort mit sicherem Griffe
erwürgte, einen kranken, blinden Loriculus galgulus ganz unbe-
rücksichtigt.
Nasiterna pusio Sel.
Meine Erfahrungen über die Lebensweise dieses Vogels
decken sich vollständig mit den von Dahl gemachten. Man trifft
den Spechtpapagei immer in kleinen Flügen auf Albizzia procera
Benth, und zwar an manchen Orten so regelmässig, dass man
ihn mit Bestimmtheit auf einigen Bäumen dieser Art findet. Hier
ernährt er sich von einer an der Baumrinde befindlichen Masse,
vielleicht einer Art Manna. Auch mir wurden als Nistplätze des
Vogels Termitennester mit aller Bestimmtheit bezeichnet.
Auch bei diesem Zwerge geht die Mauser nach Art vieler
anderer Papageien recht langsam von statten, auch hier findet
man wie bei vielen Tauben oft alte abgenutzte Schwungfedern
neben neuen, ohne dass Jungfedern zu bemerken sind. Von 19
Stücken vom Januar, Februar, April und Mai mausern die meisten
ein wenig, einige gar nicht, einer ist im frischen Federkleide.
Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 423
Die meisten wiesen nur kleine Keimdrüsen auf, im Februar und
‘ Mai fanden sich 5 mit etwas reiferen Genitalien, Dahl bemerkte
eine Nestanlage in ersterem Monat. Die darauf untersuchten
Männchen wogen: 12,5; 14; 14,5 g, die Weibchen: 12; 12; 13,25;
13,25 g, Stücke unbestimmten Geschlechtes 11,5; 13,5; 14 g.
Die Spechtpapageien haben ein selbst für Papageien un-
gemein kurzes und knappes Gefieder, dabei jedoch eine derbe
Haut. Im allgemeinen gilt auch hier der Satz, dass verhältnis-
mässig wehrhafte Vögel, welche im Stande sind, sich gegenseitig
mit Schnabel und Füssen zu verletzen, dickhäutig sind und um-
gekehrt. Eine Nachtschwalbe wird die andere trotz ihrer seiden-
papierähnlichen Haut mit ihrem zarten Schnabel und den kleinen
Füsschen kaum verletzen können, der Papagei, die Krähen, der
Raubvogel brauchen einen derberen Schutz gegen ihre scharfen
Waffen.
Lorius hypoinochrous 6. R. Gr.
Die durch meine Hände gegangenen Loris dieser Art stammen
sämtlich aus Neu Mecklenburg vom März und Mai, wobei sich
ältere mausernde Vögel und offenbar noch nicht allzulang dem
Neste entflogene befinden, auch ein von Dahl im August gesam-
melter wechselt sein Gefieder, während ein zweiter dieses nicht
thut. Bis auf ein Männchen aus dem März hatten alle Stücke
nur schwach entwickelte Genitalien. Das Gewicht dieser Vögel
differierte nach dem Alter stark, 2 junge Weibchen wogen je
180 g, die Alten: 216 fem.; 223; 245; 250 g mas,; ein anderer
mit 171 g dürfte auch noch als jugendlich anzusprechen sein.
So verschieden wie die Gewichte, sind auch die Masse alter und
junger Vögel. Die Flügellänge des Männchens von 245 g beträgt
186 mm, die des fem. von 180 g nur 160 mm.
Leider habe ich mich nie gründlich von dem Mageninhalt,
der nach Dahl aus Käferlarven bestehen soll, überzeugt.
Einen Umstand halte ich für erwähnenswert, den ich ausser
bei verschiedenen anderen Vögeln der verschiedensten Gruppen
auch bei diesem Lori gefunden habe: das Vorhandensein kleiner
Löcher im Grossgefieder. Breitet man den Schwanz einer Hirundo
rustica beispielsweise auseinander, so wird man, wenn man die
Federn gegen das Licht hält, fast stets auf den Innenfahnen der-
selben kleine runde Löcher finden, welche oft merkwürdig regel-
mässig angeordnet sind. Ein Blick auf mausernde Stücke zeigt,
424 O0. Heinroth:
dass diese Defekte bei der frisch nachgewachsenen Feder noch
nicht vorhanden sind. Woher diese Löcher kommen, weiss ich
nicht, ich habe an Lausfliegen (Puppipara) als ihre Erzeuger ge-
dacht, da gerade die Schwalben stark von diesen geplagt sind,
doch ist mir dies nicht sehr wahrscheinlich. Genau dieselben
Löcher zeigen häufig Flügel und Schwanz von L. hypownochrous,
ich werde sie im Folgenden kurz als Federlöcher bezeichnen.
Trichoglossus massena Bp.
Ich konnte 4 im März bei Nusa (Kaevieng) erlegte Vögel
untersuchen, und hier machten sich dieselben Grössenunterschiede
wie bei der vorigen Art bemerkbar. Die eingeklammerten Zahlen
bedeuten die Flügellänge, während die Gewichte folgende sind:
mas. 158 g; fem. wohl juv. (Fl. 123 mm) Auge gelbbraun, Füsse
schwarz, Schnabel rot, 93 g; sehr grünes Stück 155 g (Fl. 146 mm);
gelbliches Stück 160 g (Fl. 146 mm) Auge hellkarmin, Schnabel
korallrot mit gelblicher Spitze, Füsse grau.
Die Mauser verläuft anscheinend langsam wie bei verwandten
Formen.
Einen recht heruntergekommenen Lori dieser Art bekam ich
von einem Eingeborenen in der Blanche-Bucht, flugunfähig, ohne
Schwanz, mit einem lahmen Bein war der Vogel recht hülflos.
Spratts Patent mit Bananen brachte das Tier bald in andere
Verfassung, das Bein heilte fast ganz, Schwanz und Schwingen
wuchsen nach, und während ein Biss von ihm früher wenig aus-
machte, hinterliess derselbe später eine schmerzende Blutblase.
Er war sehr verträglich, und ich hielt ihn auf der Rückreise mit
einer Schar Loriculus (Coryllis) zusammen. Bei einem Futter-
gemisch von gekochtem Reis, Schifiszwieback, Carottengries, Ei
und Spratts-Patent-Vogel- oder Kükenfutter mit täglicher Dar-
reichung von Früchten bestand er vorzüglich, die Hauptsache ist,
wie bei allen Trichoglossen, dass das Futter recht wässerig sei
und leckend verzehrt werden kann. Auch er, wie ein grosser
Teil meiner Papageien, vertrug die kühlere Temperatur des
Berliner Vogelhauses nicht, es sind Ausnahmen, welche sich von
einer Durchschnittstemperatur von 21—25° R. an die Stuben-
wärme des Europäersgewöhnen, man muss den plötzlichen Umschlag
in der Gemütsverfassung dieser Tiere sehen, um zu begreifen, wie
sie unter dem Wärmemangel leiden. Die gefangenen Loris sind
an Ort und Stelle durchaus nicht die hinfälligen Vögel, wie wir
Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 425
sie hier zu sehen gewohnt sind, der Malaye und Chinese schützt
sie weder ängstlich vor Aufregung, noch füttert er sie besonders
sorgfältig, und doch halten sie sich gut.
Charmosyna subplacens (Sel.)
Dieser hübsche, kleine Lori lebt fast immer nur auf Kokos-
palmen, deren Blüten er besucht. Von Dahl wurden Junge im
August, November und Januar gefunden, frisch vermauserte Vögel
ergaben sich im Januar, Mai, Juli, August, November, December,
mausernde im Januar, Februar, Mai, August und December, also
ist auch dieser Papagei wenig an eine bestimmte Jahreszeit ge-
bunden. Ein Männchen wog 34 g, 2 Weibchen je 33 und 35 g.
Auf der Insel Matupi zählt dieser „Kokoslori“ zu den
häufigsten Vögeln, der sich durch sein zirpendes Gekreisch dem
Ohre recht bemerkbar macht.
Eclectus pectoralis (St. Müll.)
Bei der grossen Häufigkeit dieses Edelpapageies an allen für
ihn geeigneten Örtlichkeiten konnte ich eine grosse Zahl dieser
Vögel untersuchen. 65 Vögel aus den Monaten Januar, Februar,
März, April, Mai und December gingen durch meine Hände, ab-
gesehen von den zahlreichen, welche, nachdem das normale Ver-
halten an ihnen constatiert war, in die Küche u. s. w. wanderten,
dazu kommen noch 4 von Dahl gesammelte Julivögel.
Ich kann getrost sagen, dass alle alten Stücke immer im
Federwechsel sind, der eben auch bei diesen Papageien sehr all-
mählich vor sich geht, Exemplare, welche ihr volles Gefieder
von gleichaltrigen Federn besitzen, sind fast immer junge Vögel
im ersten Kleide, das an den weniger satten Farben und den
Jugendspitzen der Schwanzfedern gewöhnlich leicht zu erkennen ist.
Gut entwickelte Geschlechtsorgane fand ich bei im Mai er-
legten Vögeln, doch messe ich diesem Umstande wenig Bedeutung
zu, da ich in diesem Monat eben die meisten Vögel untersucht
habe, ein Weibchen mit abgenutztem Gefieder, offenbar nach dem
Brutgeschäft erlegt, stammt z. B. vom Februar, ein zweites vom
Juli, ein drittes vom December.
Bei Vergleichung der Gewichtszahlen zeigt sich, dass
Männchen und Weibchen gleich gross sind, letzteres ist eher
etwas schwerer. Im Durchschnitt wiegt der alte Vogel etwa
360—400 g, zieht man die jüngeren mit in Betracht, so ergeben
426 O0. Heinroth:
sich von 24 Wägungen die Zahlen 315—447 g, der wechselnde
Füllungszustand des Kropfes bedingt diese grossen Schwankungen.
Der Edelpapagei liebt Buschwald und Waldränder, auch
einzeln stehende Bäume, im eigentlichen Hochwalde findet man
ihn nicht. Im Fluge, und so tritt er bei seinen ausgedehnten
Streifereien von Küste zu Küste dem Beobachter meist entgegen,
lässt er häufig ein eigentümliches Schnarren hören, das eigentliche
laute Gekreisch drückt meist Erregung, namentlich Furcht aus.
Von unten sind die sonst so verschiedenen Farben der Ge-
schlechter recht schwer gegen den Himmel zu erkennen, am auf-
fallendsten wirkt der Unterschied der Schnabelfärbung: beim
grünen Männchen leuchtet der helle, gelbrote Oberschnabel weit-
hin, während der schwarze des Weibchens kaum bemerkbar ist.
Die merkwürdige Färbungsdifferenz der Geschlechter, wie
sie krasser kaum gedacht werden kann, ist schon oft besprochen
und deren Entstehung und Zweckmässigkeit zu erklären versucht
worden, meist allerdings von Gelehrten, die den Vogel nie in
der Freiheit zu beobachten Gelegenheit hatten. Namentlich in
der ersten Zeit meines Aufenthaltes im Bismarckarchipel fiel es
mir sehr auf, dass ich immer nur die grünen Vögel zu Gesicht bekam,
erst viel später auch die roten Weibchen. Wenn ich einen
Fliegenden herabholte, oder ein auf Matupi einfallender erlegt
wurde, immer war es ein Männchen. Kommt man dann später
an die Stellen, wo unsere Vögel zahlreich in kleinen Flügen auf-
treten, dann bekommt man natürlich auch die roten Weibchen
zu Gesicht und Schuss. Einzelne sich frei zeigende Stücke,
„EHerumtreiber,‘“ sind vorwiegend Männchen, ‚sie haben also
wegen ihrer weniger versteckten Lebensweise die grüne Schutz-
färbung“ höre ich da ergänzen. Ja, aber vor was soll sie denn
ihr grünes Kleid schützen? Äussere Feinde, irgendwelches Raub-
zeug aus der Säugetier- oder Vogelwelt, stellten unserem Vogel
ja gar nicht nach, erstens sind sie auf dem Bismarckarchipel nicht
vorhanden, und zweitens hüten sich in dem weiteren Verbreitungs-
gebiet der anderen KEclectus-Arten die dort recht schwachen
Räuber nach Kräften vor einem so starkschnäbligen Papagei
(5. auch die Schlussbemerkung bei Cacatua ophthalmica).
Schlangen, die vielleicht in Betracht kämen, nahen sich ihrer
Beute nur aus nächster Nähe und kennen diese vornehmlich an
der Bewegung, sie, die ausserdem Nachttiere sind, holen den roten
wie den grünen Vogel ohne Unterschied aus der Baumhöhle
Ornithologische Ergebnisse der ‚‚I. Deutschen Südsee Expedition.“ 427
oder von dem Aste. Ich persönlich habe mehr die Empfindung,
als wenn das grüne Gefieder als Prachtkleid gegenüber der doch
recht dunklen Färbung des Weibchens aufzufassen ist, sicher aber
der helle Schnabel. Auffallend bleibt dabei immer, dass schon
die Nestjungen den geschlechtlichen Farbenunterschied zeigen,
eine Erklärung der ganzen Erscheinung, die sicher nicht auf
die üblichen Zweckmässigkeitsgründe zurückzuführen ist, steht
jedenfalls noch aus.
Die Nahrung dieses Edelpapageies besteht in harten Kernen,
mit deren feinzerbissenen Stückchen man fast immer den Kropf
gefüllt findet.
Auch der jung aufgezogene Vogel macht seinem Besitzer
wenig Freude, er ist überaus langweilig und ruhig, niemals ver-
steht er sich zu den übermütigen, neckischen Spielen der Kakadus.
Der Flug der Edelpapageien ist anhaltend und geht mit
ununterbrochenen Flügelschlägen, die aber nicht gerade enten-
artig rasch aufeinander folgen, meist geradeaus, nur wenn sie
plötzlich aufgejagt werden, oder einer aus ihrer Mitte getroffen
wurde, kreisen sie, hauptsächlich durch das Schreien eines Ver-
wundeten angelockt. Wenn sie sich aus grösserer Höhe herab-
senken, nehmen sie das Flugbild einfallender Wasser- und Sumpf-
vögel ein, d. h. sie stellen die Schwingenspitzen schwebend stark
pach unten, um die Flügeloberfläche zu verkleinern, was ja bei
vielen andern Vögeln, z. B. Tauben und Singvögeln durch Ein-
ziehen der Schwingen erreicht wird.
Cueulidae.
Centropus violaceus Qu. Gaim.
Ein Stück dieses prächtigen, grossen Vogels wurde am 22.1.
im dichten Küstenwalde am Henry-Reid Fluss erlegt. In seiner
Art zu klettern und seiner tiefen Stimme glich er der folgenden
Art, sodass wir zunächst glaubten, es mit dieser zu thun zu haben.
Der Vogel mauserte stark, Geschlecht und Mageninhalt konnten
leider, da der Körper nach dem Abbalgen versehentlich abhanden
kam, nicht bestimmt werden. Bei diesem Vogel tritt die Ver-
kümmerung des Flugskelettes und seiner Muskulatur noch mehr
zu Tage als bei ©. ateralbus, sodass ich glaube, dass ©. violaceus
überhaupt unfähig ist, etwa 100 m über eine freie Fläche zu
streichen, namentlich, wenn auch nur schwacher Wind ihn hindert.
428 O0. Heinroth:
Centropus ateralbus Less.
Nestjunge wurden in den Monaten Januar, Februar, März,
Mai und November beobachtet, aus der übrigen Zeit liegt mir
kein Material vor. Die Monate August — December fehlen mir
fast ganz in der Beobachtungsreihe, in den übrigen wurden stets
sowohl mausernde Vögel wie solche mit sehr reifen Genitalien
angetroffen, im Januar fand ich verhältnismässig mehr Stücke
mit ganz oder teilweise neuem Gefieder.
Die Gewichte zahlreicher alter, ausgefärbter Vögel sind für
die Männchen 285--358, für die Weibchen 287—368 g. Im
Magen findet man stets Heuschrecken, sowohl grosse Acridier
wie Mantisarten und Locustiden, ferner sehr grosse Spinnen,
Schaben, grosse Schmetterlingspuppen u. s. w. Gerade die Formen,
welche täuschend Blätter nachahmen, sind wie bei den Drongo’s
recht häufig im Mageninhalt vertreten, und man ist bisweilen im
Anfang wirklich im Zweifel, ob man es nicht mit verschluckten
Blättern zu thun hat. Alles wird ganz verzehrt, fast unversehrte,
fingerlange Mantis und Heuschrecken befinden sich unter einer
wahren Spreu von Insektenbeinen. Junge, noch nicht selbst
fressende Vögel, bekommen von ihren Eltern nur die zarteren
Teile vorgelegt, hier fehlen die schrecklich bedornten Acridier-
tarsen im Magen. Ich halte es nicht für richtig, den Umstand,
dass gerade die erwähnten Mimicry-Insecten so gern und häufig
gefressen werden, als einen Gegenbeweis für die Zweckmässigkeit
ihres Schutzmittels anzuführen. Diese Tiere sind eben ein aus-
gezeichnetes Futter und wären vielleicht ausgerottet, wenn ihre
raffinierte Körperform- und Farbe ihre Auffindung nicht in hohem
Grade erschwerte, möglich bleibt sie natürlich immer noch.
Sehr auffallend ist bei diesem Sporenkukuk, dass bei den
Männchen nur ein Hode und zwar merkwürdigerweise der rechte
entwickelt ist. Ich fand dies in allen Fällen, wo ich darauf
achtete, im Anfang übersah ich es, da man ja die Geschlechts-
bestimmung hinreichend gemacht zu haben glaubt, wenn man
nach seitlicher Öffnung der Bauchhöhle eine Geschlechtsdrüse er-
kannt und als männlich oder weiblich bestimmt hat. Während
der rechte Hode bei guter Entwickelung etwa klein-kirschgross ist,
besteht der linke nur aus einen hanfkorngrossen Knötchen, bei
unreifen Tieren ist der linke überhaupt nur schwer auffindbar.
Ein gerupfter oder abgebalgter Centropus macht eine sehr
komische Figur, er erinnert entfernt an die Rallen wegen des
Ornithologische Ergebnisse der ‚‚I. Deutschen Südsee Expedition.“ 429
kurzen und schwachen Brustbeins und dicken Unterleibes.
Sehr entwickelt ist die Hautmuskulatur des weiten Halses, ob
diese mit der Stimmbildung des Vogels zu thun hat, oder beim
Verschlingen der dornigen, harten Insecten in Funktion tritt,
weiss ich nicht, vielleicht ist beides der Fall. Die Flügelknochen
sind ganz auffallend verkürzt und ihre Gelenke eigentümlich
schlaff, die Brustmuskulatur ist sehr schwach. Um so kräftiger sind
die Beine, welche mit straffen, sehnigen Muskeln und festen Ge-
lenken ausgestattet sind. Der fast stets gefüllte Magen ist sehr
diekwandig und fest, natürlich ohne ein Muskelmagen mit Sehnen-
spiegeln zu sein. Die Farbe des gerupften Tieres ist sehr dunkel,
die Haut sehr fest und dick.
C. ateralbus ist eine von unseren europäischen Vögeln so
- abweichende Erscheinung, dass ich sein Bild mit ein paar Worten
skizzieren möchte. Im dichten Busch, aus einem Waldrande
hören wir namentlich gegen Abend, aber auch zu allen Tages-
zeiten ein lautes, anhaltendes, sehr tiefes Heulen oder „Tuten“,
wie Dahl sagt, das zu den Tönen gehört, welche sehr schwer zu
lokalisieren sind, namentlich werden wir über die Entfernung,
aus der das Geräusch kommt, nicht klar. Wir gehen ungefähr
nach der Stelle, und da sehen wir auch schon einen grossen,
sehr langschwänzigen Vogel, der eilig am Stamme eines Baumes
hinauf der Höhe zustrebt. Mit halbgeöffneten Flügeln springt
er an den Schlingpflanzen empor, dabei die merkwürdigsten
„Klammerstellungen“ wie ein Mausvogel (Colius) annehmend,
oder er hilft sich mit ein paar schlaffen Schwingenschlägen von
einem Aste auf den nächsthöheren. Erscheint dem Vogel der
bestiegene Baum nicht sicher genug, so gleitet er auf den
nächsten, möglichst von oben nach unten, um dann, in die Höhe
klimmend einem schützenden Schlingpflanzengewirr zuzustreben.
Es bedarf eines guten Schusses, um den Flüchtling herunterzu-
holen, denn er versteht sich gut zu decken und die dicke Haut
setzt den Schroten Wiederstand entgegen. Streicht der Sporen-
kukuk einmal über eine kleine Grasfläche, so thut er es in einer
so charakteristisch schwankend-schwebenden Weise, dass die ganze
Bewegung mehr passiv als aktiv aussieht.
Zwei junge Ü©. ateralbus, welche ich noch als Nestvögel be-
kam, gewährten viel Freude und Gelegenheit, ihre Stellungen zu
beobachten. Schon nach einigen Tagen verliessen sie ihr grosses
überwölbtes Halmnest und wurden dann in einen Käfig gesteckt,
430 OÖ. Heinroth:
um sich später frei an Deck herumzutreiben. Ihr Lockton be-
steht aus einem Schnalzen, das sich mit der Zunge gut nach-
ahmen lässt, und auf welches sie stets antworteten. Sie laufen
wie die Papageien auf einem Zweige in der Weise entlang, dass
sie die beiden Vorderzehen nach innen stellen, also in der
krassesten Art „einwärts“ gehen, thun dies aber mit grossem
Geschick und balancieren mit den nie fest anliegenden Flügeln.
Ein leichter Windstoss genügt bereits, um den Flügel der be-
troffenen Seite aufzuklappen, was den Vogel aber wenig kümmert,
denn er kann sich mit seinen starken Füssen ausserordentlich
festklammern. Auf den Boden kamen sie freiwillig nie, eben-
so vermieden sie es, über grössere Strecken zu fliegen, meister-
haft jedoch benutzen sie jedes Tau, jede Kette, Stuhllehne u. s.
w. als willkommene Leiter, um mit weiten Sprüngen auf das
Ziel ihrer Wünsche, gewöhnlich eine ihnen bekannte Person zu-
zueilen. Sie waren ziemlich schwierig zu ernähren, Fleisch, das
sie nicht sonderlich gern nahmen, schien ihnen nicht sehr gut
zu bekommen, und es hatte immerhin seine Schwierigkeit, die
nötige Anzahl Heuschrecken und Spinnen für die beiden Fresser
zu beschaffen. Von Pflanzenstoffen wollten sie nichts wissen.
Ganz junge Sporenkukuke, welche bekanntlich ein durchaus igel-
ähnliches Aussehen (wie junge Eisvögel) haben, lassen ein zirpendes
lautes Geschrei hören. Das Auge unausgefärbter Tiere ist graubraun.
Für jeden, der mit lebenden Sporenkukuken zu thun gehabt
hat, muss es befremdend wirken, dass wir diese Vögel im System
als so nahe verwandt mit den echten Kukuken (Cxculus u. s. W.)
betrachten, sie gewissermassen mit diesen in einem Atem zu
nennen gewohnt sind. Ausser der Zehenstellung hat Centropus
mit den übrigen herzlich wenig gemein, grössere Verschiedenheiten
in Schnabel, Befiederung, Haut, Brutpflege, Dunenkleid, Stimme,
Bewegungsweise, Ausbildung der Flügel und Beine und bei genauerer
Betrachtung auch in der Gestaltung und Funktion der letzteren
selbst lassen sich eigentlich kaum vorstellen. In einem Ouculus,
Cacomantis, Lamprococcyx finden wir einen zarten, weich und
locker befiederten, dünnhäutigen, polygamen Nestschmarotzer, der
seine zarten Füsschen nach Eisvogelart lediglich zum Sitzen
braucht, haarige Raupen, bunte Wanzen, kurz alles das mit
Schreckfarben behaftete auffallende Getier verzehrt, das andere
Vögel wegen seines schlechten Geschmackes meiden, der fast
nach Falkenart mit langen Schwingen sein Gebiet durcheilt, dessen
Ornithologische Ergebnisse der ‚I. Deutschen Südsee Expedition.“ 481
Junge ein normales Dunenkleid tragen und mit leuchtend gefärbtem
Riesenrachen die kleinen Pflegeeltern zu den aufopferndsten Be-
mühungen im Futterbringen anspornen. Der rasche Centropus
mit seinem haarartig harten, festen Gefieder, der derben, den empfind-
lichen Hieben des starken Schnabels eines Nebenbuhlers trotzenden
dunkeln Haut, den vollendeten, starkmuskeligen Klammer-, Kletter-
und Lauffüssen, welche ihm die fast verkümmerten Flügel völlig
ersetzen, durchkriecht das verschlungendste Pflanzengewirr und
sucht für sich und die geliebte junge, mehr Stachelschweinen als
Jungvögeln gleichende Brut, welche ihm laut schnalzend den
bescheiden gefärbten Schnabel entgegenstreckt, mit Sinnesschärfe
und Fleiss all’ die so unglaublich raffiniert gefärbten und ge-
stalteten Kerfe, die durch geschickten Betrug ihren schmackhaften
Leib sichern wollen. Ich habe mich immer etwas geschämt,
wenn ich auf die oft an mich gestellte Frage, was der „Akamuk“
denn eigentlich für ein Vogel sei, antworten musste: ein Kukuk.
Eudynamis rufiventer (Less.)
Ich erhielt 2 Stücke dieses „Fruchtkukuks,“ einen alten Vogel
im Februar mausernd, einen zweiten im Übergangskleid am 30. V.
Der letztere hat, da er ungefähr in der Mitte des Federwechsels
steht, ein sehr merkwürdiges Aussehen: die neuen Federn sind
blauglänzend schwarz, die alten hell gelbbraun mit dunklen
Querbändern. Das Gewicht dieses Männchens betrug 247 g,
im Magen fanden sich die Reste blauer Beeren.
Der Vogel lebt im mittleren Busch und hat, so viel ich
mich erinnere, einen pfeifenden Ruf.
»
Cuculus intermedius Vahl.
Ein Stück dieses ostasiatischen Brutvogels wurde am 25.
XII. an der Blanche-Bucht erlegt, es mausert stark.
Cacomantis insperatus (J. Gd.)
Dieser Vogel mit dem unheilvollen wissenschaftlichen
Namen, den man etwa mit „unverhoffter Schlechtseher“ wieder-
geben kann, hat für mich stets etwas Anmutendes gehabt. Er
ist im mit Graslandschaft unterbrochenen, offenen Buschgelände
recht häufig, und seine Stimme ist für die Gegend geradezu
charakteristisch. Sein lautes Pfeifen, das man auch in der
Dunkelheit oft zu hören bekommt, setzt mit einem Grundtone
432 OÖ. Heinroth:
ein, auf den etwa 6 immer höher ansteigende Pfeiftöne folgen,
welche den Grundton jedesmal wieder als Vorschlag haben.
Der ganze Satz lässt sich recht gut nachpfeifen. Beim Vortrage
sitzt der Vogel still und nach echter Kukuksart sehr aufrecht,
die er überhaupt in jeder Weise anatomisch und biologisch be-
thätigt, auch der leuchtend orangerot gefärbte Rachen spricht dafür.
Fast alle Exemplare, die ich erhielt, mauserten, darunter
auch ein sehr entwickeltes Weibchen vom Mai, während ein
anderes vom selben Monat mit legreifem Ei sein volles Gefieder
trug. Dahl erhielt 2 Eier im Februar und ein Nestjunges im
Juli, sowie einen flüggen jungen Vogel im Januar, ich selbst
Jugendkleider im Februar und Mai. Vom August bis December
liegen mir leider keine Stücke vor, nach der Mauserzeit glaube
ich aber annehmen zu können, dass der Vogel das ganze Jahr
hindurch seiner Fortpflanzung obliegt, zumal Oinnyris corinna,
in deren Nester seine Eier legt, in jedem Monat brütet.
Im Magen des Vogels findet man vorwiegend behaarte und nackte
Raupen und zwar in ganz erheblichen Mengen. Von Lausfliegen
wird dieser Kukuk auch bisweilen geplagt, auch findet man die
Erscheinung der „Federlöcher“!) an ihm, ob diese beiden Um-
stände in Zusammenhang mit einander zu bringen sind, lasse ich
dahingestellt sein.
Die Männchen wogen: 29 juv. Übergang; 29 juv. Übergang;
29 juv; 32; 33; 34 juv. Übergang; 35; 35; 35,5 g, die Weibchen
31 und 35 (legreif) g.
Ein Exemplar unter den von mir gesammelten entspricht
ziemlich genau der Beschreibung des C. websteri Hartl.; welcher
aus Neu-Hannover bekannt ist. Da der Vogel an derselben
Stelle an der Blanche-Bucht wie meine übrigen Stücke erlegt
wurde, so halte ich denselben nur für eine individuelle Varia-
tion. Seine Unterschwanzdecken sind grau mit rostbraunen
Querbinden.
Lamprococcy& plagosus (Lath.)
Ein Weibchen mit schwach entwickeltem Eierstock wurde
im Februar auf der kleinen Crednerinsel gesammelt, weitere 5
Vögel, alles Tiere im Jugendkleid oder im Übergang zum Altersge-
fieder, sind vom April und Mai aus der Gegend der Blanche-Bucht.
1) Siehe Lorsus hypoinochrous.
Örnithologische Ergebnisse der ‚I. Deutschen Südsee Expedition.“ 433
Ein frisch vermausertes Weibchen erhielt Dahl im August.
Zwei Weibchen von diesen wiegen 23,5 und 30 g, ein Männchen
25 g. Im Magen finden sich schwach behaarte und nackte Raupen.
Der Vogel führt eine ähnliche Lebensweise wie die vorgenannte
Art, nur zieht er anscheinend noch dichteren, buschigen Pflanzen-
wuchs vor. Die dünne Haut und das weiche, locker sitzende
Gefieder stempeln ihn zum echten Kukuk.
Bucerotidae.
Rhytidoceros plicatus (Forst.)
In der Nähe der Blanche-Bucht ist der Nashornvogel
äusserst selten, das von mir mitgebrachte Exemplar verdanke
ich der Freundlichkeit von Herrn Wolf.
Ausser in Neu-Guinea selbst sind diese Vögel am Henry-
Reid Fluss auf Neu-Pommern recht häufig, oder vielmehr man
bekommt die grossen, geräuschvollen Tiere leicht zu Gesicht.
Das Merkwürdigste an ihnen ist ihr Flug, der einen Lärm ver-
ursacht, wie ihn kein anderer mir bekannter Vogel erzeugt. Als
ich bei Simpang (Neu-Guinea) in wenig übersichtlichem Gelände
im Buschwalde stand, glaubte ich plötzlich in der Ferne einen
Eisenbahnzug nahen zu hören, und würde es dabei anderen
Ortes auch wohl haben bewenden lassen. Aber dort, fern von
aller Kultur, musste doch wohl eine andere Ursache hinter diesem
rhythmischen Brausen stecken als eine Lokomotive, und es dauerte
denn auch nicht lange, so sah ich einen Nashornvogel vorüber-
fliegen und aufbäumen, im selben Augenblick verstummte das
Geräusch. - Wohl hatte ich vorher oft von dem Brausen dieser
Tiere gehört, aber so stark hatte ich es mir doch bei weitem nicht
vorgestellt, und ich hielt es immer noch nicht für möglich, dass
durch Flügelschläge ein solcher Lärm verursacht werden könne.
Erst als immer und immer wieder neue Vögel vorbeiflogen, mit
deren Ankunft stets wieder das Eisenbahngeräusch eintrat, waren
meine Zweifel beseitigt. Erklären lässt sich das Zustandekommen
des Fluggeräusches durch die Resonanz der bei den Bucerotiden
so enorm entwickelten Pneumatizität aller Körperteile und das
sehr harte Flügelgefieder.
Meist sieht man Rh. plicatus paarweise, entweder ausser
Schusshöhe majestätisch hintereinander mit langsamen Schwingen-
schlägen und lang ausgestrecktem Halse dahinziehen oder auf
Joum. f, Orn. L. Jahrg. Oktober 1902. 29
434 Ö. Heinroth:
sehr hohen Bäumen fussen. Wo sie den Europäer noch nicht
kennen, sind sie auch etwas niedriger anzutreffen, immer aber
recht vorsichtig.
Mein aus dem Mai stammendes Stück trägt sein volles
Federkleid; ein Weibchen mit reifem Eierstock ist frisch ver-
mausert; ein jüngerer Vogel mausert etwas, letztere beiden sind
von Dahl am 31. 1. gesammelt.
Alcedinidae.
Tanysiptera nigriceps Sel.
Dahl erhielt junge Vögel dieser Art im December und
Januar, ein altes Paar in abgenutztem Kleide und mit mässig ent-
wickelten Genitalien, also nach eben beendetem Brutgeschäft,
sammelte ich im Februar; im Mai erhielt ich ein abgetragenes
Jugendkleid, ein fast fertig vermausertes Weibchen, ein Weibchen im
Federwechsel und ein nicht mauserndes Männchen; im Juni ein
stark abgenutztes Männchen und ein Jugendkleid. Es scheint
also demnach, als wenn die Fortpflanzungsperiode in die Monate
Dezember bis Mai fällt, doch fehlen mir Stücke aus den übrigen
Monaten, so dass sich beim Vergleiche mit reichlicherem Material
die Sache auch anders gestalten kann. Die Männchen wiegen
55; 58 und 62 g, ein jüngeres 48 g, die Weibchen 57; 57 und
63 g, also ebensoviel.
Der untersuchte Mageninhalt besteht in Käfern, einer grossen
Locustide, Baumwanze, Sand, Erde, Grillen(?). Anscheinend
sammelt die Zanysiptera diese Tiere vorzugsweise vom Boden
auf. Ich traf den Vogel an der Blanche-Bucht weniger nach
Haleyon-Art auf einer Warte im Freien sitzend, sondern mehr
im offenen Unterholz des Busches. Der Schnabel ist bei jüngeren
Stücken ebenso wie bei anderen Eisvögeln bedeutend kürzer als
bei alten Tieren.
Einmal erhielt ich eine Tanysiptera lebend, leider aber war
sie so schwer verletzt, dass sie keine Nahrung annahm und in
einigen Tagen einging. In seiner Figur und Haltung macht der
Vogel keinen sehr vorteilhaften Eindruck. Der runde Körper
mit dem dicken Kopf steht in keinem rechten Verhältnis zu dem
überaus dünnen, langen Schwanz, der ziemlich gerade nach
unten getragen wird.
Ornithologische Ergebnisse der ‚I. Deutschen Südsee Expedition.“ 485
Halceyon saurophagus ]J. Gd.
Ich sammelte diesen prächtigen, grossen, blau-weissen Eis-
vogel auf den Crednerinseln, auf Nusa und einer kleinen Insel
bei Kung bei Neu-Hannover, immer lebt er auf kleinen Inseln
am Strande, denn er ernährt sich hauptsächlich von Krabben,
nicht aber von Eidechsen, wie sein Name angiebt. Sein Schrei
ist klangvoll und zusammenhängender als der anderer Gattungs-
verwandter. Am VIII. fand ihn Layard brütend, im Juli sammelte
Dahl ein Stück im Beginn des Federwechsels, mausernde erhielt
ich im Februar und März, alle mit sehr schwach entwickelten
Genitalien, die Fortpflanzungsperiode scheint nach Vergleich
dieser wenigen Vögel also in die zweite Hälfte des Jahres zu
fallen. Ein Männchen wiegt 110 g, 2 Weibchen je 110 und 116 g.
Man kommt immer in eine gewisse Verlegenheit, wenn
man, namentlich an Ort und Stelle, von „tropischen Eisvögeln“
spricht, und stets hat man dann mit der üblichen langen Erör-
terung über Namengebung im allgemeinen, unseren Eisvogel und
dessen scheinbaren Zusammenhang mit dem Eise u. s. w. aufzu-
warten. Das Unglück will es, dass gerade die Eisvögel ihre
grösste Verbreitung der Individuen- und Artenzahl nach in den
Tropen haben, und ihre Benennung nach einem versprengten
nördlichen Vertreter erfolgt ist. Der Engländer nennt die Alce-
diniden „King-fisher,‘“ aber mit „Königsfischer“ ist auch nicht
viel gewonnen, denn die meisten Halcyoniden haben mit dem
Wasser gar nichts zu thun, sondern fangen Heuschrecken. Das
Wort „Liest“ endlich kennt nur derjenige, für welchen als Fach-
mann jede weitere Erklärung unnötig ist.
-
Halceyon tristrami Lay.
Dieser Liest ist der in Neupommern beheimatete von den
beiden so ähnlichen Formen, H. sanctus dagegen ist der Zugvogel
aus dem Süden, der seine Mauserzeit im Bismarck-Archipel ver-
lebt. In den Wintermonaten trifft man nur ihn, und da die
Brutzeit vornehmlich in diese Zeit fällt, so macht sich dieser
schöne, stattliche Vogel auch recht bemerklich. Er ist geeigneten
Ortes regelmässig zu finden: ein bequemer, freier Sitzplatz als
Warte über übersichtlichem Grasgelände oder Büschen ist die
Anforderung, welche er stellt. Eine Telephonleitung, ein dürrer
Baumast, ein Palmwedel, alles ist ihm recht, und sein lautes
Kiek, Kiek, Kiek u. s. w. lenkt rasch die Aufmerksamkeit des
29*
436 0. .Heinroth:
Neulings auf den Vogel. Bisweilen wird er von einen Nectarinien-
Paare heftig angegriffen, was er aber mit stoischer Ruhe über
sich ergehen lässt. Ob diese Feindschaft vielleicht ihren Grund
darin hat, dass der Eisvogel räuberische Gelüste nach Jungvögeln
zeigt, ist möglich, aber nicht erwiesen. Sehr merkwürdig ist die
Thatsache, die mir auch in Herbertshöhe mitgeteilt wurde, und
die auch nach Brehms „Gefangenen Vögeln“ von Gräffe für
Halcyon sanctus angegeben wird, dass nämlich unser Vogel plötzlich
ohne nachweisbaren Grund Haushühner anfällt und ihnen fort-
während nach den Augen stösst, sollte er diese für glänzende
Käfer halten? An übermässiger Intelligenz leiden diese Lieste
sicher nicht, wie man an Gefangenen beobachten kann.
Ein Nest fand Dahl im December, Junge erhielt er in
demselben Monat, und ich bekam im Januar und Februar frisch
ausgeflogene Stücke. Vom December bis April mauserten alle
alten Vögel, die ich sammelte, im Mai auch ein junger in sein
zweites Kleid. Ein Vogel, von Dahl am 21. Juli erlegt, trägt
sein frisches Kleid. Ich nehme demnach an, dass H. iristrami
im allgemeinen in unseren Herbst- und ersten Wintermonaten
dem Brutgeschäfte obliegt.
Sehr in die Augen fällt bei diesem Vogel der durch Feder-
abnutzung bedingte Wechsel der Färbung, deren Verschiedenheit
sich Reichenow nicht recht erklären konnte. Die frische Feder
der Unterseite und des Nackenbandes ist schön rostfarben, be-
züglich rostgelblichweiss, sie wird aber durch Abnutzung immer
heller und schliesslich weiss oder hellgelblich, wie dies ja auch
bei anderen Vögeln (z. B. Raubvögel, Falco eleonorae) der Fall
ist. Die Feder bleicht dabei nicht etwa aus, sondern das in der
oberflächlichsten Schicht und in den Federästen II. Ordnung ge-
legere Pigment und letztere selbst werden abgerieben. Bei den
vielen Mauservögeln, welche ich besitze, ist dieser Unterschied
zwischen heller und dunkler Färbung der Unterseite je nach dem
Fortschreiten des Federwechsels leicht zu erkennen. Am schönsten
ist der eben flügge Vogel, bei dem ja alle Federn gleichmässig
frisch sind, und der in leuchtendem Rostrot strahlt, auch die
hellen Säume auf Kopf und Flügeldecken sehen recht gut aus.
Vom März ab wird H. tristrami scheinbar seltener, es kommt
dies daher, dass er, durch den Federwechsel in Anspruch ge-
nommen, stiller wird, und der nun in Massen einwandernde H.
sanctus ihn gewissermassen überdeckt. Auf die Entfernung hin
|
Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 437
sind beide Arten kaum zu unterscheiden, und da man na-
türlich nicht auf jeden Eisvogel schiesst, so erlegt man meist
nicht ihn, sondern den viel häufigeren H. sanctus.
Heuschrecken und Cicaden, namentlich erstere, bilden den
grössten Teil des Mageninhaltes, doch werden auch andere grössere
Insekten und selbst glatte Raupen nicht verschmäht.
Die daraufhin untersuchten Männchen wogen: 77; 78; 78;
78 (juv.); 83; 86 g, die Weibchen 75; 83; 86; 90 g.
Halcyon nusae n. Sp.
(Taf. VIII Fig. 2.)
Dieser neue Eisvogel ist der Vertreter von H. tristrami
auf Nord-Neumecklenburg und den sich daran gegen Neu-Hannover
zu anschliessenden kleinen Inseln, also etwa im Regierungsbezirk
Nusa. Einer wurde auf Nuungan bei Kapoteron erlegt, zwei auf
Nakung bei Neu-Hannover, ein vierter bei Nusa (Kaevieng), alle
vom 23. IL.—2. II.
Der erste Vogel trägt ein frisches Gefieder am Ende der
Mauser, Gewicht 70 g. Der zweite mausert stark, die Hoden
sind klein, Gewicht 83 g; Mageninhalt Heuschrecken, der dritte
ist ein junges Männchen im ersten Kleide, noch nicht mausernd
mit hellen, bezüglich unten dunkeln Federrändern, Gewicht 64 g,
im Magen finden sich Krabben, der vierte, ein Männchen mit kleinen
Hoden, mausert ebenfalls und hatte Heuschrecken verzehrt, Ge-
wicht 77 g. Auf Nusa fand ich Mitte März eine Höhlung in
einer abgestorbenen Kokospalme, welche von einem Paare dieser
Vögel befilogen wurde.
Die-Mauser- und Brutzeit verhält sich nach diesen Stücken
wie bei H. irisitrami, sein Aufenthalt auf kleinen Inseln bringt es
mit sich, dass dieser Insektenfresser am Strande auch ab und zu
Krabben erjagt.
Die Masse in mın der betreffenden Stücke sind:
Länge Flügel Breite Schwanz Schnabel Gewicht
H. nusae 258 106 385 70 8
ss 260 105 405 47 83 8
” » 243 778
nn JUWI2ASE 103,370 750 43 64 8.
Die Diagnose von H. nusae ist folgende: Ähnlich H. chloris,
jedoch Oberkopf und Rücken viel dunkler, ersterer fast schwarz-
grün, der helle Fleck am Oberschnabel viel grösser und der
BT
438 O0. Heinroth:
schwarze Zügelstrich sehr breit. Beim frisch vermauserten Vogel
hat das Weiss des Nackenbandes und der Unterseite einen gelb-
lichen Anflug.
Das Jugendkleid trägt dieselben Federränder wie das der
verwandten Arten.
I Halceyon matthiae n. sp.
(Taf. VIII Fig. 1.)
Das einzige Stück dieser Art wurde im März auf der Insel
St. Matthias erlegt, nach welcher sie benannt ist. Im Magen des
Vogels befanden sich Heuschrecken. Die Art wurde etwas ent-
fernt von der Küste aufgefunden. Der Vogel mauserte stark.
Diagnose: Oberkopf weisslich gelb mit ziemlich unregel-
mässigen schwärzlichen Flecken, ein Streifen hinter und unter
dem Auge und ein sehr schmales Nackenband schwarz,- hinter
letzterem ein breites weisses mit fahl gelblicher Begrenzung nach
unten. Rücken trüb blaugrün, Bürzel hellblau, Flügel und Schwanz
blau, ganze Unterseite weiss. Schnabel schwarz, Basis des Unter-
schnabels weisslich, Füsse schwärzlich. Lg. 255, Fl. 114, Schw. 90,
Schn. 50, L. 15 mm.
Halcyon sanetus Vig. Horst.
Wie sehon erwähnt, ist der Götzenliest nur überwinternder
Zugvogel aus südlicheren Breiten im Bismarckarchipel, einzelne
Paare mögen ja immerhin daselbst auch brüten, wie Dahl für
Neu-Lauenburg angiebt. Den ersten vereinzelten Vorläufer erhielt
ich am 31. I. an der Blanche-Bucht, nach meiner Rückkehr dahin,
Mitte April, war er zugleich mit Merops ornatus bis zu meiner
Abreise am 6. Juni in grosser Menge vorhanden. Auch von West-
Neumecklenburg erhielt ich ein Stück am 8. V.
Sämtliche Vögel, und ich habe deren viele Dutzende unter-
sucht, mauserten, derjenige vom 31. I. war im ersten Anfang des
Federwechsels, die Junivögel und ein von Dahl im August ge-
sammelter hatten im Wesentlichen neue Federn, an denen der
Kopfgegend treten die dunkeln Bänder dann besonders deutlich
hervor, die Färbung der Unterseite wird in ähnlicher aber lange
nicht so auffallender Weise, weil schon von Anfang an viel heller
als bei Z. tristrami, wie bei letzterem durch die Mauser verändert.
Die Jungen mit den hellen Federrändern auf den Flügeldecken
Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 439
verhalten sich dabei genau wie die ausgefärbten Vögel. Das
Gewicht schwankt zwischen 42 und 50 g und beträgt meist um 45 8.
Im Magen findet man zumeist Heuschrecken, dann nackte
Raupen, grosse Spinnen, Ohrwürmer und grosse Hymenopteren.
In der Lebensweise ähnelt er A. tristrami vollständig, und mir ist
die Angabe Studers: „hält sich gern in den Mangrovesümpfen
auf“ etwas unverständlich, man müsste denn gerade einen Flug
ziehender Götzenlieste, der auf der Durchreise sich in den Man-
groven niedergelassen hat, antreffen, der dann, wie es Dahl fand,
auch Krabben verzehrt. Sonst sitzt er auf seiner Warte über
dem Grase und fängt Insekten, genau wie sein grosser Verwandter.
Der Flug der Lieste ist von dem der Alcedo-Arten recht ver-
schieden, viel weicher und nicht so schnurrend wie bei den Fischern.
Wirklich elegant, wie es die ihnen in der Lebensweise ähnelnden
Fliegenschnäpper thun, fliegen sie nicht, sie behalten immer etwas
Klotziges und Plumpes, wozu der grosse Kopf und Schnabel
wesentlich beitragen.
Vier Götzenlieste, die ich lebend erhielt, brachte ich mit
nach Berlin, wo sie noch wohlauf sind. Angenehme Käfigvögel
sind sie nicht, aber eigentümliche. Der hungrige, oder besser
gesagt, der nicht vollkommen gesättigte Eisvogel (ein Pelargopsis
verhielt sich ebenso) hat nur Sinn für Erlangung von Beute, auch
der Frischgefangene, flügellahm Geschossene lässt sich dann durch
die Gegenwart des Beobachters kaum stören. Er ergreift die dar-
gebotene Heuschrecke, schlägt sie häufig und kräftig mit seitlicher
Kopfbewegung gegen die Sitzstauge, tötet sie auf diese Weise,
entfernt so wenigstens zum Teil die Beine und Flügel und bringt
sie vor allen Dingen mundgerecht in den Schnabel, denn der
Halcyon hat so gut wie keine Zunge, mit der er den Bissen in
die richtige Lage bringen könnte. Endlich, oft nach langem Fest-
halten im Schnabel, wird die Beute verschluckt. Ist der Vogel
satt, so stürmt er wie unsinnig gegen das Drahtgeflecht seines
Käfigs und geberdet sich angesichts eines Menschen ganz sinnlos.
Der Eisvogel sitzt im Freien entweder ruhig, oder er fliegt, und
dies will für den Käfig natürlich nicht passen. Auch nach Viertel-
und Halbjahresfrist ändert sich sein Benehmen nicht: solange er
frisst, ist er vernünftig, sonst aber ein unsinniger Stürmer. Eine
gute Eigenschaft haben diese Vögel: sie gehen nicht nur ohne
weiteres ans Futter, sondern nehmen auch schon in den ersten
Tagen rohes, in kleine Stücke geschnittenes Fleisch aus dem Napfe
440 O0. Heinroth:
an, welches ich, um Gewöllbildung zu ermöglichen, in getrockneten
Ameisenpuppen gewälzt hatte. Die Hauptsache bei dieser Fütterung
ist, dass die einzelnen Fleischstücke sich nicht zu sehr zusammen-
ballen, denn der Vogel greift in das Futtergeschirr und fasst
einen Fleischklumpen, schlägt ihn dann gegen die Sitzstange und
behält nun günstigsten Falles nur ein Stückchen im Schnabel,
während die angeklebten gegen die Käfigwände fliegen und ver-
trocknen, der Futternapf ist auf diese Weise also gleich leer, ohne
dass der gewünschte Zweck, die Vögel zu sättigen, erreicht ist.
Meine Götzenlieste badeten sich nie, der Verwandte Dacelo thut
es bekanntlich sehr gern. Ihre Stimme liessen sie oft auch in
hellen Nächten, am meisten aber morgens und abends hören,
was recht hübsch klingt.
Alcedo ispidoides Less.
Diesen echten Königsfischer sah ich in grösserer Menge am
Henry-Reid Fluss, auch an einem kleinen Salzfluss und der Sumpf-
wiese bei Gunan-tambu an der Blanche -Bucht kommt er vor.
Abgesehen davon, dass er auch von Korallenblöcken herab am
Meeresufer fischt, ähnelt er in Stimme, Flug u. s. w. unserer A.
ispida vollkommen.
Im Januar erlegten wir nicht mausernde alte und junge
Vögel; im Februar zwei Stück, die beide mauserten; im April
erhielt ich 2 eben ausgeflogene Junge; im Mai einen mausernden
und einen im vollen Gefieder befindlichen Vogel, Dahl einen
ebensolchen im Juli. Nach diesen Thatsachen steht nur soviel
fest, dass A. :spidordes etwa im März und wahrscheinlich auch
im Spätherbst brütet, aus anderen Monaten fehlt es an Beob-
achtungen. Das Gewicht eines Männchens habe ich mit 28,5 g
notiert, der Magen enthielt Fische.
Ceyx sacerdotis Rams.
Meine Matupi-Jungens bezeichneten diesen Vogel nicht wie
die Dahl’schen Leute einfach mit Andiema = A. ispidordes,
sondern in richtiger Würdigung der Lebensweise des Tieres mit
„Andiema belong bush‘ oder aber mit „small fellow Angie“ = kleine
Tanysiptera. Er lebt im dichten Walde und ist einer der
hübschesten Vögel, die man im Bismarckarchipel findet, eine frisch
erlegte Ceyx ist ein entzückendes Tierchen.
Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 441
| Reichenow giebt bei dieser Art die Schnabelfarbe mit rot,
‚bei C. solitaria Tem. dagegen mit schwarz an und verwendet
diesen Unterschied auch im Bestimmungsschlüssel. Die 12 von
mir gesammelten Stücke haben nun einen schwärzlichen bis schwarz-
roten Oberschnabel und leuchtend roten Unterschnabel, letztere
‚ Farbe ist übrigens bei jüngeren Vögeln anscheinend etwas weniger
prächtig.
Dahl beobachtete im Januar ein Paar beim Nestbau und
erleste ein Weibchen im abgenutzten Gefieder. Meine Vögel
vom Mai und Juni mauserten alle bis auf 3, von denen 2 ein
sehr abgenutztes Federkleid tragen, also vor dem Federwechsel
stehen, es sind beides jüngere Tiere. Diese letzteren Thatsachen
deuten also auf eine Brutzeit um den Januar herum hin, zumal
ich auch nur sehr schwach entwickelte Keimdrüsen auffand, wie
dies ja nach Beendigung der Fortpflanzungsperiode die Regel ist.
Nach bestimmter, unaufgeforderter Aussage der Eingeborenen
nistet Ceyx häufig in den dicht über der Erde befindlichen Ter-
mitennestern, ähnlich wie Nasiterna pusio, nur mehr im dichten
Walde, wo dieser ja nicht vorkommt. Das Auge unseres Vogels
ist, ich vermisse diese Angabe in Reichenows Arbeit, dunkelbraun.
Der Mageninhalt bestand einmal aus einer sehr grossen
Spinne, sonst meist aus schwer erkennbaren, stark zerkrümelten
Heuschreckenresten, anscheinend häufig aus Grillen. Die nach
Geschlecht an Stärke nicht verschiedenen Vögel wiegen 20, 20,
21,5, und 5 mal je 22 g.
Meropidae.
Merops ornatus Lath.
Zwischen M. salvadorsw und M. ornatus besteht genau
dasselbe Verhältnis wie zwischen Haleyon tristrami und H. sanctus,
d. h. M. salvadoriv ist Brut-, M. ornatus Wintervogel im Bismarck-
archipel. Vom Dezember bis Ende Februar traf ich M. salvadorii zu
Paaren an der Blanchebucht nach Bienenfresserart auf erhöhten
Punkten über dem Graswald sitzend, aber immer nur vereinzelt,
d. h. nie in Schwärmen. Bei meiner Rückkehr von St. Matthias
Mitte April trat dann an denselben Orten, aber auch an Wald-
rändern, an dem kleinen Salzfluss u. s. w. M. ornatus scharen-
weise auf, überall ertönte sein „Brüb, brüb“, und M. salvadorvi
konnte ich nun nicht mehr herausfinden, ich nehme jedoch an,
442 O0. Heinroth:
dass letzterer wohl Standvogel ist. Auch M. ornatus verlebt |l
wie H. sanctus seine Mauserzeit in Neupommern, alle Stücke,
und es sind deren viele Dutzende, welche ich von April bis Anfang
Juni erhielt, waren in vollem Federwechsel und hatten sehr kleine
Keimdrüsen, auch hier verhielten sich junge und alte Vögel ganz
gleich. Ein von Dahl Anfang Juli gesammeltes Weibchen steht
am Ende der Mauser.
Das Gewicht von M. ornatus ist 27,5—30 g, also viel geringer
als das der folgenden Art mit 40 @.
Im Magen der Erlegten findet man vorwiegend Hymenopteren.
Die Bienenfresser, für den Neuling wegen ihres fast
gänzlichen Fehlens in Deutschland interessante Vögel, sind sehr
regsame Tiere, die wegen ihres vielen Fliegens und ihrer hübschen
Stimme recht auffallen. Sie jagen bekanntlich in ähnlicher Weise
wie die Fliegenschnäpper, fliegen aber mehr, d. h. betreiben
ihre Jagd nicht immer nur von einer Warte aus. Im Fluge
erinnern sie ganz entfernt, was die Aufeinanderfolge der Schwingen-
schläge betrifft, an unsern Star, d.h. auf einige rasche Bewegungen
der Flügel folgt ein schwebendes Gleiten, dabei ist der Flug
natürlich viel vielseitiger, leichter und durch raschere Wendungen
ausgezeichnet als bei dem heimischen Sturnus. In der Luft kommt
übrigens das Grün und Blau der Vögel viel weniger zur Geltung
als die rostfarbige Unter- uud Oberseite der Schwingen, welche
für alle eigentlichen Bienenfresser so charakteristisch ist.
Leicht verwundete Stücke, die ich bisweilen erhielt, benahmen
sich im Käfige recht vernünftig. Um sie zum Annehmen von
Nahrung zu bewegen, hielt ich ihnen mit der Pinzette eine
Küchenschabe vor, sie bissen danach, um mich abzuwehren,
fühlten sie dieselbe dann im Schnabel, so wurde sie sofort verzehrt.
Gleich derauf nahmen sie ohne Umstände jedes gereichte Insekt
von der Pincette. Ich habe mir keine Mühe gegeben, die Tiere
lebend mitzubringen, da sie der europäischen Art sehr ähneln
und dasselbe Benehmen haben wie diese, welche jahrelang im
Berliner Zoologischen Garten gelebt hat.
Merops salvadorii A. B. M.
Drei Stück im Beginne des Federwechsels sind aus dem
Dezember, zwei aus dem Februar mausern stark, die Brutzeit
dürfte also in unseren Sommer und Herbst fallen. Im übrigen
verweise ich auf das bei der vorigen Art von diesem Vogel
Coraciidae.
Eurystomus crassirostris Sel.
Ich erhielt sechs Vögel dieser Art, einen davon von der
Westküste von Neu-Mecklenburg, die übrigen aus der Gegend
der Blanchebucht. Sie sitzen auf freien Ästen hoher überstehender
Bäume und betreiben von da aus ihre Jagd auf Prachtkäfer, grosse
Hymenopteren, Baumwanzen und Heuschrecken, welche ich im
Magen vorfand. Alle meine Vögel vom Mai und Juni haben sehr
'kleine Keimdrüsen, 2 Stück tragen das erste Kleid im zum Teil
recht abgenutzten Zustande, die Alten mausern; die Brutperiode
war demnach bei diesen Tieren gerade beendet, fällt also wohl
vorwiegend in unseren Winter. Ein junges Männchen wiegt
132 g, andere Stücke 154, 185, 187 g. Das Schwarz auf dem
Schnabelrücken ist verschieden stark entwickelt und kann das
Rot fast verdecken. Während der Mauser schilfert die Horn-
schicht stark ab.
Caprimulgidae.
Caprimulgus macrurus Horst.
Diese weitverbreitete Nachtschwalbe lernte ich bei Singapore,
wo sie im botanischen Garten sehr häufig ist, kennen und sie
dann in der Folge, da sie einen äusserst auffallenden Ruf hören
lässt, leicht auffinden. Prof. Ridlay, der liebenswürdige Director
des botanischen Gartens dieser Stadt vergleicht die Stimme dieses
Ziegenmelkers treffend mit dem Geräusch, welches entsteht, wenn
man ein Stück Eis über eine glatte Eisfläche hinschleudert, diesen
Vergleich kennen die Eingeborenen Singapore’s natürlich nicht
und nennen den Vogel wegen seines klopfenden Tschuck, tschuck,
tschuck den ‚„Carpenter-Bird,“ indem sie an einen hämmernden
Zimmermann denken. Ausserdem hat der Vogel noch einen
anderen, mehr knarrenden Schrei. Beides klingt nicht unangenehm
und in der nächtlichen Stille sehr originell, kann aber auf die
Dauer, wenn ein Paar dieser Tiere die ganze Nacht neben dem
offenen Schlafzimmer sich unterhält, auch schliesslich lästig werden.
444 O. Heinroth:
Mit leisem, elegantem Fluge eilen sie schattenhaft dahin, von
einem niedrigen, freien, dickeren Aste über Grasflächen zum
anderen, dabei werden die weit gebreiteten Flügel sehr hoch |
über dem Körper getragen und der weisse Schwingenspiegel
kommt im Verein mit dem Weiss in den äusseren Steuerfedern
in dem entfaltenen Schwanze bei den Männchen sehr zur Geltung.
Am Tage findet man die Vögel auf dem Boden oft im dichtesten,
bebuschten Grase, sie stehen dann unmittelbar vor dem. nichts
Ahnenden auf und haben sich abfliegend durch Buschwerk gedeckt,
ehe man schussfertig ist. Auch den Erlegten findet man sehr
schwer. Dicht am Krater an der Blanchebucht erhoben sich
wenige Schritte vor uns aus ganz niederem Grase zwei eben
flügge Nachtschwalben nach verschiedenen Seiten, unser Präparator
und ich schossen gleichzeitig, und trotzdem ich mir den Punkt,
wo die meinige zur Erde gefallen war, genau gemerkt hatte,
brauchte ich doch eine ganze Weile, um den Vogel auf dem dunklen,
mit gelblichem Dürrgrase bedeckten und etwas bewachsenen
Boden zu entdecken, die andere, gleichfalls getroffene, fanden wir
trotz langen Suchens überhaupt nicht, da mein Präparator, in der
Absicht sich von dem Erfolg meines Schusses zu überzeugen, sich
umgesehen hatte und nicht, den Einfallsort starr im Auge be-
haltend, auf denselben zugegangen war.
Die eben erwähnten Jungen stammen vom December, Dahl
fand Eier im Oktober und November, Finsch Nestjunge von Anfang
August bis Ende November. Alte Vögel vom Januar und Februar
mauserten, eine Anzahl Stücke aus dem Mai hatten so stark
entwickelte Keimdrüsen, dass sie sicher unmittelbar vor der Ei-
ablage standen, nur ein besonders leichtes, noch unentwickeltes
Männchen (50 g) mauserte noch. Ein von Dahl im September
gesammeltes Männchen hatte ebenfalls reife Hoden. Bei diesem
Material aus allen Jahreszeiten lässt sich demnach mit Bestimmtheit
sagen, dass ©. macrurus vom Mai, vielleicht auch schon vom April
ab nistet, wahrscheinlich mehrere Bruten macht, die letzten Jungen
etwa Ende Dezember selbstständig sind, und von da ab bis Ende
März die Mauser im allgemeinen dauert. Das heisst also, einfacher
ausgedrückt: Der Vogel liegt das ganze Jahr seiner Fortpflanzung
ob, mit Ausnahme der in unseren Winter fallenden Mauserzeit.
Ein ähnliches Verhalten dürften sehr viele Vögel des Bismarck-
archipels aufweisen, nur fehlen uns von den meisten Arten die
sich über alle Jahreszeiten erstreckenden Daten. Die Nachtschwalbe
Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 445
mausert sehr rasch, nach Art unserer Singvögel etwa, und deshalb
bringt der Federwechsel eine Pause im Brutgeschäft mit sich,
Tauben und die meisten Papageien verhalten sich in letzterem
Punkte anders.
Die Männchen wiegen 50; 63; 64; 65 und 67 g, die Weibchen
60; 65; 65,5; 68g. Der Mageninhalt ist recht schwierig zu be-
stimmen, man erlegt die Vögel natürlich am Tage, nachdem sie
seit den letzten Nachtstunden nichts gefressen haben, die Nahrung
ist also schon verdaut. In allen Fällen fand ich stark zerklei-
nerte Käferreste.
Macropterygidae.
Macropteryx mystacea (Less.)
Auch der Bartsegler vertritt einen Typus, der uns Europäern
vollkommen fremd ist, der Name „Segler“ erfüllt mit falschen
Voraussetzungen. Unsere Segler sind sehr derbhäutige, straff
gefiederte Vögel, die nicht im Stande sind, auf einem Aste zu
sitzen, sondern nur fliegen, liegen und hängen können. Ihre
Klammerfüsse sind mit nadelscharfen Krallen bewehrt, welche die
Vögel auch zum Kampfe benutzen, und als Schutz gegen Feinde ist
wohl auch die dicke Haut der Tiere aufzufassen. Das Jugendkleid
ist von dem der Eltern kaum verschieden, und alle haben ein
ordentliches Nest, in dem sie nach Art anderer Vögel brüten.
Ganz anders die Gattung Macropieryx. In ihrer zarten Haut
und dem weichen Gefieder, den kleinen Füsschen und namentlich
dem braungefleckten Jugendkleide erinnern sie sehr an die Nacht-
schwalben. Anklammern kann sich der Baumsegler überhaupt
nicht, sondern er sitzt sehr aufrecht nach Art der Eisvögel, Bienen-
fresser u. Ss. w. auf einem hohen, dürren Aste und überblickt sein
Gebiet, um in weiten Bogen durch die Luft schiessend, hoch und
niedrig oft bis in die tiefe Dunkelheit seiner Jagd auf grosse, auch
stacheltragende Hymenopteren, fliegende Käfer, Baumwanzen und
Cicaden obzuliegen. In der heissen Tageszeit sitzt er auf dürren
Ästen in der prallen Sonne.
Ende Januar erhielt ich einen Nestvogel mit seinem Nest.
Letzteres, eine etwa fünfmarkstückgrosse, an den Rändern nur wenig
erhöhte Platte aus feinerem Gras, Federchen u. s. w., die fest verklebt
waren, wurde in natürlicher Lage auf ein Stück Holz befestigt,
und dieses in den oberen Rand eines Eimers geklemmt, sodass
der Vogel vollkommen frei sass und leicht transportabel war.
446 O. Heinroth:
Der im Anfang ganz braungefleckte Bartsegler wird allmählich.
dadurch grauer, bezüglich schwärzer, dass die grauen, bezüglich
schwarzen Wurzelteile der einzelnen Federn im Wachstum fort--
schreiten. Anfänglich schob ich ihm das in Schaben, Ameisen.
und Mehlwürmern bestehende Futter mit der Pinzette seitlich
durch den Schnabelwinkel in den riesigen Rachen, und bald
schnappte er in ruhiger Weise die vorgehaltene Nahrung selbst.
Gierig wie andere Jungvögel war er nie, vielleicht hängt dies
damit zusammen, dass bei Vögeln, welche nur ein Junges zur
Zeit ausbrüten, dieses nicht nötig hat, sich, um nicht zu kurz zu
kommen, vorzudrängen und daher ruhig die angebotene Nahrung
entgegennimmt. Das Tier gedieh zusehends und machte sich
öfter, namentlich gegen Abend, wo es auch seine den Alten gleiche
Stimme, ein fast bussardähnliches „Ju‘ hören liess, durch Flügel-
schlagen auf der Stelle Bewegung. Wenn der Vogel die Federn
des Kopfes sträubte, erhielt er ein ganz verändertes und sehr
interessantes Aussehen, dann kommen auch die weissen Gesichts-
streifen besser zur Geltung. Fleisch und Ameisenpuppen behagten
ihm wenig, und da ich auf einer Reise nach Neu-Mecklenburg
nicht viel anderes bekommen und ihn auch krankheitshalber nicht
fortwährend füttern konnte, ging er als nunmehr völlig flugfähiger
Vogel leider ein. In der letzten Zeit hatte er in einer Garten-
voliere seine Schwingen öfters versucht und sein Nest verlassen,
natürlich benahm er sich zunächst mit seinen langen im Flügeln
engen Raume recht ungeschickt.
Von Finsch und Dahl sind Nestvögel im Februar, Juni und
August beobachtet, trotzdem mir viele Dutzende dieser Vögel
vom Dezember bis Juni durch die Hände gegangen sind, habe
ich nie ein Stück mit sehr stark entwickelten Keimdrüsen gefunden,
dagegen mauserten von 38 daraufhin untersuchten erwachsenen
Bartseglern 32. Auch bei diesen Tieren findet man wie bei vielen
Tauben und Papageien oft neue und alte Federn in Flügel und
Schwanz ohne Jungfedern dazwischen, der Federwechsel scheint
also sehr langsam vor sich zu gehen und beeinflusst das sonstige
Verhalten der Tiere wenig oder garnicht. Da mir vom September
bis Dezember keine Beobachtungen vorliegen, so möchte ich die
Frage, ob unser Vogel nur vom Januar bis August nistet, noch
offen lassen. Nach den Mauserstücken zu urteilen, erscheint es
mir wahrscheinlich, dass dieser Segler das ganze Jahr hindurch
brütet.
Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 447
Der Mageninhalt ist bei der Aufzählung der Nahrungstiere
bereits erwähnt, die Gewichte sind folgende: Männchen: 54; 57;
57; 57; 60; 62; (juv., sehr fett!); 64; 68 und 72 g, Weibchen:
52, 53; 54; 55; 57; 58; 61; 62; 64 g.
Collocalia fuciphaga (Thunb.)
Ein Männchen mit sehr schwach entwickelten Hoden erlegte
ich am 6. II. in der Blanche-Bucht, im Magen fanden sich sehr
kleine Käferchen, der Vogel trägt ein ganz neues Federkleid und
wog gegen 13 g. Diese Salanganen sind äusserst häufig und
schwärmen nach Schwalbenart niedrig über Gras, Busch und
Wasser.
Collocalia francica (Gm.)
Ein Stück dieser Art erhielt ich im Mai, es mauserte nicht
und hatte sehr kleine Insekten im Magen, das Geschlecht war
nicht bestimmbar, überhaupt war der Vogel so beschädigt, dass
ich ihn nicht konserviert habe.
Collocalia uropygialis G. R. Gray.
In Nord-Neumecklenburg, dicht bei Kaevieng (Nusa) sind
weissbürzelige Salanganen überaus zahlreich, leider habe ich nur
eine erlegt, und diese weicht von ©. uropygialis dadurch etwas
ab, dass die Unterschwanzdecken nicht schwarzblau mit weissen
Rändern sind, sondern rein weiss, nur die grössten sind ganz
schwarzblau.
Diese für den Bismarckarchipel neue Salangane ist von den
Neu-Hebriden und Neu-Kaledonien bekannt.
Die Gesamt -Länge beträgt 98, Flügel 96, Distanz -+ 23,
Schwanz 42, Breite 220 mm, Gewicht 11 g.
Im Magen eine kleine grüne Fliege, der Vogel steht am
Ende des Federwechsels.
Eine andere, hellbürzlige Salangane wurde im Mai in der
Blanchebucht erlegt, sie mausert stark. Leider habe ich sie
nicht konserviert, es ist immerhin möglich, dass sie derselben
Art wie die Beschriebene angehörte.
Pittidae.
Pitta mackloti Tem.
Dahl erhielt Junge und Eier vom Januar bis April, die 5
Stücke, welche ich im Mai und Juni bekam, mauserten bis auf
448 O0. Heinroth:
ein anscheinend jüngeres Weibchen, welches aber auch, wie die.
andern Vögel, sehr kleine Keimdrüsen aufwies. Auffallend ist |
eine mausernde, von Dahl im Oktober gesammelte alte Pitta. |
Letzterer Forscher giebt die Brutzeit für die Monate Dezember—
April an, nach dem letzt erwähnten Vogel, und, da Material aus
den übrigen Monaten nicht vorliegt, möchte ich mich dieser An-
gabe noch nicht anschliessen.
Die Gewichte sind: Männchen: 71 g (juv. Übergang); 80;
89 g, Weibchen 67 g (juv.?) und 75 8. |
Im Magen der Erlegten fanden sich in einer schwarzen, an-
scheinend erdigen Masse: Käfer, Käferlarven, Heuschrecken und
ein kleines Schneckenhaus.
Wie bekannt, leben diese schönen Vögel auf dem dicht
bewachsenen Boden von Wald und Busch und sind sehr schwer
zu beobachten. Dicht vor den Füssen des Dahinwandelnden gehen
sie nach Hühnerart auf, und der rasch nachgesandte Schuss be-
schädigt sie, weil aus zu grosser Nähe wirkend, nur zu sehr oder
aber, die Prita ist, gedeckt durch den dichten Unterwuchs, ver-
schwunden, ehe man zu Schusse kam. Der weisse Handschwingen-
spiegel ist im Fluge ein gutes Kennzeichen des Vogels.
Pitta novaehibernicae Rams.
Während meines Aufenthaltes im März in Nord-Neumeck-
lenburg (Kaevieng) brachten mir Eingeborene mehrere Nester
dieses in unseren Sammlungen recht seltenen Vogels teils mit
nackten Jungen, teils mit Eiern. Ferner bekam ich am 9. ein
junges Männchen im Übergang zum Alterskleide, das also etwa
im Dezember ausgebrütet sein mag, und ein nicht mauserndes
altes Männchen anscheinend im frischen Kleide mit mässig ent-
wickelten Hoden. Nach diesen Thatsachen scheint die Brutzeit
mit der vorerwähnten, ihr sehr ähnlichen Art zusammenzufallen,
doch ist es ebensogut möglich, dass der Vogel, wie vielleicht auch
P. mackloti, auch in den übrigen Monaten, eventuell eine nicht
einmal bei allen Stücken gemeinsame Mauserzeit in unserem
Frühling abgerechnet, das ganze Jahr hindurch brütet. Das junge
Männchen wog 74, das alte 85 g. Im Magen fanden sich eine
Larve, schwarze, harte Käfer und vielleicht zufällig mit ver-
schluckte Pflanzenreste.
Zugleich mit einem Nest und Gelege von 2 Eiern brachte
ein Eingeborener den auf diesem gefangenen alten Vogel lebend.
Ornithologische Ergebnisse der ‚‚I. Deutschen Südsee Expedition.“ 449
Ich setzte ihn mit wenig Hoffnung, ihn zu erhalten, in einen ver-
hängten Käfig, wo er sich äusserst ruhig und teilnahmlos ver-
hielt. Nahrung verschmähte er vollständig. Nach einigen Tagen
flösste ich ihm, um ihn den Verlust von Freiheit und Brut ver-
sessen zu machen, etwas verdünnten Alkohol ein, leider etwas
zu viel, denn die Pitta wurde so betrunken, dass wir sie nach
einigen Stunden für tot hielten. Am nächsten Morgen sass sie
jedoch wieder aufrecht, und nach etwa eintägigem Fasten ent-
schloss sie sich, Kerbtiere und auch Fleischstückchen mit dürren
Ameisenpuppen aufzunehmen. An Bord ernährte ich sie dann mit
Küchenschaben, wovon sie täglich etwa 200 Stück verzehrte.
Leider rührte sie ausser Insekten nun nichts mehr an, und als
ich einmal den Versuch machte, sie zum Genusse von nach allen
Regeln der Kunst zubereitetem Weichfutter und Fleisch zu
zwingen, schien das auch ganz gut zu gehen, wenigstens war der
Futternapf immer bald geleert. Nach acht Tagen lag die Pitta
jedoch halbtot auf der Seite und war vollkommen abgemagert:
die Leerung des Futternapfes hatten die in den Tropen selbst
an Bord so häufigen, ganz kleinen Ameisen besorgt, der Vogel
aber hatte nichts gefressen. Durch Schaben und Mehlwürmer
wurde die Scharte wieder ausgewetzt, ich hatte aber das zweifel-
hafte Vergnügen, vom März bis Mitte October für die nötige
Ration von Phyllodromia zu sorgen, wobei es mir denn gelang,
den Vogel nach Berlin zu bringen, wo er noch ein halbes
Jahr lebte.
Ich habe nie einen langweiligeren Käfigvogel besessen als
diese „Blaubrustpitta.“ Sie war stets so wenig oder so sehr
scheu, dass sie sich ruhig greifen liess (bekanntlich sind auch
manche unserer europäischen Vögel in den ersten Tagen ihrer
Gefangenschaft so entsetzt über die neue Umgebung, dass sie
wie „angedonnert‘ ruhig dasitzen, und flattern erst, wenn sie einige
Zeit gekäfigt sind). Auch ungestört bewegte sie sich nur um zu
fressen, sie badete sich trotz täglich gebotener Gelegenheit nie-
mals und liess nur ein schnarrendes Geschrei hören, wenn man
sie griff. Tagelang konnte man warten, bis man einmal das Glück
hatte, ihr eine Bewegung absehen zu können. Bei sehr grossem
Hunger frass sie aus der Hand, dann war aber auch ihr Ende
nicht weit, und es war dann geraten, sie schleunigst tüchtig heraus-
zufüttern. Es ist leicht möglich, dass jung aufgezogene Vögel sich
besser halten und interessanter sind.
Journ. £. Orn. L, Jahrg, Oktober 1902, 30
450 0. Heinroth:
Hirundinidae.
Hirundo tahitica Gm.
Zwei Stück, beides Weibchen von 16 und 17 g Gewicht,
mit sehr kleinen Eierstöcken sind bei den „Bienenkörben“
(Blanche-Bucht) am 18. V. erlegt, sie mausern nicht, Fliegen und
Käferehen bilden den Mageninhalt.
Museicapidae.
Monarcha chalybeocephala (Gurn.)
Ausser den Monaten März und April, an welchen ich den
Vogel nur sehr spärlich erhielt, es mir also an Material fehlt,
haben Dahl und ich Nester mit Eiern und Jungen das ganze
Jahr hindurch erhalten. Auffallend ist mir Dahis Angabe,
dass das Gelege stets nur aus 2 Eiern bestehen soll, ich habe
2 Bruten mit je 3 Jungen bekommen. Der Vogel scheint dem-
nach wirklich das ganze Jahr hindurch mit seiner Fortpflanzung
beschäftigt zu sein, denn mausernde Vögel sammelte ich im
December, Januar, Februar und April, aus der übrigen Zeit habe
ich kein genügendes Material. Die Mauserperiode ist also indi-
viduell verschieden, und in der Zeit, wo ein Paar brütet, wechselt
das andere die Federn. Ich glaube, dass dieses Verhältnis bei
sehr vielen Vögeln, des tropischen, gleichmässigen Inselklimas statt
hat, nur sind die Nester eben nicht so leicht zu erhalten wie
z. B. bei diesem Vogel und Ahipidura tricolor. Ein im Juni
erbrütetes Junges wird sich eben wieder um ein halbes Jahr
früher sein Nest gründen als das im December dem Ei entschlüpfte
Paar. Eine genauere Aufzählung der Vögel mit frischem und
mit abgenutztem Gefieder, der Entwicklung der Genitalien u. S. w.
ist demnach überflüssig, es kommt eben alles durcheinander vor.
Die Männchen wiegen 24; 25; 28; 28 g, zwei Weibchen je22 und 23 g.
Im dichteren, von Grasland unterbrochenen Busch, an mit
Kokos bestandenen Baumwollpflanzungen, Hecken u. s. w. ist
dieser schöne, durch die Verschiedenheit in der Eärbung der
Geschlechter so auffallende Fliegenschnäpper recht häufig. Ich
möchte hier bemerken, dass der Schnabel nicht, wie Reichenow
angiebt, schwarz ist, sondern bei beiden Geschlechtern schön
emaille-blaugrau mit abgesetzter schwarzer Spitze und der Rachen
ein leuchtendes Orangerot aufweist; das Auge ist dunkelbraun.
Auch das Kopfgefieder der Jungen hat fast denselben Glanz wie
Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 451
das alter Vögel, und ich war nicht im Stande, junge Männchen
im 1. Kleide durch mattschwarze Kopfplatte von alten Weibchen
zu unterscheiden. Unser Vogel ist ein recht guter, flötender
Sänger, der im Ärger ein rauhes Rätschen hören lässt, der Lockton
ist ein wiederholt in gleichmässiger Weise ausgestossenes Pfeifen:
„tutt, tutt, tutt“ u. s. w. Er ist in seiner Lebensweise etwa ein
Mittelding zwischen Grasmücke und Fliegenschnäpper, macht aber
einen viel selbstbewussteren Eindruck. Das Nest ist gerade kein
Kunstbau, so recht ein typisches Vogelnest, wenn ich so sagen
darf, und steht unter und in Gesichtshöhe in einer Astgabel.
Käfer bilden neben anderen Insekten die Hauptnahrung.
Am 31. I. erhielt ich ein Nest mit 3 kaum halbflüggen
„bokupak’s,“ die bald sperrten und lebhafte, muntere Vögelchen
wurden. Auffallend ist, dass schon die Nestjungen neben dem
‚Ruf nach Futter bereits den eigentlichen Lockton, das pfeifende
„Lutt, tutt, tutt“ ausstossen, meist mit gesträubter Kopfplatte, was
ihnen sehr gut steht. Ich fütterte sie mit Schaben, Fleisch und
Ameisenpuppen, Mehlwürmern u. s. w., und bald verliessen sie,
flugfähig, aber noch mit kurzen Schwingen das Nest. Als ich 14
Tage in Matupi wohnte, bezogen sie einen kleinen Flugkäfig im
Freien, aus dem öfters einer entwischte, sich aber dann ruhig
wieder greifen liess. Ihrem etwas würgerartigen Aussehen entsprach
‚dabei der Umstand, dass die beiden Geschwister in solchen Fällen,
nachdem der Flüchtling nach ganz kurzer Abwesenheit wieder in
den Käfig kam, wütend über den Ausreisser herfielen, als wäre
er ein fremder Vogel. Ich nahm die Tiere dann mit nach Nusa,
leider fielen dort zwei den zahlreichen Katzen des kaiserl. Stations-
chefs, bei dem mein Präparator und ich so schöne Tage der
uneigennützigsten Gastfreundschaft verlebt und so liebenswürdige
Pflege in schwerer Malaria gefunden hatten, zum Opfer, dem
dritten schenkte ich die Freiheit. Ein Pokupak, welcher nach
etwa weiteren 14 Tagen plötzlich durchs Fenster im Zimmer
erschien und nach einem Rundflug wieder blitzschnell verschwand,
war wohl sicher der Ausgesetzte, wenigstens habe ich sonst niemals
in der Nähe des Gebäudes seinesgleichen bemerkt.
Monarcha menckei n. sp.
(Taf. IX Fig. 1).
Dieser neue Fliegenschnäpper stammt von St. Matthias aus
dem März und ist auf dieser Insel ziemlich häufig. Leider ist
30*
452 O0. Heinroth:
nur ein Stück, welches Herr Kothe, noch bevor ich das Lager bezog, ,
an Bord brachte, erhalten worden, ebenso wie von Rhipiduranı
matthiae n. sp. Dieser hübsche, fast weisse Vogel mausert stark‘.
und hat noch einige Federn des Jugendkleides. =
Diagnose: Stirn, Kehle, Augenrand und ein Ohrfleck, die‘
Schwingen mit Ausnahme der 3 innersten Armschwingen und die
beiden mittleren Schwanzfedern jederseits sind ganz schwarz, die
4 äusseren Steuerfedern schwarz mit weissem Spitzenfleck. Die
Deckfedern des Flügels sind schwarz mit weissem Fleck auf der
Aussenfahne, die innersten ganz weiss. Alles Übrige ist weiss,
die Federn der Unterseite mit schwarzer Wurzelhälfte. Schnabel
hellgrau mit schwarzer Spitze. Füsse grauschwarz. Lg. "7
|
|
|
Fl. 76, Schw. 76, Schn. 11, L. 20 mm.
Monarcha inornata Gurn.
Wir untersuchten 6 Stück von der grossen Crednerinsel’
aus dem Februar. Alles waren ganz frisch vermauserte Vögel, ,
Männchen, davon 2 mit ziemlich reifen Hoden, bei einem Exemplar
war nur der linke entwickelt, der rechte dagegen sehr klein. Die‘
Brutperiode schien demnach gerade ihren Anfang zu nehmen,
da wir diese Vögel jedoch meist in dem dichten Blätterwerk mit‘
dem Ohre an ihrem zischenden, etwa dreiteiligen Gesange bemerkten, |
so haben wir vielleicht auch gerade immer die reifen, daher‘
sangeslustigen, ausgemauserten Tiere erlegt, was schon deshalb
wahrscheinlich ist, weil wir Weibchen gar nicht bekommen haben.
Im Magen fanden sich meist fliegende Kerfe, viele Hymenopteren,
aber auch nackte Raupen. Das Auge ist dunkelbraun, der Rachen
blauschwarz. Die Vögel wiegen 22—24 9.
Auch diese Monarchu betreibt ihre Jagd wie ihre Gattungs-
verwandten im halbhohen, dichteren Geäst, mehr von Ast zu Ast
fliegend als in der Weise unserer eigentlichen Muscicapa-Arten
von einer Warte aus.
Monarcha fulviventris Hartl.
Ein von der Portlandinsel bekanntes Stück, welches mit
dieser von Hartiaub für die Schachbrettinseln beschriebenen Art
identisch ist, entspricht vollkommen den von mir auf Nuungan
bei Kapoteron, auf Nakung und bei Kaevieng (Nusa) Ende Februar
und Anfang März gesammelten Vögeln. Die Masse eines frisch
vermauserten Männchens sind: Länge 183, Flügel 85, Dist. —50,
Schwanz 79, Breite 266 mm.
Ornith logische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 453
Schnabel emaillefarben-grau bis schwarz, unten heller, Rachen
‚elbweiss, Füsse blaugrau, Auge dunkelbraun.
Die Erlegten waren fast alle in frischem Gefiederodermauserten
foch. Unter acht daraufhin untersuchten Stücken befand sich
‚in geschlechtsreifes Männchen, die andern hatten sehr kleine
eimdrüsen. Die Vögel wiegen 20,5—26 g, der Mageninhalt
esteht aus Insektenteilen, worunter sich auch kleine Heu-
Monarcha chrysomela (Less.)
Ich untersuchte 7 dieser prächtigen Vögel, welche ich bei
(#Nusa (Kaevieng) im März erlangte. In der Beschreibung ist
hhachzutragen, dass sich unter dem Auge ein weisser Fleck befindet,
/vas Salvadori, nicht aber Reichenow erwähnt, das Auge ist
Junkelbraun.
Das noch unbeschriebene Weibchen ist unten nicht so rein
Ähochgelb wie das Männchen, die Oberseite ist einfarbig oliven-
/braungelb, Schwanz und Schwingen sind graubraun, aussen oliven-
!selb gerandet. Der weisse Fleck unter dem Auge ist vorhanden,
alle schwarzen Abzeichen fehlen. Der junge Vogel gleicht dem
j ‚Weibchen, doch ist der Schnabel gelblich, an der Spitze schwarz.
®Die Männchen wiegen 16; 16,5; 17; 17,5 und 19 g, ein Weibchen
717 g. Im Magen fand ich namentlich Käferreste, Cicaden und
jeine nackte Raupe. Alle sind im ganz frisch angelegten Feder-
kleide oder am Ende der Mauser, dabei ein junges Männchen im
|Übergang, die Geschlechtsorgane sind bei allen Stücken sehr
klein, von Ende Januar bis Mitte April dürfte also, nach vorliegendem
‚ Material zu urteilen, mindestens eine Pause im Brutgeschäft dieser
Vögel eintreten.
Dieser in seinen Bewegungen anderen Monarcha-Arten
ähnelnde Fliegenschnäpper lebt im dichten Geäst niedrigeren,
d. h. etwa 5—10 m hohen Busches.
Myiagra novaepomeraniae Rehw.
Den ersten Vogel dieser von Reichenow nach einem von
Dahl gesammelten Weibchen beschriebenen und abgebildeten Art
erhielt ich am 2. II. an der Blanche-Bucht, das Geschlecht konnte
wegen der starken Schussverletzung nicht festgestellt werden,
doch ist das Tier der Färbung nach sicher ein Weibchen, es
mausert stark und steht etwa in der Hälfte des Federwechsels,
454 O0. Heinroth:
der Magen enthielt feinere Insektenteile. Der Schnabel ist an
der Wurzel emaille-blaugrau, sonst schwarz, Füsse schwärzlich,
Auge dunkelbraun. i
Das zweite zu meiner Sammlung gehörige Stück, welches”
ich mit Bestimmtheit für das hiermit neu aufgefundene Männchen
von M. novaepomeraniae halte, stammt aus derselben Gegend
vom 18. V. Es mausert ebenfalls sehr stark, hat sehr kleine
Hoden, und der Magen enthielt undefinierbare Kerfreste. F
Die Beschreibung dieses zweiten Vogels, der dem ersten, einem
typischen Vertreter seiner Art, in der Form aller Körperteile
bis auf das Genaueste gleicht, ist folgende: Oberseite grauschwarz,
jede Feder, namentlich am Kopfe, mit stahlblauem Glanz, auf dem E
Bürzel einige weissliche Federn, Kehle und Kropf blauschwarz h
glänzend, übrige Unterseite weiss. Schwingen schwärzlich, die
inneren innen weiss, aussen mit Stahlglanz gesäumt, Untertlügel-
decken dunkelgrau mit breiten weissen Rändern, Schwanz schwarz
mit Stahlglauz. Schnabel dunkelemailleblau, Füsse schwärzlich,
Auge dunkelbraun. Die Massverhältnisse beider Stücke stelle
ich zum Vergleiche in Millimetern zusammen: |
Gesamtl. Flügel Schw. Dist. Breite Lauf Schn. Gew.
Männchen 187 grdigl. v1n40 7 93738 | 17°) 12 N
Weibchen 182 86 771 :485.258 17 13 IT
Der um ein Vierteljahr differierende Federwechsel beider
Vögel lässt die Annahme zu, dass von einer typischen, abgegrenzten
Brutzeit wohl auch nicht die Rede sein kann. |
Rhipidura tricotor (Vieill.)
Der gemeine Fächerschwanz (nicht etwa dreifarbige: irscolor !),
dessen Brutzeit Dahl in unsere Herbstmonate verlegt und dessen
von Finsch im August beobachtete Mauser er für abnorm hält,
ist mir wieder ein Beweis, dass die im Bismarckarchipel kaum
merkbaren Unterschiede der Jahreszeiten kaum oder oft gar
nicht auf viele Vögel einwirken. Eier, Junge und Vögel mit
brutreifen Keimdrüsen sind im Februar, März, April, Mai (Juni —
August fehlen Beobachtungen), September, November und December
beobachtet, mausernde und geschlechtlich unentwickelte Stücke
kenne ich vom Januar, Mai, August und December. Aus den nicht
erwähnten Monaten mangelt es nur an Vergleichsmaterial, man
würde jedenfalls unschwer zu allen Zeiten brütende und mausernde
Rhipiduren finden können. Es gilt hier eben das schon bei
Ornithologische Ergebnisse der ‚‚I. Deutschen Südsee Expedition.“ 455
Monarcha chalybeocephala Erwähnte. Im Magen findet man recht
häufig wespenähnliche Hymenopteren und ausserdem andere, meist
fliegende Insecten. Das Gewicht eines Männchens betrug 34 g,
ein jüngeres Weibchen wog 27, zwei andere 28 und 35 g@.
Der Angabe Studers, dass der Vogel in seinem Gebaren
ganz an die Bachstelze erinnere und in der Nähe des Wassers
‚häufig sei, kann ich nicht so ohne weiteres beipflichten. Den
' Fächerschwanz trifft man überall, wo es freie Flächen mit vielen
‚fliegenden Insekten und niedrigen Warten giebt, von denen aus er
seine Jagd betreibt, einerlei ob dies ein paar dürre Äste im
' Grasland sind, oder ein Zaun an einem Hause oder ein liegender
Stamm an einem menschenleeren, flachen Fluss- oder Meeresufer.
_ Wenn auch recht gut zu Fuss, ist er doch kein Läufer wie eine
' Bachstelze, und namentlich seine Schwanzbewegung ist eine von
den Stelzen sehr verschiedene. Die Steuerfedern werden durchaus
nicht so gebreitet, wie man dem Namen des Vogels nach vermuten
könnte, sondern etwa halbgeschlossen getragen, der Schwanz aber
mehr hin und her als von oben nach unten bewegt.
Immer ist dieser Vogel in Bewegung, die glühendste Mittags-
sonne scheut er nicht, und ich habe seinen Gesang buchstäblich
zu jeder Stunde des Tages und der Nacht vernommen. Der
Fächerschwanz ist nirgends scheu und schon deshalb so auffallend,
durch den langen Schwanz sieht er grösser aus als er ist, und
seine verschiedenen Stellungen, verbunden mit seinem Vorkommen
an so verschiedenen, Orten bringen es mit sich, dass man ihn oft
versehentlich mit einem Schusse herunterholt, ohne es auf ihn
abgesehen zu haben. Sehr häufig sieht man die meist paarweise
oder mit ihren Jungen anzutreffenden Vögel im Kampfe mit ihren
gleichartigen Nachbaren, der dann gewöhnlich mit wütendem
Gesang begleitet wird. Letzterer erinnert entfernt an unsere
Rotschwänze, wenigstens was das Rauhe, Zischende in deren Vortrag
anlangt. Wenn auch individuell verschieden, so kann man doch
sagen, dass die Strophe des Fächerschwanzes bei der angegebenen
Klangfarbe einen meist aus 3--5 Tönen bestehenden Triller
darstellt. Wesentliche Abwechselung, etwa wie unser Garten-
rotschwanz, kennt dieser Sänger nicht, pfeifend-flötende Töne fehlen
ihm ganz.
Bei dem Nest des Fächerschwanzes verdient der Umstand
Beachtung, dass sich dasselbe bisweilen vollkommen frei auf
einem abgestorbenen Bäumchen dicht über dem Graswald befindet,
456 O0. Heinroth:
also der Sonnenbestrahlung in der vollkommensten Weise aus-
gesetzt ist. Manchmal sind ein paar dürre Blättchen darüber,
aber ein wirksamer Insolationsschutz wird durch sie nicht er-
reicht. Gerade über diesen Graswiesen kann eine furchtbare
Hitze herrschen, oft sind sie durch Busch u. s. w. vor jedem
Winde geschützt, und die Sonne glüht unbarmherzig in die
trockene Landschaft. Ein dicht vor uns aus dem mannshohen
Graswald auftauchender Cistensänger (Cistöcola exilis) betrachtet
den Eindringling von einem höheren Halme herab mit vor Hitze
weit geöffnetem Schnabel, um möglichst bald wieder im Schatten
des Alang-Alang zu verschwinden: und in dieser Glut liegen
offen die Eier und Jungen von Rhipidura tricolor. Auf einem
allerdings spurweise beschatteten Neste traf ich trotz häufigen
Besuchs nie einen der Eltern, trotzdem es nicht verlassen war,
und ich die Entstehung des Geleges beobachtet hatte, hier
brüteten die Eltern offenbar nur des Nachts. Ob bei gar nicht
geschützten Nestern durch den brütenden alten Vogel die Eier
vor Überhitzung durch die Sonne behütet werden, oder eben
einfach zu Grunde gehen, erfordert weitere Beobachtungen.
Soviel weiss ich, dass junge, noch im Nest befindliche Fächer-
Schwänze, welche man selbst aufzieht, eine minutenlange Be-
sonnung sehr lieben und sich mit Wonne dieser hingeben, sehr
bald aber mit knapp angelegten Federn und geöffnetem Schnabel
ihr Verlangen nach Schatten ausdrücken. Dass die alten Vögel
in der drückendsten Mittagssonne ruhig oder vielmehr sehr leb-
haft ihrer Jagd obliegen, habe ich oben schon erwähnt. Dabei
ist doch das gleichmässige, glanzlose Schwarz der ganzen Ober-
seite nach unseren Begriffen die denkbar unzweckmässigste Farbe
für eine solche Lebensweise! Im allgemeinen Teile werde ich
auf diese Verhältnisse noch einmal vergleichend zurückkommen.
Thipidura setosa (Qu. Gaim.)
Mausernde Stücke erhielt ich im December, Januar, Februar,
April und Mai, aus den übrigen Monaten habe ich kein Vergleich-
material. Junge und Eier, bez. Vögel mit reifen Keimdrüsen sind
vom Januar, Februar, Mai, Juli und Oktober bekannt, für die
Brutzeit gilt also wohl das bei der vorigen Art Gesagte. Der
Vogel wiegt etwa 15—16 g, das Auge ist dunkelbraun. Der
Mageninbalt besteht im allgemeinen aus kleineren Insekten als
bei Rh. tricolor.
Ornithologische Ergebnisse der „I. Deutschen Südsee Expedition.“ 457
Ich möchte diesen Vogel in seiner Bewegungsweise am
meisten mit unserem Trauerfliegenfänger vergleichen, er hält sich
meist in mittlerer Baumhöhe auf, nur lebt er mehr im dichten
Gezweige, worauf schon der längere Schwanz hindeutet. Auf
Neumecklenburg hörte ich in den ersten Morgenstunden einen sehr
hübschen, aber einförmigen Gesang von diesem Vogel, ein klares,
schönes Pfeifen, das wie der Anfang einer Melodie klingt. In
seiner Lebhaftigkeit gleicht der „graue Fächerschwanz‘“ dem ge-
wöhnlichen.
khipidura matthiae n. sp.
(Taf. IX Fig. 2).
Ein unter denselben Umständen wie Monarcha menckei in
meinen Besitz gekommenes Stück dieses auf St. Matthias nicht
seltenen Vogels hat viel Ähnlichkeit mit Rhipidura dahli Rchw.,
von welcher Art nur ein von Dahl in Ralum gesammeltes Weibchen
vorliegt. Der St. Matthias-Vogel weicht aber in einigen Stücken,
die wohl kaum als secundäre Geschlechtscharaktere aufzufassen
sind, von ihm ab, und ich beschreibe denselben daher unter
obigem Namen-folgendermassen:
Vorderkopf und ein die Kehle jederseits begrenzender
Streifen weiss, Kopf und Kehle, desgleichen ein ganz schmales
Stirnband schwarz, Oberrücken dunkel kastanienbraun, Unter-
rücken und Schwanz lebhaft rotbraun, Kropf schwärzlich, Bauch-
mitte bräunlichweiss, Seiten mehr graubraun, Unterschwanzdecken
hellrotbraun. Schwingen braunschwarz, die innersten Armschwingen
sehr breit, die äusseren und die vier inneren Handschwingen
schmaler rotbraun gerändert, Innenrand gelbbraun, Unterflügel-
decken gelblichweiss. Schnabel schwarz, Füsse schwarzbraun.
Länge: 171, Fl. 70, Schw. 81, Schn. 11, L. 17 mm.
Das beschriebene Stück mausert nicht und trägt ein mässig
abgenutztes Gefieder.
(Fortsetzung folgt.)
458
E. Arrigoni Degli Oddi. Atlante Ornitologieo.
Uecelli Europei. Milano 1902.
Von Sp. Brusina.
Giebt es ein Buch, dessen Haupttitel mit dessen Inhalt nicht
gut übereinstimmt, so ist es das Werk meines Freundes, Professors
Ettore Arrigoni, denn dies ist weniger ein Atlas, als viel mehr
eine vollständige Ornis Europas. Nur wer das Vergnügen hatte
mit ihm zu verkehren, nur wer ihn kennt, kann die Bescheidenheit
des italienischen Aristokraten schätzen. Bekannterweise hat Italien
sehr viele Dilettanten, dagegen aber nicht viele Ornithologen von
Fach. Dennoch, die Namen eines Salvadori, eines Giglioli können
einem ganzen Lande genügen; besser wenige und gute, als viele
und darunter unberufene. Während meines Aufenthalts in London
wurde uns gesagt, die englischen Ornithologen halten den Grafen
Salvadori für den tüchtigsten Ornithologen der Gegenwart. Nun
tritt Graf Arrigoni als der Dritte in den Bund.
Graf Ettore Arrigoni entstammt einer uralten Aristokraten-
Familie, welche aus Deutschland nach Italien gewandert ist.
Ettore hat sich schon als fünfzehnjähriger Jüngling der Ornitho-
logie gewidmet. Sein Vater, Graf Oddo, beobachtete mit Freude
die schönen Anlagen seines einzigen Sohnes. Man muss nämlich
wissen, dass der alte und noch immer rüstige Herr, seiner Zeit
eine kleine Sammlung, hauptsächlich exotischer Vögel angelegt
hat, vielfach schriftstellerisch thätig war, und wie wir sehen werden,
auch Ornithologie betrieb. Graf Oddo war ein fleissiger Besucher
der italienischen Gelehrten -Congresse, wo bekanntlich ausser
Wissenschaft, privatim auch Politik getrieben wurde, welche endlich
zur Einigung Italiens geführt hat. Wäre dies nicht der Fall
gewesen, So hätte man wohl nicht einmal den berühmten Zoologen
Carlo Luciano Bonaparte, Prinzen von Canino und Musignano
nicht schon an der damaligen Österreichischen Grenze ausgewiesen,
als derselbe am Gelehrten-Congresse in Venedig teilnehmen wollte.
Heute ist Dr. E. Arrigoni der glückliche Besitzer einer
grossen ornithologischen Bibliothek, worunter ganze Serien und
seltene selbständige Werke sich befinden. Seine Sammlung ist
die grösste Privatsammlung Italiens. Ausser einer sehr schönen
Sammlung ausgestopfter Vögel, hat er auch eine grosse Sammlung
Bälge angelegt, wo die einheimische Ornis vorzüglich vertreten
Atlante Ornitologico. Ueccelli Europei. 459
ist, und mit der bekannten italienischen Centralsammlung Giglioli’s
wetteifern kann. Heute zählt Arrigoni’s Sammlung weit über
8000 italienisch-europäische Vögel. Es giebt wenige Sammlungen
so ausgewählter, so schön und höchst rein gehaltener Exemplare,
wie die seinigen sind.
Arrigoni, obwohl Verfasser einer stattlichen Anzahl ornitho-
logischer Arbeiten, hat kaum daran gedacht, sich an ein solches
Werk zu wagen. Nur dem grossen Unternehmungsgeist des
Verlegers ist es zu verdanken, wenn die Litteratur Italiens und
der ganzen Welt durch so ein Werk bereichert wurde. U. Hoepli
hat nämlich das Recht erworben, die 48 colorierten Tafeln von
Arnold’s „Die Vögel Europas“ zu einem ähnlichen Buche zu be-
nützen. Die Wahl konnte kaum auf einen anderen Autor fallen,
denn nur Dr. Ettore hat seine ganze Zeit dem Lieblingsfache
widmen können. Nach reifem Bedenken hat er zugesagt; mit
Liebe und bewunderungswürdiger Geduld in einer relativ sehr
kurzen Zeit das Werk zu Ende geführt.
Das Buch in Grosslexikenformat besteht aus zwei Teilen;
nämlich der erste Teil aus XIX und 165 S., der zweite Teil aus
XXV und 567 S., zusammen also 776 S., 48 colorierten Taf. von
Arnold, 2 color. Originaltafeln von Prof. B. Lava und 210 Figuren
im Texte, darunter ebenfalls sehr viele Originale von benanntem
Professor.
Nach der Widmung „den lieben Eltern“ und einem kurzen
Vorwort folgt der allgemeine Teil, in welchem die äussere Structur
der Vögel ausführlich beschreibt und durch viele Abbildungen
erläutert ist. Nachher folgen einzelne kurze Kapitel über Mimi-
cry, Dimorphismus, Hybridismus u. s. w. Die geographische
Verbreitung der Vögel wird ebenfalls ausführlich behandelt und
durch eine kleine Weltkarte nach Sharpe veranschaulicht. Auch
die neuesten Ansichten der Autoren werden berücksichtigt. So
u. A. auch jene von meinem Freunde Dr. Trouessart aus Paris,
welcher, meiner Ansicht nach ganz zutreffend, zu den früher auf-
gestellten noch eine eigene arktische und eine antarktische Region
unterschieden hat. Arrigoni meint, diese zwei Regionen sind wohl
sanz begründet, aber vom ornithologischen Standpunkte nicht
notwendig. — Dies kann ich nur für die arktische Region unter-
schreiben, welche weniger durch das Vorkommen eigentümlicher
Säugetiere als Vögel sich auszeichnet; wogegen die hochnordischen
Vögel, durch die Nähe der rund herum liegenden Kontinente,
460 E. Arrigoni Degli Oddi:
ganz natürlich zur nearktischen und paläarktischen Region hin-
fliegen. Dies ist aber nicht der Fall bei der antarktischen Region,
die gerade durch das Vorkommen mehrerer Seevögel, haupt-
sächlich aus der Ordnung der Impennes oder Spheniscomorphae,
ganz besonders gekennzeichnet wird.
Aus kindlicher Liebe und feinfühlender Verehrung hat der
Autor eine von seinem Vater vor vielen Jahren veröffentlichte
Arbeit über die Wechselbeziehungen der Vögel zur Landwirtschaft
auf S. 34—38 aufgenommen. Doch besorgt, dass die damaligen
Ansichten seines Vaters heute vielleicht nicht mehr zutreffend sein
könnten, folgt eine von Prof. Ghigi erbetene und verfasste Ab-
handlung, welche den Leser mit dem heutigen Stande dieser
Frage eingehend vertraut macht.
In besonderen Capiteln wird die Wanderung, der Gesang,
das Nisten der Vögel behandelt, und durch sehr passenden
Bilder illustriert.
Die in Italien am meisten üblichen Fangmethoden werden
der Reihe nach beschrieben. Die Aufsätze über die Jagd, be-
sonders der Wasservögel in den Lagunen von Venedig, sind
höchst anziehend; hier beschreibt Arrigoni nur selbst Erlebtes,
denn die Familie ist im Besitze einer „Valle,“ d. h. jenes Teiles
der Lagune, welcher sich „Valle Zappa“ nennt, wo sie ein grosses
Jagdhaus, wie gewöhnlich „Casone“ benannt, inne hat, und wo all-
jährlich die sogenannte „Cacecia di botte‘“ aus einigen im Lagunen-
grunde eingebetteten Fässern betrieben wird; Jagden welche dem
Lagunenbesitzer mehrere Tausend Lire, hauptsächlich für wilde
Enten eintragen.
Nicht weniger anziehend ist die Beschreibung der Jagden,
welche Graf Ettore im vorigem Jahre in Sardinien unternommen
hat, um die Ornis der Insel kennen zu lernen und seine Sammlung
mit Gypaetus barbatus (L.), Falco eleonorae Gene, Sturnus uni-
color La Marmora, Larus audouini Payr. u. s. w. zu bereichern;
bei welcher Gelegenheit, vom Sturme überrascht, er sich in
ernster Lebensgefahr befand. Die zwei lebendig geschriebenen
Capitel sind durch 12 Bilder im Texte, nach selbst aufgenommenen
Photographien, illustriert. Auf S. 73 und 76 ist der Autor mit
seinem Präparator Vittorio Dal Nero im Bilde zu sehen. Es
möchte zu weit führen, hier auch nur im Auszuge über diese
Atlante Ornitologieo. Uecelli Europei. 461
interessanten Jagden zu berichten. Diese Capitel sind aber
jedenfalls einer deutschen Übersetzung wert.
Ausführlich wird die Systematik der Vögel behandelt.
Die Hauptsysteme werden vollinhaltlich wiedergegeben. Wenn
man bedeukt, dass das Buch hauptsächlich auch für angehende
Ornithologen geschrieben ist, so muss man dies gewiss gut heissen,
denn nur zu oft ist die Litteratur selbst dem Ornithologen von
Fach mehr oder weniger unzugänglich.
Ein eigenes Capitel ist einem historisch-bibliographischen
Überblicke der europäischen Ornithologie gewidmet. Arrigoni
Vater hat solch’ eine Arbeit in den Schriften des ersten und
ältesten Naturforscher-Vereines Italien’s in Mailand im Jahre 1867
begonnen, in einer in Rovigo gedruckten Broschüre (1873) fort-
gesetzt, aber nicht zu Ende geführt. Arrigoni Sohn nimmt die
schon vom Vater schön und anmutig geschriebenen Geschichten auf,
und von Gerini angefangen, führt er sie zu Ende.
Ein Verzeichnis der europäischen ornithologischen Litte-
ratur (S. 132—167) und speciell der Litteratur Italien’s nach
Gegenden zusammengestellt (S. 148—165) schliesst den ersten
Teil des dickleibigen Bandes, welcher aus 165 Seiten besteht.
Selbstverständlich hat der Autor nicht im Sinne gehabt, die ganze
europäische Litteratur anzugeben, aber die Liste der italienischen
Schriftsteller ist vollständig, und man muss wissen, dass die
allermeisten der verzeichneten Bücher und Abhandlungen sich in
seiner eigenen reichhaltigen Bibliothek befinden. — Hier, glaube
ich, ist der Autor in einen Widerspruch geraten. Auf S. 125
sagt er ausdrücklich: „la Dalmazia secondo me, non puo com-
pararsi nei riguardi scientifici al nostro paese, pel solo fatto
che parecchie specie orientali vi sono frequenti o vi comparis-
cono di tratto in tratto.“ Danach müssten wir also meinen,
dass der Autor Salvadori und dem gerechteren Teile der italie-
nischen Naturforscher folgt, welche sich an die ethnographisch-
geographischen Grenzen haltend, Dalmatien und die dalmatinischen
Vogel-Arten in eine Fauna Italien’s nicht aufnehmen. In der
kurz gefassten Übersicht des jetzigen Standes unserer Kenntnisse
über die Sammlungen und die Ornis Italien’s erwähnt Arrigoni
ebenfalls nicht Dalmatien. Bei der Aufzählung der ornitho-
logischen Litteratur nach den italienischen Regionen hat aber
der Autor eine Anzahl Arbeiten — mehrere fehlen — auf 8.
152 unter Dalmatien aufgeführt, obwohl es heute ausgeschlossen
462 E. Arrigoni Degli Oddi:
ist, dass Dalmatien zu den irredenten Ländern gehören kann. Ja
noch Dante hat die Grenze Italien’s gegen Osten genau, wie
noch heute gültig, festgestellt:
„si com’a Pola presso del Quarnero,“
„Ch’Italia chiude e i suoi termini bagna,“
Andere Arbeiten, welche zur Litteratur Dalmatiens gehören, hat
Freund Arrigoni wieder nicht passend unter der Rubrik Deutsch-
land und Oesterreich-Ungarn gestellt. Es wäre natürlich und
richtig gewesen, alle unter der Litteratur der Balkanländer zu
vereinigen. Hoffentlich wird der Autor uns auch mit einer
speciellen Ornis Italien’s beschenken, und wir wollen hoffen, das
er dann nicht mehr in diese Inconsequenz verfallen wird.
Der zweite Teil beginnt mit dem Index-Verzeichnis der
565 beschriebenen, und meistens abgebildeten Vogel-Arten (8.
I—XXV). S. 1 bis 566 enthält den beschreibenden Teil des
Werkes. Wir können mit gutem Gewissen sagen, dass sich in
diesem Teile die ganze ornithologische Thätigkeit von Linn bis
zu Ende des XIX. Jahrhundert wiederspiegelt, so zwar, dass von
diesem Standpunkte betrachtet, Arrigoni’s Buch nicht nur dem
Anfänger, sondern auch dem Ornithologen von Fach ein will-
kommenes Handbuch sein wird, denn ausser der neuesten Aus-
gabe von Naumann „Vögel Deutschlands“ besitzt die heutige
Litteratur Europas kein Buch, wo dies alles zu finden ist. Arri-
goni hat sein Werk ganz unabhängig verfasst.
Ganz besonders will ich rühmen, dass der Autor sich nicht
durch die sogenannten Entdeckurgen der letzten Jahrzehnte
blenden liess, als man viele sogenannte neue Arten und noch
mehr Formen und Varietäten aufstellte, welche, wenige ausge-
nommen, den Beifall ernster Forscher nicht gefunden haben.
Wer weiss nicht, wie heiss gegen die Arten und Varietäten
Brehm’s, des Vaters, gekämpft wurde? Wer hat nicht mit Unbehagen
die Jahrgänge der ,„Naumannia“ und andere Schriften gelesen,
in denen seine neuen Arten und Varietäten niedergeworfen
wurden? Der ehrwürdige deutsche Ornithologe hat sterben
müssen, ehe man nur einige seiner Entdeckungen anerkannte.
Wir geben gern zu, dass Brehm zu weit gegangen war, aber
wie viel Gutes hat er geleistet? Hat man seine Leistungen, so
lange er lebte, gerecht gewürdigt? Und nun melden sich Epi-
gonen, welche, ohne erst ernst studiert zu haben, Neues ent-
Atlante Ornitologico. Ueccelli Europei. 465
decken wollen. Ein Vogel ist um etwas „lichter,‘“ der andere
„dunkler,“ und dies soll genügen um die Wissenschaft mit neuen
Namen, mit Ballast zu bereichern, die Jugend aber von der
Zoologie abzuschrecken.
Arrigoni hat alle allgemein anerkannten Arten, Unterarten
und Varietäten angenommen, die nicht annehmbaren der Selb-
ständigkeit halber erwähnt; gleichzeitig aber jedesmal seine
Meinung offen ausgesprochen. Im allgemeinen muss man seine
Wahrheitsliebe und Gewissenhaftigkeit lobend hervorheben.
Alle Ordnungen, Familien, Gattungen, Arten u. s. w. werden
also durch passende, ich meine nämlich weder zu kurze, noch zu
weitläufige Beschreibungen kenntlich gemacht. Bei jeder Art
folgt dann die Massangabe, zuletzt wird die geographische Ver-
breitung jeder Art besprochen. Das Vorkommen der Vögel in
den Gegenden Italien’s wird speciell behandelt. Dieser Teilder Arbeit
hebt das Buch zu einer vollständigen Vogel-Fauna Italien’s empor,
und macht es auch jedem Forscher unentbehrlich, denn die sonst
ausgezeichneten Arbeiten Salvadori’s, Giglioli’s und A. sind heute
doch sckon überholt.
Wie gesagt, die allermeisten Arten sind auf den 48 Arnold’-
schen colorierten Tafeln abgebildet. Wie schön es gewesen wäre,
wenn man die Abbildungen nach italienischen Exemplaren hätte
machen können! Der Verleger wäre aber höchst wahrscheinlich
nicht im Stande gewesen, solch ein Werk herauszugeben; wie es
Giglioli-Manzella Iconographie der Avifauna Italica beweist. Es
sind davon gegen 60 Hefte, jedes mit 5 Taf. erschienen, also weit
über die Hälfte der Ornis Italien’s, und nachdem die Subscribenten
mehrere Hundert Lire ausgegeben hatten, blieb denselben dafür
ein unvollständiger Rumpf übrig!
Arrigoni hat nun durch seinen Freund Prof. B. Lava noch
zwei colorierte Tafeln anfertigen lassen, und einen Teil der im
Texte enthaltenen Abbildungen rühren von Lava’s Meisterhand,
oder sie wurden aus den Werken von Dresser, Sharpe, Bureau
und A. copiert. Im Ganzen giebt es 210 Textbilder.
Den speeiellen Teil beginnt Arrigoni mit den Raubvögeln,
wie es noch heute von sehr vielen Ornithologen befolgt wird,
denn trotz der vieien gründlichen Arbeiten der Neuzeit können
wir noch gar nicht behaupten, zu einem feststehenden Systeme
gelangt zu sein, welches den Anforderungen der Morphologie,
Embryologie, Anatomie u. s. w. gleichmässig entsprechen würde.
464 E. Arrigoni Degli Oddi:
Was die Nomenklatur anbelangt, so hält sich Arrigoni an
die modernsten Ornithologen, welche mit Linne’s X. Ausgabe des
Systema Naturae vom Jahre 1758 den Anfang nehmen, obwohl
er hie und da es nicht wagte, die äussersten Consequenzen zu
ziehen. Nach unserer Meinung darf man in dieser Frage gar
keine Concessionen machen, denn nur durch die strenge Durchführung
des Prioritäts-Rechtes werden wir zu einer einheitlichen, allgemeinen
Nomenklatur gelangen.
Ob der Autor dadurch, dass er die Synonymie auf das
Allernötigste beschränkt hat, gut vorgegangen ist, wollen wir
dahingestellt sein lassen; dass er aber die Volksnomenklatur ganz
ausgelassen hat, kann ich nur gut heissen. Diese soll entweder
so vollständig sein, wie es Giglioli mit der italienischen Volks-
nomenklatur gemacht hat, oder lieber ganz ausbleiben.
In der neuen Ausgabe Naumann’s wurde z. B. nach Mög-
lichkeit die vulgäre Nomenklatur fast aller Völker Europa’s an-
geführt. Was nützt es, wenn dadurch statt die Sache zu fördern,
nur Verwirrung hervorgerufen wird? Manches habe ich be-
merkt, was uns aber nichts angeht. Den hochstehenden deut-
schen Philologen und Ethnographen ist es aber wohl bekannt,
dass südlich der Drave und Donau, und östlich des Timokflusses
bis zur Adria, nur ein Volk das Land bewohnt, das Volk der
Kroaten und Serben. Warum hat man also unsere Nomenklatur
statt serbo-kroatisch, einmal kroatisch, einmal dalmatinisch, ein
andermal wieder bosnisch-hercegovinisch genannt? Solch ein Vor-
gehen ist also ganz unbegründet. Unsere serbo-kroatischen
wissenschaftlichen und Schulbücher für den ganzen slavischen
Süden haben sehr viele Vogelnamen von mediterranen und südlichen
Vogel-Arten aus Dalmatien und der Hercegovina, andere von
Wasservögeln aus Slavonien und Serbien entlehnt. Durch das
Vorgehen des Verfassers der neuen Ausgabe der Vögel Deutsch-
land’s Naumann’s, kommt es vor, dass ein Name als „kroatisch‘“
angegeben ist, welcher nur von dalmatinischen Kroaten so gesprochen
wird und in Kroatien selbst unbekannt ist, wogegen andererseits
ein Name als „dalmatinisch,“ z. B. eines Wasservogels aus den
slavonischen und serbischen Sümpfen, welchen nur der Kroate
oder Serbe aus dem Binnenlande kennt. Nur das Serbo-kroatische,
oder umgekehrt Kroato-serbische ist richtig, und Alles umfassend.
Es freut uns, zuletzt konstatieren zu können, dass, trotz
unbedeutende Mängel, nur Deutschland und Italien sich mit
Atlante Ornitologico. Uecelli Europei. 465
Naumann’s und Arrigoni’s Werken rühmen können, dem Anfänger
eben so gut wie dem Fachmanne zeitgemässe und nützliche Bücher
geliefert zu haben, Bücher, welche die europäische Ornis um viele
Schritte weiter gefördert haben und fördern werden.
Nun wollen wir einiges aus dem speziellen Teile erwähnen
und hie und da unsere Bemerkungen anknüpfen.
Buteo ferox (S. Gm.).
Auch in Italien eine ganz zufällige Erscheinung. Bei uns
ist der Wüstenbussard ebenfalls sehr selten. Das einzige bei
Nasice in Slavonien erlegte Exemplar habe ich durch die ge-
fällige Intervention des verstorbenen Banus von Kroatien, La-
dislaus Graf Pejacevic, für unsere Sammlung gerettet (siehe:
Grazer Tagespost vom 20. Oktober 1898; Hundesp. und Weidw.
IV. 1898, S. 884—885; Mitteil. nieder -österr. Jagdsch.-Verein
1898, S. 452).
Aquila heliaca Sav.
Arrigoni meint, dass dieser Adler in Italien noch nie er-
legt wurde.
Milvus aegyptius (Gm.).
Stimmt mit Giglioli überein, dass der Schmarotzer Milan
schwerlich in Dalmatien erlegt wurde.
Hierofaico cherrug (J. E. Gray).
Nach meiner mündlichen Mitteilung nicht selten in Slavonien,
seltener in Kroatien.
A Falco barbarus L.
Das einzige, in Österreich-Ungarn erlegte Exemplar in der
Sammlung des National-Museums in Agram, Kroatien. Noch
kann ich hier beifügen, dass dieses Unicum, ein 2 juv., in
Stakorovec bei Bozjakovina erlegt wurde.
Falco eleonorae Gene.
Bei dieser Art, welche Arrigoni selbst beobachtet und erlegt
hat, beschreibt er ein lichtes und ein dunkles Kleid, die stark
von einander abweichen. Als Anhang erwähnt der Autor den
afrikanischen F. concolor Temm., welcher nach Temminck selbst
in Dalmatien vorkommen soll. Auch meinerseits muss ich diese
Angabe als sehr verdächtig bezeichnen. Wahrscheinlich handelt
Journ. £. Om. L. Jahrg. Oktober 1902, 31
466 E. Arrigoni Degli Oddi:
es sich um den ersten in Dalmatien erlegten F. barbarus, welcher:!
nach Wien kam und dort nicht mehr zu finden ist.
Falco aesalon Tunst. |
Hier ist es wichtig, zu konstatieren, dass Arrigoni mit:
Recht F. merilius und alle neuerlich wieder eingeführten Arten--
Namen aus Gerinis Werk gar nicht anerkennt, denn obwohl ein
Gould seiner Zeit (1767—1776), so hatte er nicht im Sinne,
Binomien nach dem Linneischen Systeme zu gebrauchen. |
Nyciea nyctea (L.).
Arrigoni giebt zu (S. V.), dass es besser wäre, den Namen
Nyctea scandiaca einzuführen, nachdem Linn& als Strix scandiaca
die alte und als Sirix nyctaea die junge Schneeeule beschrieben
hat. Nach ihm kommt diese Eule in Italien und den circum-
mediterranen Ländern nicht vor. Nach E. Schreiber wurde aber
doch eine in der Umgegend von Görz, nach Ettinger eine am
Velebit in Kroatien erlegt; ich muss aber sagen, dass die zweite
Angabe weniger glaubwürdig ist.
Carine noctua (Scop.).
Prof. Lava hat einen Flügel von Ü. noctua und jenen der
Oh. chiaradiae Giglioli sehr gut gezeichnet. Freund Arrigoni
meint mit Recht, dass letztere gar keine gute Art, sondern nur
eine einfache individuelle Farbenabweichung ist.
Glaucidium passerinum (L.) und @. setipes Madaräsz.
Beide Formen kommen auch in Italien vor und die angeb-
liche zweite neue Art kann höchstens als Glaucidium passerinum
setipes gelten.
Syrnium uralense (Pall.).
Der Autor findet es sonderbar, dass diese Art zweimal in
der Provinz Udine erbeutet wurde; weil eben diese Eule in
Kroatien und Krain ziemlich häufig ist, so ist ihr Vorkommen
im nordöstlichen Italien nicht befremdend.
Strix flammea L.
Kleinschmidt hat für lichte Exemplare aus Sardinien eine
neue S. ernesti gegründet; Arrigoni beweist, dass diese soge-
nannte neue Spezies ganz unhaltbar ist. Freund Tschusi und ich
| Atlante Ornitologico. Uecelli Europei. 467
f
'haben Gelegenheit gehabt, die grosse Serie der Perleulen aus
Italien und der Insel Sardinien zu sehen, und seine Beweise
'haben uns vollkommen überzeugt.
Dendrocopus maior (L.).
Ebenso wie dem Autor, so kommt auch mir wenig glaub-
würdig vor, dass die sibirische Form D. maior cissa (Pall.) auch
nach Ungarn sich verfliegen soll.
Coccystes glandarius (L.).
Dieser Vogel ist auch in Italien ein zufälliger und sehr
seltener Gast. Hier will ich beifügen, dass das einzige in Dal-
matien erlegte Exemplar mir von meinen Freunden, den Grafen
Borelli, zum Geschenke gemacht, sich in der Sammlung des
National- Museums in Agram befindet. Es ist das erste und
einzige Exemplar in einer Sammlung der Monarchie.
Caprimulgus europaeus L.
Mit der Gründung der Subspezies ©. europaeus meridionalis
Hartert ist Arrigoni einverstanden, wogegen er Sharpes und
Madaräsz’s Meinung nicht beitreten kann, welche diese Form als
gute Spezies haben erheben wollen.
Erythrosterna parva (Bechst.).
Arrigoni meint, dass Kolombatovics Angabe für Dalmatien
und jene Eggenhäfers für Istrien zweifelhaft sind. Ich habe
aber doch im Jahre 1900 ein Exemplar aus Cattaro bekommen,
welches dort am 11. Oktober erlegt wurde, und sich nun in der
Sammlung des National-Museums in Agram befindet.
Lanius meridionalis Temm.
Auch in Italien seltene und zufällige Würger-Art. Wurde
auch für Slavonien angegeben; mir ist es aber nie gelungen,
eines Exemplares für unsere Sammlung habhaft zu werden; der
Beobachter hat falsch bestimmt.
Aegithalus caudatus (L.).
Arrigoni führt alle neuerlich gegründeten Arten dieser
Gattung an, betrachtet aber alle, auch A. macedonicus Salv.
und Dresser, A. tephronotus Günth., als Subspezies der einzigen
Art der Gattung.
31*
468 E. Arrigoni Degli Oddi:
Parus palustris L.
Arrigoni giebt im Auszuge alle Arten, Unterarten und |
Varietäten wieder, welche neuere Autoren auf Kosten der alten
gegründet haben, spricht seine Meinung offen aus und kommt
zu dem Schlusse, dass man höchstens drei Arten, nämlich P.
communis Bald., P. montanus Bald. und P. borealis Selys unter-
scheiden kann.
Sitta neumayerti Michahelles.
Der Autor schliesst mit Recht diese Spechtmeise aus der
Fauna Italiens aus. Das auf einem segelnden Schiffe, von Dal-
matien nach Italien fahrend, erbeutete Exemplar dünkt mich, für
eine auf die Felsen Dalmatiens und Montenegros lebende und
nistende Vogelart, zu starkes Jäger-Latein.
Monticola solitaria (L.).
Freund Arrigoni folgt meinem Beispiel und nimmt die
ältere Linndsche Benennung an, welche, wie ich bewies, auch
sehr passend ist, nachdem dieser südliche, ausgezeichnete Sänger
überall und am meisten als „Passera solitaria“ bekannt ist.
Sazicola isabellina Cretsch.
Kronprinz Rudolf hat diese Art für Lacroma bei Ragusa
und für Trebinje in der Herzegovina verzeichnet. Arrigoni ist
aber ebenfalls meiner Meinung, dass hier eine Verwechselung
stattgefunden hat.
Melizophilus undatus (Bodd.).
Das einzige Exemplar ($) unserer Sammlung dieser Art
habe ich meinem Freunde Arrigoni zu verdanken; es wurde am
8. Dezember 1898 auf der Insel Cherso in Quarnero erbeutet.
Agrobates galactodes familiarıs MEnetries.
Diese ist die östliche Form von A. galaciodes (Temm.), eine
schöne Entdeckung meines Freundes O. Reiser. Im Sarajevoer
und Agramer Museum liegen Exemplare aus dem Sutorina-Thale
bei Castel-Nuovo von Cattaro vor; nur fürchte ich sehr, dass die
schöne Art, welche nur dort bemerkt wurde, bald auch ver-
schwinden wird, nachdem die Vögel durch die dort gebaute
Eisenbahn gewiss verscheucht werden.
Atlante Ornitologico. Uccelli Europei. 469
Motacilla.
| Bei der Einteilung der Arten und Formen der M. flava L.
und M. melanocephala Licht. glaube ich, dass der Autor das
Richtige getroffen hat. |
Galerita cristata (L.).
Arrigoni erwähnt meine @. cristata balcanica, welche ich
so benannt habe und seiner Zeit beschreiben werde, nachdem
ich mich nicht überzeugen konnte, dass die echte @. senegalensis
P. L. S. Müll. im kroatischen Küstenlande zu Hause sei, wie es
Dr. Madaräsz angenommen hat.
Emberiza schoeniclus L.
Auch bei dieser Art behandelt Arrigoni die dieser Ammer-
Art ähnlichen Formen. Für E. schoeniclus durazzi Bp. schlägt
er den Namen E. schoeniclus valloni vor; dies aber in dem
Falle, als es notwendig sein sollte. Auf S. 267 ist der Kopf
abgebildet. |
Carduelis carduelis L.
Die Form C. albigularis hat schon der Autor selbst —
Madaräsz — eingezogen; eine Varietät, welche ich noch zu
meiner Gymnasial-Studien-Zeit in Dalmatien kennen gelernt
habe. Kommt auch in Kroatien vor.
Serinus.
Arrigoni schliesst drei in Europa erbeutete Arten dieser
Gattung aus, welche, nach ihm, aus der Gefangenschaft entflohen
sind. Unter diesen auch $. canonicus Dress. von Kolombatovic
aus Dalmatien erwähnt.
Sturnus vulgaris L.
Alle drei für Europa angegebenen neuen Arten werden als
Unterarten betrachtet, nur S. unecolor La Marmora wird ganz
mit Recht als die zweite gute Art Europas anerkannt. Hie und
da wurde S. unicolor aus Dalmatien und Ungarn verzeichnet,
aber, wie ich es noch im Jahre 1892 geschrieben habe, mit Un-
recht. Man braucht den prächtigen Vogel nur einmal gesehen
zu haben, um sich zu überzeugen, dass er mit dunkle $. vulgaris
nichts zu thun hat. Ich verdanke ein ausgewähltes Exemplar
meinem Freunde.
470 E. Arrigoni Degli Oddi:
Corvus monedula L.
Arrigoni nimmt mit Recht ©. collares Drumm. als Form
von Ö©. monedula an. Beide Varietäten habe ich für Kroatien
und Slavonien konstatiert.
Oorvus corone L.
Nach Arrigoni vielleicht Standvogel in Nord-Italien, aber
sehr selten in Mittel- und Süd-Italien. Ich habe die Rabenkrähe
in ganz Dalmatien, Kroatien und Slavonien nirgends bekommen
können. Vielleicht kommt sie nur selten im Winter im nord-
westlichen Kroatien bei Sarazdin vor. Ein typisches Exemplar
habe ich meinem Freunde Ritter von Tschusi zu verdanken.
Otis tarda L.
Dieser Vogel wird in Dalmatien „wilder Truthahn“ genannt.
Diese jedenfalls unrichtige Volksbenennung hat schon Temminck
irre geführt, und dadurch ist er zu der falschen Annahme gelangt,
Meleagris gallopavo komme in Dalmatien wild vor. Vor Jahren
hat Freund Giglioli dieses Märchen aufgefrischt, ohne zu wissen,
dass der Reisende in Kroatien, Dalmatien, Montenegro u. s. w.
ganz sicher ist, was man nicht z. B. für Calabrien, Sicilien u. s. w.
sagen kann. Im Jahre 1892 habe ich zuerst bewiesen, dass das
Vorkommen von wilden Meleagris bei uns ganz aus der Luft
gegriffen ist. Arrigoni hat nochmals mit Recht diese Fabel in
einer Note wiederlesgt.
Pavoncella pugnax (L.).
Die Hauptvarietäten sind kurz beschrieben. Ich habe in
der Sammlung meines Freundes über 200 Exemplare der Kampf-
schnepfe bewundern können. Man müsste wirklich eine kolorierte
Ikonographie dieser höchst veränderlichen Art veranstalten. Freund
Arrigoni könnte es unternehmen; man wird schon in England
einen Verleger finden.
Tringa canuti L.
Es freut mich, dass Freund Arrigoni meine Meinung wegen
Tringa canutus aus dem Jahre 1892 angenommen hat. Linne
hat nämlich, wie bekannt, diesen Vogel, nach dem dänischen
Könige Canutus benannt; eben darum hat Gmelin richtiger Z.
Oanutus geschrieben. Ganz richtig kann nur aber 7, canuti
sein; auch Linn& war schliesslich nicht unfehlbar.
Atlante Ornitologico. Uecelli Europei. 471
Limnoeryptes gallinula (L.).
Auf S. 415 ist eine sehr interessante melanotische Varietät
dieser Schnepfe aus der Sammlung Arrigoni’s von Prof. Lava ab-
gebildet.
Phalaerocorax graculus desmaresti (Payr.).
Kolombatovic hat sich viel Mühe gegeben, um zu beweisen,
dass der von mir vor Jahren benannte Ph. graculus croaticus
von Ph. graculus nicht zu unterscheiden sei. Ich habe aber seiner
Zeit selbst erklärt, dass es mir, in Ermangelung von Exemplaren
des Ph. desmaresti aus Korsika und Sardinien, nicht möglich war zu
entscheiden, ob die adriatischen Kormorane von den westlichen
des Mittelmeeres sich unterscheiden. Bei Durchsicht der Arri-
gonischen Sammlung haben wir adriatische mit mediterranen
verglichen und uns von deren Zusammengehörigkeit überzeugt.
Dass die Mittelmeer-adriatische Form von der ozeanischen sich
doch unterscheidet, haben ausser älteren Autoren, neuerlich Sharpe,
‚ Arrigoni u. A. festgestellt. — Der Direktor des Rothschild’schen
Museums in Tring Dr. E. Hartert hat mir am 8. März 1900 ge-
schrieben: „Ph. desmaresti croaticus unterscheidet sich von Ph.
graculus sehr durch das Fehlen der Haube, die bei graculus sehr
voll ist und aufsteht, während croaticus nur ein oder wenige
dünne Federn hat. Ausserdem hat croaticus auf den Schulter-
fittichen und Flügeln einen rötlichen Schimmer, während diese
Teile bei graculus grün ohne rot sind. Dann hat graculus im
Alter einen ganz schwarzen Schnabel, während Ihre am Unter-
schnabel gelblich sind. Oder sind Ihre nicht ganz alt? Was ich
wissen möchte ist, wie sich ceroaticus vom echten desmaresti unter-
scheidet!?“ Diese letzte Frage ist nun ebenfalls erledigt. Prof.
Kolombatovic hat kein Exemplar aus Italien oder aus dem Ozean
gesehen, konnte also nur seine subjektive Meinung aussprechen.
Einladend wie sie war, habe ich die Meinung von Rothschild,
Hartertund Kleinschmidt, dass Aldrovandi’s Phalacrocorax ex Illyrico
missus mit Geronticus oder Comatibis eremita (L.) zu identifizieren
sei, angenommen gehabt. Nach reiflicher Überlegung bin ich aber
später zur Ansicht gekommen, dass dieser illyrische Kormoran
doch nichts anderes als Ph. graculus desmaresti sein kann, welcher
längs der kroato-dalmatinischen Küste noch heute häufig ist, und
früher gewiss noch viel häufiger war. — Arrigoni nimmt jenes
Bruchstück meiner Arbeit wörtlich auf, und auch seinerseits be-
stätigt er meine Auffassung (Bollett. Soc. Zool. Ital. 1901).
472 E. Arrigoni Degli Oddi: Atlante Ornitologico. Uecelli Europei.
Larus ichthyaetus Pall.
Die von Arrigoni im Jahre 1901 erlegten zwei Exemplare
sind die ersten dieser Mövenart, welche in Italien erbeutet wurden.
Larus fuscus L.
Madaräsz will, dass eines der Exemplare unserer Sammlung
als Larus fuscus affınis (Reinhardt) zu betrachten sei. Arrigoni
ist nicht dieser Meinung.
Megalestris skua (Brünn.).
Diese Raubmöve wurdevon Linn&erstim Jahre1766 catarrhactes
benannt, darum ziehe ich mit den Amerikanern den Namen M.
skua (Brünnich) 1764 vor. Nur einmal in Italien erbeutet. Das
erste Exemplar unserer Sammlung stammt von der Insel Curzola
in Dalmatien, wie es Arrigoni nach meiner Aussage geschrieben
hat, und nicht aus Fiume, wie es Jemand vor mir veröffentlichte.
Puffinus anglorum yelkouan (Acerbi).
Arrigoni und andere namhafte Ornithologen haben sich von
der Verschiedenheit der ozeanischen und der mittelmeerischen
Tauchervögel überzeugen können. Freund Reiser wird seiner Zeit
beweisen, dass die nordische von der südlichen Form auch im
Dunenkleide sich unterscheide. Prof. Kolombatovic hat nur
wenige dalmatinische und gar keine Vergleichs-Exemplare aus
dem Ozean zur Ansicht bekommen, seine Beweisführung, dass die
zwei Formen sich nicht unterscheiden, beruht also nur auf dem
Vergleich der Beschreibungen der Autoren.
Colymbus glacialis L.
Auf S. 533 giebt Arrigoni eine Abbildung der Schnähel von
©. arctieus L. und ©. glacialis L., welche oft verwechselt werden.
Letztere Art wird auch in Italien sehr selten getroffen. Es wird
hier die Bemerkung nicht unwichtig sein, dass, obwohl unsere
Sammlung mehrere Dutzend Exemplare, fast alle von Freund
Milutin Barac aus dem Quarnero geliefert, besitzt, diese alle als
C. arcticus bestimmt sind. CO. septentrionalis L. kommt viel
seltener vor. Kosid behauptet, gewiss nicht ohne Grund, dass
C. glacialis früher um Ragusa nicht sehr selten war, aber dass
sie viel seltener geworden ist. Das städtische Museum in Ragusa
ist der einzige glückliche Besitzer von drei Exemplaren aus der
Umgebung, also überhaupt aus dem slavischen Süden.
478
Dem Herausgeber zugesandte Schriften.
The Annals of Scottish Natural History. A Quarterly Magazine.
Edinburgh. No. 43. 1902.
Aquila. Zeitschrift für Ornithologie. IX. No. 1-4. 1902.
The Auk. A Quarterly Journal of Ornithology. Vol. XVII.
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Die Gefiederte Welt. Wochenschrift für Vogelliebhaber. Herausg.
Karl Neunzig.. Magdeburg (Creutz’sche Verlagshandlung).
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The Ibis. A Quarterly Journal of Ornithology. (8) II. 1902.
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S. Nielassen, Myggenaes. (Abdruck aus: Vidensk. Medd.
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con Notize d’Indole Generale e Particolare. Con 50 Tavole
colorate e duecentodieci Disegni irtercalati nel Testo. Milano
1902.
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.Csörgey, Zur Biologie des Falco subbuteo L. — Übersiedelung
oder Verbreitung? (Abdruck aus: Aquila IX. 1902).
G. Escherich, Adlerjagden in Bosnien. (Abdruck aus: Beilage
zur Allgem. Zeitung No. 88 und 95. 17. und 25. April 1902,
Münden).
G. Falconieri di Carpegna, Cattura di due „Cosmonettae
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Soc. Zool. Italiana. Fasc. I. II. e III. Ser. III. Anno XI. 1902.
S
3
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474 Dem Herausgeber zugesandte Schriften.
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Notes Leyden Mus. Vol. XXIII. Note XX).
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Notes Leyden Mus. Vol. XXIII. Note XXI).
Finsch, Über zwei bisher verkannte Arten: Centropus nigro-
rufus (Ouv.) und ©. grilli Hartl. (Abdruck aus: Notes Leyden
Mus. Vol. XXM. Note XXI).
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(Abdruck aus: Aquila IX. 1902).
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>
=
>
EI
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Aquila IX. 1902).
Winge, Fuglene ved de danske Fyr i 1901. 19de Aarsberet-
ning om danske Fugle. (Abdruck aus: Vidensk. Medd. naturh.
Foren. Kbhvn. 1902).
Acanthis linaria 93, 170,
178, 377.
Acanthopneuste puella
474
Accentor modularis 268.
Aceipiter büttikoferi 18.
— hartlaubi 18.
— nisus 372.
— ovampensis 210, 233,
234.
-—- rufiventris 18.
Acredula caudata 178.
Acrocephalus arundina-
ceus 172, 268.
— orientalis 375.
— palustris 268.
— phragmitis 165.
— schoenobaenus 172.
— turdoides 268, 375.
Actitis 242.
— hypoleucus 160, 273.
Actophilus africanus 13.
Aegialitis hiaticula 95,271.
— minor 271.
Aegithalus caudatus 467.
— macedonicus 467.
— pendulinus 89.
— tephronotus 467.
Aerops albicollis 28.
Agapornis pullarius 22,
132,
Agrobates galactodes 468.
— — familiaris 468.
Agrodroma
270.
Alauda arvensis 131, 168,
178, 179, 181, 182,
189, 209, 270, 376.
Alca torda 98, 157, 277.
Alcedo ispida 380.
— ispidoides 440.
— quadribrachys 27.
Alethe diademata 42.
Alseonax caerulescens 30.
campestris
Index.
1902.
aethiopica
— capitalba 36.
Amydrus morio 214.
Anas acuta 275, 282.
— boscas 96, 157, 165,
168, 169, 171,173, 191,
196, 198, 199, 201, 209,
263, 275, 287, 387.
— clypeata 165, 171,191,
198, 201.
— crecca 126, 168, 169,
103,027.
— penelope 275.
— querquedula 90, 157,
164, 168, 170, 173, 191,
196, 199, 201, 275.
— strepera 275.
Andropadus congener 40.
— gracilirostris 40.
— importunus 216.
— virens 40.
Anhinga rufa 10.
Anous leucocapillus 256,
399.
— stolidus 255.
Anser albifrons 96, 275,
387.
arvensis 275.
brachyrhynchus 100.
cinereus88,89,274,281.
fabalis 475.
minutus 275.
neglectus 475.
— segetum 100, 275.
Anthothreptes longuema-
rei 40.
Anthus arboreus 269.
— campestris 163.
— cervinus 167, 169.
— gouldi 39.
— pensylvanicus 93, 100,
126
— pratensis 176, 178, 269.
Amblyospiza
132
le
Anthus pyrrhonotus 212.
— richardi 376.
— rupestris 269.
— trivialis 39.
Apaloderma narina con-
stantia 26.
Aplonis cantoroides 130.
Apus affinis 29.
— apus 29, 380.
Archibuteo hemilasius
369, 389.
— lagopus 177, 266.
Ardea alba 88, 383.
— cinerea 88, 272, 384.
— egretta 272.
— garzetta 88, 382.
— melanocephala 15.
— purpurea 15, 88, 89,
90, 384.
— ralloides 88, 89, 90,
212.
— rufiventris 235.
Ardeola ralloides 14.
Ardetta minuta 89, 168,
170, 174, 175, 190, 272,
334.
— nesophila 403.
— payesi 14.
— sturmi 14.
Aquila chrysaötus 266,
369.
— clanga 265.
— fulva 265, 266.
— heliaca 465.
— naevia 265.
— pomarina 157.
— rapax 231.
Arenaria interpres 256.
Asio accipitrinus 157, 176,
179, 187.
— capensis 228.
— leucotis 22.
— otus 373.
Astur cuculoides 422.
Astur dampieri 130, 393,
418.
— macroscelides 18.
— melanoleucus 18.
— nisus 184.
— polyzonoides 232, 233,
234
_ sphenurus 18.
— tachiro castanilius 18.
— unduliventer 131.
Athene chiaradiae 136,
261.
— noctua 373.
Balearica pavonina 12.
Barbatula chrysocoma 25.
— chrysostieta 132.
— leucolaema 25.
— scolopacea 25.
Batis capensis 222.
— molitor 222.
— senegalensis 30.
Baza bismarcki 420.
— cuculoides 20.
Berniela leucopsis100,274.
— ruficollis : 74.
— torquata 274,
Bias musicus 30.
Bocagia minuta 132.
Bombyeilla garrula 189,
209, 268.
— japonica 379.
Bostrychia carunculata
131.
Botaurus stellaris 89, 272.
Brachyotus palustris 266.
Bradornis modestus 29.
Bubo bubo 373.
— capensis 229.
— lacteus 21, 229.
— maculosus einerascens
22
— maximus 279.
Bubulcus ibis 15.
Buchanga assimilis 214.
— atra 379.
Bucorax guineensis 26.
Bucorvus abyssinicus 26.
Budytes borealis 186, 190,
209, 269.
— flavus 39,
269.
Buteo albidus 266.
— auguralis 20.
— ferox 465.
— jakal 231.
— vulgaris 88, 161, 174,
266.
175, 185,
Index.
Butorides atricapillus 14,
236.
Bycanistes fistulator 26.
Cacatua ophthalmica 421,
426.
Caccabis chucar 381.
Cacomantis 415, 430.
— insperatus 431.
— websteri 432.
Calamoherpe aquatica 268.
— phragmitis 268.
Calcarius nivalis 178, 189.
Calerodius leuconotus 14.
Calidris 254.
— arenaria 157,173, 274.
Calliste 263.
Caloenas nicobarica 408.
Calopelia puella 16.
Calyptorhynchus 130.
Camaroptera chloronota42.
— tincta 42.
Campephaga ignea 258.
— nigra 215.
— phoenicea 31, 258.
— quiscalina 31.
Cannabina flavirostris 270.
Caprimulgus 130, 415,
416.
— europaeus 166, 175,
266, 467.
— — meridionalis 467.
— macrurus 129, 443.
Carbo cormoranus 277.
Carduelis albigularis 469.
— carduelis 469.
Carine chiaradiae 466.
— noctua 466:
Carpodacus erythrinus
160, 161, 162,: 165,
167, 168, 170.
— mexicanus frontalis
as
Carpophaga 408, 412.
— perspicillata 130.
— rubricera 413, 415.
— vanwycki 411, 412,
413.
Casarca casarca 387.
— rutila 275.
Casuarius bennetti 394.
Catharus aurantiirostris
46.
— birchalli 46.
— melpomene 46.
— — aurantiirostris 46.
— — birchalli 46.
— — clarus 46.
477
Catharus melpomene co-
staricensis 45, 46.
— — melpomene 45, 46.
Centropus ateralbus 258,
393, 427, 428.
grilli 474.
leucogaster 23.
monachus 226.
nigrorufus 474.
senegalensis 23.
thierryi 23.
— violaceus 427.
Ceratogymna atrata 26.
— elata 26.
Cerchneis alopex deserti-
cola 21.
— ardosiacea 21.
diekinsoni 229.
neglecta 21.
rupicola 229.
rupicoloides 230.
tinnuncula 21,157,265.
vespertina 157, 371.
Cercococeyx mechowi 24.
Certhia familiaris 157.
— — americana 262.
— fusca 262,
Ceryle maxima 27, 225.
— rudis 27, 224.
ne flavirostris
3
IN
Ceyx sacerdotis 440.
— solitaria 441.
Chalcomitra amethystina
211.
— gutturalis 211.
Chalcopelia afra 16, 134.
— chalcospilos 134.
— — caffra 134.
— — erlangeri 134.
— — volkmanni 134.
Chalcophaps 415, 417.
— stephani 409.
Chalcopsar australis 213.
Charadrius curonicus 11,
161, 162, 165, 184.
dominicus fulvus 386.
dubius 11, 386, 400.
fulvus 256, 400.
forbesi 11.
hiaticula 162, 237.
mongolus 400.
— pluvialis 162, 164, 271.
— squatarola 271.
Charmosyna subplacens
4
Chelidonaria urbica 166
188,
478
Chenalopex aegyptiacus10.
Chizaerhis africana 23.
Chloris hortensis 160, 183.
Chloropeta natalensis um-
briniceps 132.
Chrysococcyx cupreus 24.
— flavigularis 24.
Chrysomitris spinus 270,
377.
Ciconia alba 161, 272, 368.
— nigra 272, 384.
Cinclus aquaticus 268.
— melanogaster 268.
— merula 177, 190.
— pallasi 374.
Cinnamopterus tenuirost-
ris 131.
Cinnyris adelberti 41.
afer 211.
chloropygius 40.
corinna 432.
cupreus 41.
eboensis 41.
obscurus 40.
senegalensis 41.
splendidus 41.
superbus 41.
venustus 40.
— verticalis 40.
Circaetus cinerascens 19.
— cinereus 19.
— — cinereus 231.
— — pectoralis 231.
— gallieus 19.
Circusaeruginosus 89, 266,
373.
— cyaneus 157, 266, 373,
— macrourus 18,166,187,
209, 261.
— pallidus 266.
Cissa sinensis 378, 379.
Cisticola cinerascens 42.
— — swanzü 42.
erythrops 42.
— exilis 456.
— fulvicapilla 217.
— lateralis 42.
— rufa 42.
— stangeri 42.
— subruficapilla 217.
Clangula glaucion 276,330.
Clivicola 262.
— riparia 164, 174, 188.
Coceothraustes cocco-
thraustes japonicus 377.
— vulgaris 174, 181, 270.
Coccystes 263.
— cafer 23, 226.
Pazilelelakeetle
Index.
Coceystes glandarius 23,
226, 467.
Colaeus dauricus 378.
— monedula 149, 182,
Colius 429.
— stiiatus 225.
Coliuspasser concolor 38.
Collocalia francica 447.
— fuciphaga 447.
— uropygialis 447.
Columba albitorques 131.
— guinea 15.
— livia 282.
— oenas 183, 209, 271.
— palumbus 271, 412.
— turtur 271.
Colymbus arcticus277,472.
— cristatus 157, 169.
— glacialis 95, 277, 472.
— nigricans 125.
— — poggei 125, 388.
— nigricollis 159, 164,
165, 167, 170.
— philippensis 125.
— septentrionalis 95, 277,
472,
Comatibis eremita 471.
Coracias abyssinica 26.
— — senegalensis 26.
— caudata 222.
— cyanogaster 26.
— garrulus 162, 171, 185,
222, 267.
— — semenowi 367.
mossambicus 222.
— naevius ‚26.
Corvinella corvina 34.
Corvultur crassirostris131.
Corvus collaris 470.
— corax 93.
— cornix 149, 152, 157,
176, 182, 183, 184, 189,
209, 267, 279.
— corone 152, 189, 209,
263, 470.
— frugilegus 149, 182,
183, 267.
— monedula 470.
— pastinator 378.
— scapulatus 34, 214.
— splendens 128.
— torquatus 378.
Corythaeola cristata 22.
Corythornis cyanostigma
27, 225.
Corythus enucleator 270.
Cosmonetta histrionica 96,
473.
Cossypha albicapilla gif-
fardi 43.
— verticalis 43.
Coturnix coturnix 17, 381.
— dactylisonans 271.
Crateropus bicolor 216.
— haynesi 42.
— jardinei 216.
— platycercus 41.
— reinwardti 42.
Crex egregia 13.
— pratensis 191, 272.
Criniger barbatus 2.
— verreauxi 40.
Crossoptilon mantschuri-
cum 382.
Game ruficapilla
7%
Cryptorhina afra 34.
Cuculus 430.
— canorus 24, 161, 166,
185, 381, 267.
— clamosus 24.
— gabonensis 24.
— gularis 24.
— intermedius 431.
— solitarius 24.
Cursorius europaeus 271.
— temmincki 11.
Cyanochen cyanoptera
1
Cyanecula leucocyanea
269.
— suecica 269.
Cyanomitra obscura 40.
— verticalis 40.
Cyanopolius cyanus 379.
Cygnus bewicki 275.
— musieus 275, 386.
— olor 275, 281.
— sp. 387.
Cypseloides niger borealis
61.
Cypselus apus 163, 164,
266.
Dacelo 440.
Dandalus rubecula 269.
Demiegretta sacra 404.
Dendrochelidon 130.
Dendrocopus maior 380,
467.
— — cissa 467.
Dendrocygnaguttulata400.
— viduata 10.
Dendroeca 99.
Dendromus niger 132.
— nivosus 25.
Dendromus permistus 25.
— — kaffensis 132.
— punctatus 25.
Dendropicus abyssinieus
131
— hemprichi 258.
— — albicans 258.
— lafresnayi 25.
— lepidus 132.
— simoni 132.
Diaphorophyia blissetti
30
— hormophora 30.
Dicaeum sollieitans 474.
Dierocereus chrysolaimus
133.
— furcatus 28, 133.
— hirundineus 133.
Dierurus atripennis 35.
— coracinus 35
Dolichonyx oryzivorus 99,
Dryocopus martius 188.
— cubla 216.
— gambensis 33.
— maior 33.
Dryotriorchis spectabilis
19.
Eiclectus 130.
— pectoralis 425.
Elanus caeruleus 20, 230.
Elminia longicauda 30.
Emberiza aureola 377.
— cabanisi 38.
hortulana 270.
lapponica 93.
nivalis 93.
passerina 377.
schoeniclus 469.
— — durazzi 469.
— valloni 469.
— septemstriata 38.
Eniconetta stelleri 323.
Ephippiorhynchus sene-
galensis 14.
Eremomela baumanni 43,
— pusilla 43.
Erithacus cairi 122, 123.
— calliope 374.
luseinia 43.
phoenicurus 43, 176.
rubeculus 176, 189.
rufiventris 374.
suecicus 374.
titis 122, 123, 171.
— — brehmi 124.
Erythropus vespertinus
26.
ee
Index.
Erythropygia coryphaea
217.
Erythrosterna parva 467.
Estrelda bengala 37.
— melpoda 37.
Eudromias morinellus 271.
Eudynamis rufiventer 431.
Euprinodes florisuga 217.
Eurocephalus anguitimens
215.
Eurystomus afer 26.
— crassirostris 443.
gularis 26.
Broallaetons lepida 407.
Walcinellus igneus 272.
Falco aesalon 466.
— barbatus 465, 466.
— biarmicus 2], 229.
— — tanypterus 21.
— candicans 94, 278.
— concolor 21, 465.
— eleonorae 436, 460,
465.
— lanarius 370.
-— merillus 466.
— peregrinus 94,
regulus 261, 262.
168,
— ruficollis 21.
— sacer 130.
— subbuteo 265, 473.
— tinnunculus 163, 170,
176, 371.
— vespertinus 162, 163,
166, 170, 388, 209.
Francolinus ahantensis 17.
— bicalcaratus 17.
— bottegi 132, 133.
— costaneicollis 132, 133.
coqui 237.
erckeli 131.
lathami 17.
natalensis 237.
nigrosquamatus 132.
— tetraoninus 132.
Fratercula aretica 98.
Fregatta 129.
— ariel 254.
Fringilla coelebs 161, 162,
166, 172, 174, 176, 177,
180, 184, 185, 270.
— montifringilla 185, 189,
210, 327.
Fulica atra 89, 157, 179,
250, 272, 384.
Fuligula 194, 316.
— ceristata 168, 190, 276.
al
479
Fuligula ferina 165, 167,
168, 170, 173, 191, 200,
201, 276.
_ hyemalis 183.
— marila 276.
— rufina 275.
Fulmarus glacialis 98.
Galerida arborea 179,183.
— cristata 270, 376, "469.
— — balcanica 469.
— senegalensis 39, 469.
Gallinago caelestis161, 178.
— gallinago 385, 475.
— gallinula 174, 272,
304, 475.
— maior 161, 162, 164
174, 261, 272, 475.
— media 261.
— scolopacea 272.
Gallinula chloropus 89,
157, 272, 385.
— minuta 72.
— porzana 272.
Gallus lafayetti 129.
— sonnerati 129.
Garrulus glandarius 267.
Geocichla 44.
— piaggiae 131.
Gerontieus 471.
Glareola einerea 11.
— fusca 10.
— liberiae 10.
— megapoda 10.
— melanoptera 10.
Glaueidium capense 228.
— passerinum 466.
— perlatum %2, 228.
— setipes 466.
Graucalus pectoralis 31,
2.
2
— purus 132.
— sclateri 415, 416, 417.
Grus cinerea 1.
— leucogeranus 385.
Guttera cristata 17.
Gygis microrhyncha 255.
Gypaetus barbatus 369,
460.
Gypohierax angolensis 20.
BHaematopus ostralegus
271, 280.
Haleyon 130, 417.
— albiventris 225.
— chelicuti 27.
— chloris 437.
— cyanoleucus 27.
480
Halcyon forbesi 27.
— matthiae 438.
— nusae 437.
— sanctus 129, 435, 436,
438, 441, 442.
— saurophagus 435.
— semicaerulea 27.
— — rufiventris 27.
— senegalensis 27.
— -— cyanoleucus 225.
— torquatus forbesi 27.
— tristrami 129, 435, 436,
437, 439, 441.
Haliaötus 128.
— albieilla 88, 94, 152,
177, 180, 266, 278, 370.
— vocifer 20, 231.
Haliastur 128.
— girrenera 420.
— indus 129.
— leucocephalus 420.
— leucogaster 129.
Harelda glacialis 96, 276,
315, 316, 323.
— histrionica 322.
Helotarsus ecaudatus 20.
Henicopernisinfuscata420.
Herodias alba 15.
— garzetta 15, 235.
— lueidus 235.
Hieraaetus spilogaster 19.
Hierofalco cherrug 465.
Himantopus himantopus
12, 386.
— rufipes 274.
Himantornis haematopus
13.
Hirundo domicella 29.
gordoni 29.
leucosoma 29.
nigrita 29.
riparia 266, 380.
rufula 333, 380.
rupestris 380.
rustica 29, 166, 170,
185, 266, 380, 423.
— — pagorum 166, 190.
— senegalensis 29.
— tahitica 450.
— urbica 167, 266.
Hoplopterus speciosus237.
Hydrochelidonhybrida388
— leucoptera 388, 398.
— nigra 89, 160, 165,
250, 278, 307.
Hydrophasianus 129.
Hylia prasina 42.
Hyliota flavigastra 30.
weaal
Index.
Hypergerus atriceps 42.
Hypochera ultramarina
37.
Hypolais polyglotta 42.
— salicaria 268.
Hypotaenidia philippensis
403
Hypotriorchis aesalon
250, 2695.
Indicator exilis 24.
— flavieollis 24.
— indieator 24.
— maculatus 24.
— maior 24.
Irrisor viridis 223.
— — senegalensis 28.
Ispidina pieta 27.
Iyngipieus seintilliceps
381.
Iynx torquilla 25, 267.
Maupifalco monogrammi-
cus 18.
Hagonosticta brunneiceps
212.
— minima 37.
— nigricollis 37.
— polionota 37.
— rufopieta 37.
Lagopus mutus 94.
Lalage karu 415, 416, 417.
Lamprococeyx 415, 430.
— plagosus 432.
Lamprocolius chloropte-
rus 35.
— glaucovirens 132.
— phoenicopterus bispe-
eularis 213.
— purpureus 35.
Lamprotornis caudatus 35.
Lanarius atrococcineus
215.
— barbarus 33.
— ferrugineus 216.
— multicolor 34.
— nigrithorax 34.
— poliocephalus 34.
— poliochlamys 34.
— sulphureipectus 33.
Lanius böhmi 258.
— cephalomelas 258.
— collurio 161, 268.
— excubitor 168, 169,
177, 178, 179, 267, 379.
— excubitorius 258.
— humeralis 258.
Lanius humeralis congi-
eus 258.
— lübberti 365.
maior 268.
meridionalis 467.
minor 165, 268.
rufus 268.
schalowi 258.
senator 34.
— audouini 460, 473.
— canus 163,277,283,475.
— eburneus 97.
— fuscus 157, 165, 277,
472.
— — affınis 472.
— glaucus 97, 277.
— ichthyastus 472.
— leucopterus 97.
— marinus 97, 169, 277.
— minutus 166, 167, 171,
185.
— ridibundus 157, 159,
163, 174, 250, 399, 475.
— sabinei 97.
— tridactylus 97.
Lathria cinerea 361, 362.
— — cinerea 363.
— — plumbea 363.
— plumbea 362.
Leptoptilos argala 14.
— crumenifer 14.
Lestris 277.
— longicauda 97.
— parasiticus 97, 282.
— pomatorhina 98.
Ligurinus chloris 5.
Limicolaplatyrhyncha163,
In 169, 170, 174, 175,
Limnocorax niger 13.
Limnocryptesgallinula471.
Limosa 161, 162, 168.
— aegocephala 160, 163,
190, 272, 280.
— lapponica 157. 164,
166, 272.
Linaria alnorum 270.
— cannabina 6.
Lioptilus galinieri 131.
Lobivanellus albiceps 11.
— senegallus 11.
— superciliosus 11.
Locustella naevia 176,
268.
Lophoaetus oecipitalis 19.
Lophoceros erythrorhyn-
chus 27, 224.
— flavirostris leucome-
las 224.
— melanoleucus 223.
— nasutus 27.
— — epirhinus 224.
— semifasciatus 26.
Lorieulus galgulus 422,
424.
Lorius hypoinochrous 423,
432.
Loxia curvirostra 178,
270.
— pityopsittacus 271.
Lullula arborea 6, 270.
Luseinia minor 269, 280.
— philomela 269, 280.
Machetes pugnax 273,
281.
Macrodipteryx macrodip-
terus 28
Macronyx croceus 38.
Macropteryx mystacea
415, 416, 445.
Macropygia 415.
— carteretria 411.
— nigrirostris 411.
Malimbus bartletti 36.
— malimbicus 36.
— nitens 36.
Megabias flammulatus 30.
Megalestris catarrhactes
AIR.
Megapodius eremita 405.
Megascops flammeolus
262. r
— — idahoensis 262.
Melaenornis edolioides 29.
Melanobucco bidentatus
25.
— leucogenys 132.
— torquatus 226.
— vieilloti 25.
Melanocorypha mongolica
Meleagris gallopavo 470.
Melierax gabar 232.
— mechowi 210, 232.
— metabates 18.
Melittophagus bullocki 28.
— pusillus 28.
— — meridionalis 223.
Melizophilus undatus 468.
Melocichla atricaudata
132.
Index.
Melocichla mentalis 42.
Mergulus alle 98.
Mergus 124, 251.
Tabl 276, 326, 330,
— anatarius 276.
— merganser178,251,276,
282.
— serrator 97, 251, 276,
387
Merops 417.
— albicollis 28.
— apiaster 28, 267.
— fureatus 133.
— nubicoides 222.
— nubicus 28.
— ornatus 129, 438, 441,
442
_ persicus 223.
— salvadori 129, 441,
Merula 44.
— albiventris fusca 62.
— grayi lurida 50.
— incompta 49, 50, 53.
— melanopleura 67.
— polionota 67.
— tamaulipensis 48, 50,
52
— torquata 268.
— vulgaris 268.
Mesopicos goertae poice-
phalus 25.
— goertan 25.
Mecopicus griseocephalus
22T. es:
— pyrrhogaster 25.
— spodocephalus 131.
Metallococcyx smaragldi-
neus 24.
Micronisus gabar 19.
Microsarcops cinereus
368.
Miliaria europaea 270.
Milvulus 262.
Milvus aegyptius 20, 230,
465
— ater 171, 179, 265.
— ietinus 174.
— melanotis 372.
— migrans 163.
regalis 265.
Mirafra buckleyi 39.
— erythropygia 39.
Monarcha chalybeocepha-
la 450, 455.
— chrysomela 453.
— fulviventris 452.
Journ. f, Orn, L, Jahrg. Oktober 1902,
481
Monarcha inornata 452.
— menckei 451, 457.
Monticola explorator 221.
— saxatilis 43.
— solitaria 468.
Mormon fratercula 277.
Motacilla 469.
— alba123, 175, 183, 185,
269, 280.
— boarula 376.
— flava 39, 469.
— melanocephala 469.
— melanope 167, 190.
— ocularis 376.
— vidua 39.
Muscicapa 452.
— albicollis 268.
— atricapilla 30, 170,
188.
— chocolatina 131.
— grisola 30, 176, 268.
— luctuosa 252, 268.
— parva 169, 379.
-- reichenowi 132.
— risi 254.
Muscivora 262.
Musophaga violacea 23.
Myiagra novaepomeraniae
453
Myristicivora 129.
Myrmecoeichla bifasciata
22l
Nasiterna pusio 417, 422,
441
Nauclerus riocouri 20.
Nectarinia pulchella 41.
Neophron monachus 17.
Nettapus auritus 237.
Nicator chloris 33.
Nigrita emiliae 37.
Nilaus afer 33.
— brubru 215.
Ninox odiosa 421.
Nisaötus spilogaster 231.
Nucifraga caryocatactes
16 177, 188, 209, 267,
47
Numenius 161, 162, 163,
167, 168, 286.
— arcuatus 89, 162, 163,
243.
— arquatus 272, 401.
— phaeopus 12, 160, 164,
165, 167, 171, 272.
variegatus 256, 400.
Numida meleagris 16.
— zechi 17.
32
482
Nyctala tengmalmi 152,
157, 209, 266.
Nyctea nivea 94, 266.
— nyctea 466.
— scandiaca 466.
— ulula 182.
Nycticorax caledonicus
403.
— griseus 88, 89, 90, 272.
— leuconotus 14.
— nycticorax 384.
Nyroca ferina 157.
— hyemalis 152.
@cdemia fusca 190, 209,
276.
— nigra 276.
Oedienemus 285.
— capensis 237.
— crepitans 271.
— senegalensis 11.
Oena capensis 16, 227.
Oreomyias 254.
Oriolus auratus 35, 132.
— brachyrhynchus 35.
— galbula 166, 267.
— larvatus 213.
— nigripennis 35.
Orthotomus erythropterus
9
Ortygometra porzana 166,
170.
— sp. 385.
Otis macqueeni 271.
— senegalensis 12.
— tarda 285, 286, 288,
289, 290, 385, 470.
— tetrax 271, 284, 286,
288.
Ötocoris 475.
Ötocorys alpestris 178,
179, 189, 209.
Ötus vulgaris 279.
Pachycoccyx validus 23.
Palaeornis eubicularis 92.
Pandion 128.
— haliaetus 20, 88, 176,
265, 370.
— leucocephalus 419.
Panurus biarmicus 89.
Paradisea 131.
Parisoma plumbeum 41.
— subcaeruleum cineras-
cens 365.
Parus afer
365.
— borealis 468.
damarensis
Index.
Parus caudatus 268.
— communis 468.
— cristatus 169.
— fülleborni 210, 211,
212.
— inornatus griseus 475.
— leucomelas 41.
— leucopterus 41.
— lugubris graecus 136.
— montanus 468.
— niger 212.
— palustris 375, 468.
Passer arcuatus damaren-
sis 365.
— diffusus 38.
— — thierryi 38.
— domesticus 377.
— hispaniolensis 365.
— — transcaspieus 365.
— petronius 367.
Pastor roseus 267.
Pavoncella pugnax 470.
Pelargopsis 439.
Pelecanus onocrotalus 88.
Pelioeichla 217.
Penthetria macroura 38.
Pentholaea albifrons 43,
131.
— melaena 131.
Perdix daurica 381.
Perissornis carunculatus
214.
Pernis apivorus 266.
Phaöton 128.
Phalacrocorax africanus
10.
— carbo 88, 95, 387.
— desmaresti 471.
— — eroaticus 471.
— exmissus 471.
— graculus 471.
— — croaticus 471.
— — desmaresti 471.
— pygmeus 88, 89, 90.
Phalaropus fulicarius 95,
274.
— hyperboreus 95, 188,
274, 300, 301.
— lobatus 157, 260.
Phasianus sp. 381.
Philemon 130.
— cockerelli 129.
Phileremos alpestris 270.
Phlogoenas 415.
' — margarithae 410.
Pholidauges leucogaster
3
_ sharpü 132.
Phyllopneuste rufa 268.
— sibilatrix 268.
— supereiliosa 249, 268.
— trochilus 268.
Phylloscopus 166.
— sibilatrix 43.
— sp. 375.
— trochilus 166.
Phyllostrephus albigula-
ris 40.
— baumanni 40.
— canicapillus 40.
— flavicollis 40.
— indicator 39.
— scandens 39.
— simplex 39.
Pica pica 378.
— rustica 180.
Picathartes gymnocepha-
lus 35.
Picus canus viridicanus
380.
— maior 380.
— medius 166.
Pinarochroa sordida 131.
Piranga rubra 262.
Pisorhina capensis 22.
— leucotis 229.
Pitta 130.
— angolensis 29.
— mackloti 447, 448.
— novaehibernicae 448.
Planesticus amaurochali-
nus 58.
— casius 50.
— luridus 49, 50.
Platalea leucerodia 88,
272, 384.
Platystira cyanea 31.
Plectrophanes lapponicus
270.
— nivalis 270.
Plectropterus gambensis
10
Plegadis antumnalis 384.
— faleinellus 88, 89, 91.
Ploceipasser mahali 213.
Ploceus castaneofuscus 36.
— cucullatus 36.
— heuglini 36.
— lübberti 365.
— megarhynchus 260.
— supereiliosus 36.
— tricolor 36.
Plotus 129.
-— levaillanti 10.
Pluvianus aegyptius 11.
Podiceps 124.
Podiceps cornutus 277.
— cristatus 250, 277.
— minor 277.
— nigricollis 377.
— rubricollis 277.
Pogonorhynchus dubius24.
Poicephalus damarensis
a7.
— flavifrons 131.
— matschiei 227.
— meyeri 227.
— — transvalensis 227.
— pachyrhynchus 22.
— robustus fuscicollis 22.
— senegalus versteri 22.
Polioptila 260.
Poliospiza flegeli 38.
Polyboroides typicus 18,
235
Pomatorhynchus austra-
lis congener 258,
— — frater 258.
— — ussheri 258.
Porphyrio smaragdinus
403.
Prodotiscus insignis 24.
Pratincola rubetra 43, 174,
269.
— rubicola 269.
— torquata 221.
Prionops cristatus 32.
— intermedia 32.
— martensi 33.
— melanoptera 31, 32.
— plumatus 31, 33.
— poliocephalus 31, 32,
33
— poliolophus 32.
— talacoma 31, 32, 33,
21A.
— vinaceigularis 31, 33.
Proparoides 348.
Psalidoprocne obscura 29.
Pseudogyps africanus 17.
Pseudominla 348.
Pterocles quadrieinctus13.
Ptilopachus fuscus 17.
Ptilopus 415, 420.
— insolitus 413, 414,417.
— johannis 418.
— rivolü 417.
— superbus 415.
Pitlorhinus albirostris 131.
Puffinus anglorum yel-
koan 472.
— obscurus 256.
— sp. 396.
— tenuirostris 397.
Index.
Pyenonotus barbatus 39.
— layardi 216.
Pyrenestes ostrinus 36.
Pyromelana afra 37.
— flammiceps 38.
— franciscana 37.
Pyrrhocorax graculus 378.
Pyrrhula europaea 270.
— maior 270.
— rubieilla 177.
— vulgaris 270, 280.
Pyrrhulauda leucotis 39.
Pytelia capistrata 37.
— schlegeli 37.
@uelea erythrops 37.
— lathami 212.
Ballus aquaticus 88,
212%
Recurvirostra avocetta
12, 274.
Regulus cristatus 268.
— ignicapillus 279.
Reinwardtoenas browni
410.
Rhinopomastus cyanome-
las 223.
Rhipidura dahli 457.
— matthiae 452, 457.
— setosa 456.
— tricolor 129, 450, 454,
456.
Rhytidoceros plicatus 433.
Riparia 262.
Rissa tridactyla 278.
Rougetius rougeti 131.
Ruticilla bonapartii 133,
134.
— mesoleuca 133, 134.
— phoenicura 133, 252,
269.
— tithys 269.
Rynchops flavirostris 10.
Salanga antiqua 447.
Salpornis emini 132.
Sarciophorus supercilio-
sus 11.
Sarothrura pulchra 13.
Saxicola falkensteini 221.
— familiaris lübberti 365.
— galtoni 221.
— isabellina 468.
— oenanthe 93, 98, 124,
155 166, 170, 176,
— leucorhoa 124.
483
Saxicola pileata 221.
— sp. 221.
Schizorhis africanus 23.
— concolor 226.
Schoenicola schoeniclus
270.
Scolopax rusticula 188,
212, 385, 475.
Scoptelus aterrimus 28.
Scopus umbretta 14, 236.
Scotopelia peli 21.
Scotornis climaceurus 28.
Seleucides 131.
Semiparus 348.
Serinus 469.
— butyraceus 38.
— canonicus 469.
— hortulanus 184, 190,
209, 270.
Sigmodus caniceps 33.
Sitta neumayeri 468.
Sittiparus 348.
Smithornis rufolateralis30.
Somateria mollissima 96,
157, 184, 190, 209, 276.
— spectabilis 96.
Spatula clypeata 275.
Spermestes bicolor 36.
— cucullata 37.
Spermospiza guttata 36.
— haematina 36.
Spizaetus coronatus 19.
Sphyrapicus ruber 367.
Sporopipes squamifrons
213.
Steganura paradisea 38.
Stenopsis cayennensis475.
Stephanibyx coronatus
237.
Stercorarius parasiticus
157, 188.
— pomatorhinus 157,188,
190, 209.
Sterna 307.
— anaestheta 397.
— bergei 398.
— cantiaca 278.
— caspia 278, 388.
— hirundo 157, 159, 160,
165, 174, 250, 278.
— longipennis 398.
— macrura 98, 278.
— media 255.
— minuta 170, 278.
— sinensis 388.
Stilbopsar stuhlmanni 132,
Stiphrornis erythrothorax
42.
484
Stizorhina fraseri 125.
— vulpina 125.
Strepsilas interpres 95,
271, 298.
Strix ernesti 466.
— flammea 228, 466.
— — maculata 22.
— nyctea 466.
— scandiaca 466.
Sturnus 449,
— sp. 377.
— unicolor 460, 469.
— vulgaris 166, 170, 182,
267, 469.
Sula 128.
— bassana 277.
— piscator 255.
Syeobrotus crocatus 132.
— melanoxanthus 132.
Sylvia atricapilla 176,
268.
— cinerea 268.
— curruca 268.
— hortensis 43, 188, 189,
268.
— nisoria 162, 268.
— simplex 43, 157.
— sylvia 43.
Symplectes brachypterus
36
— stuhlmanni 132.
Syrnium uralense 466.
Syrrhaptes paradoxus
271.
Wachornis parvus 29.
Tadorna cornuta 275.
— damiatica 165.
Tantalus ibis 13.
Tanysiptera nigriceps 395,
434.
Tatare rehsii 2357.
Tehitrea nigriceps 30.
— viridis 30.
Telephonus minutus 34.
— senegalus 34.
— ussheri 34.
Tephrocorys cinerea cine-
rea 212.
Tetraenura regia 212.
Tetrao bonasia 271.
— tetrix 179, 190, 254.
Thalassidroma 128.
— pelagica 277.
Thalassornisleuconota236.
Theristieus hagedash 13.
— leucocephalus 13.
Thripias namaquus 227.
Index.
Thryophilus 260, 367.
Tigrisoma leucolophum 14.
Tinamus 287, 363.
Totanus 242.
— brevipes 401.
— calidris 89, 163, 164,
166, 273.
— fuscus 162, 174, 273,
294
— glareola 12, 161, 162,
165, 167, 171, 185, 273,
294, 386.
— glottis 273, 294.
— hypoleucus 12, 161.
— incanus 256.
— littoreus 12, 162, 168,
170, 174.
— ochropus 161, 165, 167,
273
— pugnax 12, 161, 162,
165.
— sp. 386.
Trachylaemus togoensis25.
Trachyphonus cafer 226.
Trichoglossus massena424.
Tricholaema hirsutum 25.
— lacrymosum 132.
Tringa 161, 164, 165, 167.
168, 172.
— alpina 100, 157, 162,
164, 167, 168, 170, 176,
202, 242, 252, 273, 274.
— -— schinzi 163, 164,
165, 167, 168, 170, 171,
173, 202, 203.
— canutus 470.
— cinerea 273.
— ferruginea 157.
— maritima 95, 273.
— minuta 161, 170, 176,
242, 274.
— ruficollis 402.
-—- schinzii 273.
— subarcuata 161, 165,
167, 171, 175, 274, 293.
— temmincki 164, 174,
274.
Tringoides hypoleucos 12,
401, 402.
Trochocereus nitens 30.
Troglodytes troglodytes
319%
Turacus corythaix 225.
— persa büttneri 23.
Turdinus moloneyanus 42,
Turdus 44.
— abyssinicus 218.
— albicollis 58.
Turdus albiventris 57, 58,
593,60N61, 963
— amaurochalinus 53, 58,
59, 60, 63.
atrigularis 269.
brunneus 54, 58, 69.
cabanisi 218.
cardis 67.
casius 47.
chiguancoides 43.
crotopezus 5S, 60, 61.
— contemptus 61.
— cortopezus Öl.
eryptopyrrhus 220.
deckeni 218.
elgonensis 218.
ephippialis 62.
flavipes 66.
— flavipes 67, 68.
— venezuelensis 67,68.
fumigatus 65, 66.
fuscater 68, 69.
— amoenus 68.
gigas 69.
goodfellowi 54.
grayi47, 49, 50, 53, 54.
— grayi 50, 5l.
— luridus 50, 53.
— tamaulipensis 49,
50, 52.
— gynınophthalmus53,54.
— hauxwelli 66.
— helvolus 50, 51.
— ignobilis 53, 54, 55, 56,
57, 59, 60.
— — debilis 56, 57, 59.
— — goodfellowi 56, 57,
59
— — ignobilis 57, 59.
— — maculirostris 57.
— — murinus 57, 60.
— iliacus 269.
— leucomelas 53, 54, 55,
57, 58, 59, 60, 69.
— leucops 54, 69.
— libonyanus 217, 219.
— — cinerascens 219.
— — libonyanus 219.
— — tropicalis 219.
— — verreauxi 219.
— luridus 47, 49.
— maculirostris 53, 54,
55, 56, 57, 60.
— milanjensis 218.
murinus 56.
musicus 176, 269.
naumanni 374.
nigrilorum 221.
Pre re re
ee
Turdus olivaceus 58, 59,
217, 218.
— olivacinus 218.
— pelios 219.
— — bocagei 220.
— — chiguancoides 220,
221.
— — pelios 220.
— — saturatus 220, 221.
— phaeopygoides 64.
— phaepygus63,64,65,69.
— — minusculus 63,65,
69.
— — phaeopygoides 63,
65, 69.
— — phaeopygus 63, 64,
68.
— — saturatus63, 64,69.
— — spodiolaemus 63, 64,
5
65.
— pilaris 176, 179, 183,
269.
— poiteaui 54, 60, 63.
_ — rufiventris 58.
- — saturatus 43, 69.
Index.
Turdus sibiricus 269.
— stormsi 220.
— .tamaulipensis 47, 49.
— tephronotus 218.
— torquatus 333.
— viscivorus 177, 269.
Turtur semitorquatus 16.
— senegalensis 15.
— shelleyi 16.
— vinaceus 16.
Turturoena iriditorques 16.
Tympanistria tympanistria
16
Tyrannus carolinensis 99.
Upupa africana 223.
— epops 166, 267, 380.
— senegalensis 28.
Uria brünnichi 98.
— grylie 98, 157, 188,
276.
— hringvia 276.
— troile 276.
Urinator septentrionalis
157.
485
Urolestes melanoleucus
215.
Wanellus capella 184.
— cristatus 271.
— vanellus 386.
Vidua erythrorhyncha 38.
— principalis 212.
Vinago calva 15.
— waalia 15.
*Xema minutum 278, 305.
— ridibundum 278, 312.
Xiphidiopterusalbiceps11.
Monogastris citerior 37.
Zosterops aurifrons 133.
— icterovirens 133.
— jacksoni 133.
— kaffensis 132, 133.
— kikuyensis 133.
— senegalensis 133,
— stenocricota 133.
— tenella 133.
— virens 133,
Druck von Otto Dornblüth in Bernburg.
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urn. f. Ornith.. 1902. Tafel VII.
Wanderdüne. |
Alte Begräbnisstätte
am Fusse des weissen Berges hei Rossiften.
Journ. f. Ornith. 1902. eis MIDDLE
1. Halcyon matthiae Hnrth.
2. 3 nusae Hnrth.
Journ. f. Ornith. 1902. Taf. IX.
1. Monarcha menckei Hnrth.
2. Rhipidura matthiae Hnrth.
für
ORNITHOLUGIE
GEGRÜNDET VON J. CABANIS
Im Auftrage der
Deutschen Ornithologischen Gesellschaft
&
herausgegeben
von
Prof. Dr. Ant. Reichenow,
Kustos der Ornithologischen Abteilung des Kgl. Zoologischen Museums in Berlin,
Generalsekretär der Deutschen Ormithologischen Gesellschaft, Ehrenmitglied der Natur-
forschenden Gesellschaft des Osterlandes, der American Örnithologists’ Union,
der British Ornithologists’ Union, der Ungarischen Ornithologischen Centrale,
der Ornithol. Vereine in l.einzig und München u. a
Heftl _ L. Jahrgang. 1902.
Leipzig 1902.
= Verlag von L. A. Kittler.
London, Paris, New-York,
Williams & Norgate, 14 F. Vieweg, rue Richelieu 67. B. Westermann & Co.
Henrietta Street, Coventgarden. 812 Broadway.
Preis des Jahrganges (4 Hefte mit Abbildungen) 20 Rmk. praen.
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Inhalt des I. Heftes.
1. Die Höhe des Vogelzuges auf Grund aeronautischer Beobach-
tungen. Von F. v. Lucanus
. Die Vögel des deutschen Schutzgebietes Tosb. Von Reichenow
. Revision einiger neotropischen Turdidae. Von C. E. Hellmayr 44
. Schutzfärbung und Instinkt der Vögel. Von W. Schuster . 70
. Die Vogelsiedlung des Neusatzer Riedes in Ungarn. Von
Robert Berge; nenn. 2 .cae. ae
6. Über Grönlands Vogelwelt. Von Dr. 0. Helms . ... 9
7, Beiträge zur Akustik des Stimmorgans der Sperlingsvögel.
Von’ Karl Deditius, 00.0 ..0..0 ri
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Deutsche Ornithologische Gesellschaft.
8. Mitgliederverzeichnis 1902 . . . . Re ah:
9. Bericht über die Septembersitzung 101 . . . ... \ 121
10. Bericht über die Oktobersitzung 1901 . . . . . 2.2..125
11. Bericht über die Novembersitzung 1901 . . . 2. 2..2...127
12. Berieht über die Dezembersitzung 1901 . . .:. ..... 131
13. Dem Herausgeber zugesandte Schriften . . . » ......135
Im Verlage von
R. Friedländer & Sohn, Berlin, Carlstr. 11
erscheinen und sind durch alle Buchhandlungen zu beziehen
Ornithologische Monatsberichte
herausgegeben von
Prof. Dr. Ant. Reichenow.
— Preis jährlich 6 Mark.
Die Ornithologischen Monatsberichte bilden ein ergänzendes Bei-
blatt zum Journal für Ornithologie. In monatlichen Nummern bringen
sie Aufsätze systematischen, faunistischen und biologischen Inhalts,
Referate über die neu erscheinende Litteratur, Nachrichten
über Reisen, Museen, zoologische Gärten und Privatsammlungen sowie in
einem Inseratentel Tausch- und Kaufanzeigen für Sammler.
Ein Index am Schlusse des Jahrganges giebt eine bequeme Übersicht
über die gesammte Jahreslitteratur.
Probenummern sind kostenfrei vom Herausgeber zu beziehen.
Druck von Otto Dornblüth in Bernburg.
für
ÖVRNITHOLOGIE
GEGRÜNDET VON J. CABANIS
Im Auftrage der
Deutschen Ornithologischen Gesellschaft
herausgegeben
von
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JOURNAL
Prof. Dr. Ant. Reichenow,
Kustos der Ornithologischen Abteilung des Kgl. Zoologischen Museums in Berlin,
Generalsekretär der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft, Ehrenmitglied der Natur-
forschenden Gesellschaft des Osterlandes, der American; 'Ornithologists’ ‚Union,
der British Ornithologists’ Union, der Ungarischen Ornithologischen Centrale,
der Ornithol. Vereine in L eipzig und München U a.
Heft I. L. Jahrgang. 1902.
Leipzig 1902.
Verlag von L. A. Kittler.
London, Paris, New-York,
Williams & Norgate, 14 F. Vieweg, rue Richelieu 67. B. Westermann & Co.
Henrietta Street, Coventgarden. 812 Broadway.
3 Preis des Jahrganges (4 Hefte mit Abbildungen)-20 Femk. praen.
Inhalt des II. Heftes.
1. I. Jahresbericht (1901) der Vogelwarte. Rossitten. Von J.
Thienemann...ı.. on
2. Übersieht der von Dr. A. Penther in Südafrika gesammelten
Vögel. Von C. E. Hellmayr ee RT 210 |
3. Der Vogelzug in Mecklenburg. Von €. Wüstenei . . . 238°
Deutsche Ornithologische Gesellschaft.
4. Bericht über die Januarsitzung. 1902. u. 0.0000
Bericht. über. die, Märzsitzung’ 1902 7.2. 2. ne a 2 |
6. Dem Herausgeber zugesandte Schriften. . 2» 2.2... 0258
Im Verlage von R. Friedländer & Sohn, Berlin N.W.,
Karlstrasse 11 erscheinen und sind durch alle Buch-
handlungen zu beziehen
Ornitholoeische Nonatsberichte
herausgegeben von‘
Prof, Dr. Ant. Reichenow.
Preis jährlich 6 Mark.
Die Ornithologischen Monatsberichte bilden ein
ergänzendes Beiblatt zum Journai für Ornithologie. In
monatlichen Nummern bringen sie Aufsätze systema-
tischen, faunischen, und biologischen Inhalts, Referate
über die neu erscheinende Litteratur, Nach-
richten über Reisen, Museen, zoologische Gärten und
Privatsammlungen sowie in einem Inseratenteil Tausch-
und Kaufanzeigen für Sammler. Ein Index am
Schlusse des Jahrganges giebt eine bequeme Übersicht
über die gesamte Jahreslitteratur.
Probenummern sind kostenfrei vom Herausgeber zu beziehen.
Druck von Otto Dornblüth in Bernburg.
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JOURNAL
für
ORNITHOLOGIE.
GEGRÜNDET VON J. CABANIS
Im Auftrage der
Deutschen Ornithologischen Gesellschaft
herausgegeben
von
Prof. Dr. Ant. Reichenow,
Kustos der Ornithologischen Abteilung des Kgl. Zoologischen Museums in Berlin, |
Generalsekretär der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft, Ehrenmitglied der Natur-
forschenden Gesellschaft des Osterlandes, der American Ornithologists’ Union,
der British Ornithologists’ Union, der Ungarischen Ornithologischen Centrale,
der Ornithol. Vereine in Leipzig und München u. a.
Heft III. L. Jahrgang. 1902.
Leipzig 1902.
Verlag von L. A. Kittler.
London, Paris, New-York,
Williams & Norgate, 14 _F, Vieweg, rue Richelieu 67. B. Westermann & Co.
Henrietta Street, Coventgarden. 812 Broadway.
JOURNAL
für
OÖRNITHOLOGIE
GEGRÜNDET VON J. CABANIS
Im Auftrage der
Deutschen Ornithologischen Gesellschaft _
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herausgegeben
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Kustos der Ornithologischen Abteilung des Kgl. Zoologischen Museums in Berlin,
Generalsekretär der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft, Ehrenmitglied der Natur-
forschenden Gesellschaft des Osterlandes, der American Ornithologists’ Union,
der British Ornithologists’ Union, der Ungarischen Ornithoiogischen Centrale,
der Ornithol. Vereine in Leipzig und München u. a.
Heft IV. L. Jahrgang. 1902.
Mü 2 Tafeln.
Leipzig 1902.
Verlag von L. A. Kittler.
London, Paris, New-York,
"Williams & Norgate, 14 _F. Vieweg, rue Richelieu 67. B. Westermann & Co.
Henrietta Street, Covengarden. 812 Broadway.
Prof. Dr. Ant. Reichenow,
Preis des Jahrganges (4 Hefte mit Abbildungen) 20 Rmk. praen.
eo
Im Verlage von J. Neumann in Neudamm ist nunmehr
der dritte Halbband erschienen von
Die
Vögel Afrıkas
von
Ant. Reichenow.
Dieser Teil behandelt die Familien XXXT bis XLV:
Psittacidae, Musophagidae, Cuculidae, Indicatoridae, Ca-
pitonidae, Picidae, Coliidae, Trogonidae, Coraciidae,
Bucerotidae, Alcedinidae, Meropidae, Upupidae, Uapri-
muleidae und Macropterygidae, zusammen etwa 400
Arten. |
Dem Halbbande sınd drei Karten von Afrika bei-
gegeben, auf denen alle bisher ausgebeuteten Fundorte
angegeben sind. Als Erläuterungen zu den Karten ein
alphabetisches Verzeichnis der Fundorte mit Angabe
ihrer Lage auf den Karten und mit den Namen der
Sammler. Dieses Verzeichnis weist über 2500 Sammel-
orte nach.
Ferner enthält der Halbband fünf farbige Tafeln,
auf denen folgende Arten abgebildet sind: Turacus schütti
und emini, Podica senegalensis und camerunensis, Pica-
thartes oreas und gymnocephalus, Macronyx fülleborni
und aurantigula, Penthetria psammocromia, Ploceus
rufoniger, Symplectes tephronotus.
Inhalt des III, Heftes,
1. Der Vogelzug in Mecklenburg. Von C. Wüstnei. (Schluss). 265
3. Einige Beobachtungen aus dem Jahre 1901. Von C. Wüstnei. 278
3. Otis teirax, Die Zwergtrappe, ein urdeutscher Brutvogel. Von
H: Kunze Ra ee RE Ba nr 28a
4, Gefiederte Wintergästte im Hafen von Memel im Winter
1900/1901, . Von B. Christolet 0... 2 529
5. Die Vogelwelt und die Tertiärzeit. Von W. Schuster . . 331
6. Zur Versöhnung zweier toten Meister. (Hartlaub-Petenyji).
Von O0. Bunsichr.. ERSRE BER ee ER ee
7. Schutzfärbung und Notstrachlen Von FE. v. Lucanus . . 356
8. Die Brüllaffen unter den Vögeln. Von W. A. Schulz . . 361
Deutsche Ornithologische Gesellschaft.
9. Bericht über die Apnilsitzung 1902 . . ... 2 2.2..2.868
10. Dem Herausgeber zugesandte Schriften. . -. . -» .2.....866
Die Kennzeichen
der
Vögel Deutschlands.
Schlüssel zum Bestimmen,
deutsche und wissenschaftliche Benennungen, geographische
Verbreitung, Brut- und Zugzeiten der deutschen Vögel
von
Prof. Dr. Ant. Reichenow.
Mit erläuternden Abbildungen.
Preis geheftet 3 Mark, geschmackvoll gebunden 4 Mark.
(Verlag: J. Neumann in Neudamm.)
Das Buch ist in erster Linie für weitere, nicht fachmännische
Kreise bestimmt. In gemeinverständlicher Darstellung und unter
Beigabe erläuternder Abbildungen enthält es Anleitungen zum
Bestimmen der Familien und Arten, führt den allgemein gebräuch-
lichen deutschen Namen jeder Art und daneben den wissenschaft-
lichen, ferner auch die wichtigeren, - örtlich gebräuchlichen
Bezeichnungen auf, lehrt die allgemeine Verbreitung der einzelnen
Arten und deren besonderes Vorkommen in Deutschland kennen
und giebt die Brut- und Zugzeiten an. Da das Buch aber auf
streng wissenschaftlicher Grundlage gearbeitet ist, auch die erst
in neuerer Zeit von den Ornithologen unterschiedenen Abarten be-
rücksichtigt, in der Wahl der wissenschaftlichen Namen genau den
herr schenden Regeln für die Benennung der Tiere folgt und somit zum
ersten Male eineden wissenschaftlichen Anforderungen der Gegenwart
entsprechende Übersicht der deutschen Vögel liefert, so wird es
auch für den Ornithologen von Fach ein nützliches Handbuch sein.
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